SG Wattenscheid 09 - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1992/1993 - 4. Spieltag

1:2 (1:0)

Termin: Sa 29.08.1992 15:30
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Gerhard Theobald (Wiebelskirchen)
Tore: 1:0 Marek Lesniak (28.), 1:1 Uwe Bein (56.), 1:2 Axel Kruse (78.)

 

 

>> Spielbericht <<

SG Wattenscheid 09 Eintracht Frankfurt

  • Ralf Eilenberger
  • Jörg Sobiech
  • Jörg Bach
  • Uwe Neuhaus
  • Hans-Werner Moser
  • Stefan Emmerling
  • Marek Lesniak
  • Roger Prinzen
  • Thorsten Fink
  • Uwe Tschiskale
  • Karel Kula

 


 

Wechsel

  • Ali Ibrahim für Uwe Tschiskale (55.)

Wechsel

Trainer

  • Hannes Bongartz

Trainer

 

 

Nicht glanzvoll, aber effektiv

Den Vorwurf, er würde zu vorsichtig agieren, die sichere Variante bevorzugen und nicht genug Mut beweisen, ließ Dragoslav Stepanovic nicht auf sich sitzen. Dabei gab der Trainer von Eintracht Frankfurt nach dem hart erkämpften 2:1-Sieg bei der SG Wattenscheid offen zu, dass er durchaus mit Respekt an die Aufgabe herangegangen war. „Wattenscheid hat ein starkes Mittelfeld, das habe ich bei ihrer 1:4-Niederlage in Kaiserslautern genau beobachtet“, erklärte der Serbe nach der Partie. Deshalb entschied er sich, das kreative Zentrum seiner Mannschaft zu verstärken.

Viele – darunter auch Wattenscheids Coach Hannes Bongartz – hatten nach Anthony Yeboahs Abwesenheit aufgrund einer Länderspielreise erwartet, dass Stepanovic mit zwei nominellen Stürmern antreten würde. Doch der Eintracht-Trainer ging einmal mehr seinen eigenen Weg. Statt eines zweiten Angreifers neben Axel Kruse setzte er auf flexible Lösungen: Mal sollte Stefan Studer, als zweiter Angreifer agieren, mal Dirk Wolf und mal Impulsgeber Uwe Bein, der ansonsten wie stets im zentralen Mittelfeld die Fäden zog und die Bälle klug verteilte. Das Ergebnis gibt Stepanovic recht: Es reichte zu einem „ganz wichtigen Sieg“.

Ganz einfach war es jedoch nicht. Die Partie im Lohrheide-Stadion war alles andere als eine souveräne Vorstellung. Wieder einmal traten altbekannte Probleme der Frankfurter zutage. Technisch war die Eintracht dem Gegner zwar deutlich überlegen, kombinierte gefällig und ließ den Ball über viele Stationen laufen – selbst Torhüter Uli Stein wurde ins Spiel einbezogen. Doch all das brachte zunächst kaum Torgefahr. „Es war merkwürdig. Mal waren wir voll da, dann wieder nicht“, analysierte Stepanovic die wechselhafte Leistung seiner Mannschaft. Die Gastgeber, noch verunsichert von der Niederlage in Kaiserslautern, schauten dem Frankfurter Kombinationsspiel zwar beeindruckt zu – doch es war Wattenscheid, das plötzlich in Führung ging. Dank eines starken Lesniak stand es in der 28. Minute auf einmal 1:0. Wer hätte das erwartet?

Die Wattenscheider offenbar selbst nicht. Ihr Trainer Hannes Bongartz zeigte sich nach dem Spiel schwer enttäuscht über die „immer gleichen Fehler“ seines Teams. „In dieser Mannschaft gibt es zu viele Spieler ohne Leben“, kritisierte er scharf, ohne ins Detail zu gehen. Dabei hätte Wattenscheid die Partie durchaus für sich entscheiden können. Roger Prinzen, der erstmals in der Startelf stand, hatte gleich zwei Hochkaräter (38., 50.), vergab aber beide.

Das war wohl auch der Moment, in dem Stepanovic zu ahnen begann, dass doch noch etwas drin sein könnte. Und tatsächlich: In der 56. Minute legte sich Rudi Bommer den Ball auf der rechten Seite für einen Freistoß zurecht. Sein Blick wanderte in den Strafraum – er entdeckte Uwe Bein, der hinter Kruse als zweite Spitze agierte und viel Bewegungsfreiheit genoss. Der Ball segelte halbhoch in seine Richtung, Bein verlängerte mit dem Kopf ins lange Eck zum 1:1.

Nun schnupperten die Frankfurter Morgenluft und legten schließlich auch nach. Zwölf Minuten vor dem Abpfiff zeigte zunächst Uli Stein eine starke Parade und das Spielgerät landete bei Bein, der blitzschnell reagierte und einen perfekt getimten Pass in den Lauf von Kruse spielte. Statt unüberlegt abzuziehen, hob Kruse den Ball elegant mit rechts über Wattenscheids Keeper Eilenberger hinweg. Das entscheidende Tor zum 2:1-Endstand.

Dass die Eintracht für diesen Auswärtssieg eine gute Portion Glück brauchte, ließ sich nicht leugnen. Der Erfolg war verdient, aber schmeichelhaft. Oft rächt es sich, wenn klare Torchancen nicht genutzt werden – und Axel Kruse hätte sich beinahe zum tragischen Helden gemacht. Gleich dreimal (34., 36., 45.) scheiterte er in aussichtsreicher Position, bevor er mit seinem sehenswerten Treffer doch noch den Matchwinner gab. Selbst nach der Führung wurde Frankfurt in der Schlussphase noch ins Wanken gebracht. Wattenscheid drängte auf den Ausgleich, hatte durch Neuhaus, Fink und Emmerling mehrere gefährliche Abschlüsse. Kein Wunder also, dass Stepanovic nach Abpfiff nachdenklich wurde. „Mit unserer Abwehr war ich heute nicht zufrieden“, stellte er klar. „Eine echte Spitzenmannschaft hätte uns in den letzten 15 Minuten abgeschossen.“

Das Experiment mit nur einem nominellen Stürmer und offensiv nachrückenden Mittelfeldspielern ging also auf – wenn auch mit Wacklern. Es hätte ebenso gut schiefgehen können. Steht Eintracht Frankfurt 1992 vor einem neuen Kapitel? Weniger Glanz, dafür mehr Effizienz – kommt jetzt der Erfolg?

 

 

>> Spieldaten <<





© text, artwork & code by fg