Hannover 96 - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1997/1998

3:3 (1:0)

Termin: 25.01.1998 in Belek (Türkei)
Zuschauer:
Schiedsrichter:
Tore: 0:1 N’Diaye, 1:1 Thomas Epp. H96: N’Diaye, Messine; Eintracht: Thomas Sobotzik, Edi Martini

 

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Hannover 96 Eintracht Frankfurt

eingesetzt:

  • Heinz Müller
  • Goran Stavrevski
  • Babacar N’Diaye
  • Jens Rasiejewski
  • Bernd Eigner
  • Dieter Hecking
  • Jürgen Degen
  • Goran Stavrevski (Gastspieler FC Palister)
  • Fabian Gerber
  • Vladan Milovanovic
  • Timo Marner
  • Guiseppe Messine

 

eingesetzt:

 

Wechsel

Wechsel

Trainer

Trainer

 

 

Stürmische Zeiten in Belek, Eintracht bei den Mitgliedern

Ehrmantraut wütet wie das Wetter

"Für die Spielform, die wir in den nächsten Tagen üben lassen wollen, wäre ein solcher Wind sehr hinderlich.“ Willkommen in Belek an der Türkischen Rivera, die den Eintracht-Tross mit 23 Spielern und acht Offiziellen mit Regen, Hagel und Orkanböen mehr als stürmisch begrüßt. Drei Trainingseinheiten, die morgens um 8:00 Uhr mit ausgedehnten Strandläufen beginnen sollen, hat der Trainer eingeplant. Doch der Sand erweist sich in den kommenden Tagen als zu weich und tief, so dass sie auf einen Golfplatz ausweichen. "Das hat einfach nicht gepasst. Schade, ein solcher Strandlauf am frühen Morgen, das ist etwas für Körper, Seele und Geist", meint Horst Ehrmantraut zerknirscht. Immerhin können die Trainingseinheiten auf dem Trainingsplatz des Adora Golf Resort Hotels stattfinden, denn der Sturm legt sich so schnell wie er gekommen ist.

Dafür stürmt der Trainer, nachdem ein weiteres Gespräch mit Präsident Heller über seine Vertragsverlängerung aus seiner Sicht enttäuschend verlief: "Ich habe gehört, dass der Verein mich halten will. Dann muss er endlich auch aktiv werden. Wenn nicht, dann werde ich mich perspektivisch anders entscheiden. Für mich selbst habe ich ein Fixdatum gesetzt. Bis März werde ich jedenfalls nicht warten.“ Auch Kapitän Weber versteht das Zaudern des Präsidiums nicht und bestätigt: “Das ist bedauerlich, die Mannschaft hat ein sehr gutes Verhältnis zum Trainer. Ihre positive Entwicklung liegt an der Arbeit des Trainer. Er hat aus uns eine Einheit gemacht. Das sieht man am Tabellenstand, an dem der Trainer einen sehr hohen Anteil hat. Die Mannschaft ist vielleicht fußballerisch nicht so stark, dafür aber charakterlich.“

Da Präsident Heller inzwischen nach Frankfurt geflogen ist, wo die Mitgliederversammlung des Vereins stattfindet, schaltet sich Schatzmeister Patella in die Diskussion ein, redet mit dem Trainer und verspricht: “Nach seiner Rückkehr aus der Türkei werde ich mit ihm bei einem schönen italienischen Essen ein Vier-Augen-Gespräch führen und etwaige Unstimmigkeiten aus der Welt schaffen. Wir brauchen absolute Ruhe, um unsere großen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.“ Er wird mal wieder Wort halten…


Ehrmantrauts Mannschaft trifft auf seinen Nachfolger…

Nach all dem Geplänkel außerhalb des Platzes geht es tags darauf nach einer über zweistündigen Ausdauereinheit endlich auf dem Rasen weiter. Auch heute will der Trainer dem gesamten Kader Spielpraxis geben, Güntensperger, der vier Monate nach seinem Kreuzbandriss fast alle Trainingseinheiten mitmachen kann, soll hingegen ebenso wie die angeschlagenen Westerthaler und Wolf noch nicht auf den Platz, ist aber dennoch guten Mutes, dass es bis zum Rückrundenstart klappen könnte: "Ich setze mich nicht unter Druck, aber es ist doch alles viel schneller gegangen, als wir es uns alle vorgestellt haben."

Gegner ist der aktuelle Tabellenzweite der Regionalliga Nord, der in der letzten Saison das Aufstiegsendspiel gegen Cottbus zumindest aus Sicht der Niedersachsen nur aufgrund eines Stromausfalls verlor. In der 74. Spielminute fiel damals die Flutlichtanlage knapp 20 Minuten aus, nach Wiederanpfiff schoss Energie zwei Tore und nun versucht es Trainer Reinhold Fanz, der im Dezember 1998 der unrühmliche Nachfolger von Ehrmantraut bei der Eintracht werden wird, mit dem Aufstieg. Hannover 96 ist bereits zwei Tage länger an der türkischen Rivera und hat inzwischen zwei Testspiele hinter sich gebracht. Neben den Neuzugängen Babacar N'Diaye und Bernd Eigner sowie dem mazedonischen Testspieler Stavrevski werden auch Jens Rasiejewski, der im nächsten Jahr zur Eintracht wechseln wird und Stürmer Guiseppe Messine auflaufen, der vor zwei Wochen von den Eintracht Amateuren an die Leine wechselte. Aufgrund einer Verletzung nicht dabei ist hingegen Ex-Adler Matthias Dworschak.

Den Frankfurtern stecken die harten Trainingseinheiten offenkundig in den Knochen, denn bei herrlichem Frühsommerwetter läuft in der ersten Halbzeit nicht allzu viel zusammen gegen den Regionalligisten. Sawieh, der heute auf der linken Außenbahn spielt, hängt in der Luft, hilft dafür aber immer wieder gegen die forsch angreifenden Niedersachsen hinten aus. Auch Renato Levy, von dem Horst Ehrmantraut vor der Saison noch behauptete: “Das wird nie was“, wird jetzt vom Trainer ausdrücklich gelobt, weil “er einen großen Sprung nach vorne gemacht“ hat. Heute allerdings kann er im Mittelfeld ebenso wenige Bäume ausreißen wie Brinkmann, dessen Position in der Mannschaft auch dem Trainer noch nicht klar ist: "Das muss ich durchprobieren, Mittelfeld oder Sturm. Ich kann es noch nicht so ganz greifen." Greifbar jedenfalls ist die 1:0-Führung für Hannover durch N’Diaye, mit der es in die Pause geht.

Auffälliger ist da einmal mehr Marco Gebhardt, der sich mit unbändigem Einsatz seinen Stammplatz gesichert hat und dies auch in der zweiten Halbzeit unter Beweis stellt. "Ich brauche einen Trainer, der auf Disziplin und Ordnung Wert legt, ich muss die Faust im Nacken spüren. So etwas spornt mich an.“ Scheinbar erreicht dies Horst Ehrmantraut auch beim Rest der Mannschaft während seiner Pausenansprache, denn jetzt wird das Spiel endlich abwechslungsreicher. Epp, Sobotzik und Martini treffen drei Mal für die Eintracht, während die Niedersachsen durch N’Diaye und Messine noch zwei Tore nachlegen, so dass Horst Ehrmantraut nach dem 3:3 im ersten Härtetest zufrieden ist: "Ich hatte nicht erwartet, dass wir in diesem Stadium der Vorbereitung so gut spielen können."


Einträchtliche Mitgliederversammlung am 27. Januar

"Unser Adler fliegt wieder“, erklärt Schatzmeister Gaetano Patella und erntet einmal mehr tosenden Beifall von den 238 Mitgliedern im großen Saal des Palmengartens, nachdem er zuvor voller Stolz erklärt, dass die neue Führungsmannschaft mit nur 1,6 Millionen Mark "eine ganze Mannschaft zusammengebastelt" hat und es innerhalb von nur einem Jahr gelungen sei, die Bankschulden von 9,4 auf 1,7 Millionen Mark zu reduzieren. Auch Präsident Heller erhält großen Beifall für seine Ausführungen und verspricht, dass man Horst Ehrmantraut jetzt ein konkretes Vertragsangebot machen werde, denn “er ist einer der Garanten für die sportliche Konsolidierung der Eintracht. Alle Anstrengungen auf den Bundesliga-Aufstieg müssen jetzt und nicht erst zu unserem hundertsten Geburtstag angegangen werden."

Vorgestellt werden ferner als neues Mitglied für den Verwaltungsrat Herbert Becker von der Flughafen AG, der in der Saison 2003/2004 Aufsichtsratsvorsitzender werden wird. Zudem soll in den nächsten Wochen eine “Marketing-GmbH“ unter Leitung von Vizepräsident Lämmerhirdt gegründet werden, die sich um die Sponsorensuche und –pflege sowie die Einführung einer “Eintracht-Card“ kümmern soll. Wie gewohnt vollmundig verkündet dieser, das in diese GmbH auch die Lizenzspielerabteilung integriert werden und nachfolgend eine AG entstehen könnte: "Machbar ist alles. Erst der Aufstieg und dann ein großer Verein Eintracht Frankfurt mitten in Deutschland.“

Unruhig wird es nur beim Tagespunkt “Entlastung“, den die Mitglieder dem ehemaligen Präsidium mit Matthias Ohms, Vizepräsident Röder und Schatzmeister Erbs sowie deren interimistischen Nachfolgern Lindner, Knispel, Otto und Thate geben sollen. "Wir wollen nicht nachkarten. In unserer jetzigen Situation können wir nur nach vorne schauen. Die Vergangenheit muss bewältigt werden. Endgültig!“, erklärt Rolf Heller bereits vor der Versammlung und so kommt es auch. Trotz des Berichtes des internen Untersuchungsausschusses, in dem es um ungeklärte Rechnungen von Matthias Ohms in Höhe von über 27.500 Mark geht, empfiehlt auch der Sprecher der Kommission Max Schumacher, "dass mit der Ära Ohms endlich Schluss sein muss.“ Dem folgt auch die Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit. Endlich herrscht einmal Eintracht bei der Eintracht. Gut, dass die Mitglieder nichts vom Fall “Vöge“ wissen, der erst im April hochkochen wird…


Stures Schweigen bei der Eintracht zum Fall “Vöge“

Ende April wird der vor drei Wochen zuvor verhaftete Spielervermittler Wolfgang Vöge gegen eine Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung bei verschiedenen Vereinen, unter anderem der Eintracht, ermittelt. Knapp 1,2 Millionen Mark an Beratungskosten sind allein bei den Transfers von Thomas Doll, Andreas Köpke, Anthony Yeboah und Maurizio Gaudino in Vöge-Firmen wie der schweizerischen VH Sportmedia oder nach Vaduz in Liechtenstein geflossen.

Bemerkenswert ist, dass ein im Vorjahr auf Drängen der Mitglieder bei der Eintracht eingesetzter Untersuchungsausschuss von diesen Zahlungen der Mitgliederversammlung am 27. Januar nichts berichtet hat oder ein entsprechender Bericht der Versammlung vorenthalten worden ist. “Erstaunlich ist überdies, dass das Präsidium der Eintracht bis zum Ende der vergangenen Woche die Ermittlungen bestritten hat, obwohl die Zahlungen nicht in die Amtszeit der vor eineinhalb Jahren ins Amt berufenen neuen Führungskräfte um Präsident Rolf Heller fällt“, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 22. April 1998. Dagegen wehrt sich der Präsident in einer eilig einberufenen Pressekonferenz: “Es gibt keine Unterlagen, es gibt nichts offenzulegen. Wir haben viel Arbeit hineingesteckt und hatten den Verein gerade glatt, ich hoffe nicht, dass jetzt alles wieder von vorn losgeht." Immerhin, es wird keinen neuen Ärger von der Steuerfahndung für die Eintracht geben ... (tr)

 

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