FC St. Pauli - Eintracht Frankfurt |
2. Bundesliga 1997/1998 - 31. Spieltag
2:0 (1:0)
Termin: Mo 18.05.1998 19:30
Zuschauer: 16.000
Schiedsrichter: Jörg Keßler (Wogau)
Tore: 1:0 Marcus Marin (45.), 2:0 Michael Mason (84.)
FC St. Pauli | Eintracht Frankfurt |
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St. Pauli spielt nicht mit … Nachdem es in den vergangen Wochen viel Kritik an der Personalpolitik des Präsidiums gegeben hat, können endlich erste Erfolge vermeldet werden. Am Sonntag hat Frank Gerster vom FC Bayern München einen Zwei-Jahresvertrag unterschrieben, der Ungar Istvan Pisont aus Jerusalem sowie Bernd Schneider aus Jena werden zudem ebenfalls in der kommenden Saison für die Eintracht kicken. Auch mit dem eigenen Personal sind Präsident Heller und Schatzmeister Patella weitergekommen, denn neben Schur, Janßen und Zampach hat auch der viel umworbene Kapitän Weber endlich das lang ersehnte OK für vier weitere Jahre gegeben: "Das Thema hat an mir genagt, trotz anderer Angebote habe ich mir diesen Schritt gut überlegt und mich für Frankfurt entschieden. Heimatverbundenheit mag dabei eine Rolle gespielt haben und die Tatsache, dass wir hier etwas aufgebaut haben." Auch Rainer Falkenhain, der Lizenzspieler-Leiter kann einen Erfolg vermelden, denn es ist ihm gelungen, vom bulgarischen Verband die Freigabe für Libero Houbtchev zu erhalten, so dass der 34-Jährige nicht zum Trainingslager der WM-Auswahl nach Sofia reisen muss. Nur der Sieg des SC Freiburg bei Fortuna Köln am Vortag stört da ein wenig die gute Reiselaune, denn so muss die Eintracht beim bislang zuhause ungeschlagenen Tabellenfünften aus St. Pauli gewinnen, um vorzeitig den Aufstieg feiern zu können. Worauf sich insbesondere Thomas Sobotzik freut, der die letzten zwei Jahre am Millerntor seine Stiefel schnürte: “Ich hoffe, dass unser Aufstieg am Montag feststeht und dass der Trainer uns nach dem Spiel frei gibt, damit ich den Jungs die Reeperbahn zeigen kann.“ An Horst Ehrmantraut soll es nicht liegen, der eine offensive Aufstellung mit Westerthaler und Epp im Sturm sowie Sobotzik als hängender Spitze wählt. Da Weber seine Sperre abgesessen und Schur wieder einsatzbereit ist, müssen Kaymak, Mehic und Brinkmann dem Treiben auf dem Rasen zunächst von außen zusehen, was besonders den “weißen Brasilianer“ sehr ärgert: “Das ist die Höchststrafe, im Endspiel zugucken zu müssen.“ Den in den Köpfen der Frankfurter rumschwirrenden Kiezfreuden erteilt St. Paulis Trainer Kleppinger, der nach der 2:4-Hinspielniederlage in Frankfurt Eckhard Krautzun ablöste, allerdings eine klare Absage: "Bei uns wird nicht gefeiert. Wir werden die Frankfurter schlagen!" Denn nachdem der Tabellenfünfte bei sieben Punkten Rückstand auf Rang Drei mit dem Aufstieg nichts mehr zu tun hat, will er wenigstens seine weiße Weste als einzig zuhause ungeschlagene Mannschaft behalten. Und zwar mit der am Millerntor gewohnt offensiven Aufstellung mit Marcus Marin und Sawitschew im Sturm sowie Seeliger als hängender Spitze, während A-Jugend-Torschützenkönig Ivan Klasnic als Joker auf der Bank lauert. Mit des Trainers Worten in den Ohren trauen die Hamburger Fans am Millerntor zunächst ihren Augen nicht, denn die Frankfurter überrennen die Gastgeber in der Anfangsphase förmlich. Kaum eine Minute ist gespielt, als Torhüter Thomforde sein ganzes Können unter Beweis stellen muss, um einen Freistoß von Weber aus dem unteren Toreck heraus zu kratzen. Überhaupt wirkt der Kapitän nach seiner Vertragsunterzeichnung wie befreit. Immer wieder dirigiert er die Angriffe, um sich selbst einzuschalten. Noch ohne Glück, denn auch sein nächster Schuss von der Strafraumgrenze geht um Zentimeter am Pfosten vorbei (9.). St. Pauli wirkt tief beeindruckt von der Offensivkraft der Gäste und verlegt sich auf Konter im eigenen Stadion, die allerdings bis auf einen Schuss von Marin in der 12. Spielminute keine Gefahr für das Tor von Nikolov bringen. Dafür erspielt sich die Eintracht Möglichkeiten fast im Minutentakt, doch weder trifft Epp mit dem Fuß (23.), noch mit dem Kopf (28.) und auch Weber verfehlt mit seinem Kopfball den Kasten um ein paar Zentimeter (35.). Lediglich der schwache Schiedsrichter Kessler sorgt für Unterbrechungen im Spielfluss der Gäste, in dem er viele Aktionen einfach abpfeift oder wahllos gelbe Karten bei Aktionen im Strafraum verteilt, so dass Schur, Westerthaler, Thomforde und Springer innerhalb weniger Minuten den Karton gezeigt bekommen. Die Eintracht zeigt sich von den Kartenspielen zum Glück unbeeindruckt. Zampach setzt sich im Zusammenspiel mit Schur auf der linken Außenbahn durch und flankt mit viel Effet vor den Fünfmeterraum. Diesmal sind es mit Epp, Sobotzik und Westerthaler gleich drei Frankfurter, die nur um Haaresbreite am Leder und damit der verdienten Führung vorbeisegeln (40.). Die hat kurz darauf Schur nach einer Ecke auf dem Fuß, doch Stanislawski kann auf der Linie für seinen geschlagenen Torhüter retten (43.). Aber wie das so ist mit den vergebenen Chancen, es rächt sich. Sekunden vor der Pause gerät die Frankfurter Abwehr nach einem Vorstoß von Seeliger plötzlich ins Schwimmen. Der Stürmer passt zu Scherz, der von der Strafraumgrenze aus abzieht, doch der Schuss kann zunächst geblockt werden. St. Pauli bleibt am Ball, der jetzt bei Marin landet. Der 31-Jährige schaut kurz auf und zirkelt die Pille aus 18 Metern einfach zum 1:0 unter die Latte (45.). Während das Millerntor vor Freude bebt, schlurfen die Frankfurter mit hängenden Schultern in die Kabinen, wo sie ein sichtlich verärgerter Trainer sehr laut empfängt. "Wer keine Tore schießt, kann auch nicht gewinnen", fasst Sobotzik die Kabinenpredigt des Trainers zusammen, der jetzt Brinkmann für den rotgefährdeten Schur bringt.
Tatsächlich kommt mit Brinkmann frischer Wind in die ohnehin schon stürmischen Aktionen der Eintracht. Die Begegnung wird nun hitzig und wogt hin und her. Eben noch scheitert der starke Zampach mit einem Distanzschuss an Thomforde, dann prüft Karaca auf der Gegenseite Torhüter Nikolov und nur Sekunden später zimmert Marin die Kugel um Zentimeter am Kasten vorbei (61.). Wiederum nur drei Minuten später kann Thomforde einen tollen Drehschuss von Sobotzik mit einer ebenso spektakulären Flugeinlage zur Ecke klären. Nachdem jedoch Epp im Zusammenspiel mit Westerthaler eine weitere gute Chance liegen lässt und es zunehmend hektischer wird, macht sich Ehrmantraut Luft. “Ich wünschte, Sawitschew und Marin würden bei uns spielen, Marin macht sogar Tore aus keiner Chance“, schimpft er und nimmt seine beiden stumpfen Spitzen aus dem Spiel, um Flick und Mehic zu bringen, so dass Sobotzik in die Sturmzentrum rutscht (68.). Doch die Wechsel bringen nicht viel, denn die Frankfurter rennen dem Rückstand immer kopfloser hinterher. Weder Weber noch Houbtchev, der auch noch seine fünfte gelbe Karte kassiert, können die Angriffe koordinieren. Ein ums andere Mal versuchen es Brinkmann und Gebhardt auf den Flügeln mit dem Kopf durch die Wand, während die Lücken in der Mitte immer größer werden und so St. Pauli zum fröhlichen Kontern einladen. So kommt es, wie es wohl kommen muss in der 84. Spielminute. Sawitschew rennt in die Hälfte der Eintracht und schlägt einen schlampigen Pass in die Mitte, den wohl kein eigener Spieler erreichen kann. Doch unglaublich, aber wahr. Ein auf dem Rasen liegender Eisbeutel fälscht den Ball derart ab, dass er vor den Füssen von Mason landet, der sich diese Chance nicht entgehen lässt und eiskalt zum 2:0 verwandelt. Der Schlusspunkt unter einer hitzigen Partie, die zugleich die erste Niederlage für die Eintracht nach dem 0:2 bei Greuther Fürth am 9. November besiegelt. Mit 59 Punkten bleibt die Eintracht allerdings weiterhin Tabellenführer mit sieben Punkten Vorsprung auf Rang 4 bei noch drei ausstehenden Spielen. (tr)
Horst Ehrmantraut: "Es ist eine bittere Niederlage. In der zweiten Halbzeit haben wir zu konfus und planlos agiert, völlig den Faden verloren und Hektik hoch drei verbreitet. Gerade von meinen erfahrenen Spielern hätte ich mir gewünscht, dass sie mal auf den Ball treten, um Ruhe reinzubringen. So aber geht der Sieg für St. Pauli völlig in Ordnung. Beim nächsten Spiel brauchen wir die Fans, das ist ein Derby, da steht es fifty-fifty.“ Gerhard Kleppinger, Trainer St. Pauli: "Man muss dieser Eintracht zum Aufstieg in die Erste Liga gratulieren." Präsident Rolf Heller: "Die Mannschaft hat hervorragend gekämpft. Man kann ihr keinen Vorwurf machen. Da muss man durch, wenn man aufsteigen will, Lautern hat im vergangenen Jahr auch ein paar Mal verloren und ist trotzdem aufgestiegen." Ansgar Brinkmann: "Wir zittern nicht, wir steigen auf.“
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