Eintracht Frankfurt - FSV Mainz 05

2. Bundesliga 1997/1998 - 32. Spieltag

2:2 (2:0)

Termin: Mo 25.05.1998 19:30
Zuschauer: 33.000
Schiedsrichter: Michael Weiner (Ottenstein)
Tore: 1:0 Ralf Weber (10.), 2:0 Christoph Westerthaler (38.), 2:1 Christian Hock (62.), 2:2 Peter Neustädter (65.)

 

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt FSV Mainz 05

 

     

  • Stephan Kuhnert
  • Jürgen Klopp
  • Miroslav Tanjga
  • Peter Neustädter
  • Steffen Herzberger
  • Jürgen Kramny
  • Lars Schmidt
  • Adrian Spyrka
  • Christian Hock
  • Sven Demandt
  • Marco Grevelhörster

 

Wechsel

Wechsel

  • Fabrizio Hayer für Jürgen Kramny (56.)
  • Helmut Gabriel für Miroslav Tanjga (61.)
  • Torsten Lieberknecht für Adrian Spyrka (87.)

Trainer

Trainer

  • Wolfgang Frank

 

 

Back… Again!

Nur noch ein Punkt… Spätestens nach dem freitäglichen Unentschieden zwischen Gütersloh und Unterhaching hat das Rechnen ein Ende. Wenn die Eintracht am Montag den sechzigsten Punkt holt, ist der Aufstieg perfekt. “Den wollen wir uns gegen Mainz erkämpfen. Die Chancen stehen 50:50. Mainz hat durch die Rückkehr von Trainer Wolfgang Frank wieder an Stabilität gewonnen, spielt geordneter und disziplinierter. Dazu fordert besonders deren Abwehr mit vier langen Spielern taktische Finessen", erklärt Horst Ehrmantraut, der auf Houbtchev aufgrund seiner Gelbsperre verzichten muss. So rutscht Kapitän Weber auf die Liberoposition und Brinkmann wieder in die Startelf. Seine harschen Worte nach der Nichtberücksichtigung in der Vorwoche nimmt ihm der Trainer nämlich nicht übel, im Gegenteil: "Wenn er intern Kritik äußert, dann ist das in Ordnung. Schließlich will ich Spieler, die auf ihren Einsatz brennen." Auch Güntensperger brannte, doch die Saison ist für den 31-jährigen Schweizer gelaufen, nachdem er sich in Unterhaching einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zuzog, so dass Westerthaler neben Epp für Torgefahr sorgen soll.

Gefahr durch geschlossene Tore soll es im Aufstiegsfall auch nicht für die rund 33.000 Zuschauer geben, obwohl Polizei und Stadion GmbH im Vorfeld eindringlich gewarnt hatten. Doch gerade vor dem Hintergrund des völlig überzogenen Hundeeinsatzes beim letzten Heimspiel gegen Greuther Fürth, den die Eintracht zu verantworten hatte, plagen die Verantwortlichen wohl das schlechte Gewissen, so dass Präsident Heller verkündet: "Ich kenne unsere Fans und verbürge mich für sie. Ich freue mich, dass alle Verantwortlichen die Entscheidung tragen und unsere treuen Anhänger im Falle des Aufstiegs auf dem Rasen jubeln dürfen." Dies will Mainz-Trainer Frank natürlich unbedingt verhindern, schließlich hat der Tabellenfünfzehnte durch das 3:1 in Leipzig und den 5:0-Kantersieg gegen Jena wieder den Anschluss an die Nichtabstiegsplätze erreicht, die das unbedingte Ziel des FSV sind: “Für mich ist die Eintracht schon aufgestiegen, aber wir sind noch lange nicht gerettet. Daher wollen wir in Frankfurt gewinnen.“ Und zwar mit der gleichen Aufstellung wie gegen Jena, so dass hinter den zwei Sturmspitzen Grevelhörster sowie Demandt zwei Viererketten agieren werden, in denen der künftige Mainzer Trainer Jürgen Klopp die rechte Abwehrseite besetzt.

Dunkle Wolken und teilweise heftige Schauer gehen über dem Waldstadion nieder, doch dies beeindruckt weder die lautstark feiernden Frankfurter Fans noch die Frankfurter auf dem Rasen, die den ganz in Blau spielenden Gästen zunächst die Initiative überlassen. Die sie auch sogleich durch einen scharfen Schuss von Spryka nutzen, den Nikolov allerdings mit einer schönen Flugeinlage entschärfen kann (5.). Fünf Minuten später gibt es nach einem Foul im Halbfeld Freistoß für die Eintracht. Weber legt sich die Kugel zurecht, schaut kurz auf und sieht, dass Torhüter Kuhnert noch damit beschäftigt ist, seine Mauer zu dirigieren. Dem Kapitän ist es egal, aus über 25 Metern haut er das Leder humorlos zum 1:0 in die Maschen.


Nach dem 1:0: Brinkmann verfolgt Weber

Kuhnert, der scheinbar einen indirekten Freistoß erwartet hatte, schaut nur auf und rennt wutentbrannt zum Schiedsrichter, um dafür während des noch immer ohrenbetäubenden Torjubels der Zuschauer die gelbe Karte zu kassieren. "Der Ball war nicht freigegeben und Kuhnert war mit seinen Vorbereitungen noch nicht fertig“, meint FSV-Manager Heidel kopfschüttelnd, ergänzt aber: "Das ist keine Kritik am Schiedsrichter, denn wenn ein Freistoß schnell gemacht werden soll, muss man ihn nicht unbedingt freigeben vorher."

Die Führung gibt den Frankfurtern leider keine Sicherheit. Ohne Weber im Mittelfeld bleibt vieles Stückwerk. Sobotzik ist zwar viel am Ball, doch misslingen ihm etliche Aktionen und Schur, Zampach oder Brinkmann rackern zwar wie die Gäule, aber auch sie bringen keine Ordnung in das Spiel. Gut nur, dass die Abwehr steht, an der sich die FSV-Offensive immer wieder die Zähne ausbeißt. Und wenn sie einmal die Lücke finden, wie Schmidt in der 24. Spielminute, ist Nikolov zur Stelle, um den Schuss von Hock zu entschärfen. Immerhin bleibt die Eintracht bei Kontern gefährlich und Torhüter Kuhnert nervös, wie er bei einem Rückpass von Schmidt eindrucksvoll zur Schau stellt. Beim Versuch, die Kugel nach vorne zu bolzen, tritt er über das Runde. Schade nur, dass Westerthaler zu überrascht war, so dass der Torhüter seinen Fehler ausbügeln kann (30.). Nur eine Minute später hilft ihm der Schiedsrichter, als er beim Herauslaufen den ihm entgegen laufenden Epp bei der Parade leicht touchiert und der Stürmer so spektakulär fällt, dass der Frankfurter die gelbe Karte kassiert.

Nachdem Grevelhörster mit einem Knaller von der Strafraumgrenze Nikolov zu einer weiteren Glanzparade zwingt, wird es Sekunden später blitzschnell. Über Schur und Gephardt kommt der Ball zu Epp an der Mittellinie, der sofort nach vorne sprintet und auf die rechte Seite spielt, um Westerthaler auf die Reise zu schicken. Der 33-Jährige zögert nicht lange und zimmert das Leder aus fünfzehn Metern halbhoch ins linke Toreck zur 2:0-Führung für die Eintracht (38.). Der Jubel auf den Rängen scheint kein Ende zu nehmen, “Ehrmantraut“-Rufe hallen durch das Stadion und natürlich der Klassiker “Wir steigen auf und ihr steigt ab!“, während der Vorstandschef Strunz der 05-er nur ungläubig stöhnt: "Wir schlagen uns selbst, wir haben denen zwei Tore geschenkt, aber es ist immer noch alles drin."

Tatsächlich gibt sich Mainz nicht auf und stürmt mit Wiederanpfiff unverdrossen los, während die Eintracht auf Konter wartet und sich vornehmlich auf ihre Abwehrarbeit konzentriert. Dennoch kann sich Demandt in der 52. Spielminute mit zwei kurzen Wacklern an der Strafraumgrenze durchsetzen, um aus zehn Metern abzuziehen. Aber erneut zeigt Nikolov mit einem tollen Fußreflex, dass auf ihn Verlass ist. Schnell wird der Ball nach vorne geschlagen, Epp ist schneller als Schmidt und Kramny und könnte nun alles klar machen. Doch beim Schuss von der Strafraumgrenze zögert er ein wenig zu lange, so dass Spyrka zur Ecke blocken kann.

Es wird hektisch auf dem Platz, nur drei Minuten später fliegt ein langer Ball in den Frankfurter Strafraum. Grevelhörster springt am höchsten, setzt seinen Kopfball zum Glück aber um ein paar Zentimeter über die Latte, was FSV-Trainer Frank immer wütender werden lässt (55.). "Los, reiß es raus", schreit er Hayer zu, den er für Kramny in die Partie bringt. Tatsächlich sorgt der 1,72 Meter große Wirbler mit schnellem Spiel sofort für Unruhe auf der rechten Außenbahn und kann sich in der 61. Spielminute erneut gegen Bindewald durchsetzen, um auf den aufgerückten Klopp zurück zu legen. Klopp flankt in den Strafraum, wo Nikolov den Ball nur kurz nach hinten abwehren kann. Genau zu Hock, der die Kugel völlig unbedrängt zum 1:2 unter die Latte zimmern kann.

Unruhe und Nervosität macht sich auf dem Rasen breit, plötzlich offenbaren die Frankfurter den Gästen Lücken, kaum ein Ball kann mehr gehalten werden. Nur vier Minuten später setzt sich Hayer auf der rechten Seite durch und zieht in die Mitte, wird aber von Schur resolut und unsanft gestoppt, so dass es Freistoß aus knapp 20 Metern gibt. Neustädter schießt hart und flach, Nikolov fliegt, kann den Ball aber nicht festhalten, so dass er zum 2:2 ins Netz trudelt (65.).

Nur kurz verstummen die Gesänge, bevor die Fans die Eintracht lautstark wieder aufrichten, während Horst Ehrmantraut seine Spieler vom Seitenrand aus zu beruhigen versucht. Ein Punkt reicht und so bringt der Trainer Mehic sowie Flick für Epp und Brinkmann, um die Defensive weiter zu verstärken (69.). Tatsächlich besinnen sich die Frankfurter, für die Blauen gibt es kaum ein Durchkommen mehr. Trotzdem verrinnen die Minuten unendlich langsam und Mainz bestimmt weiter das Geschehen.

Jetzt bloß kein Fehler mehr, die Fans strömen unruhig an und auf die Zäune. Nur noch Sekunden können es sein. Schiedsrichter Weiner pfeift, doch es gibt nur einen Freistoß. Noch sind zwei Minuten zu spielen, auch wenn dies viele Zuschauer nicht erkennen, die bereits auf die Tartanbahn, zum Glück aber nicht auf das Spielfeld, strömen. 21:15 Uhr. Wird es Nachspielzeit geben? Unruhig harren bereits Tausende Zuschauer an den Seitenlinien, während sich die Gäste längst mit dem Unentschieden arrangiert haben. Noch 39 Sekunden sind es und Schiedsrichter Weiner macht das einzig richtige: Er pfeift ab!

Sofort strömen etwa 10.000 Fans auf den Rasen und versuchen die Spieler zu umarmen, die schnell in die Katakomben flüchten, was Horst Ehrmantraut nicht sofort gelingt: “Die Fans haben mich ja zunächst hochgelupft, aber ich wollte dann irgendwann auch wieder runter. Und unten konnte ich mich dank meiner geringen Körpergröße recht schnell in die Kabine verdrücken.“

Aber die Fans müssen nur kurz auf die Mannschaft warten. Minuten später erscheinen sie unter riesigem Jubel mit weißen T-Shirts und dem Aufdruck “Back… Again!“ auf der Ehrentribüne, wo sie Ministerpräsident Eichel und Bürgermeisterin Roth sofort medienwirksam unter Beschlag nehmen, während das nunmehr legendäre “Nie mehr, Zweite Liga“ durch das Waldstadion schallt.

Nur einer hat sich davon geschlichen, um dem Tätschel- und Gratulationsmarathon auf der Ehrentribüne zu entkommen und einem Sportsender ein Interview zu geben: “Die haben uns die gesamte Saison lang begleitet, da hatten sie es verdient, zuerst bedient zu werden. Die Jungs standen schon richtig da oben, ich war nur hin und wieder Impulsgeber“, erklärt Horst Ehrmantraut wenig später, um stolz zu ergänzen: "Das ist gigantisch. Es ist unglaublich, was Spieler bewegen können, die gut eingestellt sind und ein großes Ziel vor Augen haben." Auf den Rängen schämen sich 750 Tage nach dem Abstieg unterdessen weder Gaetano Patella noch Präsident Heller ihrer Freudentränen über den Aufstieg, der eigentlich erst für den 100-jährigen Geburtstag der Eintracht vorgesehen war: "Das ist einfach Wahnsinn hier, der Adler fliegt wieder!“


Mainz 05 verzichtet auf einen Protest

Während alle in Frankfurt feiern, zeigt sich FSV-Manager Heidel zunächst als schlechter Verlierer und moniert, dass Schiedsrichter Weiner das Spiel aufgrund der am Spielfeldrand drängenden Anhänger 39 Sekunden zu früh abgepfiffen habe.

Er überlegt, einen Protest gegen das Spiel einzulegen. Dem widerspricht der Gescholtene kurz und knapp: “Für mich war die Spielzeit um.“ Da auch die Herren beim DFB durchblicken lassen, dass es sich beim Abpfiff um eine eindeutige Tatsachenentscheidung handelt und sie wenig erfreut über die öffentlich vorgebrachte Mainzer Schelte sind, zieht Präsident Strunz das Ansinnen am Mittwoch zurück: “Wir wollen den Saisonabschluss in der 2. Liga nicht durch unendliche Diskussionen belasten.“ (tr)


Stimmen zum Aufstieg

Horst Ehrmantraut: “Ich bin glücklich, aber nicht zufrieden. Zufriedenheit bedeutet für mich Rückschritt. Das heute ist erst der Anfang, der schwerste Weg steht meinen Jungs erst noch bevor.“

Ansgar Brinkmann: "Ein Traum geht in Erfüllung. Vor sieben Monaten spielte ich noch gegen Petroleum 88 Garrel und jetzt in der Bundesliga gegen Schalke, Dortmund und Bayern München. Ein Wahnsinn!"

Ralf Weber: “Es ist nicht zu beschreiben, was in mir vorgeht. Ich freue mich wahnsinnig, dass wir wieder aufgestiegen sind. Das ist auch für mich ein Riesenerfolg nach meiner langjährigen Verletzung. Ich bin absolut froh, dass ich meinen Vertrag bei der Eintracht verlängert habe.“

Petra Roth, Bürgermeisterin Stadt Frankfurt: “Das ist phantastisch. Ich freue mich über diesen Aufstieg, weil er ohne Intrigen geschafft worden ist. Eintracht Frankfurt ist ein traumhafter Werbeträger und großer Botschafter für die Stadt. Für das, was Trainer Ehrmantraut und das Präsidium geschafft haben, gebührt ihnen Respekt. Das sind Leistungsträger, die gehören in die Bundesliga."

Präsident Rolf Heller am Tag nach dem Aufstieg: "Die Bundesliga wird ein reiner Überlebenskampf. Wir wollen nicht zur Fahrstuhlmannschaft werden. Die Schicki-Micki-Szene, die den Verein scheinbar oben gehalten hat, hat das Bild des Vereins langfristig kaputt gemacht. Und ich war nicht die Person, die Türen öffnen konnte. Jetzt habe ich mir schon ein kleines Podest gebaut, von dem aus ich arbeiten kann. Ich muss sehen, dass ich ein wenig vom Image des Fan-Präsidenten wegkomme. Wir dürfen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen."

Rolf Heller über seine wichtigste Entscheidung: “Den richtigen Trainer zu finden. Als das mit Bommer/Weise nicht klappte, und ich zeitweise ohne Trainer dastand, hatte ich Horst Ehrmantraut empfohlen bekommen. Das war ein absoluter Glücksgriff. Ich habe die Arbeit von Ehrmantraut immer mit größter Zufriedenheit begleitet. Das Einzige ist, dass er als Mensch nicht einfach ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass Ehrmantraut in dieser ersten Bundesligasaison der richtige Mann ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir ihn rausschmeißen, selbst wenn es nicht so gut läuft, dann liegt das nicht an ihm. Es ist nicht das Problem des Trainers, wenn Bindewald keinen Tormann ausspielen kann.“

Horst Ehrmantraut, auf die Frage, ob der Vorstand auch nach mehreren Niederlagen zu ihm halten wird: “Man wird sehen. Ich war ja noch gar nicht hier, da hatten gewisse Medien mich schon wieder abgeschoben. Da kam ein kleiner Mann aus Meppen und wollte den großen Frankfurtern was beibringen... Ich kann nur sagen: Ich habe Blau-Weiß 90 trainiert und den SV Meppen. Blau-Weiß war Fünfter in der zweiten Liga, als ich ging; den Verein gibt es jetzt gar nicht mehr. Und Meppen, darüber bin ich unheimlich traurig, ist gerade in die Regionalliga abgestiegen. Die Frankfurter sollten also die Daumen drücken, dass ich lange bleibe.“

 

 

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