Eintracht Frankfurt - KFC Uerdingen 05

2. Bundesliga 1997/1998 - 10. Spieltag

0:1 (0:0)

Termin: Mo 20.10.1997 19:15
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Werner Müller (Schweiz)
Tore: 0:1 John van Buskirk (72.)

 

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Eintracht Frankfurt KFC Uerdingen 05

 


  • Alexander Bade
  • Andrej Panadic
  • Jürgen Radschuweit
  • Uwe Grauer
  • Robert Nikolic
  • Marcus Wedau
  • Claus-Dieter Wollitz
  • Mario Nacev
  • John van Buskirk
  • Lars Müller
  • Jörg Nowotny

 

Wechsel

Wechsel

  • Dimitrios Grammozis für Jörg Nowotny (46.)
  • Radek Onderka für Lars Müller (68.)
  • Guido Schmitz für John van Buskirk (83.)

Trainer

Trainer

  • Jürgen Gelsdorf

 

Noch brennt sie nicht, aber es flimmert

"Es darf nicht mehr viel passieren, sonst brennt im sportlichen Bereich die Luft", erklärt Horst Ehrmantraut nach dem Ende der Länderspielpause frustriert, nachdem ihm mitgeteilt wird, dass Janßen, der gerade erst seine Oberschenkelzerrung auskuriert hat, mit einer Grippe flach liegt. So muss der Trainer im Heimspiel gegen den aktuellen Tabellenzweiten aus Uerdingen nicht nur auf Güntensperger im Sturm und den gelbrotgesperrten Weber, sondern auch auf den 31-jährigen Mittelfeldmotor der Eintracht verzichten. Der sich zuletzt lautstark beklagende Wolf wird daher in die Mannschaft rücken, um neben Schur im defensiven Mittelfeld zu beginnen und bekommt vom Trainer einen guten Rat auf den Weg: “Bisher hat Dirk seine Ansprüche nicht durch Leistung untermauert, er muss etwas zeigen, sonst wird es eng für ihn.“ Auch im Sturm stellt Horst Ehrmantraut um, da Sobotzik die Position von Janßen einnehmen wird, so dass nicht Cengiz, sondern überraschend der 22-jährige Sead Mehic zu seinem ersten Einsatz von Beginn an neben Epp kommt.

Große Worte fallen unterdessen im Krefelder Stadtteil Uerdingen, wo Trainer Jürgen Gelsdorf seine Mannschaft nach dem 2:0-Heimsieg gegen Jena mit Einzelgesprächen auf das Spitzenspiel einstimmt und heiß macht: “Frankfurt ist stark, aber keine Übermannschaft. Wir können die ganze Sache locker und gelassen angehen, denn der Druck lastet doch klar auf den Frankfurtern. Wir müssen mit kaltem Herzen in die Begegnung gehen, endlich einmal auch auswärts so auftreten wie zuhause, dürfen aber unsere Unbekümmertheit nicht verlieren.“ Hinten reinstellen will sich der Trainer des bislang auswärts sieglosen Tabellenzweiten auf keinen Fall, “denn sonst schießt uns die Eintracht ab.“ Vielmehr baut er auf die Flexibilität seiner jungen Mannschaft um Kapitän “Pele“ Wollitz. Zudem kann er sich auf die Unterstützung der Fans verlassen, die ankündigen, mit sage und schreibe 500 Mann nach Frankfurt zu kommen, was angesichts des bisherigen Zuschauerschnitts von 5.500 bei den Heimspielen schon fast als sensationell zu bezeichnen ist.

Ob es tatsächlich 500 Anhänger sind, die den Weg in das mit 25.000 Zuschauern gut besuchte Waldstadion finden, ist nicht überliefert. Die, die da sind, sehen jedenfalls eine stürmisch beginnende Eintracht, die den KFC weit in die eigene Hälfte zurück drängt und sogleich zu einer ersten Chance durch Mehic kommt, die dieser aber aus fünfzehn Metern versiebt (2.). Immer wieder setzen sich zu Beginn Zampach und Gebhardt auf den Flügeln durch, doch ihre Flanken finden leider nur selten einen Abnehmer. Haarscharf ist es allerdings, als Kutschera um Millimeter an einem Zuspiel von Gebhardt vorbei segelt (5.). Danach haben Radschuweit und Panadic in der Uerdinger Abwehr die Situation meist im Griff, während Grauer Sobotzik effektiv auf den Füssen steht. So kann sich der 23-Jährige erst in der 18. Minute das erste Mal durchsetzen und abziehen. Aber Torhüter Bade lenkt das Leder mit einer schönen Parade um den Pfosten und wird von seinem Trainer gelobt: “Ihm gehört die Zukunft. Er hat keine schwache Ecke und besitzt tolle Reflexe.“

Weiterhin ist von Uerdingen im Spiel nach vorne kaum etwas zu sehen, zu sehr drängt die Eintracht, auch wenn die Pässe in die Spitze ungenau bleiben oder vor dem Tor die Kaltschnäuzigkeit fehlt. Wie bei Mehic, der sich mit einer schnellen Drehung prima im Strafraum durchsetzt, als eine Flanke von Zampach zu kurz abgeblockt wird, er dann aber die Übersicht verliert und die Kugel in den G-Block zimmert (26.). Und wenn Epp sich einmal durchsetzt, ist Torhüter Bade zur Stelle und kann klären (28.) oder es fehlen ein paar Zentimeter zum Torerfolg, als er aus kurzer Distanz abzieht (30.). Es bleibt einseitig, doch plötzlich landet ein langer Ball aus der Hälfte der Gäste genau bei Nowotny, der sofort in Richtung Frankfurter Tor sprintet. Zum Glück ist Nikolov hellwach und schnell genug draußen, um die Konterchance noch vor der Strafraumgrenze zu vereiteln (40.). Das war es dann nach extrem einseitigen 45 Minuten, erwähnenswert ist nur noch die fünfte gelbe Karte für Schur, die ihn beim nächsten Spiel zum Pausieren zwingen wird.

“Man hat gesehen, dass mir noch Spielpraxis und daher im Moment vor allem die Ruhe am Ball fehlen“, meint Dirk Wolf zu recht. Aber nicht nur bei ihm häufen sich die Missverständnisse und Fehlpässe, auch der Rest der Mannschaft agiert im zweiten Abschnitt zunehmend hektisch, da der Führungstreffer einfach nicht fallen will. So verzettelt sich Gebhardt ein ums andere Mal auf der linken Außenbahn, anstatt auf einen freistehenden Mitspieler zu passen und auch Sobotzik kann sich gegen Grauer weiterhin nicht in Szene setzen. Der KFC hingegen spielt weiter seinen destruktiven Stiefel herunter und lässt sich von der Frankfurter Hektik nicht anstecken, um gar so etwas Verwegenes wie einen Angriff zu starten.

Vielleicht klappt es mit einem Standard, denn es gibt Freistoß für die Eintracht aus halblinker Position, nachdem Gebhardt bei seinem nächsten Versuch, sich in den Strafraum zu dribbeln, von den Beinen geholt wird. Sobotzik zirkelt die Kugel schön über die Mauer, doch wird sie dabei abgefälscht und landet nur auf dem Tornetz (64.). Vier Minuten später kommt Cengiz für den überfordert wirkenden Mehic, während die Frankfurter immer ungestümer nach vorne spielen. Dies rächt sich, denn bei einem Uerdinger Befreiungsschlag aus der eigenen Hälfte werden sich Bindewald und Zampach beim Befreiungsversuch nicht einig. Wollitz entwischt Schur, greift sich das herrenlose Leder und flankt es präzise in die Mitte, wo der völlig freistehende van Buskirk zum Flugkopfball ansetzt und die Kugel zum überraschenden und unverdienten 0:1 in die Maschen setzt (72.).

Zu viel für die Hausherren am heutigen Tag, bei denen bereits “mit Beginn der zweiten Halbzeit der Faden gerissen war“, wie Horst Ehrmantraut kopfschüttelnd feststellt. Denn sie spielen weiter nur vogelwild nach vorne, ein strukturiertes Aufbäumen fehlt, auch wenn mit Levy und Martini für Wolf sowie Zampach noch zwei frische Kräfte kommen. Doch das Uerdinger Abwehrbollwerk steht. "Wir hätten noch drei Tage spielen können, wir hätten kein Tor mehr geschossen", fasst Schatzmeister Patella zusammen, als kurz darauf der Schlusspfiff ertönt.

Mit der ersten Heimniederlage hat die Eintracht die Tabellenführung an Uerdingen abgegeben, das nun einen Zähler mehr auf dem Konto hat als die Frankfurter. Immerhin hat auch Freiburg überraschend zuhause gegen Tabellenschlusslicht Greuther Fürth verloren, bei dem inzwischen Benno Möhlmann anstelle von Armin Veh die Bank drückt. Der Abstand auf die punktgleichen Teams aus dem Breisgau und Gütersloh beträgt somit drei Punkte.

Noch brennt die Luft nicht in Frankfurt, aber ein wenig ungehalten ist Horst Ehrmantraut bereits, dass er trotz der Personalnot keine Verstärkungen bekommt, obwohl er diese stetig und vehement fordert: "In einer Stadt wie Frankfurt muss man in der Lage sein, Geld für eine attraktive und leistungsstarke Fußballmannschaft zu beschaffen. Wenn ich keine Perspektiven mehr sehe, höre ich auf. Irgendwann ist meine Geduld zu Ende." So ist es kein Wunder, dass er sich weigert, über eine Vertragsverlängerung über den 30. Juni 1998 hinaus zu verhandeln, er aber immerhin die Gerüchte um seine Person als Nachfolger des umstrittenen Jürgen Röber bei Hertha BSC vehement von sich weist: “Das ist kein Thema, meine Herausforderung heißt Frankfurt!“ (tr)


Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut: "Glück und Kaltschnäuzigkeit haben uns gefehlt, diese Niederlage tut weh, aber sie wird uns nicht umwerfen. Wir bleiben weiterhin stabil.“

Jürgen Gelsdorf, Trainer KFC Uerdingen: "Wir haben hinten sehr gut gestanden, können aber dennoch froh sein über diesen sehr glücklichen Sieg gegen eine Eintracht, die uns in der ersten Halbzeit arg unter Druck gesetzt hat. Wir sind jetzt Erster, das ist wunderschön, aber wir sind noch keine Spitzenmannschaft. Dennoch sind unsere 21 Punkte der Lohn für harte Arbeit im Training und konstant gute Leistungen in den Spielen."

Dietmar Constantini, österreichischer Trainer des FSV Mainz 05 zur Zweiten Liga: “Sie ist so stark wie manche 1. Liga im europäischen Ausland. Hier kann jeder jeden schlagen.“

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