FC St. Gallen - Eintracht Frankfurt

1:0

Blitz-Turnier 1994/1995 in Winterthur am 22.07.1994

Schlechter Kick der Eintracht

Nach kuriosem Elfmeterschießen noch Turniersieger

1242 Zuschauer waren enttäuscht. Daß eine deutsche Bundesliga-Mannschaft so schlecht Fußball spielen kann, hatten sie sich nicht vorstellen können. Zweimal mußte die Frankfurter Eintracht beim Turnier in Winterthur antreten, je 45 Minuten gegen den Erstligisten FC St. Gallen und den Zweitligisten FC Winterthur. Beide Male fand die Eintracht keine Einstellung zu Spiel und Gegner, kam kaum einmal zu einer vernünftigen Aktion. Gegen den FC St. Gallen unterlagen die Frankfurter 0:1, gegen den FC Winterthur erreichten sie nur ein 0:0.

Im ersten Turnierspiel hatte St. Gallen verdient mit 1:0 gewonnen (Torschütze Abdelaziz Bouderbala (40.)). Durch ein kurioses Turnierreglement bekam die Eintracht dann doch noch die Chance zum Turniersieg und nutzte sie. Nach dem Remis gegen Winterthur wurde der Gewinner dieser Partie durch ein Elfmeterschießen ermittelt. Yeboah, Komljenowic, Binz und Legat trafen viermal, Torwart Nikolov konnte einmal abwehren, zudem traf ein Schweizer nur die Latte. Damit kam die Eintracht zum Sieg. Dies wiederum führte zum Gleichstand aller drei Teams. Zur Freude der Zuschauer traten die drei noch einmal am Elfmeterpunkt (je drei Schützen) gegeneinander an. Die Eintracht schlug Winterthur mit 2:1 (Torschützen: Komljenowic und Binz) und schließlich den FC St. Gallen mit 3:1 (Torschützen: Yeboah, Komljenovic und Binz)

Das 0:1 gegen St. Gallen war die erste Niederlage unter Trainer Jupp Heynckes. Der allerdings blieb gelassen. Zu offensichtlich waren die körperlichen Probleme der Frankfurter Spieler. Egal, in welchem Mannschaftsteil, es haperte überall an Durchsetzungsvermögen, es fehlten Kraft und Schnelligkeit, Mut und Entschlossenheit, kurz — die Eintracht wirkte hundemüde. Es kam zu peinlichen Fehlschlägen in der Abwehr, zu Pässen, nach denen der Ball einfach im Aus landete und zu harmlosen Angriffsversuchen. Jan Furtok hatte im ersten Spiel eine Chance, Mirko Dickhaut im zweiten Spiel eine weitere. Zu mehr reichte es nicht. St. Gallen gewann die Partie 1:0 weil es einen Fehler von Zchadadse ausnutzte. Torwart Nikolov konnte sich nur mit einem Foul helfen. Es gab zu recht Elfmeter. Boudoubala nutzte diesen zum 1:0 in der 40. Minute. Gegen Winterthur brachte Jupp Heynckes fünf neue Spieler. Was nichts am Spielfluß änderte. Der fehlte weiterhin.

Eintracht 1. Spiel: Nikolov, Paßlack, Zchadadse, Binz, Weber, Komljenovic, Dickhaut, Falkenmayer, Legat, Furtok, Yeboah

Eintracht 2. Spiel: Nikolov, Bindewald, Roth, Binz, Wolf, Komljenovic, Dickhaut, Penksa, Legat, Yeboah, Anicic (Frankfurter Rundschau)

 


Premiere für die Eintracht: Turniersieg ohne Torerfolg

Nach Schweizer Rechnung genügen den Frankfurtern sichere Elfmeterschützen

Die Frankfurter Eintracht hat beim Turnier in Winterthur kein Spiel gewonnen. Sie hat noch nicht einmal ein Tor geschossen. Und doch haben die Frankfurter den Siegerpokal mit nach Hause genommen. Ein kurioses Turnierreglement verhalf dem Bundesligaverein am Freitag abend zu diesem zweifelhaften Erfolg. Jeweils 45 Minuten dauerten die drei Spiele des Wettbewerbs. Zunächst besiegte Gastgeber FC Winterthur den FC St. Gallen mit 1:0. Dann gewann der Schweizer Erstligaverein St. Gallen gegen die Frankfurter Eintracht mit 1:0. Und schließlich trennten sich Winterthur und Frankfurt 0:0. Für Statistiker eine deutliche Tabellensituation. Winterthur mit drei Punkten Erster, St. Gallen mit zwei Punkten Zweiter, die Eintracht mit einem Punkt Dritter. Doch in der Schweiz wird anders gerechnet.

Das Unentschieden hatten die Gastgeber und Ausrichter des Turniers abgeschafft. Nach dem 0:0 des Zweitligavereins FC Winterthur gegen die Eintracht wurde die Partie per Elfmeterschießen entschieden. Und da trafen dann endlich auch die Frankfurter, gewannen mit 4:2 (Tore: Anthony Yeboah, Slobodan Komljenovic, Thorsten Legat, Manfred Binz). Die Tabelle nach diesem „Shoot-out": Winterthur zwei Punkte, St. Gallen zwei Punkte, Frankfurt zwei Punkte. Nun endlich hatten die vorher so enttäuschten Zuschauer ihren Spaß. Das Kurzturnier wurde im Zeitraffer noch einmal wiederholt. Vom Elfmeterpunkt aus. Drei Schützen pro Verein, jeder gegen jeden. Frankfurt gewann gegen Winterthur mit 2:1 (Komljenovic und Binz) und gegen St. Gallen mit 3:2 (Yeboah, Komljenovic und Binz). Aus dem Letzten des Turniers war der Liste geworden.

Besonders ernst nehmen wollte Trainer Jupp Heynckes das Auftreten seiner Mannschaft in der Schweiz nicht. Das „Ambiente" habe wegen der wenigen Zuschauer gefehlt und die Vorbereitung mit der Anreise per Flugzeug erst drei Stunden vor dem Spiel und das späte Mittagessen um 15 Uhr seien wenig leistungsfördernd gewesen. Zudem habe man bei allen Spielern eine deutliche Müdigkeit spüren können. Drei Erklärungen für eine im Grunde blamable Leistung. Denn die Eintracht brachte in 90 Minuten Fußball nicht nur keinen Treffer zustande, sie kam auch insgesamt nur zu zwei echten Torgelegenheiten. „Viel zu wenig", wie auch Jupp Heynckes befand.

Die mangelnde Spielfreude aller eingesetzten Spieler führte der Frankfurter Trainer auf die intensive Trainingsarbeit der vergangenen Tage zurück. Ein „körperliches Tief" sei nach der Rückkehr aus einem Trainingslager völlig normal, stellte Heynckes fest. Auch war das zweimalige Training am Donnerstag im Hinblick auf den Ausflug in die Schweiz einmal zu viel. „Aber auf solche Dinge nehme ich nun wirklich keine Rücksicht", sagte der Trainer. Nicht gefallen hat ihm, daß die Mehrzahl der Spieler nicht gegen die körperliche Schwäche angekämpft hatte. „Man muß sich auch mal quälen können."

Ausgenommen von diesem Tadel wurden Mirko Dickhaut und Manfred Binz. Auch sie hätten nicht gut gespielt, aber sie hätten sich wenigstens läuferisch bemüht Der außergewöhnliche Turniermodus brachte der Eintracht nicht nur einen Pokal ein, sondern er sorgte auch dafür, daß es ohne Sieg doch einen Gewinner gab. Torhüter Oka Nikolov brachte es fertig, im Rahmen der verschiedenen Elfmeter-Entscheidungen von zehn Bällen vier abzuwehren, Auch in den 90 Minuten „richtigen" Fußballs zeigte sich Nikolov als guter Torwart. Der „ruhige Eindruck", den der Vertragsamateur und Ersatzmann von Nationaltorwart Andreas Köpke hinterließ, vermittelte Jupp Heynckes für die Zukunft ein „beruhigendes Gefühl". Nikolov habe sich in der bisherigen Trainingsarbeit wie sein Vertreter Kevin Knödlcr als sehr wißbegierig und lernfähig erwiesen. „Zwischen den Pfosten brauche ich mir keine Sorgen zu machen", stellte Jupp Heynckes fest. An diesem Sonntag stehen Nikolov und Knödler beim Privatspiel in Riegelsberg je eine Halbzeit im Tor, von Montag an gehört dann auch WM-Heimkehrer Andreas Köpke zum Aufgebot. (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)


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