Lausanne Sport -
Eintracht Frankfurt |
Turnier um die Philips Trophy in Bern, Spiel um den 3. Platz1990
3:5 (2:2)
Termin: 20.07.1990 im Wankdorf-Stadion (Bern)
Zuschauer: 8000
Schiedsrichter: Blattmann (Zeiningen)
Tore: 1:0 Ralf Falkenmayer (8., Eigentor), 2:0 Chapuisat (10.), 2:1 Andreas Möller (24.), 2:2 Anthony Yeboah (41.), 2:3 Anthony Yeboah (51.), 2:4 Lothar Sippel (54.), 3:4 Iskrenov (75.), 3:5 Lothar Sippel (85.)
Lausanne Sport | Eintracht Frankfurt |
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Körbels erster Platzverweis Irgendwann einmal, wenn Karlheinz Körbel Rückschau halten wird, wenn er den A-Jugendlichen, die er ab 1991 trainieren wird, Geschichten und Anekdoten aus seinem Fußballer-Leben erzählen muß, dann dürfte das internationale Fußball-Turnier in Bern besonderen „Stoff" liefern. Dort nämlich hatte der Kapitän des Bundesligisten Eintracht Frankfurt zum ersten Mal in 18 Profijahren „Rot" gesehen, da war er zum ersten Mal in seiner Laufbahn des Feldes verwiesen worden. Ein Witz eigentlich, zieht man andere Situationen zum Vergleich heran, die keinen Platzverweis zur Folge hatten. Ein Rempler nur, aber beim internationalen Turnier in Bern geriet Lausannes Stürmer Iskrenov in der 65. Minute ins Straucheln, fiel und wurde so am Versuch eines Torschusses gehindert. Der neuen FIFA-Regelauslegung streng folgend, stellte der FIFA-Referee Blattmann aus Zeiningen, der die Eintracht schon einmal bei der 0:6-Niederlage in Dortmund pfiff, den 34 Jahre alten Kapitän vom Platz und schickte schließlich auch den erbost schimpfenden Trainer Jörg Berger kurzerhand auf die Tribüne. Soweit alles normal — ob nun gerechtfertigt oder nicht, mag dahingestellt bleiben. Doch die folgenden Ereignisse werden wohl in der Fußball-Geschichte vergebens ihresgleichen suchen. Als sich Körbel nämlich perplex in die Kabinen trollte und noch einmal den Zuschauern winkte, prasselte ihm aufmunternd der Applaus von den Rängen entgegen. Sensible Zuschauer saßen da im altehrwürdigen Wankdorfstadion zu Bern. Ohrfeige für den Schiedsrichter Und kaum war Körbel in der Kabine verschwunden, holte Lausannes Trainer Umberto Barberis seinen Spielmacher Jean-Michel Aeby vom Feld. „Die Maßnahme erschien mir nur logisch. Ich wollte die Chancengleichheit wieder herstellen nach diesem Witz eines Platzverweises. Aber mich wundert das nicht, ich kenne Herrn Blattmann." So spielten zehn gegen zehn, und die Zuschauer nahmen es, zwar überrascht von der außergewöhnlichen Fairneß-Demonstration, dennoch dankbar an. Noch während die Partie lief, signalisierten Beobachter der in Bern ansässigen UEFA, daß sie den Vorfall nicht an den DFB zur Prüfung und möglichen „Aburteilung" senden würden. Wieder eine Ohrfeige für den Unparteiischen. Nach dem Schlußpfiff begegneten sich Lausannes Coach Barberis und sein Frankfurter Kollege Berger im Gang. „Ich möchte mich noch mal persönlich für diesen unmöglichen Schiedsrichter entschuldigen", sagte Barberis. Allenthalben zustimmendes Kopfnicken. So schluckte Karlheinz Körbel mit süßsaurer Mine die bittere Pille, die zwar ohne Nachwirkungen bleiben, aber als Prophylaxe ihre vorbeugende Aufgabe dennoch nicht verfehlen wird. Denn, so steht zu befürchten, die neue FIFA-Regel, die einen Platzverweis für jeden Spieler vorsieht, der seinen Gegner, gleich wie auch immer, im Drang zum Tor hindert, wird auch in der Bundesliga Einzug halten. Der Volksmund nennt es „Notbremse", was die FIFA da zu ahnden gedenkt. Doch vom Körperkontakt Schulter an Schulter, bis hin zum brutalen Tritt von hinten in die Beine des enteilten Gegners sollte eigentlich ein Spielraum in der Auslegung der Regel bleiben. Daß die Partie beim Berner Turnier aber nicht nur aus Körbels Platzverweis bestand, ließ sich am 5:3-Sieg der Frankfurter im Spiel um den dritten Platz (das Finale gewann Young Boys Bern 1:0 gegen den FC Porto) deutlich zählbar ablesen. Dominierten in der ersten Begegnung am vergangenen Mittwoch gegen den FC Porto (0:0, 4:5 nach Elfmeterschießen) noch die spielerischen Akzente, so hatten die Frankfurter am Freitag gegen Lausanne die Tore folgen lassen. Zweimal Yeboah, zweimal der eingewechselte Sippel und das erste Tor von Andreas Möller (Kopfball) im Eintracht-Trikot, ließen die Frankfurter erhobenen Hauptes die Heimreise antreten. Tore und spielerische Tugenden in Einklang zu bringen, wird die Aufgabenstellung für die verbleibende Zeit der Vorbereitung sein. Neuzugänge integriert Körperlich, speziell im Ausdauerbereich, sind die Frankfurter knapp zwei Wochen vor dem Saisonauftakt gegen den Karlsruher SC mit dem Pokalspiel in Schöppingen in hervorragender Verfassung, und nach den Tagen in Bern durfte sich Trainer Berger auch darüber freuen: die Neuzugänge Anthony Yeboah und Andreas Möller sind bestens integriert. Am Sonntag nun stießen auch WM-Urlauber Uwe Bein und der zuletzt leicht verletzte Heinz Gründel wieder zur Mannschaft. Torhüter Uli Stein muß noch ein paar Tage warten, ehe er nach seiner Meniskusoperation wieder voll trainieren darf. Doch wenn die künftige Eintracht-Mannschaft so komplett beisammen steht, wie es am heutigen Montag um 10 Uhr an der Frankfurter Hauptwache zum Fototermin der Fall sein wird, dann hinterläßt sie einen Eindruck, der die Anhängerschar frohen Mutes in die kommende Saison blicken läßt. Kein Wunder, daß auch Kaptän Karlheinz Körbel seinen Platzverweis schnell vergessen hat, nachdem er sich allerdings zunächst einmal der Volksweisheit hatte beugen müssen, wonach derjenige gewiß nicht für Spott sorgen muß, der ohnehin schon den Schaden hat. (Frankfurter Rundschau vom 23.07.1990)
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