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Eintracht Frankfurt - VfL
Wolfsburg |
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2. Bundesliga 1996/1997 - 11. Spieltag
1:1 (1:1)
Termin: 19.10.1996
Zuschauer: 12.5000
Schiedsrichter: Keßler (Wogau)
Tore: 0:1 Stefan Meissner (28.), 1:1 Slobodan Komljenovic (45.)
Eintracht Frankfurt | VfL Wolfsburg |
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Trainer |
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Stepi übt das Schönschwätzen Dr. Bernd Thate wird Schatzmeister, Bernd Hölzenbein kündigt Nach drei Wochen gibt es außer warmen Worten für die Mitarbeiter und der Auskunft, dass “der Verein im Grunde pleite“ sei und dass er “heute wieder 20.000 Mark für die marode Finanzkasse aufgetan“ habe, wenig vom neuen Präsidium zu hören. Auch von Taten ist nichts bekannt, weder geht es bei der Suche nach neuen Spielern, Sponsoren oder den Diskussionen mit der Hausbank weiter, noch kann irgendein anderer Erfolg vermeldet werden. Immerhin wird nach dem heutigen Spiel verkündet, dass ein neuer Mann gefunden sei, der nach der Einarbeitung durch Wolfgang Knispel ab dem 1. November als Schatzmeister agieren soll. Wie passend, dass Präsident Otto bei der Pressekonferenz weder den Vornamen noch die korrekte Schreibweise des Nachnamens parat hat, schnell auf den VIP-Parkplatz eilt, in seinen Unterlagen herumkramt und schließlich verkündet: “Sehen Sie, der neue Schatzmeister heißt Thate, Bernd Thate. Ein hervorragender Fachmann.“ Ob dies der 50-jährige Bank-Kaufmann und Jurist tatsächlich ist, kann nicht bewiesen werden. Denn der Schatzmeister wird wieder von Bord sein, bis sich die korrekte Schreibweise seines Namens herumgesprochen hat… Und dies, obwohl nach Fertigstellung des Jahresabschlusses für das Vorjahr ein Mammutprogramm vor dem Hüter der Finanzen steht, schließlich sind die Verhandlungen mit der BfG-Bank über die Verlängerung der Kreditlinien ins Stocken geraten, so dass die Lizenz für die kommende Spielzeit mehr als gefährdet ist. Da nützt es wenig, dass Trainer Stepanovic mahnt, dass spätestens bis Dezember das Team für die nächste Saison "festgenagelt“ werden müsse und er dringend Verstärkungen in der Winterpause brauche. Denn “aus der Krise der Eintracht kann es überhaupt nur einen Ausweg geben und das ist der Aufstieg.“ Doch dazu muss gehandelt werden und für Verstärkungen fehlen offensichtlich sowohl das Geld als auch die Ideen.
Es ist nicht viel übrig von der guten Laune, die Dragoslav Stepanovic zu Beginn der Saison noch ausstrahlte. Die Kritik an der destruktiven Spielweise beim Spiel in Mainz setzt ihm zu, aber er verteidigt sie vehement: “Wir werden weiter erst einmal die Defensive ausbauen und dann ganz ruhig das Spiel aufbauen. Wir müssen uns in Geduld üben, ein frühes Gegentor verhindern, selbst eines schießen und dann sehen wir schon weiter. Die guten Ansätze aus Mainz müssen wir jetzt gegen Wolfsburg bestätigen.“ Das wäre nicht schlecht, zumal die drei Heimniederlagen auch am Selbstbewusstsein der Spieler nagen. "Es läuft bei mir nicht zu meiner Zufriedenheit. Auch als Mannschaft agieren wir gerade zuhause ideen- und konzeptlos, aber da muss ich mir an die eigene Nase packen“, meint etwa Mirko Dickhaut, während der Trainer von einem "Heimkomplex" nichts wissen will. Der Kapitän allerdings fällt heute wegen einer Magen-Darm-Grippe aus, so dass Beuchel seine Position vor der Abwehr mit Komljenovic, Bindewald und Libero Zchadadse übernimmt. Glöckner sowie Rossi besetzen wieder die Außenbahnen und im Sturm werden Becker und Ekström vor Gaudino agieren, der wieder auf seine Position im zentralen Mittelfeld darf.
Der Treffer sollte doch Mut machen für die zweite Halbzeit. Aber weit gefehlt, umständlich lassen sie den Ball im Mittelfeld laufen, um den nächsten freien Mann zu suchen. Da ist kein Automatismus, keine überraschende Aktion, keine Einzelaktion. Rossi trabt wie gewohnt auf der Außenbahn und auch von Glöckner ist herzlich wenig zu sehen. Gaudino probiert es immerhin, aber im Sturm versteckt sich Ekström konsequent bei seinen Gegenspielern, während Becker zwar manches Mal anspielbar ist, er bei seinen Aktionen aber lethargisch und fast desinteressiert wirkt. Eine schöne Flanke von Komljenovic köpft er weit am Tor vorbei (58.) und mit seinem Schuss von der Strafraumgrenze aus hat Torhüter Zimmermann keine Probleme (61.). Ansonsten herrscht Flaute am Strafraum der Gäste. Dafür mehren sich jetzt die Fehlpässe im Spielaufbau, so dass der VfL auch mal wieder dazu kommt, sich am vorsichtigen Kontern zu versuchen. Vor allem Menze wirkt völlig orientierungslos, die einfachsten Pässe misslingen ihm, so dass die Hintermannschaft mehr zu tun bekommt, als eigentlich nötig wäre. Dennoch wird er vom Trainer gelobt, was nicht nur bei den Zuschauern für Unverständnis sorgt: "Menze hat als Feuerwehrmann eine sehr, sehr gute Leistung gebracht. Leider kamen seine Pässe nicht so gut an." Überhaupt scheint Dragoslav Stepanovic heute seine rosarote Brille zu tragen, denn “meine Mannschaft hat endlich einmal so gespielt, wie ich mir das wünsche.“ Darüber kann nicht nur Bernd Hölzenbein den Kopf schütteln, der meint: "Ich bin enttäuscht, mir hat das Feuer und die Begeisterung gefehlt." Auch die Zuschauer werden immer unruhiger, zumal der Trainer gar nicht daran denkt, mit einer Auswechslung für frischen Wind zu sorgen. So schleppt sich das Spiel dem Ende entgegen und nur ein Distanzschuss von Spies, der die Latte touchiert (84.) sowie eine schöne Schauspieleinlage von Torhüter Zimmermann nach einem Zusammenprall mit Gaudino können die Zuschauer aufregen. Aber jetzt melden sie sich, als Stepanovic endlich einmal wechselt, jedoch nicht Menze erlöst, sondern Rossi, um statt eines weiteren Stürmers Timo Reuter zu bringen. Pfiffe ertönen und auf der Haupttribüne erklingen erste “Stepi raus“-Sprechchöre, während im G-Block und zum Teil auch auf der Gegentribüne noch für den Trainer Partei ergriffen wird. Unterdessen segelt ein langer Ball in die Hälfte der Frankfurter und Präger kann sich mit einem kurzen Haken von Reuter befreien, in die Mitte laufen und in den Strafraum ziehen. Er hat nur noch Nikolov vor sich und kann sich Ecke aussuchen, schafft es aber, den Ball wie ein aufgeregter Hobbykicker neben den linken Pfosten zu setzen (89.). "Das war keine hundertprozentige, das war eine tausendprozentige Chance", regt sich VfL-Trainer Reimann am Seitenrand auf, während die Eintracht noch einmal nach vorne drängt. Doch bis auf einen Schuss von Becker, der am Tor vorbei geht, springt nichts mehr dabei raus. Endlich wieder ein Heimpunkt oder schon wieder nicht gewonnen? So ist auch die Stimmung im Waldstadion, wieder ertönen Pfiffe und “Stepi raus“-Rufe, während der G-Block “Stepi, Stepi!“ intoniert und Beifall spendet, andere wiederum nur die Schultern zucken und ratlos ihre Plätze verlassen. War dies eine Leistung, die für den Wiederaufstieg reicht? Der Abstand auf diese Ränge beträgt fünf Punkte, dafür rückt das Tabellenende näher, denn nur drei Punkte hinter der Eintracht steht Lübeck auf Rang 15. So mahnt Komljenovic mit Blick auf die Franken, die sich im Vorjahr als Aufstiegsaspirant beharrlich weigerten, den Abstiegskampf anzunehmen und zur Belohnung heute in der Regionalliga Süd kicken: “Einen zweiten Fall Nürnberg darf es nicht geben!“ (tr)
Dragoslav Stepanovic: "Wir haben schlecht angefangen, aber dann so gespielt, wie ich mir das wünsche. Mit einem ruhigen Aufbau und vielen guten Szenen. Becker hat sein ganzes Talent gezeigt. Das war ein guter Anfang und ich glaube daran, dass wir wieder in den Spitzenkampf eingreifen können. Ich bin sehr zufrieden."
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