Hertha BSC Berlin - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1990/1991 - 11. Spieltag

1:0 (1:0)

Termin: Sa 20.10.1990 15:30
Zuschauer: 18.500
Schiedsrichter: Karl:Josef Assenmacher (Hürth)
Tore: 1:0 Axel Kruse (19.)

 

 

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Hertha BSC Berlin Eintracht Frankfurt

  • Walter Junghans
  • René Unglaube
  • Robert Holzer
  • Mike Lünsmann
  • Jan:Halvor Halvorsen
  • Theo Gries
  • Daniel Scheinhardt
  • Norbert Schlegel
  • Torsten Gowitzke
  • Armin Görtz
  • Axel Kruse

 


 

Wechsel

  • Frank Mischke für René Unglaube (75.)
  • Fred Klaus für Axel Kruse (75.)

Wechsel

Trainer

Trainer

 

Eine launische Diva in Berlin

Leer blieben die Blicke, tief und tiefer gruben sich die Furchen in die Stirn. Die Fußballprofis von Eintracht Frankfurt nebst ihrem verantwortlichen Anhang wirkten entgeistert, entrückt von einer Fußballwelt, die es am Samstag im Berliner Olympiastadion nicht ein einziges Sekündchen gut mit ihnen gemeint hatte. 1:0 hieß es dort nach 90 Minuten — überraschenderweise zugunsten einer bislang sieglosen Hertha.

„Zwanzig Jahre“, stammelte Trainer Jörg Berger fassungslos, „zwanzig Jahre bin ich jetzt in diesem Geschäft. Ich kann mich nicht erinnern, je ein Spiel verloren zu haben, in dem es so viele Chancen zum Sieg gab“. Kapitän Karlheinz Körbel bemühte Erinnerungen an all seine 18 Bundesliga-Jahre. „Noch nie in dieser Zeit hatten wir mit der Eintracht in einem Spiel so viele Möglichkeiten. Es ist enttäuschend und ernüchternd, gegen so einen Gegner zu verlieren.“

Eine der schlichtesten Fußball-Weisheiten machte nach der Partie zwischen Hertha BSC und Eintracht Frankfurt die Runde: „Wer das Tor nicht trifft, kann nicht gewinnen.“ Und in der Tat: Es war alles möglich – außer ein Tor für die Frankfurter. Das Spiel hätte angesichts der drückenden Überlegenheit der Hessen auch zweistellig zu ihren Gunsten ausgehen können. Doch statt Torjubel herrschte Frustration. Die Liste der vergebenen potentiell 100-prozentigen Chancen ist lang und schmerzlich. Hier eine Auswahl:

10. Minute: Möllers Heber wird von Halvorsen auf der Torlinie geklärt.
24. Minute: Eckstein, völlig frei, verfehlt das Ziel.
29. Minute: Möller trifft aus bester Position nur den Pfosten.
44. Minute: Eckstein scheitert allein vor Hertha-Keeper Junghans.
45. Minute: Möllers Heber wird von Theo Gries mit dem Kopf auf der Linie geklärt.
60. Minute: Ecksteins Volley-Schuss landet am Außennetz.
84. Minute: Bein köpft Richtung langes Eck, doch Junghans pariert sensationell.

Insgesamt gab es mindestens ein Dutzend hochkarätige Möglichkeiten für die Adler – aber keinen Treffer. Uwe Bein brachte die Sprachlosigkeit der Mannschaft nach Abpfiff auf den Punkt: „Hochkarätige Gelegenheiten, kein Tor – was soll man da sagen?“

Die einzige Chance der Berliner führte hingegen zum entscheidenden Treffer: In der 19. Minute entwischte Axel Kruse der Frankfurter Abwehr, versetzte Karl-Heinz Körbel gleich zweimal und brachte eine Flanke ins Zentrum. Gowitzke legte ab, und Kruse vollendete eiskalt ins lange Eck. Damit endete eine 379 Minuten andauernde Torflaute der Hertha, die ihren ersten Saisonsieg feierte.

Für die Berliner war es ein glücklicher und lang ersehnter Erfolg, wie Torschütze Kruse einräumte: „Wir haben glücklich gewonnen. Aber das ist nicht unsere Sache, wenn die ihre Chancen nicht 'reinmachen.“

Während die Berliner jubelten, herrschte in der Frankfurter Mannschaft Frustration und Zwietracht. Uli Stein, sichtlich angefressen, verweigerte den Kommentar und zeigte die gleiche verzweifelte Haltung, die man von ihm noch aus der Beinahe-Abstiegs-Saison kannte. Andreas Möller, der von Trainer Jörg Berger in der Halbzeitpause wegen seiner eigensinnigen Spielweise scharf kritisiert wurde, sagte trotzig: „Besser kann ich nicht spielen – wenn ich nur die drei Tore in der ersten Halbzeit mache.“


Uwe Bein kritisiert Andreas Möller

Nach der Niederlage der Frankfurter Eintracht in Berlin ließ Uwe Bein seinem Frust freien Lauf. Trotz einer Vielzahl klarer Torchancen gelang es den Hessen nicht, den Ball im gegnerischen Netz unterzubringen, was schließlich in einer unerwarteten 0:1-Niederlage resultierte. Für den Nationalspieler Bein war der Hauptgrund schnell ausgemacht: Andreas Möller, der in seinen Augen zu eigensinnig agierte und Chancen seiner Mitspieler nicht nutzte.

Bein sparte nicht mit Kritik an seinem Teamkollegen: „Hauptsächlich in der ersten Halbzeit hätte Andreas Möller ein paar Mal besser abgespielt. So geht das einfach nicht.“ Nach Beins Aussage habe Trainer Jörg Berger bereits in der Halbzeitpause deutliche Worte an Möller gerichtet. Der Vorwurf: Möller wollte zu oft selbst den Abschluss suchen, anstatt den Ball auf besser positionierte Mitspieler zu passen.

„Ich habe wohl heute gezeigt, dass es mir egal ist, wer die Tore schießt“, betonte Bein. „Ich habe genug Bälle reingespielt.“ Doch Möllers Verhalten auf dem Platz sorgte bei Bein offenbar für erheblichen Frust: „Ich werde das Gefühl nicht los, er will mit aller Gewalt die Tore selbst schießen.“

Auf die Frage, ob ein persönlicher Konflikt mit Möller hinter seinen Aussagen stehe, verneinte Bein: „Ich habe keinen Streit und keine Probleme mit Andy, denn mich übersieht er ja nicht. Aber da waren ein paar Szenen dabei... Ich jedenfalls mache so etwas nicht.“

Bein konkretisierte seinen Vorwurf: „Er hat sich angeboten, ich habe ihn angespielt. Bis dahin ist alles o.k., das lief super. Aber dann muss er abspielen.“ Nicht nur er selbst, sondern auch Trainer Jörg Berger und andere Mitspieler hätten während des Spiels mehrfach versucht, Möller auf seine Fehler aufmerksam zu machen – jedoch ohne Erfolg.

Für Bein war klar: Möller hätte das Spiel mit seiner Klasse entscheiden können, vielleicht sogar müssen. Stattdessen habe er nicht nur eigene Chancen vergeben, sondern auch anderen Spielern die Möglichkeit genommen, entscheidend einzugreifen. „Und jetzt werde ich dazu nichts mehr sagen“, erklärte Bein abschließend, „wir haben zwei Punkte verschenkt, reichlich Siegprämie dazu, und das Wochenende ist auch gelaufen. Ich jedenfalls bin stinkesauer.“

Die offene Kritik Beins an Möller wirft Fragen auf, wie es um die Teamchemie der Frankfurter Eintracht bestellt ist. Andreas Möller, zweifellos einer der talentiertesten Spieler der Mannschaft, war an diesem Tag einer der Aktivposten im Spiel. Doch sein offensichtlicher Wunsch, selbst im Rampenlicht zu stehen, scheint bei seinen Mitspielern nicht gut anzukommen.

Trainer Jörg Berger wird die Aufgabe haben, diesen Konflikt zu entschärfen, um den Fokus des Teams wieder auf das Wesentliche zu lenken: den Kampf um die oberen Tabellenplätze. Während Andreas Möller in der Vergangenheit durch seine spielerischen Fähigkeiten oft den Unterschied ausmachte, scheint er sich in Berlin zwischen Genie und Egoismus verloren zu haben. Ob es ihm gelingt, aus der Kritik zu lernen und sich wieder stärker ins Mannschaftsspiel einzufügen, bleibt abzuwarten.

Uwe Beim zum Rapport bestellt

Nur wenige Wochen nach Torwart Uli Steins öffentlicher Kritik an Möller, er sei zu egoistisch und solle lieber „im Zirkus Roncalli auftreten“, hat Uwe Bein das Thema erneut aufgegriffen und die Stimmung im Team weiter angeheizt. Nach der 0:1-Niederlage in Berlin ließ Bein in Interviews durchblicken, dass er Möllers Spielweise für eigensinnig hält und dieser durch seine mangelnde Abspielfreudigkeit dem Team schadet. Dies führte dazu, dass der Mittelfeldregisseur am Sonntagmorgen von Präsident Matthias Ohms, Manager Klaus Gerster und Trainer Jörg Berger zu einem klärenden Gespräch einbestellt wurde. Doch während Bein seine Aussagen vor den Verantwortlichen leicht abschwächte, blieb er in der Sache standhaft.

Der Streit um Andreas Möller scheint tiefer zu gehen, als die Verantwortlichen öffentlich zugeben möchten. Schon vor Wochen hatte Uli Stein harsche Worte gefunden, und auch hinter vorgehaltener Hand scheint es im Team immer wieder Kritik an Möllers Spielweise zu geben. Die öffentliche Auseinandersetzung verschärft die Spannungen im Team zusätzlich.

Für Bein kommt erschwerend hinzu, dass er sich im Mittelfeld immer wieder Möller unterordnen muss. Seine zentrale Rolle wird zugunsten des jüngeren Nationalspielers teilweise beschnitten, was offenbar auch zu persönlichen Spannungen geführt hat. „Es kann doch nicht wahr sein, dass der ganze Zirkus jetzt schon wieder losgeht“, klagte Trainer Jörg Berger. „Wenn Uwe Bein etwas will, soll er zu mir kommen.“ Doch auch Berger selbst steht in der Kritik: In einer Pressekonferenz hatte er offen berichtet, dass er Möller in der Halbzeit des Berlin-Spiels deutlich kritisiert habe. Für Manager Klaus Gerster ein Fauxpas: „Wenn ein Spieler deutlich aufsteigende Tendenz zeigt und dabei ist, sich wieder zu fangen, sollte man öffentlich nicht unbedingt Kritik üben.“

Kapitän Karlheinz Körbel sieht die Einheit der Mannschaft bedroht und appelliert an Berger, die Wogen zu glätten: „Sie müssen das jetzt in die Hand nehmen. Sie müssen Uwe Bein und Andreas Möller klar machen, dass beide unser zentrales Mittelfeld sind, dass beide für uns wichtig sind. Dieser Neid ist ja unerträglich.“

Gerster wiederum forderte eindringlich, den öffentlichen Schlagabtausch zu beenden: „Es gibt keine Veranlassung, dass ein Spieler irgendetwas über den anderen sagt. Wir müssen solche öffentlichen Äußerungen unterbinden, denn es ist ein Unding, in unserer jetzigen Situation wieder auf Konfrontationskurs zu gehen.“ Andreas Möller selbst hält sich weitgehend bedeckt und kommentiert die Situation mit einem flapsigen Satz: „Ich sage nichts, ich fühle mich nicht in Stimmung.“

 

 

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