VfL Wolfsburg - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1998/1999 - 9. Spieltag

2:0 (1:0)

Termin: Sa 24.10.1998 15:30
Zuschauer: 14.000
Schiedsrichter: Dr. Markus Merk (Kaiserslautern)
Tore: 1:0 Holger Ballwanz (11.), 2:0 Andrzej Juskowiak (90.)

 

 

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VfL Wolfsburg Eintracht Frankfurt

     

  • Claus Reitmaier
  • Brian O´Neil
  • Claus Thomsen
  • Roy Präger
  • Frank Greiner
  • Holger Ballwanz
  • Charles Akonnor
  • Krzysztof Nowak
  • Steffen Baumgart
  • Detlev Dammeier
  • Sead Kapetanovic

 

 

Wechsel

  • Claudio Reyna für Steffen Baumgart (68.)
  • Andrzej Juskowiak für Detlev Dammeier (75.)
  • André Breitenreiter für Roy Präger (88.)

Wechsel

Trainer

  • Wolfgang Wolf

Trainer

 

Völlig verkrampft am Tiefpunkt angekommen …

"Die Trainerfrage stellt sich nicht, Ehrmantraut ist und bleibt unser Trainer. Das Präsidium steht fest hinter ihm. Wenn nichts Gravierendes passiert, ist er auch am Ende der Saison noch unser Trainer", verkündet Präsident Heller, nachdem es aufgrund Äußerungen von Vizepräsident Dr. Lämmerhirdt, der Felix Magath ins Gespräch brachte, zu erheblichen Irritationen kam. Er sei missverstanden worden, erklärt der Geschäftsführer der Marketing GmbH und habe sich auch mit Horst Ehrmantraut ausgesprochen, mit dem er öfter schon aneinandergeraten war. Genau zum richtigen Zeitpunkt habe man geredet, sagt auch der Trainer, denn “wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren zu lassen, nicht die Eintracht-Fehler aus der Vergangenheit zu wiederholen. Und wir dürfen nichts in die Mannschaft hinein interpretieren, was sie nicht leisten kann". Was sie in Wolfsburg leisten soll, steht für ihn hingegen fest: "Unser Ziel ist, den Abstand zum VfL zu halten." Dramatischer formuliert es Gernot Rohr, der ebenfalls öffentlich noch zum Trainer hält, intern aber wesentlich kritischer ist: "Jedes Spiel ist ein überlebenswichtiges Spiel, das Spiel gegen den VfL ist aber eine Begegnung, die sechs Punkte wert ist".

Dafür muss der Trainer seine Mannschaft jedoch umstellen, denn Kapitän Weber hat sich nach dem Schlusstraining eine Knieverletzung zugezogen und fällt ebenso aus wie die angeschlagenen Epp, Zampach und der rotgesperrte Sobotzik, der erst in der nächsten Woche wieder ran darf. So wird Kaymak als Manndecker neben Bindewald beginnen, während Kutschera zu Schur ins defensive Mittelfeld rutscht. Pisont, den der Trainer nach dem Spiel gegen Leverkusen noch so heftig kritisiert hatte, beginnt auf der linken Außenbahn und Gebhardt, der zuletzt ebenfalls eine schwache Leistung zeigte, spielt völlig überraschend in der Sturmspitze neben Yang, was Westerthaler mit Unmut quittiert.

Immerhin haben die Frankfurter bislang einen Sieg auf ihrem Konto, was dem Tabellensiebzehnten aus Wolfsburg letztmals am 30. Spieltag der vergangenen Saison gelang. Zwei magere Punkte haben sie bislang zuhause erst eingefahren, doch nach dem 1:1 in Kaiserslautern glauben sie fest an die Trendwende, zumal Trainer Wolf mit dem zuletzt aus dem Kader gestrichenen Quartett aus Torhüter Zimmermann, Reyna, Stammann und Kovacevic einen Burgfrieden geschlossen hat. In der Anfangself ist dennoch keiner der zuletzt Verbannten, da der Trainer weiterhin Präger und Baumgart im Sturm sowie Dammeier und Nowak vor der Abwehr sein Vertrauen schenkt und Reitmeier das Tor hütet. Lediglich Kapetanovic ersetzt den gesperrten Kryger auf der linken Außenbahn.

Vor nicht einmal 14.000 Zuschauern zeigt der VfL, dass er endlich den ersten Heimsieg der neuen Saison einfahren will. Während die Eintracht das Spiel sehr abwartend, fast schon lethargisch beginnt, kämpfen die Wölfe um jeden Ball und bescheren der Abwehr vor allem über die rechte Seite mit Greiner und dem quirligen Regisseur Akonnor sogleich viel Arbeit. Sie wirken schläfrig, die Frankfurter. Auch bei der zweiten Ecke, die Greiner von der rechten Seite ausführt. Keiner fühlt sich so recht für den aufgerückten Libero Ballwanz zuständig, der von Houbtchev nur halbherzig bedrängt wird und so die Kugel zur frühen Führung unter die Latte köpft (11.).

Wolfsburg drängt weiter, während die Eintracht dem Powerplay regelrecht hilflos gegenüber steht. Bindewald und Kaymak bekommen Präger und Baumgart nicht in den Griff, Schur hat gegen Akonnor meist das Nachsehen, Pisont ist gegen Greiner eine glatte Fehlbesetzung und im Sturm zeigt Gebhardt eindrucksvoll, dass er mit dieser Rolle hoffnungslos überfordert ist. "Wir haben schon wieder den Faden verloren", stöhnt Kutschera, während Baumgart und Präger beste Chancen vergeben, um die Führung weiter auszubauen. Die Unsicherheit bei den Frankfurtern geht so weit, dass Nikolov sogar auf die eigenen Leute aufpassen muss. Zunächst muss er bei einem missratenen Querpass von Bindewald im Strafraum Kopf und Kragen riskieren, um die Kugel vor Präger wegzuschlagen und nur drei Minuten später setzt Brinkmann einen Rückpass auf seinen Torhüter so hoch und fest an, dass ihn dieser gerade noch mit dem Kopf zur Ecke lenken kann (25.). Unglaublich, aber war, es war der erste Schuss eines Frankfurters auf ein Tor und wird es bis zum Pausenpfiff auch bleiben.


Kutschera im Zweikampf
mit Akonnor

 

Langsam nehmen die Gastgeber ein wenig den Druck raus, kontrollieren die Partie aber weiter spielend, da niemand außer Schneider im Mittelfeld so etwas wie Normalform erreicht. Nervös passen sie sich die Bälle zu, statt Pressing zu probieren, laufen sie wirr durch die Gegend. Keiner will das Leder haben, jeder ist froh, es möglichst schnell wieder loszuwerden. Sie wirken, als hätten sie noch nie zusammen gespielt. Gut nur, dass Wolfsburg vergisst, den Sack bereits im ersten Abschnitt zuzumachen, so dass es mit dem knappen Rückstand in die Pause geht, in der es in der Frankfurter Kabine sehr laut wird. "Wir waren verkrampft und nicht frei im Kopf. Einen Augenblick habe ich überlegt, in der Halbzeit gleich drei Mann auszuwechseln", berichtet Horst Ehrmantraut, während Kutschera deutlicher wird: "Er hat uns mit Recht zusammengeschissen. Wir hatten nicht gemacht, was er und wir wollten."

Nach dem Anschiss zeigen sich die Frankfurter jetzt immerhin aggressiver in den Zweikämpfen, aber spielerisch hat das Ganze noch immer wenig mit Bundesliga zu tun. So erlöst Horst Ehrmantraut nach 52 Minuten Gebhardt, der im Sturm wirklich nichts verloren hat und bringt Westerthaler. Und tatsächlich kommen sie drei Minuten später zu ihrer ersten Torchance, als Yang das Leder dem weit aufgerückten Kutschera in die Gasse spielt, der Manndecker die Kugel jedoch über die Latte drischt. Doch selbst in dieser Druckphase ist das Spiel der Eintracht zumeist auf Zufall ausgelegt, zudem offenbaren sie jetzt große Lücken in der Mitte, die Wolfsburg immer wieder für Gegenstöße nutzt, diese zum Glück aber in schöner Regelmäßigkeit vergeigt. "Wenn Baumgart und Präger aus diesen vielen Chancen kein Tor machen, dann kann ich nicht sagen, sie hätten gut gespielt. Zehn totsichere Chancen, verdammt, normalerweise wird man dafür am Ende noch bestraft", schimpft VfL-Trainer Wolf wütend am Seitenrand, während er die Absperrhütchen malträtiert.

In der 74. Spielminute kommt schließlich Stojak für Yang, während die Frankfurter weiter kopflos nach vorne spielen, auf der anderen Seite Greiner sowie Novak den Kasten deutlich verfehlen und Ballwanz nur den Pfosten trifft. Dafür könnte nun Westerthaler den Ausgleich erzielen als er eine Flanke in den Strafraum mit einem perfekten Seitfallzieher auf den Kasten drischt. Doch Torhüter Reitmeier kann dies mit einer Glanzparade verhindern (79.). Die Minuten verrinnen, noch einmal kommt Wolfsburg über die linke Seite. Der eingewechselten Reyna flankt das Leder vor den Elfmeterpunkt, wo Juskowiak die Kugel vor Kaymak und Bindewald mit rechts stoppen und mit links aus der Drehung zum 2:0 ins rechte Toreck schießen kann (90.).

Wie gerupfte Hühner schleichen die Frankfurter in die Kabine, während das Kopfschütteln bei den mitgereisten Fans und Verantwortlichen groß ist. Sechs Punkte nach neun Spieltagen reicht immerhin für Rang 16, nur Bremen und Mönchengladbach haben noch einen Zähler weniger. Und am nächsten Spieltag empfangen sie den bislang ungeschlagenen Tabellenführer Bayern München, der den amtierenden deutschen Meister 4:0 vom Platz gefegt hat. (tr)


Stimmen zum Spiel und der Zukunft des Trainers


Co-Trainer Lippert und
Horst Ehrmantraut

Horst Ehrmantraut: "Meine Jungs konnten ihre Stärken nicht ausspielen, sie waren zu gehemmt. Das Leverkusenspiel hat wohl nachgewirkt und zu einer Verkrampfung geführt. Es wird sich einiges ändern. Die Zügel werden angezogen. Die Leistung kann man so nicht stehen lassen. Jetzt wird härter angepackt, denn die Lage ist sehr ernst. Man darf sich nichts vormachen, wir haben zu wenige Punkte."

Text auf einem Zettel, den Rolf Heller von Talentspäher Otto Müller zugesteckt bekommt: "Es ist soweit. Wir müssen ihn entlassen."

Präsident Rolf Heller spricht nur für sich, als er “uns“ sagt: “Die Trainerfrage stellt sich für uns nicht. Er wird ganz gewiss die Mannschaft wieder auf eine gesicherte Tabellenposition führen. Die Spieler sollten sich mal an die Nase greifen, sie haben keine Willensstärke gezeigt, ihre Einstellung stimmte nicht.“

Gernot Rohr, auf die Frage, ob der Trainer bis zum Saisonende bleibt: “Von mir werden Sie derartige Treueschwüre nicht hören. Ich spreche da aus Erfahrung, denn Treueschwüre werden ja auch fürs Leben gegeben, was sehr schwierig ist. Meine Frau und ich sind schließlich geschieden.“

Gernot Rohr auf die Frage, ob er als Interimstrainer agieren würde: "Mir macht der Job Spaß, aber in einer Notsituation, wenn das Präsidium so entscheiden sollte, würde ich mich der Verantwortung nicht entziehen."
Ansgar Brinkmann: “Wir haben alle katastrophal gespielt. Zumindest in der ersten Halbzeit habe ich nicht einen einzigen Lichtblick gesehen und muss Oka dankbar sein, dass er meine Rückgabe entschärft hat. Ich hab auf dem Platz gestanden, aber an irgendeine positive Aktion von mir kann ich mich nicht erinnern. Wir werden das intern sehr genau analysieren, warum wir so viele Fehler gemacht haben. Vielleicht ist Bayern München jetzt genau der richtige Aufbaugegner…“

Uwe Bindewald: “Der Trainer hat uns bis in die Haarspitzen motiviert. Vielleicht waren wir übermotiviert und haben deshalb vergessen Fußball zu spielen. Unsere Leistung liegt nicht am Trainer. So schlimm, wie wir gegen Leverkusen aufgehört haben, haben wir in Wolfsburg weitergemacht.“

 

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