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1. FC Kaiserslautern - Eintracht Frankfurt |
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Bundesliga 1991/1992 - 25. Spieltag
1:1 (0:1)
Termin: Sa 22.02.1992 15:30
Zuschauer: 38.500
Schiedsrichter: Manfred Harder (Lüneburg)
Tore: 0:1 Jörn Andersen (23.), 1:1 Thomas Vogel (78.)
1. FC Kaiserslautern | Eintracht Frankfurt |
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Ein Punkt für die Moral Möller weg, die Meisterschaft außer Reichweite, Eintracht vor dem Absturz – so sahen viele das Szenario am Samstagmorgen nach den jüngsten Turbulenzen rund um den Verein. Doch Fußball schreibt bekanntlich seine eigenen Geschichten. Als der Tag sich neigte, hatte sich das Blatt gewendet: Andreas Möller verkündete, dass er trotz lukrativer Angebote doch nicht nach Italien wechseln würde und die Frankfurter hatten mit einem respektablen 1:1 beim Titelverteidiger 1. FC Kaiserslautern ein Zeichen gesetzt, dass sie weiterhin um die Meisterschaft kämpfen wollen. Trainer Stepanovic sprach von einem „Neuanfang“, während Torhüter Stein, der noch vor einer Woche die Titelhoffnungen öffentlich begraben hatte, betonte: „Wenn wir so weitermachen, ist noch alles möglich.“ Was den Verantwortlichen nach den intensiven 90 Minuten auf dem Betzenberg Mut machte, war weniger das Resultat als die Art, wie die Mannschaft das Spiel anging. Trotz der Spannungen der letzten Wochen präsentierte sich die Eintracht im als Schicksalsspiel deklarierten Duell überraschend geschlossen und widerstandsfähig. Vor ausverkauften Rängen zeigten beide Teams, warum sie zu den Besten der Liga gehören. Während Frankfurt mit Spielwitz und technischer Klasse überzeugte, brachte Kaiserslautern unbändigen Kampfgeist und Leidenschaft auf den Platz. Das Unentschieden spiegelt diese konträren Qualitäten wider, auch wenn beide Mannschaften mit Recht argumentieren konnten, dass ein Sieg möglich gewesen wäre. Im ersten Durchgang kontrollierte die Eintracht das Geschehen nahezu nach Belieben. Vom medial ausgeschlachteten Vertragschaos um Möller war nichts zu spüren. Mit spielerischer Dominanz ließen die Frankfurter den Gastgebern kaum Raum zur Entfaltung. Die Führung in der 23. Minute fiel dennoch kurios: Funkel spielte dem heranstürmenden Andersen unbedrängt den Ball zu, und dieser überlupfte aus gut 20 Metern den zurückeilenden Ehrmann – ein Treffer, der die Lauterer sichtbar lähmte. Fortan wirkte der Titelverteidiger gehemmt, während die Gäste versäumten, nachzulegen. Ein Abseitstor von Möller und eine vergebene Großchance von Bein kurz vor der Pause waren die wenigen nennenswerten Möglichkeiten, um das Spiel frühzeitig zu entscheiden. Nach dem Seitenwechsel zeigte sich Kaiserslautern jedoch wie verwandelt. Feldkamp hatte seine Elf offenbar wachgerüttelt, und die Gastgeber warfen alles nach vorne. Leidenschaftlich und mit den Fans im Rücken rollte Angriff um Angriff auf das Frankfurter Tor. Ein gutes halbes Dutzend hochkarätigster Torchancen ließen die Gastgeber ungenutzt, und was dann nicht am Pfosten landete oder vom überragenden Uwe Bindewald von der Linie gekratzt wurde, das griff sich Torhüter Uli Stein, der mit einer tadellosen Leistung aufwartete. Erst in der 78. Minute fiel der Ausgleich, als Thomas Vogel einem Kopfball von Kuntz so abfälschte, dass die Kugel ihren Weg für Uli Stein unerreichbar ins Netz fand. Zu einem weiteren Treffer reichte es für die Lauterer aber nicht, denn trotz einiger wackeliger Momente hielt das Frankfurter Abwehrbollwerk bis zum Abpfiff. „Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie etwas holen wollte“, resümierte Stepanovic zufrieden. Neben Stein und Bindewald lobte er besonders Frank Möller, Roth und Falkenmayer. Auch der zeitweise recht eigensinnig agierende Yeboah und der wiedergenesene Uwe Bein fielen positiv auf. Möller hingegen, den die Transferdebatte offenbar nicht unberührt ließ, blieb im zweiten Durchgang weitgehend blass. „Es gibt Tage, da klappt nichts“, meinte er trotzig. Der Punktgewinn auf dem Betzenberg mag kein Befreiungsschlag gewesen sein, aber die Eintracht hat bewiesen, dass sie sich noch nicht aufgegeben hat – weder im Titelrennen noch als Mannschaft.
Manager Gerster geht vorübergehend in Urlaub Klaus Gerster, der umstrittene Manager des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, hat bis zur FIFA-Entscheidung in Sachen „Andreas Möller“ um Urlaub nachgesucht und dafür von seinem Arbeitgeber auch die Zustimmung erhalten. Mit dieser Entscheidung, die bereits am Montagmittag nach der Pressekonferenz am Riederwald fiel, aber erst im Laufe des Dienstags in der Öffentlichkeit durchsickerte, will Gerster seinen Beitrag leisten, um in den nächsten Wochen wieder etwas mehr Ruhe in den Verein und die Mannschaft zu bringen. „Ich habe Fehler gemacht, und dazu stehe ich auch. Wenn ich es heute noch einmal zu tun hätte, würde ich vieles anders machen. Aber dazu ist es jetzt zu spät. Mir ist bewußt, daß ich meine Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit verloren habe. Deshalb habe ich nun die Konsequenz gezogen, mich in dieser angespannten Situation vorübergehend zurückzuziehen, denn ich bin für viele derzeit die große Reizfigur. Wenn die FIFA entschieden hat, sind wir alle schlauer. Ich habe diesen Entschluß völlig allein getroffen und bin nicht im geringsten durch irgendein Präsidiumsmitglied dazu gedrängt worden“, erläuterte Gerster der FR seine Beweggründe für den eher überraschenden Schritt. Nach einer Absprache mit Vizepräsident Bernd Hölzenbein, der sich weiterhin federführend um die Belange der Lizenzspieler kümmern wird, soll Geschäftsstellen-Mitarbeiter Rainer Falkenhain in Abwesenheit von Gerster stärker für organisatorische Dinge im Zusammenhang mit der Bundesliga-Mannschaft herangezogen werden. Laut Gerster fiel bei ihm die Entscheidung zu seinem Rückzug in einem Vier-Augen-Gespräch am Sonntagabend in seinem Hause mit Trainer Dragoslav Stepanovic, als beide gemeinsam über die Möglichkeit eines Neuanfangs im Sinne des angestrebten sportlichen Erfolgs nachdachten. Im Anschluß an die Pressekonferenz am Montag informierte er dann als ersten Schatzmeister Wolfgang Knispel von seinem Urlaubsgesuch und telefonierte später noch einmal mit Vizepräsident Hölzenbein. Daß erst der stürmische Verlauf des Treffens mit den Journalisten seine Rückzugsgedanken auslöste, trifft laut Gerster nicht zu, zumal er mit kontroverseren Diskussionen gerechnet hatte, allerdings weniger mit der durchgängigen „Medienschelte“ tags darauf. Zunächst möchte er einmal ein paar Tage zu Hause verbringen, ehe er mit seiner Familie in den Urlaub fahren will; am Samstag beim Heimspiel gegen Hamburg wird er nicht im Waldstadion sein, darüber hinaus will er vorerst nicht mehr am Riederwald erscheinen. Gleichzeitig geht Gerster grundsätzlich davon aus, daß seine Entlassung wegen Vertrauensmißbrauchs kein Thema für das Präsidium sein wird. Damit widerspricht er auch jenen Versionen, in denen die Meinung vertreten wird, daß er wegen seines Wissens und seiner engen Bande zu Möller nur noch so lange Eintracht-Manager ist, bis die Angelegenheit von der FIFA definitiv entschieden ist Die Mannschaft wurde vom Urlaubsantritt Gersters am Dienstag beim Training am Riederwald von Dragoslav Stepanovic informiert Außerdem nahm im Verlauf einer Aussprache, in der auch Kapitän Uli Stein das Wort ergriff, noch einmal Andreas Möller ausführlich Stellung zu den Ereignissen der letzten Tage. Mit Überraschung hat Gerster die Ausführungen
des Kölner Rechtsanwalts Bernd Schäfer zur Kenntnis genommen,
wonach er in der vergangenen Woche nicht im Auftrag der Eintracht, sondern
als persönlicher Interessensvertreter von Möller zu den Verhandlungen
mit Turin und Bergamo in Italien geweilt habe. „Das ist Unsinn“,
widersprach er dieser Darstellung und Aussagen Schäfers zu weiteren
Details entschieden. (Frankfurter Rundschau vom 26.02.1992) Kapitän Uli Stein beschwert sich brieflich beim Präsidium Das Theater und die Querelen, die die Diskussionen um die Zukunftspläne von Andreas Möller bei Eintracht Frankfurt ausgelöst haben, nehmen kein Ende. Vieles deutet darauf hin, daß bereits die Lunte zum nächsten Hauskrach gelegt ist So soll vom Hamburger Anwalt von Kapitän Ulrich Stein ein brisanter Brief an das Eintracht-Präsidium unterwegs sein. Über den Inhalt gibt es unterschiedliche Versionen; auf FR-Anfrage erklärte Stein, daß das bis Mittwoch nicht eingetroffene Schreiben vorerst als „vereinsinterne Angelegenheit“ zu betrachten sei. Unterdessen sickerte am Riederwald durch, daß Stein im internen Kreis geäußert haben soll, es fehle ihm auf Grund der jüngsten Ereignisse derzeit jedes Verständnis und jede Vertrauensbasis, so daß er den Klub deshalb bitten wolle, die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung von Seiten des Torwarts wohlwollend zu prüfen. Laut Aussage von Vizepräsident Bernd Hölzenbein, der am Dienstag ein längeres und am Mittwoch noch einmal ein kürzeres Gespräch mit Stein führte, entbehrt diese Version jedoch jeder Grundlage. „Der Uli hat mir versichert daß er nicht gekündigt hat. In dem angekündigten Schreiben beschwert er sich über einige Punkte, die ihm nicht passen. Wir werden den Brief durchlesen und uns dann unterhalten. Man darf die Dinge nicht überbewerten“, sagte Hölzenbein am Mittwoch zur FR. Gleichzeitig versicherte Stein, der den Text des Schreibens bereits am Montag und damit vor Bekanntwerden des Urlaubsgesuchs von Manager Klaus Gerster mit seinem Anwalt abgesprochen haben soll, daß er sich zum konkreten Inhalt seines Briefs bis zur FIFA-Entscheidung öffentlich nicht äußern wolle. Eine Spekulation geht dahin, daß er mit seinem Vorstoß möglicherweise auch nur Druck machen wollte, um das Präsidium zu veranlassen, den bei einigen Spielern von jeher ungeliebten Manager aus dem Verkehr zu ziehen. Unabhängig davon stellte Stein am Mittwoch im Gespräch mit der FR fest: „Es ist eine richtige Entscheidung, daß Gerster in Urlaub gegangen ist. Ob nun Ruhe einkehrt, weiß ich nicht, denn ich traue dem ganzen Frieden sowieso nicht. Hier ist so viel gelogen worden, man kann gar nichts mehr glauben.“ Unterdessen teilte der Kölner Rechtsanwalt Bernd Schäfer III, Vertreter der beiden italienischen Klubs Juventus Turin Und Atalanta Bergamo, der FR mit, am vergangenen Donnerstag beim Treffen in Italien sei fest vereinbart worden, daß Möller im Beisein von Gerster den Vertrag mit Bergamo am Montag dieser Woche in Köln unterschreiben sollte. Nach dem Sinneswandel Möllers wurde daraufhin am Dienstag in Schäfers Kanzlei mit Juve-Manager Enrico Bendoni, dem Turiner Anwalt Nicolo Bastianini, Bergamos Interessen Vertreter Michele Puller und Atalanta-Generalsekretär Giacomo Randazzo noch einmal abschließend der Kurs für den nun wohl unausweichlichen FIFA-Termin festgelegt „Die Moral sollte für Möller darin bestehen, die abgeschlossenen Verträge mit uns zu erfüllen, und darauf werden wir weiterhin bestehen“, erklärte Schäfer danach. Gleichzeitig forderte er von der FIFA eine Spielsperre für Möller, wenn dieser im Sommer nicht nach Bergamo wechselt und ebenfalls harte Sanktionen gegenüber Gerster. Darüber hinaus ist es sein Ziel, daß auch die Eintracht als Verein sowie das Präsidium wegen Vertragsbruch bestraft wird. Weiterhin strebt der Kölner Rechtsanwalts an, Möller dazu zu zwingen, den Vertrag mit den Italienern zu erfüllen und ungeachtet dessen ihn alle möglichen Geldstrafen für die Inhalte der bisherigen Auseinandersetzung zahlen zu lassen. Außerdem wollen die Klubs beim italienischen Verband vorstellig werden und veranlassen, daß Möller auf alle Zeiten ein Wechsel nach Italien verwehrt wird, wenn er im Sommer nicht nach Bergamo geht. Nach zuverlässigen FR-Informationen aus der FIFA-Zentrale in Zürich wäre eine Sperre Möllers für jeden internationalen Wechsel in den kommenden Jahren durchaus möglich, wenn die in der für den „Fall Möller“ zuständigen und am 13. März entscheidenden FIFA-Statuten-Kommission zusammentritt. Ausgeschlossen scheint dagegen nach dem FIFA-Regelwerk, daß gegen Möller ein Spielverbot in der Bundesliga oder gar eine Sperre für Einsätze in der deutschen Nationalmannschaft ausgesprochen wird. Nach wie vor im Gespräch ist auch, daß Manager Gerster von der FIFA gegenüber ihren Mitgliedsverbänden zur „Persona non grata“ erklärt wird. Der Forderungen Schäfers über die Bestrafung des Frankfurter Vereins und des Präsidiums werden dagegen in der FIFA-Zentrale wenig Chancen eingeräumt. (Frankfurter Rundschau vom 27.02.1992)
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