Eintracht Frankfurt - 1. FC Nürnberg

Bundesliga 1988/1989 - 6. Spieltag

1:0 (0:0)

Termin: Sa 03.09.1988 15:30
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Dieter Pauly (Rheydt)
Tore: 1:0 Dirk Bakalorz (74., Foulelfmeter)

 

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Eintracht Frankfurt 1. FC Nürnberg

 


  • Andreas Köpke
  • Anders Giske
  • Stefan Kuhn
  • Thomas Brunner
  • Jörg Dittwar
  • Ralf Dusend
  • Manfred Schwabl
  • Martin Schneider
  • Thomas Kristl
  • Dieter Eckstein
  • Souleyman Sané

 

Wechsel

Wechsel

  • Martin Wagner für Thomas Kristl (76.)
  • Rudolf Stenzel für Martin Schneider (83.)

Trainer

Trainer

  • Hermann Gerland

 

Frankfurt stolperte mit dem Club um die Wette

Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Mit l:0 besiegt die Eintracht vor 12.000 Zuschauern eine ängstliche Nürnberger Elf.

Wir sind mittendrin in der Bundesliga-Saison. Aber die Mannschaften von Frankfurt und Nürnberg wirken immer noch nicht eingespielt. Die Abstimmung stimmt nicht. Flanken und Pässe, selbst Freistöße und Einwürfe landen oft beim Gegner. Drei Beispiele aus der 3. bis 20. Spielminute: Da spielt Roth (Frankfurt) zu Dusend (Nürnberg), Bakalorz (Frankfurt) zu Schwabl (Nürnberg) und Dittwar (Nürnberg) zu Turowski (Frankfurt). Was machen die Kameraden denn eigentlich im Training? Oder haben die alle viereckige Füße? Verständnis kann man allenfalls für die Eintracht haben. Zum Saison-Fehlstart kam das Trainer-Dilemma. Das steckt alle in den Knochen. Aber wieso denn bei den Nürnbergern?

Für beide Mannschaften gilt: Was nicht im Ansatz schon in die Hose geht, versieben die Spieler vor den Toren. Studer, für Gründel in die Elf genommen, zirkelt am leeren Tor vorbei (17.). Bakalorz, Turowski und Studer kombinieren wie die Weltmeister. Aber dann läßt sich Bakalorz wie ein dummer Junge von Köpke den Ball wegnehmen (24.). Und Souleyman Sane schiebt den Ball mal wieder am Tor vorbei (31.).

Nach der Pause macht Frankfurt Druck. Diese Nürnberger sind eigentlich ganz leicht zu schlagen. Vom früher vielgerühmten Mittelfeld ist nichts mehr da. Da sollte die Eintracht eigentlich leichtes Spiel haben. Aber bis zur 73.Minute kommt nur Stolper-Schüßchen von Turowski (52.) und ein Holperball von Andersen (62.) heraus.

Einen Elfer gibt Schiri Pauly der Eintracht nicht (Brunner foult Sievers in der 58.), beim zweiten kann er nicht wegsehen. Da holt Kristl den Roth von den Beinen (73.). Bakalorz haut den Ball zum 1:0 in den Winkel. Verdiente Frankfurter Führung. Denn die Eintracht ackert wie ein Pferd, drängt den Club in die Defensive. Da kommen die Nürnberger nicht mehr raus. Auch nicht, als Trainer Gerland die schlappen Kristl und Schneider durch Wagner und Stenzel ersetzt. (Bild am Sonntag vom 04.09.1988)


Bakalorz zeigte Mut beim umstrittenen Elfmeter

„Schritt für Schritt, nach und nach, nicht von heute auf morgen“ - so sieht Timo Zahnleiter die Entwicklung der Mannschaft nach dem 1:0-Sieg über den 1.FC Nürnberg. Auch vor dem anstehenden Europa-Pokal-Auftakt der Eintracht morgen in Basel gegen Grasshopper Zürich läßt sich der Aushilfs-Trainer nicht mehr aus dem Trott bringen. „Jetzt dürfen wir bloß nicht wieder in die gleiche Euphorie verfallen wie nach dem Sieg gegen Köln und glauben, dies sei bereits der Durchbruch“, warnte der Feldkamp-Vertreter und versteckte seine Freude über den zweiten Sieg und den vierten Punkt der Saison hinter sorgenvoller Miene. „Wir können uns nur schrittweise verbessern, weil wir doch viele neue Spieler zu einem Team zusammenfügen müssen“, begründet Zahnleiter seine Zurückhaltung. Das letzte 1:0-Hochgefühl, das in Uerdingen gar so schnell verflogen war, soll nicht noch einmal zu falschen Hoffnungen und hohen Erwartungen verleiten. Timo ist nüchtern geworden.

Aus gutem Grund. Denn bis auf das pokalerprobte Abwehr-Quartett Stein-Binz-Körbel-Schlindwein bildet der Rest der Mannschaft noch lange keine neue Einheit. So mußte trotz überlegen geführter zweiter Halbzeit gegen einen enttäuschend schwachen „Club“ ein Elfmeter her, um den Sieg eine Viertelstunde vor Schluß zu sichern.

Und dieser Elfmeter hat seine eigene, ganz besondere Geschichte. Denn es war gar keiner, wie die Fernseh-Aufzeichnung deutlich machte. Das Foul, der Rempler, mit dem Thomas Kristl den Sturmlauf des Verteidigers Dietmar Roth regelwidrig stoppte, geschah außerhalb der Strafraumgrenze. Nürnbergs Trainer Hermann Gerland maulte zwar, „darüber rege ich mich gar nicht mehr auf, sonst müßte ich mich jeden Samstag ärgern“. Aber er konnte ebenso wie seine Spieler die ausgleichende Gerechtigkeit nicht leugnen.

Der umstrittene Elfmeter war ein klarer Fall von Konzessionsentscheidung. Denn eine Viertelstunde zuvor hatte FIFA-Schiedsrichter Dieter Pauly (Rheydt) großzügig über eine nun wirklich elfmeterreife Attacke von Thomas Brunner am einschußbereiten Ralf Sievers („ohne diesen Vorfall hätte er uns später den Elfmeter sicherlich nicht gegeben“) hinweggesehen. Pauly zum gegebenen und nicht gegebenen Elfmeter „Der Pfiff ist Kommentar genug zum Elfmeter.“

Der Pfiff forderte die Eintrachtspieler zur Mutprobe heraus. Elfmeterschütze Nummer 1 Jörn Andersen kniff: „Köpke kennt meine Ecke. Wenn ich verschossen hätte, wäre ich hier erledigt gewesen.“ So dachte auch der andere Neue, der in Frankfurt noch keine Bäume ausgerissen hat, Peter Hobday. Der zweite Schütze vom Dienst sprach den dritten Neuen, Dirk Bakalorz, an: „Schieß du. Ich bin heute nicht gut drauf.“

Das war auch Bakalorz nicht („das war heute nicht mein Spiel, sechzig Prozent meiner Aktionen sind mir nicht geglückt“). Dennoch übernahm er, wie er im nachhinein sagte, „die leichte Übung“. Vom alten Stamm versuchte zwar noch Manfred Binz („soll ich schießen?“) Bakalorz die Verantwortung abzunehmen, doch der letzte Neue legte sich den Ball zurecht und hämmerte ihn scharf und plaziert, unhaltbar für den vorzüglichen Köpke ins Nürnberger Netz. Bakalorz atmete tief durch und erleichtert auf: „Wenn ich den verschossen hätte, dann wäre ich in Stücke gerissen worden.“

Bakalorz' Mut beim Elfmeter soll sich nun auch auf den Europa-Pokal übertragen. Der international erfahrene Mann aus Mönchengladbach optimistisch: „Ein Unentschieden in Basel, vielleicht sogar mit einem Törchen, müßte drin sein.“ (Abendpost-Nachtausgabe vom 05.09.1988)


Bakalorz behielt die Nerven

Im Gegensatz zu Frankfurt, das durch den knappen Erfolg gegen den 1. FC Nürnberg vor dem Hinspiel am Dienstag in Basel gegen Grasshopper Zürich einen leichten Aufwärtstrend erkennen ließ und gleichzeitig den letzten Tabellenplatz an Hannover 96 abgab, muß sich der „Club“ enorm steigern, um am Mittwoch bei AS Rom bestehen zu können.

Darüber konnte auch die Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß die Entscheidung durch einen Elfmeter von Dirk Bakalorz vor 12.000 Zuschauern im Waldstadion äußerst umstritten zustande kam. Denn die Fernsehaufzeichnung machte deutlich: Das Foul von Thomas Kristl an Dietmar Roth erfolgte vor der Strafraumgrenze. „Darüber rege ich mich nicht mehr auf, sonst müßte ich mich an jedem Samstag ärgern“, erklärte Gäste-Trainer Hermann Gerland. FIFA-Schiedsrichter Dieter Pauly (Rheydt) hätte allerdings zuvor bereits bei einer Attacke von Thomas Brunner gegen den starken Ralf Sievers auf den ominösen Punkt zeigen können.

Gerland suchte die Gründe für die dritte Saisonniederlage und dafür, daß die Franken seit 1967/68 weiter auf ein Erfolgserlebnis in Frankfurt warten müssen, aber zu Recht in den eigenen Reihen. „Wir haben 75 Minuten lang nur reagiert, auf Torsicherung gespielt und es gab keine Bewegung“, meinte er. „15 Minuten engagierter Fußball reichen nicht aus.“

Nürnberg enttäuschte, die Eintracht kam mit ähnlichem Einsatz wie vor zwei Wochen gegen den 1. FC Köln verdient zu zwei Punkten. „Zu Beginn war der große Druck zu erkennen, unter dem die Mannschaft stand“, sagte Assistenztrainer „Timo“ Zahnleiter, der den erkrankten Karlheinz Feldkamp gemeinsam mit Amateurcoach Jürgen Sparwasser erneut vertrat. Trotz der 1:4-Schlappe in Uerdingen weist das Duo nun immerhin schon 4:2 Zähler auf: Mit der minimalen Ausbeute von vier Toren kletterten die Hessen immerhin auf den 15. Rang. Nach dem Fehlstart mit 0:6 Punkten haben die Frankfurter vor ihrem Europapokal-Comeback zumindest ein wenig Selbstvertrauen zurückgewonnen. (Fußball-Woche vom 05.09.1988)

 

 

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