FC St Pauli - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1988/1989

0:1 (0:1)

Termin: 15.07.1988 in Sereetz
Zuschauer: 2200
Schiedsrichter: Zimmermann (Kiel)
Tore: 0:1 Karl-Heinz Körbel (37.)

 

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FC St Pauli Eintracht Frankfurt

  • Ippig
  • Kocian
  • TruIsen
  • Duve
  • Flad
  • Olck
  • Knäbel
  • Zander
  • Gronau
  • Golke
  • Steubing

 


 

Wechsel
  • Dahms für Olck (67.)
  • Bargfrede für Knäbel (67.)
Wechsel
Trainer
  • Helmut Schulte
Trainer

 

 

Viel Detari ...

Während die sportlich Verantwortlichen bei der Eintracht überlegen, wie sie den Verkauf von Detari kompensieren können, gerät das Eintracht Präsidium bei Sponsoren, Fanszene und durchaus auch bei den Aktiven ins Kreuzfeuer der Kritik. Vor allem Schatzmeister Wolfgang Knispel steht dabei im Mittelpunkt. Seine Wohnung steht ebenso wie sein Büro in Mörfelden Walldorf seit Donnerstag unter Bewachung von Polizeikräften. Ihm wird vorgeworfen, durch den Verkauf von Stars wie Bruno Pezzey, Bum-Kun Cha, Thomas Kroth, Ralf Falkenmayer Thomas Berthold, Andreas Möller und nun Lajos Detari die stets leeren Clubkassen zwar jeweils zumindest kurzfristig wieder gefüllt zu haben, damit aber auch aktiv zu verhindern, dass die Eintracht in die obere Etage der Bundesliga aufsteigt.

Wenig Verständnis für den Zorn der Anhänger bringt Präsident Klaus Gramlich auf: "Wer diesen Schritt nicht versteht, hat nicht richtig nachgedacht. Ich habe genauso viele Anrufe, die uns zu diesem sensationellen Transfer gratulieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir richtig gehandelt haben. Ein unzufriedener Lajos Detari, der nachts nur noch von griechischen Millionen träumt, hätte uns nichts mehr gebracht." Detari soll in Piräus mehr als eine Million Mark netto verdienen.

Um den Spekulationen über die Modalitäten des Detari-Transfers ein Ende zu setzen, gibt das mit einer Privatmaschine an die Ostsee geflogene Eintracht-Präsidium am Donnerstag in Timmendorfer Strand eine Pressekonferenz. Dabei nennt Präsident Klaus Gramlich als Zahlen eine "Ablösesumme von über 15 Millionen Mark netto" wovon "Eintracht Frankfurt über 10 Millionen" blieben.

Unter Dach und Fach sei der Wechsel letztlich erst am Mittwochabend gewesen - also nach der Vorstellung Detaris vor 30.000 Fans in Piräus. Knispel sei am Montag nach Ungarn geflogen, um eine beim Detari-Wechsel nach Frankfurt ausgehandelte Option zu ziehen, die den Ungarn bis 1993 an die Eintracht bindet. Ziel dieser Vertragsverlängerung sei eine Verbesserung der eigenen Verhandlungsposition gegenüber Olympiakos Piräus gewesen. Einem möglichen Wechsel Detaris habe der ungarische Fußballverband sowie Honved Budapest (Detaris früherer Verein) und das ungarische Sportministerium aber nicht zustimmen mögen, da die Magyaren zwischenzeitlich Kenntnis von den Transferplänen erhalten hatten und eine finanzielle Nachbesserung für sich forderten. Auch die Tatsache, dass sie über die bereits von der Eintracht gezahlten 1,6 Millionen Mark hinaus noch einmal weitere fünf Millionen Mark erhalten sollen, habe die Ungarn zunächst nicht umstimmen können. Erst am Mittwoch um 22 Uhr hätte er, so Knispel, nach Frankfurt "Vollzug" melden können, Details über neue Zusagen gibt er nicht bekannt. Mit Olympiakos habe die Eintracht laut Präsidium einen Vertrag, nach dem Detari bis zum 30. Juni 1993 für Piräus spielen darf. Zu diesem Zeitpunkt laufe auch der Eintracht-Kontrakt mit den Ungarn aus. Die Ungarn erhalten laut Knispel von Frankfurt insgesamt 6,6 Millionen Mark (1,6 Millionen wurden bereits gezahlt) dafür, dass der Vertrag bis 1993 verlängert wurde, gleichzeitig zahlen die Griechen 15 Millionen Mark an die Eintracht, damit Detari für Olympiakos spielen kann.

Auch zu einem "Nebenkriegsschauplatz" äußert sich Gramlich. Demnach werde der komplette Transfererlös "in die sportliche Substanz der Bundesliga-Mannschaft reinvestiert". Damit dementiert Gramlich Vermutungen, dass Teile der Summe der maroden Eishockeyabteilung etwa zum Bau einer eigenen Halle zugutekommen sollen. Hintergrund dieser Aussage ist die von der Stadt Frankfurt am Mittwoch gemachte Zusage, dem Eintracht-Eishockey Teile der Hallenmiete zu erlassen und die Abteilung anteilig an den Einnahmen aus der Bandenwerbung zu beteiligen. Nach dem Detari-Transfer will die Stadt ihre Zusage nun wieder rückgängig machen.

Unkonkret bleiben die Aussagen in puncto Neuverpflichtungen. Kursierende Namen wie Wolfram Wuttke und Igor Belanow von Dynamo Kiew will Manager Kraus weder bestätigen noch dementieren: "Wir werden nicht um jeden Preis das Geld auf den Markt werfen." Ähnlich sieht das auch Cheftrainer Feldkamp: "Wir haben innerhalb eines Jahres aus einer 'Lachnummer der Bundesliga' einen Weltstar gemacht, das darf man nicht vergessen. Jetzt wurde der Mannschaft das Herz herausgerissen. Ein neues Herz kann vielleicht auch erst wieder im Januar zu schlagen beginnen."

... und ein wenig Fußball

Im noblen Golf- und Sporthotel Maritim in der Touristenhochburg Timmendorfer Strand hat Feldkamp seinem Kader intensive Trainingsarbeit verordnet. "Ich will sehen, wer nach 90 Minuten Ballarbeit noch was drauf hat und zulegen kann", konstatiert der Trainer, der gleichzeitig mehr Engagement der Spieler zu fordert: "Dehnübungen, Warmmachen und die geistige Einstellung - all dies könnten die Spieler vor dem Training in eigener Verantwortung übernehmen. Dann kann ich als Trainer auf dem Platz gleich voll einsteigen."

Nach dem Tingeln über die Dörfer steht für die Eintracht am Freitag, den 15. Juli, um 19:15 Uhr die erste echte Bewährungsprobe in ihrer Vorbereitungszeit auf dem Programm. In Sereetz, nahe des Trainingslagers in Timmendorf, kommt es zum Aufeinandertreffen mit dem Bundesligaaufsteiger FC St. Pauli, der am dritten Spieltag auch Gegner der Eintracht bei ihrem Auswärtsspiel in Hamburg sein wird. Eintracht-Trainer Kalli Feldkamp will trotzdem kein Versteckspiel betreiben und schickt seine derzeit wohl beste Formation auf das Feld: "Es hat keinen Sinn, mit verdeckten Karten zu spielen, fürs Selbstvertrauen ist es wichtiger, gut auszusehen. Es ist gut, dass es jetzt zur Sache geht. Die Spieler kommen nach dem Detari-Transfer auf andere Gedanken, ich hoffe, die Verklemmung löst sich langsam."

Noch nicht mit dabei ist Peter Hobday, der zwar am Morgen im Trainingslager der Eintracht eingetroffen ist, dessen Vertrag aber erst Gültigkeit hat, wenn Hobday am Dienstag auf der nächsten Transferliste des DFB erscheint. Zudem plagt ihn eine Adduktorenzerrung. Im Rahmen dieses Wechsels betont Manager Kraus, dass Hobday nicht als Ersatz, sondern ursprünglich als Ergänzung zu Detari geholt werden sollte: "Mit Lajos Detari haben wir einen Mosaikstein verloren, jetzt müssen wir das Puzzle neu zusammenbauen." "Ich bin ziemlich enttäuscht, dass Lajos weg ist", gibt auch Hobday zu Protokoll. "Ich sollte hinter ihm spielen, ihm den Rücken freihalten und hatte mich sehr darauf gefreut." Peter Hobday ist englischer Staatsbürger, ist aber seit 1980 in Deutschland, hat mehr als 200 Spiele in der 1. und 2. Bundesliga bestritten und wird in Kürze einen deutschen Pass beantragen. Kraus: "Das war Voraussetzung für den Vertrag." Hobday zu seinem neuen Verein: "Sportlich habe ich mich bestimmt auch verbessert. Ich bin überzeugt, wir können weiter nach oben kommen, vielleicht schafft die Eintracht sogar einen UEFA-Cup-Platz."

Alte Bekannte tritt Stefan Studer, bis zum Ende der letzten Saison in Diensten des FC St. Pauli. "Dennoch ist es nichts Besonderes, gegen St. Pauli zu spielen", versichert Studer: "Ich will mich an diesem Spiel nicht besonders festbeißen. Mein Wechsel stand lange fest, und ich hatte in Hamburg eine schöne Zeit und bin in Freundschaft gegangen." Älteren Datums sind die Frankfurter Verbindungen von Paulis Stürmer Rüdiger Wenzel, der von 1975 bis 1979 für die Eintracht die Fußballstiefel geschnürt hatte und es in 130 Ligaspielen auf 51 Treffer brachte. Wenzel kommt allerdings heute nicht zum Einsatz.

Die Spielmacherrolle von Lajos Detari übernimmt heute der beste Techniker im Team, Heinz Gründel, Dirk Heitkamp spielt auf der rechten Seite. Ob dieses spielerische Konzept Zukunft hat, lässt sich allerdings kaum erkennen, denn auf dem Platz geht es vor allem kämpferisch zur Sache, Zweikämpfe bestimmen das Geschehen. Bereits in der 18. Minute kommt es dabei fast zum Eklat. Nach einem üblen Foul von Zander verliert Jörn Andersen die Beherrschung und tritt den am Boden liegenden Gegner gegen das Schienbein. Fingerspitzengefühl zeigt in diesem Moment Schiedsrichter Zimmermann aus Kiel, der es gnädigerweise bei einer Gelben Karte für Andersen belässt, gleichzeitig aber Trainer Feldkamp signalisiert, er möge seinen Stürmer sicherheitshalber auswechseln. "Ich bin froh, dass der Schiedsrichter so entschieden hat. Jörn ist normalerweise auf dem Platz kein Hektiker. Ich bin sicher, dass so etwas nicht noch einmal passiert", tut Feldkamp kund und schickt bald darauf Turowski für den Norweger ins Spiel. Auch Andersen selbst, der mit einem Eisbeutel die erlittene Prellung, kühlt, zeigt sich später erleichtert: "Mensch bin ich froh, dass das gutgegangen ist. Ich weiß auch nicht, warum ich die Nerven verloren habe."

In der 37. Minute fällt die Führung für die Eintracht, als Karl-Heinz Körbel nach einer Flanke von Gründel völlig frei zum Kopfball kommt und den Ball aus fünf Metern genau in den Torwinkel setzt. Fortan bestimmt die Eintracht das bis zum Schlusspfiff kampfbetonte Spiel, wobei sich auf Frankfurter Seite vor allem Nationalmannschaftskandidat Manfred Binz hervortut, der mit großer Aggressivität zur Sache geht und die Zweikämpfe ebenso sucht wie verbale Scharmützel mit Gegnern und Mannschaftskollegen. "Manni muss sich mehr kontrollieren", rät ihm sein Trainer. "Er darf nicht so viel Luft beim Schreien verbrauchen." Die engagierten Spieler, die manchmal übers Ziel hinausschießen, seien ihm aber noch lieber "als die, die überhaupt nicht in Stimmung kommen". "Hier geht's ganz schön zur Sache", stellt Stefan Studer noch während der Partie fest, von dessen gefürchteten Vorstößen über die Flügel wenig zu sehen ist.

Insgesamt kommt die Partie mit einem Minimum an Torchancen aus und sieht die Sturmspitzen auf beiden Seiten eher als Statisten. Ein Kopfball von Steubing übers Tor, ein Schuss von Amateur Pistauer - für Studer kurz vorher eingewechselt - an die Latte, mehr ist nicht zu verbuchen. "Es ist noch Sand im Getriebe", konstatiert Ralf Sievers nach dem Spiel. "Aber wir sind schon weiter als St. Pauli." Der Ex-Frankfurter Rüdiger Wenzel stimmt ihm zu. „Die Eintracht war cleverer. Wir haben gespielt wie ein Zweitligist." (fgo)

 

 

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