Eintracht Frankfurt - FC Energie Cottbus

Bundesliga 2000/2001 - 21. Spieltag

1:0 (0:0)

Termin: Fr 09.02.2001 20:15
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Dr. Markus Merk (Kaiserslautern)
Tore: 1:0 Horst Heldt (65.)

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Eintracht Frankfurt FC Energie Cottbus

 

     

  • Tomislav Piplica
  • Faruk Hujdurovic
  • Rudi Vata
  • Christian Beeck
  • Laurentiu-Aurelian Reghecampf
  • Ronny Thielemann
  • Bruno Akrapovic
  • Andrzej Kobylanski
  • Vasile Miriuta
  • Sabin Ilie
  • Antun Labak

 

Wechsel

Wechsel

  • Moussa Latoundji für Sabin Ilie (70.)
  • Toni Micevski für Bruno Akrapovic (78.)
  • Witold Wawrzyczek für Rudi Vata (85.)

Trainer

Trainer

  • Eduard Geyer

 

 

Loddar ante portas

Nachdem Klaus Toppmöller der Eintracht absagt, weil er eine kurzfristige Zusage erwartet hatte, diese aber nicht erhielt, dreht sich das Trainerkarussell am Main weiter. Weder Christoph Daum noch der Ulmer Trainer Andermatt sind ein Thema und Armin Veh hat bereits vorsorglich abgelehnt. Am Mittwoch plappert jedoch der nächste Kandidat medienwirksam über die "Bild"-Zeitung aus, dass er sich in konkreten Verhandlungen mit der Eintracht befindet. Während Vorstandschef Jedlicki noch abwiegelt: "Es wäre mir neu, dass Matthäus bei uns ein Thema wäre", lanciert dieser immer neue Informationen an die Medien, so dass Sportdirektor Dohmen einräumen muss: "Es bringt nichts, dass wir es länger leugnen: Wir haben Kontakt aufgenommen und Lothar Matthäus hat Interesse signalisiert. Über Details haben wir noch nicht geredet, aber es wird ein weiteres Gespräch geben."

Rumms, ausgerechnet der Kerl, der Grabowski 1980 zum Karriereende getreten hat, soll nun Trainer der Eintracht werden? "Davon wusste ich nichts", sagt Rolf Dohmen, während Herr Matthäus weiter ohne Punkt und Komma über das nächste Gespräch am Wochenende dampfplaudert: "Ich werde mir die Vorstellungen der Eintracht gerne anhören, ich fände es sehr reizvoll, die Mannschaft und den Verein aus der gegenwärtigen Situation herauszuführen. Wer sich in Frankfurt ein klein wenig auskennt, der weiß, dass man dort im Falle des Erfolgs viel bewegen kann." Während Präsident Peter Fischer wenig begeistert ist: "Ich denke, Matthäus würde uns nicht so unendlich viel bringen, es gibt andere, die genauso interessant sind", scheint es die Trainerfindungskommission der AG sehr wohl zu sein. Bewegen tut "Loddarmaddäus" in jedem Fall die Fans, die nicht nur im Internet auf die Barrikaden gehen und zahlreiche Aktionen sowie eine Demonstration vor der Geschäftszentrale im Grüneburgweg ankündigen. "Wenn Beckenbauer meint, Matthäus sei ein großer Trainer, dann soll er ihn doch in München anstellen. Wir brauchen ihn hier nicht", meint Fansprecher Hornung, der betont, wie geladen das Verhältnis zwischen Fans und der AG inzwischen ist: "Die stehen da oben auf ihrem hohen Podest und merken gar nicht, was unten los ist."

Tatsächlich wird auch noch Fußball gespielt gegen den punktgleichen Tabellenzwölften aus Cottbus, so dass Rolf Dohmen in seiner Funktion als Interimscoach händeringend bittet: "Ich appelliere an die Fans, dass sie uns am Freitag unterstützen. Das ist ein eminent wichtiges Spiel für den Verein, das wichtigste des Jahres." Seine Mannschaft warnt er vor den Lausitzern, die am Wochenende den Herbstmeister Schalke 04 mit 4:1 vom Thron geschossen haben: "Ich weise die Spieler permanent darauf hin, dass dieses Spiel schwieriger wird als das in Rostock." Während Oka Nikolov nach seiner starken Leistung in Rostock im Tor bleibt, muss der Trainer sein Team auf vier Positionen ändern, da Schur, Kracht sowie Yang gesperrt sind und sich Sobotzik einen Rückennerv eingeklemmt hat. So spielt Bindewald in der Abwehr neben Rada und Kutschera, Lösch nimmt Schurs Stelle vor der Abwehr ein, Guié-Mien ersetzt Sobotzik im zentralen Mittelfeld und Fjørtoft stürmt neben Kryszalowicz.

Die Unruhe in Frankfurt ist Energie-Trainer Geyer nach dem jüngsten Heimsieg gerade recht: "Schade, dass Lothar noch nicht auf der Bank sitzt." Denn er hat genug eigene Probleme, da mit Franklin und Helbig sein erster Sturm verletzt ist. "Das fällt uns natürlich schwer auf die Füße. Dennoch wollen wir unbedingt unsere Auswärtsschwäche in den Griff bekommen und den ersten Sieg einfahren", meint der Trainer und bringt Illie sowie Labak für den Angriff vor Mittelfeldregisseur Miriuta. Akrapovic soll sich um Heldt kümmern und Thielemann um Guié-Mien.

Es ist eine aggressive Stimmung, "Jürgen Grabowski"-Sprechchöre hallen durch das Waldstadion und der G-Block sowie die Gegentribüne sind vollgepflastert mit Transparenten und Doppelhaltern mit Aufschriften, wie "Lothar zum OFC", "Schiebt Euch Euren Lothar in den A…", "Matthäus Grabi-Killer" oder "Staatsfeind Nummer 1". So geht es fast unter, dass die Eintracht heute in neuen Trikots spielt, da der alte Ausrüstervertrag mit Puma zum 31. Januar gekündigt wurde. "Fila" prangt nun auf den Leibchen.

Trotz oder gerade wegen der aggressiven Stimmung legt die Eintracht von Beginn an stürmisch los und drängt die Cottbusser tief in die eigene Hälfte. Die bemühen sich ausschließlich darum, das Spiel der Frankfurter zu zerstören und über weite Bälle nach vorne zu Kontern zu kommen. Hierbei hilft es den Lausitzern, dass Lösch einmal mehr einen rabenschwarzen Tag erwischt hat. So verliert er in der 7. Spielminute leichtfertig den Ball im Halbfeld, Miriuta zögert nicht lange und passt zu Reghecampf, der jedoch am glänzend parierenden Torhüter Nikolov scheitert. Fünf Minuten später ist es Kutschera, der nicht aufpasst, so dass Labak plötzlich freie Bahn hat, doch erneut kann Nikolov klären.

Dann endlich ein gefährlicher Angriff der Adler über Kryszalowicz, der sich gegen zwei Cottbusser durchsetzt und auf den aufgerückten Lösch spielt. Der zieht aus 18 Metern ab, doch Torhüter Piplica kann den gefährlich abgefälschten Schuss um den Pfosten lenken (19.). Ebenso schnell pariert der Schlussmann vier Minuten später einen Schuss von Guié-Mien nach feinem Zuspiel von Fjørtoft. Das Spiel ist nun wesentlich offener geworden als noch in der Anfangsviertelstunde, vor allem weil Miriuta von Lösch eigentlich nie ordentlich bedrängt wird und so die Bälle nach Belieben verteilen kann. Bei der Eintracht hingegen ist Mutzel immer wieder mit Kobylanski beschäftigt, so dass er sich eben so wenig wie Gebhardt im Spiel nach vorne einschalten kann.

Dann erneut ein Patzer von Lösch im Mittelfeld, der Miriuta einen langen Ball unbedrängt annehmen und weiterleiten lässt, so dass er Labak in der Abwehrgasse bedienen kann. Aber erneut entschärft Torhüter Nikolov den Schuss und Ede Geyer grantelt: "Wer solche klaren Möglichkeiten nicht rein macht, muss sich nicht wundern, wenn er verliert" (38.). Kurz vor Schluss hat die Eintracht dann Glück, dass Schiedsrichter Merk bei einem heftigen Einsteigen gegen Miriuta im Strafraum beide Augen fest zudrückt und nicht auf Elfmeter entscheidet (45.). So geht es mit dem angesichts der Torchancen glücklichen 0:0 in die Kabine.

Zur zweiten Halbzeit stellt Interimstrainer Dohmen um, Mutzel kümmert sich nun um Miriuta, während Lösch nach halbrechts rutscht. Diese Maßnahme zeigt schnell Wirkung, denn der 21-Jährige lässt Miriuta keinen fußbreit Raum, so dass es mit der Cottbusser Angriffsherrlichkeit zunächst vorbei ist. Stattdessen hat die Eintracht die erste Möglichkeit durch eine völlig verunglückte Flanke von Kutschera auf der rechten Außenbahn, die sich leider erst kurz hinter dem Tor senkt (50.). Die Frankfurter bleiben spielbestimmend, auch wenn sie auf dem Weg nach vorne oft viel zu umständlich agieren. Dann aber setzt sich Kryszalowicz vor dem Strafraum mit einer schnellen Körpertäuschung gegen Hujdurovic durch, sprintet ein paar Meter, um das Leder quer auf Lösch zu legen. Doch Lösch schafft es, freistehend über den kullernden Ball zu treten. Es ist einfach ein Trauerspiel mit dem 29-Jährigen, der vom Publikum nun ausgepfiffen und von Trainer Dohmen umgehend gegen Preuß ausgewechselt wird (61.), der sogleich Torhüter Piplica mit einem strammen Schuss testet.

Dann die 65. Spielminute, ein Befreiungsschlag der Lausitzer landet an der Mittellinie, wo Bindewald vehement dazwischen geht und mit dem Leder auf der rechten Außenbahn bedrängt von Beeck bis fast zur Torauslinie sprintet, um den Ball zum Elfmeterpunkt zu flanken. Kryszalowicz stoppt das Leder und spielt es quer zu Heldt, der ihn mit einem wunderschönen Heber ins linke Toreck schlenzt. Zum 1:0 für die Eintracht.

Ede Geyer bringt nun Latoundji für Ilie (69.) und neun Minuten später mit Micevski für Akrapovic einen weiteren Stürmer, während bei der Eintracht mit Branco und Wimmer anstelle von Guié-Mien und Gebhardt zwei defensive Spieler kommen. Dennoch bleiben die Adler spielbestimmend, auch wenn Cottbus es mit Gewalt versucht. So wie der Energie-Trainer, der den nach einer rüden Grätsche von Thielemann am Boden liegenden Branco beschimpft und ihm Spielverzögerung vorwirft. Daraufhin gibt es ein unterhaltsames Gerangel zwischen Ersatzspielern und Betreuern, in dessen Folge Geyer auf die Tribüne geschickt wird. Nachdem Labak mit seinem Kopfball den weit vor seinem Katen stehenden Nikolov, aber auch das Tor überlupft (85.), ist es geschafft.

Die Eintracht gewinnt ihr erstes Heimspiel im neuen Jahr und verbessert sich auf Rang 12 mit nunmehr fünf Punkten Vorsprung vor dem Tabellensechzehnten Stuttgart, das nach dem nächsten Spieltag einen neuen Trainer als Nachfolger von Ralf Rangnick präsentieren wird: Felix Magath.


Stimmen zum Spiel

Steven Jedlicki: "Heute war es zwar wärmer als in Rostock, aber wir mussten mehr zittern. Mit diesem Sieg können wir ruhiger in das Gespräch mit Lothar Matthäus gehen. Wenn ein Trainer gesucht wird und mehrere Namen im Gespräch sind, wird es immer Pro und Contra geben. Wenn man aber die Möglichkeit hat, eine solche Persönlichkeit wie Lothar Matthäus zu bekommen, dann sollte man diese große Chance auch nutzen."

Horst Heldt: "Von einer Wende möchte ich noch nicht sprechen. Wir hatten heute auch sehr viel Glück und einen sehr guten Torhüter. Zum Thema Matthäus habe ich eine Meinung, aber die werde ich nicht äußern."


Samstag/Sonntag: Die Verhandlungen mit Loddarmaddäus

Wie angekündigt, treffen sich Steven Jedlicki, Sportdirekter Dohmen sowie die Herren Gödel und Dr. Fritz vom Aufsichtsrat mit Herrn Matthäus zu einer mehrstündigen Unterredung in München. "Das Gespräch war sehr gut, ich kann mir durchaus vorstellen, dass der Lothar an und für sich schon gegen Werder Bremen auf der Bank sitzt", meint Dohmen danach zufrieden.

Matthäus selbst plappert: "Ich habe den Eindruck gewonnen, dass sich die Eintracht mit ihrem Partner Octagon an einer absoluten Wendemarke zum Besseren befindet. Mit den Protesten der Fans habe ich kein Problem. Mit Skepsis muss man immer rechnen. Vor allem, wenn man über zwölf Jahre beim FC Bayern war. Es war klar, dass nicht alle jubeln werden und mich herzlich willkommen heißen. Aber wenn man Erfolg hat, liegen einem die Fans anschließend zu Füßen. Ich werde nun meine Gedanken ordnen, in Ruhe nachdenken, mich mit meinem Umfeld unterhalten, diskutieren und alles durchsprechen. Am Montag werde ich dann die endgültige Entscheidung bekannt geben."

Vorstandschef Jedlicki dementiert unterdessen den Bericht einer überregionalen Sonntagszeitung, wonach es Druck von Octagon gäbe und der Investor sogar bereit wäre, im Falle einer Matthäus-Verpflichtung zusätzliche 50 Millionen Mark zur Verfügung zu stellen: "Das stimmt auf keinen Fall. Darüber wurde überhaupt nicht gesprochen." Auch Sportdirektor Dohmen weist dies zurück: "Uns setzt niemand unter Druck. Es zählen bei einer möglichen Verpflichtung von Lothar nur die sportlichen Aspekte."


Montag 12.02.2001: Loddar sagt ab

Um 9:30 Uhr sagt Matthäus telefonisch ab: "Das Risiko, dass gleich mein erstes Engagement als Trainer oder Teamchef wegen der sportlichen Situation der Eintracht schief gehen könnte, war mir zu groß." Sehr enttäuscht zeigt sich Steven Jedlicki: "Es ist eine Absage und persönlich bin ich enttäuscht, weil ich gehofft habe, dass wir so eine Persönlichkeit des deutschen Fußballs für uns gewinnen können, um unser Konzept in den nächsten Jahren gemeinsam umzusetzen und die Eintracht in der Bundesliga sowie international dort hinzubringen, wo wir glauben, dass sie hingehört. Mit Lothar Matthäus hätten wir dies sicherlich geschafft."

Die Reaktion der Fans ist freilich eine komplett andere und reicht von Erleichterung bis zu grenzenlosem Jubel, zudem wächst die Kritik an den Führungspersonen der Eintracht, wie Fansprecher Hornung erläutert: "Der Mega-Gau ist uns erspart geblieben. Einige von den hohen Herren haben überhaupt keinen Plan, was sie überhaupt machen. Wir, die Fans, werden ignoriert, beschnitten, nicht ernst genommen. Eitel und stolz wird vom hohen Ross herunter regiert. Alles wird über unseren Kopf hinweg entschieden. Das funktioniert so nicht." Vorsichtiger formuliert dies der Abteilungsleiter der Fan- und Förderabteilung, Guido Derckum: "Mir tut es unheimlich leid, dass mit Matthäus ein heißes Eisen angepackt wurde, das den Verein spaltet. Es wird nicht an einem Strang gezogen. Die Beziehung zwischen der AG und den Fans ist verbesserungswürdig - vorsichtig ausgedrückt. Es kann ja wohl nicht angehen, dass Leute, die sich seit 20 Jahren mit der Eintracht identifizieren, ihre Dauerkarte zurückgeben wollen."


Dienstag, 13.02.2001

Einen Tag später entscheiden die Verantwortlichen der Eintracht, dass die Interimslösung mit Ex-Marketingmanager und Sportdirektor Dohmen sowie A-Jugendtrainer Kraaz bis zum Saisonende Bestand haben und erst für die Zeit danach ein neuer Trainer gesucht werden wird. Mediendirektor Ploog erklärt: "Damit ist gewährleistet, dass sich die Eintracht in aller Ruhe nach einem neuen Coach umsehen kann, denn Matthäus war ja nicht der einzige Hochkaräter auf unserer Liste. Unser Stichtag ist jetzt der 1. Juli."

"Vor zwei Wochen habe ich noch nicht einmal im Traum daran gedacht hat, einmal längerfristig an der Seitenlinie zu stehen. Aber wenn mich die Eintracht eben als Trainer will, werde ich weiterhin einhundert Prozent Arbeit abliefern", verspricht Dohmen unterdessen. (tr)


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