Eintracht Frankfurt - Vorwärts
Steyr |
1995 - UEFA-Intertoto-Cup, Vorrunde
1:2 (0:1)
Termin: 22.07.1995
Zuschauer: 6.200
Schiedsrichter: Marin (Spanien)
Tore: 0:1 Mirko Dickhaut (44., Eigentor), 0:2 Christoph Westerthaler (57.), 1:2 Slobodan Komljenovic (85.)
Eintracht Frankfurt | Vorwärts Steyr |
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Dämpfer zur rechten Zeit Es war nicht mehr lange zu spielen im Frankfurter Waldstadion, als sich Michael Helm von Vorwärts Steyr in der eigenen Hälfte den Ball zum Freistoß zurechtrückte. Zwei, drei Schritte nahm der stämmige Verteidiger Anlauf und drosch dann das Leder seinem nur ein paar Meter vor ihm postierten Kollegen auf den Oberschenkel; den zurückprallenden Ball nahm unser Herr Helm selbstbewußt volley und kickte ihn, in Verkennung jedweder fußballerischer Intelligenz, hoch in die Gegentribünen. Sehr filigran wirkte das nicht, sonderlich einfallsreich auch nicht. Und wirkungsvoll? Einen solch bieder-braven Widerpart in die Knie zu zwingen, dürfte einem derart ambitioniertem Team wie Eintracht Frankfurt, das nach Einschätzung ihres Kapitäns Manfred Binz jeden Gegner schlagen kann", ja wohl nicht schwerfallen. Sollte man meinen. Und doch schaffte es dieser Klub mal wieder, seine in diesem Falle trotz anschließender Party exakt 6200 Fans eines schlechteren zu belehren: Als der spanische Unparteiische Marin wegen permanenter Verzögerung der Österreicher nach gut 95 Minuten endlich abpfiff, hatte die Eintracht das Spiel mit 1:2 (0:1) und die 40.000 Schweizer Franken Prämie für den Gruppensieg verloren. Als einer der vier besten Zweiten im UEFA-Intertoto-Cup (UIC) steht sie dennoch im Achtelfinale, muß aber am nächsten Samstag, quasi als Strafe, auswärts antreten. Die Eintracht, nominell mit voraussichtlich bester Besetzung in die Partie gegangen, schaffte es immerhin, jeweils 15 Minuten pro Hälfte zu gefallen. In der ersten Viertelstunde kombinierten die Platzherren, den kräftigen Regen kühl ignorierend, nach Herzenslust, ließen die tapferen Österreicher nach Gutdünken schlecht aussehen, erfreuten sich des warmen, weil dankbaren Beifalls von den Tribünen und strebten bereits nach vier Minuten in Person von Johnny Ekström die Führung an. Der „neue" Schwede sprintete nach feinem Paß von Schupp mutterseelenallein auf des Gegners Tor, und brachte, zu lange überlegend, die Kugel doch nicht am sich querlegenden Torhüter Engelmaier vorbei. Man nahm das, wie das bei der Eintracht üblich ist, mit einem Schulterzucken hin, Torchancen kriegen wir doch immer. Doch, abgesehen von einer Rauffmann-Flanke und einem Böhme-Schuß, sollte dies, bis eine Viertelstunde vor Schluß, die einzig nennenswerte Aktion der von Minute zu Minute harm- und ideenloser werdenden, indisponierten Mannschaft bleiben. Dann erst, es stand nach einem Eigentor von Dickhaut und einem fulminanten Schuß Westerthalers bereits 2:0 für die eher nach hinten spielende Elf von Vorwärts, bemühten sich die Gastgeber wenigstens um eine Resultatsverbesserung. Dieses Bemühen, das nur Komljenovic (85.) krönte, währenddessen Anicic (74./88.), Becker (77.) und Dickhaut (90.) scheiterten, war es auch, was Trainer Karl-Heinz Körbel zum einzigen Lob inspirierte. „Wir haben uns nicht abschlachten lassen, sondern haben gefightet." Ansonsten nahm der Coach die Niederlage „auf die eigene Kappe". Die Mannschaft habe allein deswegen „nicht den frischesten Eindruck" gemacht, weil er sie im Trainingslager im österreichischen Seefeld so mächtig rangenommen habe. Müde und platt sei die Elf wegen des harten Konditionstrainings gewesen, ohne Spritzigkeit und Virtuosität. Vor allem Weber und Komljenovic mißriet vieles, weder Okocha noch Schupp bekamen die Partie in den Griff, Binz verzichtete nahezu gänzlich darauf, dem Kick Impulse zu verleihen, Hitzkopf Böhme rieb sich mit unnötigen Privatduellen auf, Rauffmann hinkte nach einer halben Stunde vom Platz, Ekström bemühte sich. „Wir hätten das Trainingspensum auch anders dosieren können", meinte Körbel, so viel wie an diesem Nachmittag gehe normalerweise „nicht in die Hose. Die Mannschaft „kann bedeutend besser spielen, allein durch wahnsinnig viele Ballverluste haben wir den Gegner selbst stark gemacht". Zudem reichte allein ein bißchen Pressing und eine leidlich funktionierende Viererkette, um die schlappen Angriffsbemühungen der Eintracht in ihrer ganzen Schlichtheit und Einfalt zu enttarnen. Auch Manager Bernd Hölzenbein wollte der peinlichen Schlappe gegen eine nun wahrlich nicht sonderlich gut spielende Elf aus Steyr Positives abgewinnen; das Spiel habe doch gezeigt, „daß wir eine sehr, sehr gute Vorbereitung hatten". Der „körperliche Tiefpunkt" sei deswegen eigentlich zu erwarten gewesen. Auf das nächste UI-Cup-Spiel jedenfalls will Karl-Heinz Körbel Rücksicht nehmen und die tägliche Arbeit entsprechend reduzieren. Vielleicht war dies ja auch ein Dämpfer zur rechten Zeit. Zu laut wurde in den letzten Tagen schon wieder darüber gesprochen, daß diese Mannschaft durchaus einen UEFA-Cup-Platz erringen könne, gar vom „besten Mittelfeld der Bundesliga" war hie und da die Rede. So weit sind sie in Frankfurt noch lange nicht. Milan Djuricic, der Trainer von Vorwärts Steyr, jedenfalls sah die eigene Leistung realistisch: „Wir haben ziemlich solide gespielt, aber nicht besonders gut." Für eine ausgepumpte Frankfurter Mannschaft war das an diesem Tag mehr als genug. (Frankfurter Rundschau vom 25.07.1995)
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