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Hamburger SV - Eintracht Frankfurt |
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Bundesliga 1993/1994 - 16. Spieltag
3:0 (0:0)
Termin: Sa 13.11.1993 15:30
Zuschauer: 54.500
Schiedsrichter: Markus Weber (Bergkamen)
Tore: 1:0 Thomas von Heesen (48., Foulelfmeter), 2:0 Andreas Sassen (58.), 3:0 Karsten Bäron (74.)
Hamburger SV | Eintracht Frankfurt |
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Nur 45 Minuten obenauf „Ein Spiel hat zwei Halbzeiten“ lautet eine der vielen banalen Fußballweisheiten, die das Geschehen auf dem Platz erklären sollen. Ebenso wie: „Wer keine Tore schießt, kann nicht gewinnen“ oder „Nachlässigkeit vor dem Tor rächt sich.“ Falls es eines Beweises für die Richtigkeit dieser Erkenntnisse bedarf, wurde er an diesem kühlen Novembertag im Volksparkstadion erbracht. Jeweils eine Hälfte lang bestimmte eine Mannschaft das Geschehen: Die Eintracht dominierte die ersten 45 Minuten ohne Ertrag, während der HSV nach der Pause eiskalt zuschlug und drei Treffer erzielte. Die Frankfurter hätten diese Partie vor 54.500 Zuschauern keinesfalls verlieren müssen – ja, eigentlich hätten sie nicht einmal verlieren dürfen. In den ersten 45 Minuten spielte die Eintracht wie in ihrer Phase zu Beginn der Saison: sie kontrollierte Ball, Gegner und Tempo. Trotz des Fehlens von Yeboah, Roth und Zchadadse ließen die technisch versierten Hessen den Ball elegant laufen, kombinierten sicher und zeigten auch den HSV-Anhängern, was Ralf Weber später auf dem Rückflug treffend zusammenfasste: „Heute haben wir mal wieder demonstriert, wie spielstark wir sind.“ Trainer Klaus Toppmöller sah es genauso: „Wir waren klar besser in der ersten Halbzeit“, konstatierte er ausnahmsweise ohne Seitenhiebe. Doch trotz ansehnlicher Kombinationen blieb der Ertrag aus. Die Eintracht spielte gut, verpasste es jedoch, ihre Überlegenheit in Zählbares umzumünzen. „Wir haben wieder versäumt, unsere Chancen zu nutzen“, monierte Toppmöller. So setzte Furtok einen Lupfer nach einem Traumpass von Okocha knapp neben das Tor, und Binz jagte einen Seitfallzieher aus kürzester Distanz über die Latte. Hätten die Frankfurter in dieser Phase getroffen, wäre ein Sieg wohl Formsache gewesen – zumal der HSV offensiv äußerst harmlos agierte. Dann aber kam die 48. Minute – der „Knackpunkt der Partie“, wie Toppmöller später feststellte. Der bis dahin blass gebliebene Bäron, ansonsten von Komljenovic neutralisiert, wurde von Okocha im Strafraum gefoult, nahm er die Einladung dankend an und ging zu Boden. Thomas von Heesen ließ sich die Gelegenheit vom Punkt nicht entgehen und verlud seinen ehemaligen Teamkollegen Stein. „So ist Fußball“, kommentierte Gaudino, der an diesem Tag seine bislang schwächste Leistung im Eintracht-Trikot zeigte, nüchtern. „Letzte Woche hatten wir Glück mit einem Elfmeter, heute der HSV.“ Drei Minuten nach dem Rückstand verhinderte Hartmann mit einer Rettungstat auf der Linie den Ausgleich durch Gaudino – und von diesem Moment an verlor Frankfurt völlig die Kontrolle. Die zuvor dominierende Eintracht verfiel in kopfloses Anrennen, versuchte es mit der Brechstange und bot letztlich ein Bild des Jammers. Bein als hängende Spitze war wirkungslos, Okocha tauchte ab, Furtok blieb blass, und Weber musste nach einer Attacke von Spörl mit einem Bänderriss im Sprunggelenk verletzt vom Platz – eine Zwangspause von drei bis vier Wochen droht. „Am Ende konnten wir froh sein, dass es nicht noch schlimmer kam“, räumte Toppmöller ein. Sassen nutzte eine Unsicherheit von Stein zum 2:0, bevor Bäron – an allen Treffern beteiligt – den Endstand besorgte. Toppmöller lobte den Angreifer nach dem Spiel als „einen der cleversten Mittelstürmer der Liga“. HSV-Coach Benno Möhlmann blieb trotz des Erfolgs bescheiden: „Fußball ist ein Geduldsspiel. Viele hatten Spektakel erwartet, aber gegen den Tabellenführer kann man nicht einfach Hurra-Fußball spielen.“ Sein Team habe „in der letzten halben Stunde super kombiniert“. Während die Hamburger den unerwarteten Erfolg ausgiebig feierten, nahm die Eintracht die Niederlage gefasst hin. „Das wirft uns nicht zurück“, stellte Kapitän Stein klar und klatschte seine Mitspieler nach Abpfiff aufmunternd ab. Gaudino ergänzte: „Wir sind keine Maschinen. Wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen.“ Auch das ist eine dieser vielen Fußballweisheiten. Warten auf Yeboah Zu dem Zeitpunkt, als Anthony Yeboah am 24. September im Spiel gegen Dynamo Dresden mit einem Innenbandriss zur Pause ausgewechselt werden musste, hatte Eintracht Frankfurt in neun Spielen 26 Tore erzielt. In den darauffolgenden sieben Bundesliga-Partien ohne Yeboah bezwangen die Spieler lediglich achtmal die gegnerischen Torhüter — darunter waren auch zwei Freistöße (Bein, Gaudino in Stuttgart) und ein Elfmeter (Gaudino gegen Dortmund). Anthony Yeboah, mit neun Treffern noch an dritter Stelle der aktuellen Torjägerliste, fehlt Eintracht Frankfurt an allen Ecken und Enden. Ein Comeback des — vor seiner Verletzung — vielleicht besten Stürmers in Europa sehnen die Verantwortlichen der Hessen dringlich herbei. Vergangene Woche hat der Ghanaer nun erstmals die Turnschuhe wieder geschnürt. Leicht ist er durch den Riederwald getrabt hat ein erstes Lauftraining absolviert, soll behutsam wieder aufgebaut werden. Der trotz seiner langen Verletzungspause noch immer beste Schütze des Tabellenführers soll, sofern keine Komplikationen am lädierten Knie auftauchen, möglicherweise schon in den letzten beiden Auswärtsspielen dieses Jahres in Bremen und in Kaiserslautern wieder zum Einsatz kommen. (Das Hoffen auf eine baldige Rückkehr von Yeboah wird sich zerschlagen. Sein erstes Pflichtspiel nach der Verletzung wird er als Einwechselspieler beim 1:1 gegen den 1. FC Nürnberg am 12. Februar 1994 erleben.)
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