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Eintracht Frankfurt - 1. FC
Kaiserslautern |
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Bundesliga 1994/1995 - 19. Spieltag
1:3 (0:0)
Termin: Sa 25.02.1995 15:30
Zuschauer: 24.000
Schiedsrichter: Hans-Jürgen Kasper (Katlenburg)
Tore: 1:0 Jay Jay Okocha (48.), 1:1 Olaf Marschall (49.), 1:2 Olaf Marschall (77.), 1:3 Pavel Kuka (85.)
Eintracht Frankfurt | 1. FC Kaiserslautern |
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Es geht weiter abwärts Die Hoffnung, mit einer kleinen Serie doch noch an die oberen Tabellenregionen heranzukommen, ist spätestens nach der Niederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern verflogen. Wer bislang noch glaubte, dass Frankfurt mit ein paar Erfolgen wieder an alte Zeiten anknüpfen könne, musste sich in diesem Spiel eines Besseren belehren lassen. Diese Eintracht-Mannschaft ist aktuell nicht mehr als Bundesliga-Mittelmaß – wenn überhaupt. Was geblieben ist, ist Einsatzwille und Kampfgeist, doch allein damit gewinnt man keine Spiele. Schmerzhaft ist dabei die Erkenntnis, dass selbst eine nur durchschnittliche Leistung des Gegners ausreichte, um die Frankfurter in die Knie zu zwingen. Kaiserslautern spielte keineswegs berauschenden Fußball, im Gegenteil: Die Mannschaft von Trainer Friedel Rausch war in der ersten Halbzeit auf dem Platz kaum präsent. Dennoch reichte es für die Gäste, die Partie für sich zu entscheiden. Die erste Halbzeit, in der die Eintracht trotz des vor Dummheit kaum zu überbietenden Platzverweises von Dietmar Roth nach wiederholtem Foulspiel optisch überlegen war, und doch nur zwei Torchancen durch Furtok und Binz hatte, hatten die Lauterer, wie ihr Trainer Friedel Rausch richtig erkannte, glatt „verschlafen“. Jubeln durften die Heimfans dann schon kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit: Augustine Okocha, der als einziger Spieler wenigstens ab und an Akzente setzen konnte, düpierte nach einem starken Dribbling zunächst Lutz und anschließend Torhüter Reinke, ehe er mit einem satten Linksschuss die überraschende Führung erzielte. Doch anstatt durch dieses Tor Sicherheit zu gewinnen, folgte postwendend der durch zwei individuelle Fehler eingeleitete Nackenschlag: Zunächst ließ sich Ralf Weber von Pavel Kuka tunneln, dann trat Uwe Bindewald – und Olaf Marschall nutzte dies eiskalt zum 1:1. Marschalls zweiter Treffer nach einer Ecke von Andreas Brehme und einer Kopfball-Verlängerung von Stefan Kuntz entschied schließlich das Spiel. Besonders bitter: Trainer Jupp Heynckes hatte kurz zuvor den bemühten, aber müden Jan Furtok ausgewechselt, um das Loch im Mittelfeld zu stopfen – doch dieser Wechsel erwies sich als taktischer Fehlgriff, denn dadurch verlor die Eintracht jede Offensivkraft. Zwar rannte Penksa unermüdlich, blieb jedoch aufgrund mangelnder Robustheit völlig wirkungslos. Die grundsätzlichen Probleme dieser Mannschaft lassen sich nicht auf einen Platzverweis oder einen schlechten Tag einzelner Spieler reduzieren. Vielmehr fehlt es an einer klaren Struktur, an einem echten Führungsspieler, der das Heft in die Hand nimmt, das Spiel ordnet und Verantwortung übernimmt. Augustine Okocha zeigte zwar gute Ansätze, doch er ist eher ein Spieler, der für Überraschungsmomente sorgt – nicht einer, der eine Mannschaft mitreißt oder sie taktisch führt. Thomas Doll hätte diese Rolle übernehmen können, war aber erneut blass und ohne großen Einfluss auf das Spielgeschehen. Auch etablierte Spieler wie Weber oder Binz wirkten oft überfordert. Dazu kommt die fehlende Kreativität im Offensivspiel: Zwar waren Bemühungen erkennbar, aber wirkliche Durchschlagskraft entstand nur selten. Die wenigen Chancen, die sich boten, wurden leichtfertig vergeben, und wenn man dann noch in der Defensive solche Aussetzer hat, wie beim schnellen 1:1, dann ist es kein Wunder, dass sich die Mannschaft immer wieder selbst um den Lohn ihrer Arbeit bringt. Noch vor wenigen Monaten sprach man in Frankfurt davon, sich für den Europapokal zu qualifizieren. Jetzt sieht die Realität ganz anders aus. Wenn Gegner wie Kaiserslautern, Leverkusen, Dortmund oder Stuttgart derzeit schlicht eine Nummer zu groß sind, geht es für die Eintracht in Wahrheit nur noch darum, nicht in den Abstiegsstrudel zu geraten. Besonders brisant ist dabei, dass man sich in Frankfurt dieser Gefahr offenbar noch gar nicht bewusst ist. Sechs Punkte beträgt der Vorsprung auf die Abstiegsplätze – eine scheinbar beruhigende Distanz, die aber in wenigen Wochen aufgebraucht sein kann, wenn sich die Ergebnisse nicht schnell verbessern. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Traditionsverein zu spät merkt, in welcher Lage er steckt. Noch klammert man sich an die Hoffnung, mit Kampfgeist und Einsatz wieder in die Spur zu finden. Doch in Wahrheit braucht es mehr: spielerische Qualität, taktische Disziplin und Führungspersönlichkeiten, die Verantwortung übernehmen. Risse im Fundament Es ist kaum noch zu übersehen und ebenso wenig zu überhören: Zwischen Trainer Jupp Heynckes und Eintracht Frankfurt wächst eine unsichtbare, aber stetig stärker werdende Mauer. Auf den Stehplätzen ist der Unmut längst lautstark zu vernehmen. Als die Eintracht gegen Lautern einmal mehr eine uninspirierte Vorstellung ablieferte, erklangen Rufe nach Anthony Yeboah – dem Stürmer, den Heynckes im Zuge seines Umbaus weggeschickt hatte. Die Zuschauer haben offenbar noch nicht vergessen, mit welcher Leichtfertigkeit der Verein seinen einstigen Torjäger ziehen ließ. Und sie machen keinen Hehl daraus, wem sie die Schuld daran geben. Doch die kritischen Stimmen beschränken sich längst nicht mehr auf die Ränge. Auch in den Vorstandsetagen wird inzwischen nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand über den Trainer diskutiert. Immer lauter wird der Vorwurf, Heynckes habe zu viel Macht erhalten, sei zu sehr zum Alleinherrscher geworden – und das in einer Phase, in der die Mannschaft spielerisch in Tristesse versinkt. Es ist ein bemerkenswerter Stimmungsumschwung. Noch vor wenigen Monaten galt Heynckes als strategischer Vordenker, als ein Trainer, der Eintracht Frankfurt wieder nach oben führen könne. Er wurde mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, sollte ein Konzept umsetzen, das die Mannschaft modernisieren und international konkurrenzfähig machen würde. Die aktuelle Situation bringt einen zentralen Vorwurf gegen Heynckes ans Licht: Sturheit. Die Vereinsführung und die Fans fragen sich zunehmend, ob der Trainer an seinen Ideen festhält, weil er sie für richtig hält – oder einfach, weil er nicht bereit ist, Fehler einzugestehen. Seine taktischen Vorgaben, die einst als innovativ galten, wirken inzwischen uninspiriert und leblos. Die Mannschaft läuft, kämpft, bemüht sich – doch es fehlt an Esprit, an Leichtigkeit, an Spielwitz. Die Frage, die sich nun stellt, ist nicht mehr nur eine taktische oder spielerische – sie wird zunehmend eine personelle. Wie lange hält Eintracht Frankfurt noch an Jupp Heynckes fest? Wie viel Vertrauen genießt er noch im Präsidium, in der Mannschaft, bei den Fans? Der Konflikt scheint sich in einem kritischen Stadium zu befinden. Solange der Trainer mit seinem Team punktet, wird es schwer sein, eine sofortige Trennung zu rechtfertigen. Doch jeder weitere Misserfolg wird den Druck massiv erhöhen. Es könnte sich also nur noch um eine Frage der Zeit handeln, bis sich die Verantwortlichen gezwungen sehen, eine Entscheidung zu treffen. Entweder gelingt Heynckes eine Kehrtwende – oder er wird bald nicht mehr Trainer von Eintracht Frankfurt sein.
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