Eintracht Frankfurt - Hamburger SV

Bundesliga 1993/1994 - 33. Spieltag

1:1 (1:1)

Termin: Sa 30.04.1994 15:30
Zuschauer: 34.500
Schiedsrichter: Jürgen Jansen (Essen)
Tore: 0:1 Karsten Bäron (15.), 1:1 Ralf Weber (23.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Hamburger SV

 


  • Richard Golz
  • Markus Babbel
  • Carsten Kober (63.)
  • Petr Houbtchev
  • Harald Spörl
  • Jürgen Hartmann
  • Yordan Letchkov
  • Karsten Bäron
  • Jörg Albertz
  • Valdas Ivanauskas
  • Thomas von Heesen

 

Wechsel

Wechsel

  • Jörn Andersen für Valdas Ivanauskas (56.)
  • Stefan Schnoor für Karsten Bäron (80.)

Trainer

Trainer

  • Benno Möhlmann

 

 

Ein Fünkchen Hoffenung bleibt

Uwe Bein stellte nach dem 1:1 gegen den Hamburger SV eine eigenwillige Rechnung auf. „Es war doch eigentlich egal, ob wir heute gewinnen oder unentschieden spielen. In Köln findet das Endspiel statt.“ Der Spielmacher der Frankfurter Eintracht nahm das Remis also erstaunlich gelassen, dabei zeigt ein Blick auf den Spielplan des letzten Spieltages der 31. Fußball-Bundesligasaison, dass die Eintracht an diesem Samstag einen Großteil ihrer Chancen auf die Teilnahme am UEFA-Cup verspielt hat. Aus eigener Kraft können die Frankfurter den mindestens notwendigen fünften Tabellenplatz nicht mehr erreichen.

Selbst ein Sieg in Köln würde nicht ausreichen, wenn nicht wenigstens eine der vor ihnen platzierten Mannschaften patzt. Und die Wahrscheinlichkeit eines solchen Patzer ist gering: Karlsruhe spielt beim bereits abgestiegenen Wattenscheid, Leverkusen beim ebenso abgestiegenen Leipzig, Dortmund empfängt mit Nürnberg einen Abstiegskandidaten. Um dennoch Optimismus zu verbreiten, griff Trainer Karl-Heinz Körbel tief in die Kiste der Fußballfloskeln. Auch Eintracht sei schon fast Meister gewesen, sagte er, und habe dann bei Absteiger Rostock alles verspielt. Eine Erinnerung, die mehr schmerzt als Hoffnung macht. Denn wer nach einem Saisonstart mit 20:2 Punkten zum Schluss auf Rechenspiele und Gefälligkeiten angewiesen ist, dem ist am Ende wohl nicht mehr zu helfen.

Dabei hatte der HSV den Frankfurtern sogar einen Gefallen getan: In der 23. Minute behinderten sich Torwart Richard Golz und Abwehrspieler Carsten Kober gegenseitig bei einem Abwehrversuch so ungeschickt, dass der Ball direkt vor die Füße von Ralf Weber fiel. Der ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und glich die Führung der Hamburger durch Karsten Bäron (15.) aus.

In der Folge war die Eintracht die aktivere Mannschaft, spielte ordentlich, kombinierte gefällig und hatte die Möglichkeiten, das Spiel für sich zu entscheiden. Doch all das genügte nicht. Besonders bitter: Anthony Yeboah, sonst der verlässlichste Torschütze, vergab die besten Chancen. In der 34. Minute scheiterte er aus kurzer Distanz an Golz, in der 59. Minute erneut – diesmal völlig frei nach einem perfekten Steilpass von Jay-Jay Okocha. In der 90. Minute dann der letzte Akt: Nach einem Eckball schoss Yeboah den Ball aus sieben Metern weit über das Tor.

Die Eintracht scheiterte an diesem Nachmittag nicht nur an Golz, sondern auch an sich selbst – an ihrer Abschlussschwäche, ihrer Unkonzentriertheit und an Entscheidungen, die nicht zündeten. Trainer Körbel wird sich fragen lassen müssen, warum er erneut auf Jan Furtok setzte, dessen Auftritte in den Wochen zuvor alles andere als überzeugend waren. Seine Erklärung: „Ich hatte gehofft, dass gegen seinen alten Verein der Knoten platzt.“ Nach 45 Minuten ohne nennenswerte Aktion platzte allerdings höchstens Körbels Geduld, und er brachte zur zweiten Halbzeit Okocha. Der Nigerianer machte sofort deutlich, was zuvor fehlte: Tempo, Risiko, Kreativität. Innerhalb weniger Minuten war er gefährlicher und auffälliger als Furtok in der gesamten ersten Halbzeit.

Als dann in der 69. Minute Kober wegen wiederholten Foulspiels mit Gelb-Rot vom Platz musste, lag der Sieg eigentlich bereit. Doch Frankfurt war nicht mehr in der Lage, noch einmal entscheidend zuzulegen. Bein war nach seiner Verletzung noch nicht voll belastbar, Gaudino wirkte ausgelaugt von seiner Rückkehr aus den Vereinigten Arabischen Emiraten mit der Nationalmannschaft, Yeboah schien nach seinen vergebenen Chancen innerlich abgetaucht. Die Hoffnung, die Okocha kurz entfacht hatte, verpuffte. Selbst Standardsituationen brachten keine Gefahr – Körbel nannte das „Armut“, ein treffender Begriff für eine Offensive, der am Ende die Kraft und der Glaube fehlte.

Immerhin: Torwart Ernst, trotz eines Muskelfaserrisses gehandicapt, hielt mit einem starken Auftritt wenigstens das Unentschieden fest. Doch dieses Unentschieden fühlt sich für Frankfurt wie eine Niederlage an – weil die Ausgangslage für die kommende Woche nichts Gutes verheißt. Körbel sagte zwar, seine Mannschaft habe den Sieg verdient gehabt, doch verdient bedeutet im Fußball wenig, wenn der Ball nicht ins Netz geht.

Die nächste Saison wird Körbel nicht mehr als Cheftrainer bestreiten. Präsident Matthias Ohms verkündete, dass der neue Mann bereits feststeht. Seinen Namen will er allerdings erst in etwa drei Wochen preisgeben – zu groß sei sonst die Gefahr, dass es beim aktuellen Arbeitgeber des künftigen Trainers zu Problemen kommt. Damit verdichten sich die Spekulationen: Ein arbeitsloser Trainer wie Uli Stielike scheidet ebenso aus wie jemand aus der Bundesliga, denn dann müsste die Eintracht nicht warten. Bleibt ein Kandidat aus dem Ausland. Vielleicht jemand wie Jupp Heynckes, der bei Athletic Bilbao arbeitet? Ohms schweigt. Der Trainer ist noch geheim – aber eines steht fest: Er wird ein Team übernehmen, das im Moment zwischen dem, was es sein will, und dem, was es leisten kann, feststeckt. Und das einen neuen Anfang dringend braucht.


Uwe Bein verabschiedet sich

Uwe Bein, fünf Jahre lang das kreative Herz der Eintracht, verabschiedete sich am Samstag im Heimspiel gegen den Hamburger SV mit einer halben Ehrenrunde von den Frankfurter Fans. Es war ein stiller, beinahe beiläufiger Abschied, ohne Pathos, aber mit spürbarer Wehmut. In der kommenden Woche wird er in Köln nicht nur sein letztes Spiel für Frankfurt bestreiten, sondern auch sein letztes in der Bundesliga. Danach zieht es ihn nach Japan, wo er seine Karriere ausklingen lassen wird. „Ich hoffe, dass wir den UEFA-Cup-Platz noch schaffen. Das ist ungeheuer wichtig für uns, äh, ich meine für die Eintracht“, sagte Bein nach dem Spiel – und korrigierte sich mitten im Satz. Es war der hörbare Versuch, sich innerlich zu lösen. Von einem Verein, den er sportlich geprägt hat wie kaum ein anderer in den vergangenen Jahren – und der nun ohne seinen stillen Regisseur auskommen muss.

 

 

>> Spieldaten <<





© text, artwork & code by fg