Eintracht Frankfurt - VfB Stuttgart |
Bundesliga 1990/1991 - 34. Spieltag
4:0 (3:0)
Termin: Sa 15.06.1991 15:30
Zuschauer: 40.000
Schiedsrichter: Hellmut Krug (Gelsenkirchen)
Tore: 1:0 Andreas Möller (26.), 2:0 Stefan Studer (44.), 3:0 Anthony Yeboah (45.), 4:0 Uwe Bein (60.)
Eintracht Frankfurt | VfB Stuttgart |
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Alles richtig gemacht? Als die Eintracht kürzlich im Waldstadion mit 0:1 gegen Nürnberg verlor, gab sich Manager Klaus Gerster gelassen: „Die Niederlage hat auch etwas Gutes. Dann ist unser letztes Heimspiel gegen Stuttgart ein Finale um die UEFA-Pokal-Teilnahme. Vielleicht kommen da noch einmal 40.000 Besucher.“ Und die Ausgelassenheit wurde nicht nur durch die Aussicht auf die 24.000 DM Prämie produziert, die für das Erreichen der UEFA-Pokalspiele vor Saisonbeginn ausgehandelt worden war. Dass es nach dem überraschenden 3. Platz in der vergangenen Saison wieder einmal nicht zum erhofften Meistertitel gereicht hat, obwohl man vor der Saison allein über 5 Millionen Mark an Ablöse für Andreas Möller und Anthony Yeboah investiert hatte, müssen sich die Frankfurter selbst zuschreiben. „Ich bin entsetzt und schockiert über das Klima in der Mannschaft. Ich habe das unterschätzt. Es herrscht maßloser Futterneid und es gibt hauptsächlich Diskussionen darüber, wo man noch ein Nebengeschäft mit Zusatzverträgen machen kann“, hatte Vizepräsident Hölzenbein bereits im September nach dem 0:5 in Bröndby erkannt, doch Ruhe kehrte keine mehr ein. „Der soll mir doch auch mal den Ball geben. Aber der will ja seine Mitspieler nicht sehen“, klagte zum Beispiel Bein über Möller und Stein schimpfte über den Rückkehrer aus Dortmund: „Wenn der den Alleinunterhalter machen will, soll er bei Roncalli auftreten.“ „Mit dem spiele ich nie wieder in einer Mannschaft“, drohte daraufhin Möller in Richtung Stein und Trainer Berger musste das Offensichtliche einräumen: „Wir sind keine Mannschaft.“ Doch auch in der Führungsetage stimmte es nicht. Nach den Geldstrafen und Abmahnungen für Stein, Bein und Möller wurde auch Manager Klaus Gerster abgemahnt und erhielt im Januar die Auflage, sich künftig von der Mannschaft fernzuhalten. Aber auch das Verhältnis zum Trainer hatte gelitten. „Der Berger soll sich nicht so aufblasen, der hat doch vor eineinhalb Jahren im Schwarzwald noch Kuckucksuhren zusammengebaut“, wurde ein Zitat Hölzenbeins aus dem VIP-Raum des Waldstadions in die Öffentlichkeit getragen. Berger war dann auch derjenige, der nach der 0:6-Heimniederlage gegen den HSV tatsächlich gehen musste und in Windeseile durch Dragoslav Stepanovic ersetzt wurde. Das Ausscheiden im Halbfinale des DFB-Pokals konnte der nicht verhindern, aber die Elf in der Liga wieder halbwegs in die Spur bringen. In der ohnehin gespaltenen Mannschaft hatten zuvor die ständigen Spekulationen über Möllers möglichen Wechsel zu Juventus Turin und die Veröffentlichung der entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen für weitere Unruhe gesorgt. Dem einigermaßen versöhnlichen Abschluss dieser Runde steht nun der VfB Stuttgart entgegen. Nachdem es zuletzt auf eigenem Platz drei Unentschieden in Folge gegeben hatte, kamen die Schwaben am letzten Spieltag zu einem 2:0 gegen den HSV, der damit vom 3. auf den 4. Rang abgerutscht ist, seine Qualifikation für den UEFA-Pokal aber schon in der Tasche hat. Der VFB aber liegt punktgleich mit Eintracht Frankfurt auf dem 6. Platz und benötigt einen Sieg, um ebenfalls im UEFA-Pokal antreten zu dürfen. „Wir sind schon in den letzten Wochen am Gegner gewachsen und wir freuen uns auf die Partie in Frankfurt“, sagt Stuttgarts Trainer Christoph Daum in dem ihm eigenen Optimismus. Ein Freund zurückhaltender Töne ist er bekanntlich nicht und auch dieses Mal kündigte er an: „Wir fahren dahin, um zu gewinnen.“ Seine Zuversicht ist ebenso wenig unbegründet wie sein Selbstvertrauen: Der VfB ist die erfolgreichste Mannschaft der Rückrunde. Im vergangenen November noch abgeschlagen auf Rang 15 der Tabelle platziert, erzielten die Schwaben unter ihrem neuen Trainer Daum seitdem 28:10 Punkten und stehen nun vor der Krönung ihrer Aufholjagd: „Wir lagen die ganze Zeit über im Windschatten. Jetzt überholen wir.“ „Jeder weiß, dass ein Fehler nicht gleich den Stammplatz kostet. Das gibt uns Selbstvertrauen“, erklärt Mittelfeldspieler Andreas Buck den Stuttgarter Höhenflug. „Wenn wir dort gewinnen, liege ich am Sonntag in Koma“, hatte Daum nach dem 2:0 gegen den HSV für den Fall eines Sieges im Frankfurter Waldstadion versprochen. Mit Jürgen Hunke, dem Präsidenten des unterlegenen HSV, verhandelte nach dem Spiel übrigens Jürgen Hartmann, dessen Verbleib bei den Schwaben eher unwahrscheinlich zu sein scheint. Gewiss ist dagegen, dass hier und heute die Laufbahn von Karl Allgöwer endet, den die Fans des VfB Stuttgart nach dem letzten Heimspiel gebührend verabschiedeten: „Ein schöner Abschluss für mich.“ Vergessen war da für den Augenblick der Unmut über Manager Dieter Hoeneß, der den schussgewaltigen Spieler, wie die FR vom 13.5.1991 erinnerte, „zum Sündenbock für die Stuttgarter Talfahrt im vergangenen Winter gestempelt und ihn bei Journalisten ‚zum Abschuss‘ freigegeben“ hatte. „Wasen-Karle“, der Verkaufsleiter in einem Textilunternehmen wird, hat das nicht vergessen oder gar verziehen: „Die Ereignisse damals waren die größte Enttäuschung in meiner Karriere und haben den Entschluss ausgelöst, nach dieser Saison Schluss zu machen.“ Schluss macht auch Karl-Heinz Körbel, der im Gegensatz zu Allgöwer natürlich nicht das vom Verein angebotene Abschiedsspiel ablehnt. Am 6. Oktober wird seine Abschiedsgala im Waldstadion steigen. Gegner soll nicht, wie erwartet, die Nationalelf sein, sondern Bayern München. So wird sich der Kreis schließen, denn gegen eben jenen Klub bestritt Körbel vor 19 Jahren sein erstes Bundesligaspiel. In der Frankfurter Elf sollen dabei eine halbe Stunde lang Grabowski, Hölzenbein, Pezzey und Detari stehen, bei den Bayern Beckenbauer, Müller und Maier spielen und danach die aktuellen Bundesliga- und Nationalspieler eingewechselt werden. Seinen Abschied von der Bundesliga hat sich der „treue Charly“ allerdings ganz anders vorgestellt: Wegen seiner vierten Gelben Karte aus der Partie am 33. Spieltag kann er seinen 602 Erstligaspielen kein weiteres hinzufügen. So sitzt Körbel heute bereits auf der Bank, auf der er in der nächsten Runde neben Stepanovic als Co-Trainer Platz nehmen wird. Zu Beginn wird die Begegnung von Matthias Sammer dominiert, der Abschlüsse von Fritz Walter und Frontzeck vorbereitet. Walters Schuss aus 13 Metern Torentfernung und halbrechter Position geht jedoch hoch und weit am Gehäuse vorbei und Frontzecks Flachschuss aus der gleichen Distanz, aber halblinker Position kommt genau auf Uli Stein. Der muss sich erst strecken, als Bindewald Sammer zwei Meter vor der Strafraumgrenze zu Fall gebracht hat und Allgöwers folgender Freistoß neben dem linken Pfosten einzuschlagen droht. Doch Stein ist unten und dreht den Ball ins Toraus. Bei Sammers Versuch aus 17 Metern kann der Torwart dagegen zur Entwarnung beruhigend den Arm heben, denn nach guten Zuspiel Frontzecks drischt Sammer das Leder in die dritte Etage und greift sich danach zu Recht mit beiden Händen an den Kopf. Wie es geht, zeigen die Frankfurter in der 26. Minute. Zehn Meter vor der Mittellinie spielt Uwe Bein einen Steilpass in die Spitze, wo sich Anthony Yeboah im Duell mit zwei Gegnern behauptet und in den Strafraum eindringt. In diesem Moment kommt Andreas Möller von der linken Seite, übernimmt den Ball, sprintet auf Immel zu und legt dann aus sieben Metern den Ball mit der Innenseite flach am Stuttgarter Keeper vorbei in die lange Ecke. Es ist Möllers 16. Saisontor, doch den größten Anteil an diesem wunderbaren Treffer hat zweifellos Bein mit seinem Zuspiel der Marke Traumpass über 40 Meter. Vier Minuten später bietet sich den Gästen die Gelegenheit zum Ausgleich, nachdem Frontzeck in Höhe des Frankfurter Strafraums einen Einwurf schnell auf Walter ausgeführt hat. In dessen Flanke hechtet Sverrisson, erwischt den Ball auch knapp vor Stein, köpft jedoch zwei Meter am linken Pfosten vorbei, wobei er Bekanntschaft mit den Fäusten des Frankfurter Schlussmanns macht, der sich aber sogleich um ihn kümmert. Glück für Bindewald, dem der Isländer zum ersten und letzten Mal entwischt ist. Auf der anderen Seite kontert die Eintracht schnell über den linken Flügel. Über Sippel kommt der Ball zu Möller, der rechts Turowski frei sieht. Doch wieder einmal trifft der Stürmer die falsche Entscheidung und sein unplatzierter Schuss von der Strafraumgrenze wird vom letzten verbliebenen Stuttgarter Abwehrspieler geblockt. Besser macht es Yeboah nach einer Ecke von Möller: Er steigt hoch, setzt sich im Duell durch und würde seinen wuchtigen Kopfball unter die Latte gesetzt haben, wenn Immel nicht reaktionsschnell die Kugel noch über den Kasten gelenkt hätte. Möllers folgender Eckball findet Sippel am kurzen Pfosten, an dem sein Kopfball aber auch vorbei geht. Kurz darauf steht Sippel erneut im Mittelpunkt. Uwe Bein schlägt aus dem Mittelkreis einen Pass auf die rechte Seite, wo er von Strehmel vom Strafraumeck fast bis zur Seitenlinie verfolgt wird. Die Grätsche des Schwaben geht ins Leere, was den hinzugeeilten Frontzeck zum Nachfassen veranlasst. Die Attacke am Rand des Spielfelds ist überflüssig, zumal Sippel mit seinen Übersteigern lediglich mit dem Rücken zum Tor auf die Seitenlinie zuläuft. Die Grätsche von hinten in die Beine des Gegners gerät dem bereits mit Gelb verwarnten Frontzeck zudem deutlich zu hart, so dass Schiedsrichter Hellmut Krug nun keine andere Wahl mehr bleibt, als die Rote Karte zu zücken und den Stuttgarter des Feldes zu verweisen. Die Gäste haben sich von diesem Schock noch nicht erholt und ihre Hintermannschaft noch nicht neu sortiert, als Uwe Bein in der Mitte der gegnerischen Spielhälfte den Ball parallel zum Tor führt und damit zwei Schwaben auf sich zieht, bevor er das Leder steil auf Studer spielt, dessen plötzlichen Antritt Bein erahnt oder bestenfalls aus den Augenwinkeln gesehen haben kann. Studer übersprintet seinen Gegenspieler links, während Beins Pass rechts am Stuttgarter vorbei in den Strafraum fliegt. Drei Meter vor der Torauslinie erreicht Studer den Ball und schießt diesen aus spitzem Winkel links am herausstürzenden Immel vorbei ins kurze Eck. 2:0. Doch damit ist es noch nicht genug. Noch vor dem Pausenpfiff
schlägt es zum dritten Mal im Kasten der Schwaben ein. Libero Binz
startet aus der eigenen Hälfte, sucht in der Spitze vergeblich eine
Anspielstation, passt an die rechte Außenlinie zu Klein und fordert
mit einer Handbewegung seine vorn postierten Mitspieler zu mehr Bewegung
auf. Klein gibt den Ball zu Binz zurück, der am angreifenden Gegner
vorbei auf Bein spielt und gleichzeitig lossprintet. Bein nimmt Binz im
Doppelpass mit und der bedient aus dem Lauf heraus zwischen zwei angreifenden
Stuttgartern hindurch den am Sechzehner lauernden Yeboah. Der nimmt die
Kugel mit links an und schmettert sie dann mit dem rechten Schussstiefel
halbhoch neben dem linken Pfosten zum 3:0 ins Netz. Immel ist machtlos. Kurz nach der Pause würden sie noch bedrückter gucken, wenn mit Möller nicht der Eigensinn durchgehen würde. Binz hat in der Höhe der Mittellinie ein hohes Zuspiel aus der eigenen Hälfte wunderbar mit der Brust angenommen, abtropfen lassen und zwischen zwei Gegnern hindurch in den Lauf des auf der linken Seite startenden Yeboah gepasst. Der einzig verbliebene Stuttgarter Verteidiger muss sich von Turowski lösen, um Yeboah anzugreifen. Der Mittelstürmer aber spielt im richtigen Moment nach rechts zu Möller, was den allein gelassenen Vorstopper der Schwaben zu einer Kehrtwende zwingt. Möller hat nun die Wahl zwischen zwei frei stehenden Mitspielern: Entweder gibt er nach rechts zum allerdings heute erneut abschlussschwachen Turowski oder zurück zu Yeboah, der ebenfalls freie Bahn hätte. Möller jedoch entscheidet sich, den Turbo anzuwerfen und selbst nach links zu stoßen, was Yeboah zum Stoppen zwingt. Aus acht Metern zieht Möller mit links ab, scheitert mit seinem halbhohen Versuch jedoch an Immel. Besser macht es Möller, als er wenig später am linken Flügel den Ball mit der Hacke in den Lauf von Studer legt. Dessen Flanke findet leider keinen Abnehmer und wird per Kopf zur Ecke abgewehrt. Gefährlicher wird es, als erneut Möller einen Angriff einleitet. Seinen auf der Mittellinie gespielten hohen Ball nimmt Yeboah gegen Sammer kunstfertig aus der Luft an und zieht im Spurt am nächsten Gegenspieler vorbei. Turowski startet für Yeboahs Flachpass im richtigen Moment, verpasst aber den an der Strafraumgrenze möglichen Abschluss. Im Sechzehner kommt er an seinem Gegenspieler, der ihn eingeholt hat, nicht mehr vorbei. Er schießt aus der Drehung hoch am rechten Winkel vorbei und muss sich die Vorhaltungen anhören, die ihn Studer für die vergebene Möglichkeit macht.
Besser macht es Uwe Bein nach einer Stunde Spielzeit. Michael Klein greift im Mittelkreis den nachlassenden Sammer an, der beim Versuch eines Kurzpasses ausrutscht. Bein sprintet dazwischen, setzt sich gegen Hartmann durch und bemächtigt sich des Balles. Unaufhaltsam strebt er dem gegnerischen Tor zu und lässt sich auch durch Buchwalds Grätsche von der Seite nicht beeindrucken. Sippel versucht, einen der beiden verbliebenen Abwehrspieler aus dem Zentrum zu ziehen, in dem sich nach rechts löst, doch die Schwaben haben nur Augen für Bein. Der nimmt die schmale Gasse zwischen den Beiden und lässt auch Strehmels Grätsche ins Leere gehen. Nun hat er nur noch Immel vor sich und auch den überwindet er, in dem er den Ball neun Meter vor dem Kasten lässig über den sich ihm entgegen werfenden Schlussmann hebt. Die Eintrachtfans sind begeistert und feiern lautstark den großartigen Meister seines Fachs, der zur Feier des Tages über die Werbebande hinter dem Tor springt und mit seinem typischen Torjubel – dem gestreckten rechten Arm mit der zur Faust geballten Hand – Richtung der treuen Fans im G-Blog läuft. 4:0. Christoph Daums folgender Wechsel kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er und seine Spieler mit ihrem Latein am Ende sind. Eyjölfur Sverrisson, der für Maurizio Gaudino das Feld räumen muss, war mit einer Ausnahme bei Uwe Bindewald ebenso abgemeldet wie der giftige Fritz Walter bei Dietmar Roth. Der macht in der 82. Minute angeschlagen Platz für Heinz Gründel. Vier Minuten vor ihm hat Uwe Bein, der schon seit Monaten mit schmerzstillenden Spritzen spielt, unter dem verdient lautstarken Beifall des Publikums Thomas Lasser den Vortritt gelassen. Seinen Spielmacher schickt Stepanovic umgehend in Urlaub: „Er muss jetzt nur noch Autogramme schreiben.“
Auf dem Rasen beschäftigt ist noch Uli Stein, der gegen Walter noch einmal Kopf und Kragen riskieren muss und sich noch dem einen oder anderen Freistoß Allgöwers gegenüber sieht. Doch Stein, der anstelle Körbels die Kapitänsbinde trägt, hat einmal Glück, als das Geschoss von „Knallgöwer“ an die Querlatte geht, und ist beim nächsten Versuch mit beiden Fäusten zur Stelle. Das Spiel endet, nachdem Möller ein Tänzchen im Stuttgarter Strafraum mit einem abgefälschten Schuss abgeschlossen hat, nach einem Ballverlust Möllers und Buchwalds folgendem Sprint von Strafraum zu Strafraum mit einem abgeblockten Versuch, der von Uli Stein problemlos aufgenommen werden kann. „Durch den Platzverweis für Frontzeck kamen wir völlig aus dem Tritt“, klagt Christoph Daum nach dem Schlusspfiff und auch VfB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder findet: „Bis dahin hatten auch wir gute Chancen.“ „Ich kann mich nicht dazu äußern, muss die Fernsehaufnahmen abwarten“, meint Daum zu Frontzecks zweitem Vergehen, gibt aber sogleich Schiedsrichter Hellmut Krug die Schuld an der Unterzahl seiner Mannschaft: „Für mich steht fest, dass die erste Gelbe Karte nicht vertretbar war. Und wäre sie nicht gegeben worden, wäre beim Foul an Sippel nur Gelb statt Rot fällig gewesen.“ Daum würde unter Umständen die Abkühlung gut tun, die Eintracht-Präsident Mathias Ohms im Entmüdungsbecken ebenso zuteil wird wie Karl-Heinz Körbel. Ohms nimmt es gelassen und ersetzt seinen durchweichten Nadelstreifenanzug durch die Golfklamotten aus seinem Auto. Trainer Stepanovic, den ein flüchtiger Blick in die Kabine vorsorglich das Weite suchen ließ, kann sich so trockenen Fußes den Fragen der Journalisten stellen. „Er war sehr nervös, der Charly, ich habe ihm schon ein Zigarillo angeboten“, erzählt Stepanovic vom neben ihm auf der Bank zappelnden Körbel: „Die Mannschaft hat heute besonders für ihn gespielt.“ Auch Möller, über dessen viele vergebene Chancen sein Trainer witzelt: „Wenn er nicht ganz so fit ist, spielt er besser, als wenn er ganz gesund ist.“ „Der Uwe ist doch Weltklasse“, lobt derweil Vizepräsident Bernd Hölzenbein Spielmacher Uwe Bein: „Wenn ich die Nationalmannschaft aufstellen dürfte, würde er immer spielen.“ „Er ist seit Wochen beständig, auch im Training“, bricht Stepanovic eine Lanze für Manfred Binz und fordert: „Nach Bertholds Sperre muss er der Libero der Nationalmannschaft werden.“ Das sieht Bundestrainer Hans-Hubert „Berti“ Vogts allerdings anders: „Beim Spiel in England und dann gegen Wales habe ich vor, Guido Buchwald hintenrein zu stellen, als Ausputzer. Die zweite Überlegung ist dann Manfred Binz.“ Berthold, der am 5.6. in Cardiff wegen einer Tätlichkeit an Kevin Ratcliffe des Feldes verwiesen wurde und damit die 0:1-Niederlage gegen Wales einleitete, droht von der Disziplinarkommission der UEFA eine Sperre von vier Spielen. „Er ist einsichtig, obwohl er nach außen Dinge loslässt, das geht nicht“, konstatiert Vogts, der von Berthold angerufen wurde, um dessen Ausraster zu besprechen: „Er ist ein interessanter Typ, an dem man sich reiben kann. Ich schmeiße ihn nicht raus.“ Bertholds Hoffnung, der DFB würde Einspruch gegen eine harte Strafe einlegen, wird sich allerdings nicht erfüllen: „Wir werden nichts dagegen unternehmen, wenn die UEFA das Strafmaß festlegt“, kündigt Vogts an. (Anmerkung: Berthold, der im Sommer 1991 zu Bayern München wechselt, dort die Saison 1992/1993 Jahr auf der Tribüne verbringt und nach Ansicht des Bayern-Schatzmeisters Kurt Hegerich zum „bestbezahlten deutschen Golfprofi nach Bernhard Langer“ wird, absolviert sein nächstes Länderspiel erst nach seinem Wechsel zum VfB Stuttgart, als er am 23.3.1994 gegen Italien eingewechselt wird.) „Hätten wir zum Ausklang verloren und den UEFA-Cup-Rang nicht erreicht, hätten wir alles falsch gemacht. So aber haben wir alles richtig gemacht“, findet Bernd Hölzenbein, dessen Fazit lautet: „Gewinnt die Mannschaft, sind wir ein gutes Präsidium, verliert die Mannschaft, sind wir die Totengräber des Vereins.“ „Wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen“, fordert er angesichts des 4. Platzes in der Abschlusstabelle, den man dem HSV noch abjagen konnte, weil der im Heimspiel gegen den KSC nicht über ein 2:2 hinaus gekommen ist: „Wir waren vor zwei Jahren Drittletzter. Und in den letzten 25 Jahren war die Eintracht zwei Jahre hintereinander nicht mehr so erfolgreich.“ Doch natürlich ist auch ihm bewusst, welche Gelegenheit die Eintracht ungenutzt verstreichen ließ: „Diese Mannschaft hätte Deutscher Meister werden können.“ „Nun soll uns Kaiserslautern ein Beispiel geben. Nun wollen wir es schaffen“, verspricht er und schließt: „Dort oben gehören wir hin und nirgendwo anders.“ (rs)
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