VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1993/1994 - 10. Spieltag

0:2 (0:0)

Termin: Sa 02.10.1993 15:30
Zuschauer: 45.000
Schiedsrichter: Karl-Josef Assenmacher (Hürth)
Tore: 0:1 Maurizio Gaudino (70.), 0:2 Uwe Bein (84.)

 

 

>> Spielbericht <<

VfB Stuttgart Eintracht Frankfurt

  • Eike Immel
  • Michael Frontzeck
  • Thomas Berthold
  • Alexander Strehmel
  • Torsten Kracht
  • Guido Buchwald
  • Ludwig Kögl
  • Oliver Otto
  • Carlos Dunga
  • Adrian Knup
  • Eyjölfur Sverrisson

 


 

Wechsel

  • Thomas Brdaric für Oliver Otto (76.)

Wechsel

Trainer

  • Christoph Daum

Trainer


 

Gaudino und Bein als Freistoßkünstler

Mit breiter Brust standen die Frankfurter nach dem Abpfiff auf dem Platz, als hätte es nie Zweifel an ihrem Erfolg gegeben. Doch als Klaus Toppmöller, der Trainer der Eintracht, auf die beeindruckende Bilanz von nun 18:2 Punkten angesprochen wurde, er reagierte fast schon vorwurfsvoll: „Eigentlich zwei zu wenig.“ Dabei kann er durchaus stolz auf das bislang Erreichte blicken: Trotz zweier Unentschieden gegen Bremen und Leverkusen ist seine Mannschaft in dieser Saison noch ungeschlagen und führt die Tabelle an – mit drei Punkten Vorsprung auf Werder Bremen, vier auf den MSV Duisburg, fünf auf Leverkusen und den Hamburger SV und sechs auf den FC Bayern. Die Hessen stehen besser da als je zuvor, doch sie wollen mehr.

Die Vergangenheit lehrt jedoch Demut. Drei Mal war Eintracht Frankfurt in den vergangenen Jahren kurz vor dem Titelgewinn gescheitert. Jedes Mal wurde das Team weiterentwickelt, das Spielsystem verfeinert. Die Frankfurter wollen nicht nur Meister werden, sondern auf eine Art und Weise, die niemand infrage stellen kann – mit technischem Glanz statt bloßer Kampfkraft. So stilvoll wie einst die Bayern, als selbst Kritiker anerkennend nickten.

Doch wer auf diese Weise triumphieren will, muss nicht nur begeistern, sondern auch Ergebnisse liefern. In Stuttgart gelang genau das. Die Eintracht zeigte spielerische Klasse, aber nur phasenweise. Zehn Minuten in der ersten Halbzeit blitzte ihr technisches Können auf, nach der Pause nochmals eine knappe Viertelstunde.

Der VfB Stuttgart machte seinem Namen als „Verein für Bewegungsspiele“ wenig Ehre, während sich die Frankfurter eher abwartend verhielten. Es entwickelte sich eine taktisch geprägte Partie, die mehr an Schach als an Fußball erinnerte. Zwei Trainer, Klaus Toppmöller und Christoph Daum, fuchtelten ungeduldig an der Seitenlinie, doch auf dem Feld bewegte sich wenig.

Als der Schlusspfiff ertönte, brach der Jubel los – auf den Rängen, auf dem Platz, auf der Trainerbank. Die Frankfurter Fans skandierten ihre Gesänge, Mittelfeldstratege Maurizio Gaudino feierte an alter Wirkungsstätte, und Toppmöller lobte sein Team: „Ein Riesenkompliment an die ganze Mannschaft.“ Auch Vizepräsident Bernd Hölzenbein strahlte: „Ein ganz wichtiger Sieg!“

Dabei war es ein schwer erkämpfter Erfolg. Ohne den gesperrten Anthony Yeboah fehlte der Eintracht die Durchschlagskraft im Angriff. Furtok mühte sich als einzige Spitze, doch gegen die kompakte VfB-Defensive, insbesondere gegen Thomas Berthold, war kein Durchkommen. Gaudino und Uwe Bein versuchten, ihn zu unterstützen – erfolglos. Kombinationsstark, aber ohne zwingenden Abschluss, blieben die Frankfurter lange harmlos. Auch Jay-Jay Okocha, der vor seiner Abreise zur nigerianischen Nationalmannschaft eine starke Leistung zeigte, fand keine Lücke. Ebenso wenig wie Binz, Roth, Weber oder Komljenovic.

Dann kam die 70. Minute – und mit ihr die Erinnerung an das gestrige Abschlusstraining. Das Team hatte Freistöße geübt, und Gaudino war kein einziger gelungen. Doch nun nahm er sich den Ball, kündigte an „Ich hau ihn rechts unten rein“, schoss – und traf. Danach fiel er seinem Trainer freudestrahlend in die Arme, während sich sein Ex-Chef Christoph Daum ärgerte.

Vierzehn Minuten später legte sich Uwe Bein den Ball zurecht. Er nahm Maß, verzichtete auf jeglichen Anlauf – und hob den Ball mit perfektem Gefühl über die Stuttgarter Mauer in den Winkel. Ein Traumtor. Die Frankfurter Fans nutzten den Moment für eine kleine Abrechnung mit Bundestrainer Berti Vogts, der das Stadion gerade verlassen hatte, um dem Verkehrschaos zu entgehen. „Berti, Berti, ha-ha-ha“, hallte es durch das Stadion.

Obwohl sie es später abstritten: Natürlich war es für Gaudino eine besondere Genugtuung, ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub zu treffen. Und natürlich war es für Bein eine bittersüße Rache, wenige Wochen nach seinem Nationalmannschaftsrücktritt eine solche Leistung vor den Augen des Bundestrainers zu zeigen. Doch mehr als persönliche Genugtuung zählten die Punkte: siebzehn und achtzehn.

 

 

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