Eintracht Frankfurt - SG Wattenscheid 09

2. Bundesliga 1997/1998 - 19. Spieltag

2:1 (2:1)

Termin: Mo 23.02.1998 19:30
Zuschauer: 15.500
Schiedsrichter: Carsten Kadach (Suderburg)
Tore: 1:0 Thomas Sobotzik (3.), 1:1 Frank Süs (30., Foulelfmeter), 2:1 Thomas Epp (43.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt SG Wattenscheid 09

 


  • Peter Martin
  • Werner Kempkens
  • Olaf Skok
  • Hilko Ristau
  • Frank Bläker
  • Andreas Teichmann
  • Sergej Dikhtiar
  • Frank Süs
  • Thorsten Schmugge
  • Stefan Blank
  • Souleyman Sané

 

Wechsel

Wechsel

  • Cetin Aydin für Thorsten Schmugge (71.)
  • Sergio Allievi für Stefan Blank (76.)
  • Frank Schön für Frank Süs (77.)

Trainer

Trainer

  • Jupp Tenhagen

 

Ein Rosenmontag für gut eingestellte Herzschrittmacher

“Ich bin geschockt, damit habe ich nie und nimmer gerechnet. Das ist für uns eine schwierige Situation“, bleibt bei Horst Ehrmantraut fast die Spucke weg, denn Felix Magaths Nürnberger haben bereits am Freitag bei Tabellenführer Freiburg gewonnen und stehen somit punktgleich mit den Breisgauern vorläufig vier Zähler vor der Eintracht. So ist gegen den Aufsteiger aus Wattenscheid ein Heimsieg Pflicht, um gegenüber dem Spitzenduo nicht allzu sehr ins Hintertreffen zu geraten, denn: "all die Punkte, die wir in den nächsten Spielen zu Hause nicht holen, müssen wir auswärts holen." Mit seiner Vertragsverlängerung um ein Jahr hofft der Trainer, ein positives Signal auch für seine Mannschaft gesetzt zu haben, denn “sie wissen jetzt, woran sie sind.“ Sawieh zumindest weiß das, denn er muss sich neben Westerthaler und Güntensperger mit der Reservistenrolle begnügen, da Brinkmann neben Epp im Sturm beginnen wird, weil er “nicht so viel Raum benötigt“. Zudem ist Brinkmann kopfballstärker und robuster, meint der Trainer, um zu ergänzen: "Das hat ja auch schon gegen Fortuna Köln gut geklappt."

Das will Jupp Tenhagen natürlich vermeiden, auch wenn der Tabellendreizehnte aus der einstigen Kreisstadt, die nun nur noch Stadtteil von Bochum ist, bislang auswärts erst einen Sieg zustande brachte. Dafür muss der Trainer allerdings kurzfristig auf seinen Torjäger Markus Feinbier verzichten, der beim Aufwärmen im Waldstadion signalisiert, dass sein Muskelfaserriss eben nur fast ausgeheilt ist. So kommt Süs in die Mannschaft, der abwechselnd mit Dikhtiar und Schmugge bei den geplanten Kontern den einzig verbliebenen Stürmer unterstützen sollen. Den inzwischen fast 37-jährigen Souleyman Sané, der seit 1990 im Verein ist und damit die vier Bundesligajahre des Clubs miterlebt hat, der ohne Mäzen Klaus Steilmann laut Klaus Bongartz wohl “nur eine Betriebssportmannschaft“ geblieben wäre.

Genauso dürften sich die 09er an diesem Rosenmontag zu Beginn auch vorgekommen sein, denn bevor sich der Aufsteiger so richtig finden kann, wird er von der Eintracht fast überrannt. Und zwar in Gestalt von Gebhardt, der sich auf links nach kaum einer Minute durchsetzt, mit einem Haken in die Mitte geht und von der Strafraumgrenze aus abzieht, jedoch knapp den Kasten der Gäste verfehlt. Kurz darauf ist Epp am Ball und spielt quer auf Gebhardt, der erneut nicht lange fackelt. Mit Müh und Not kann Torhüter Martin das Geschoss diesmal über die Latte lenken (2.). Zeit zum Verschnaufen hat der 29-Jährige nicht, denn nur eine Minute später kann kein Wattenscheider Sobotzik halten, der sich die Kugel auf den linken Fuß legt und sie von der Strafraumgrenze zum 1:0 ins rechte Toreck zirkelt. Ein Auftakt nach Maß und noch immer wissen die Wattenscheider gar nicht, wie ihnen geschieht. Immer ist ein Frankfurter schneller, der das Leder direkt in Richtung Strafraum spielt. Diesmal über die rechte Seite mit Sobotzik und Zampach, der das Auge für Brinkmann hat und ihm die Kugel in den Lauf spielt. Frei vor Martin könnte er den Ball nun stoppen und sich die Ecke aussuchen, doch stattdessen bolzt er sie volley gut zwei Meter neben den Pfosten (12.).

Ganz langsam berappeln sich die Gäste, gehen konsequenter in die Zweikämpfe und machen bereits im Mittelfeld die Räume eng, während sich bei der Eintracht die Fehlpässe mehren. "Wir müssen den Sack nur doch noch zumachen", hadert Brinkmann mit sich und seinen Mitspielern, die offenkundig von Minute zu Minute unsicherer werden. Plötzlich ist es vorbei mit den schnellen Vorstößen von Gebhardt und auch Zampach taucht ab, allerdings nicht zum Torjubel. So schieben sie sich das Leder umständlich im Mittelfeld hin und her oder schlagen den Ball hektisch nach vorne, wenn ihnen ein Wattenscheider zu nahe kommt. "Wir haben das Spiel einfach nicht mehr unter Kontrolle bekommen, wir waren viel zu hektisch und hatten keine Ordnung mehr in unserem Spiel", meint der Trainer fast schon ratlos, während die Zuschauer nur mit dem Kopf schütteln.

Dann die 29. Spielminute, nach einem Fehlpass von Brinkmann in der Hälfte der Gäste wird es plötzlich schnell, als Sané und der aufgerückte Ristau nach vorne sprinten. Der 23-jährige Innenverteidiger läuft von halbrechts in den Strafraum, Nikolov verschätzt sich in seinem 50-sten Zweitligaspiel beim Rauslaufen und bringt Ristau mit einer Notbremse zu Fall, die der Schiedsrichter zum Glück nur mit Gelb bedenkt, allerdings zu Recht auf den Elfmeterpunkt zeigt. Süs tritt an und verwandelt sicher zum 1:1. Es wird still im Waldstadion in den nächsten Minuten, während die Eintracht noch ängstlicher agiert und so die Gäste von Minute zu Minute mehr aufbaut. In der 37. Minute gibt es eine Ecke für die Gäste, die Süs vor den Fünfmeterraum schlenzt. Die Abwehr schaut und Skok köpft platziert, doch mit einer Blitzreaktion kann Nikolov den Ball um den Pfosten lenken und macht damit seinen Fehler wieder gut.

Lange kann das nicht gut gehen und so sehnen die zerzausten Frankfurter den Pausenpfiff herbei. Bis zufällig doch einmal ein Spielzug über die linke Seite klappt und Gebhardt das Leder in den Strafraum schlägt. Getümmel im Strafraum, von Webers Brust hopst der Ball irgendwie zu Epp, der gegen gleich drei Gegenspieler die Übersicht behält und die Kugel aus sieben Metern zum 2:1 in die Maschen zimmert (43.). Kurzer Jubel, gefolgt von kollektivem Ausatmen, als es kurz darauf in die Pause geht. Jetzt kann es nur besser werden…

Wird es aber nicht, was Horst Ehrmantraut lauthals schimpfend so beschreibt: "Wenn sich die Manndecker sieben bis neun einfache Fehlpässe leisten ist es doch normal, dass der Gegner immer wieder ins Spiel gebracht wird. Keiner war in der Lage, das Spiel zu beruhigen, es herrschte Hektik und teilweise Konfusion. Von der Spielkultur aus der Vorrunde sind wir meilenweit entfernt.“ In der Tat, während Wattenscheid das Mittelfeld unter Kontrolle hat, hofft die Eintracht nur noch auf Konter, die aber nicht kommen, da sich Bindewald einen Abspielfehler nach dem anderen leistet und Weber mehr am Hadern als am Spielen oder gar dirigieren ist. "Er hat sich vom Virus der Fehlpässe anstecken lassen, zudem ist er mit sich selbst nicht zufrieden, da kann er auch andere nicht mitreißen", erklärt der Trainer, der die Erfahrung von Janßen schmerzlich vermisst, denn “der hätte das alles geregelt.“

So reagiert Horst Ehrmantraut auf den unerklärlichen Leistungsabfall seiner Mannschaft und nimmt Brinkmann sowie Epp aus dem Spiel, um mit Westerthaler und Sawieh zwei frische Kräfte zu bringen (68.). Doch auch die beiden neuen Spitzen hängen in der Luft, denn aus der eigenen Hälfte kommt die Eintracht kaum noch, während Nikolov weiterhin alle Hände voll zu tun hat. Weiter schimpfen sie, die Frankfurter. Aber nicht nur mit sich, auch mit Schiedsrichter Kadach sind sie am Hadern, der bei wirklich jeder kniffligen Situation für die Gäste pfeift. Zampach, der ansonsten kein Bäumlein ausreißt, macht dies so wütend, dass er die Fahne an der Mittellinie malträtiert, was ihm nur die fünfte Gelbe Karte und damit wie Schur, der seine Zehnte Verwarnung kassiert, ein Spiel Sperre einbringt. “Er hat mit zweierlei Maß gemessen, um nicht als Heimschiedsrichter in Verruf zu kommen“, fällt auch Horst Ehrmantraut in den Chor der Schimpfenden ein.

Am Unparteiischen liegt es allerdings nicht, dass die Eintracht sich auch kurz vor Schluss noch keine Torchance erarbeitet hat und sie die Nerven der Zuschauer allmählich überstrapazieren. Zumal es auch noch fünf Minuten Nachspielzeit gibt, in denen Wattenscheid weiter auf den Ausgleich drückt. Doch nach einem weiteren Pfiff macht sich allenthalben Erleichterung breit: Das Spiel gewonnen, Tabellenplatz drei verteidigt und den Rest schnell vergessen. (tr)


Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut, schimpfend auf der Pressekonferenz: “Es war ein glücklicher Sieg, weil wir in der zweiten Halbzeit total den Faden verloren und aus der Abwehr heraus nur noch Fehlpässe gespielt hatten. Das hat mich sehr überrascht, denn im Training haben die Spielzüge fast perfekt gepasst. Aber meinen Sie denn, wir spielen die anderen alle an die Wand? Meinen Sie, nur wir können Fußball spielen, und die anderen können nix? Das ist doch Träumerei, wir haben keine Wundermannschaft.“

Ralf Weber: "Bei so einem Spiel, werden wohl einige Herzschrittmacher fällig geworden sein. Wenn wir uns spielerisch nicht steigern, wird es sehr schwer, einen Aufstiegsplatz zu halten. Mit solchen Leistungen können wir selbst die Heimspiele schlecht gewinnen."

Thomas Zampach: "In drei Wochen spricht keiner mehr über dieses Spiel."

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg