Eintracht Frankfurt - VfL Bochum |
DFB-Pokal 1987/1988 - Endspiel
1:0 (0:0)
Termin: Sa 28.05.1988, Olympiastadion Berlin
Zuschauer: 76.000
Schiedsrichter: Wilfried Heitmann (Drentwede)
Tore: 1:0 Lajos Detari (81.)
Eintracht Frankfurt | VfL Bochum |
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Wechsel
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Trainer | Trainer
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Danke, Detari! Frankfurt wieder im internationalen Fußball dabei Danke Lajos Detari! Frankfurts neuer Fußball-König hat sich gestern selbst zum Kaiser gekrönt. Sein Freistoß-Tor in der 81. Minute brachte der Frankfurter Eintracht zum vierten Mal den deutschen Vereinspokal und seit sechs Jahren wieder das internationale Geschäft. 1:0 (0:0) gewannen die Frankfurter vor 70.000 Zuschauern im Berliner Olympia-Stadion das Finale gegen einen unglücklichen VfL Bochum, der vor allem in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft war. Nach dem Wechsel jedoch setzte sich mehr und mehr die größere spielerische Klasse der Eintracht durch, allen voran mit Manfred Binz und Lajos Detari. Der Ungar zauberte nicht nur im Mittelfeld, er zauberte auch den entscheidenden Ball genau in den Torwinkel. Und er war auch danach der Mittelpunkt des Stadions. Lajos Detari lief seine erste Ehrenrunde gleich nach seinem Traumtor, die zweite direkt nach dem Abpfiff mit einer schwarz-roten Eintrachtfahne. Die Eintracht-Kurve, an diesem Abend wohl ganz Frankfurt, liegen dem 25jährigen Spielmacher zu Füßen. Aber die Mannschaft hatte noch mehr Aktivposten. Uli Stein im Tor, Karl-Heinz Körbel, der Leifeld keinen Stich ließ, und die beiden größten Kämpfer Ralf Sievers und Frank Schulz. Es war ein glücklicher, am Ende aber doch verdienter Sieg, der in Frankfurt wieder bessere Fußball-Zeiten anbrechen läßt. Die Rollen waren schnell verteilt, der nervliche Ballast ebenso schnell von Bord geworfen. Beide Mannschaften spielten erstaunlich offensiv, versuchten erst gar nicht, mit langem Ballhalten Ruhe ins Spiel zu bringen. Es ging rauf und runter. Dieter Schlindwein kümmerte sich um Nehl, Karl-Heinz Körbel um Uwe Leifeld und Ralf Sievers im Mittelfeld um Bochums Spielmacher Andrzej Iwan. Auf der Gegenseite bekämpften Kree und Oswald die Frankfurter Stürmer Friz und Smolarek mit Erfolg. Die Eintracht schien in der Anfangsphase ein Übergewicht zu erringen, vor allem das Verdienst von Lajos Detari und Frank Schulz, die im Zentrum des Spiel die Initiative an sich rissen. Doch am gegnerischen Strafraum war alles wie abgeschnitten - leider blieb dies bis zum Pausenpfiff so. Nach einer Viertelstunde übernahm der VfL Bochum das Kommando und gab es bis zur Halbzeit nicht mehr ab. Schnell, forsch, einfach direkt spielten die Westdeutschen, erspielten sich so auch zwangsläufig einige Möglichkeiten. Reekers stand nach zehn Minuten plötzlich frei an der Strafraumgrenze, zögerte aber zu lange, Karl-Heinz Körbel konnte noch dazwischen gehen. Wenig später schob Leifeld Charly Körbel den Ball durch die Beine, Uli Stein mußte retten. In der 18. Minute dann traf der Bochumer Torschütze vom Dienst. Doch der Linienrichter hatte lange vorher Abseits angezeigt, die Eintracht-Fankurve, ebenso in der Defensive wie ihre Mannschaft, konnte aufatmen. Bei der Eintracht wurden früh die Schwachpunkte deutlich. Es waren in erster Linie Rechtsverteidiger Michael Kostner und Stürmer Holger Friz. Beide hatten große Probleme, ihre Sicherheit zu finden. Über Kostners Seite bereiteten die Bochumer immer wieder ihre Angriffe vor, vor allem mit dem Holländer Rob Reekers. Und Friz verlor im Angriff einen Ball nach dem anderen. Bei der besten Eintracht-Möglichkeit bekam er dann auch noch weiche Knie, konnte mit dem Zuspiel von Lajos Detari nichts anfangen, verstolperte. Die Frankfurter wurden mit Dauer der Spielzeit immer unsicherer. Dies drückte sich auch in einigen dummen Fouls aus, die Schiedsrichter Heitmann mit Gelben Karten für Michael Kostner (Foul an Legat) und Ralf Sievers (Foul an Rzehaczek) ahndete. Eintracht-Trainer Kalli Feldkamp reagierte in der Pause. Dieter Schlindwein mußte für Kostner die rechte Abwehrseite abdecken, der 19jährige übernahm die Mittelfeldposition. Und Schlindwein machte während der 2. Halbzeit die rechte Seite dicht. Aber nicht nur wegen dieser Maßnahme änderte sich das Spiel der Eintracht. Denn plötzlich hielt die Eintracht dagegen, attackierte früher im Mittelfeld, wirkte in den Zweikämpfen robuster und hatte mit Wlodek Smolarek endlich eine Anspielstation im Angriff. Die Eintracht kam in Schwung und ihre Fans in Stimmung. In der 48. Minute die erste Chance. Eine hohe Hereingabe von Detari rutschte knapp über den Kopf von Frank Schulz. Zehn Minuten später wieder Gefahr durch den ehemaligen Bochumer. Doch sein Schuß aus 15 Metern wurde zur Ecke abgeblockt. Vielleicht hätte er besser auf Detari zurückgelegt, doch Lajos sollte ja noch seinen großen Auftritt haben. Und je stärker die Eintracht wurde, desto mehr ging Bochum die Puste aus. Das höllische Tempo der ersten Halbzeit hielten sie nicht durch. Die graue Maus war hundemüde. Nach gut einer Stunde wieder zwei gute Möglichkeiten für die Eintracht. Doch sowohl Smolareks wie Friz Schuß wurden zur Ecke abgewehrt. 20 Minuten vor Spielende schien bereits das 1:0 fällig. Doch einen Kopfball von Dietmar Roth aus sechs Metern, der sich gefährlich in die hintere Ecke senkte, kratzte Zumdick noch mit den Fingerspitzen von der Linie. Aber Bochum steckte nicht auf, die Kumpels malochten weiter. Die größte Chance vergab der eingewechselte Epp, als er sich zwar geschickt gegen Klepper im Strafraum durchgesetzt hatte, doch von Klepper geklammert wurde. Sein Schuß landete nur am Außennetz. In der 81. Minute der große Auftritt von Lajos Detari. Er tanzte am Strafraum Csardas und konnte nur durch ein Foul von Martin Kree gestoppt werden - Freistoß aus 20 Metern. Und jeder im Stadion wußte, jetzt wird's gefährlich. Detari legte sich den Ball zurecht, lief nur zwei Schritte und zauberte den Ball in den Torwinkel. 1:0 für die Eintracht, der Pokal war greifbar nahe. Detari stürmte in die Fan-Kurve, wurde von den Eintracht-Fans und den Spielern stürmisch gefeiert. In der 83. Minute legte er dann noch einmal geschickt auf Turowski vor. doch der scheiterte an Zumdick. Und auch die letzten Minuten überstand die Eintracht. Stimmen zum Spiel Lajos Detari: „Ich bleibe in Frankfurt, mir gefällt es in Frankfurt. Und im nächsten Jahr spielen wir ja nun als Pokalsieger international im Europapokal. Ich hab‘s schon vorher gesagt, ich mach das entscheidende Tor.“ Hermann Gerland (Trainer VfL Bochum): „In der ersten Halbzeit hat der VfL Bochum ein ausgeglichenes Spiel gemacht, aber wir haben unsere Chance nicht genutzt. Nach dem Wechsel bekam Frankfurt Oberwasser, hat ein Tor geschossen und deshalb auch verdient gewonnen. Ich wünsche der Eintracht und Kalli Feldkamp einen guten Weg im Europacup.“ Kalli Feldkamp (Trainer Eintracht Frankfurt): „In der Halbzeit waren wir alle stinksauer. Die Mannschaft hat einfach keinen Rhythmus gefunden und schlecht ausgesehen. In der zweiten Halbzeit wurden wir frecher, dynamischer, haben deshalb auch verdient gewonnen. Ich mag dieses Stadion sehr gerne, denn ich habe hier in Berlin noch nie verloren. Ich hoffe, es bleibt so.“ Frank Schulz: „Ich bin so glücklich, ich konnte die ganze Welt umarmen. Ich gehe von Bochum nach Frankfurt und gewinne ausgerechnet gegen Bochum den Pokal. Das ist unvorstellbar.“ Uli Stein: „Es ist ein herrliches Gefühl, nach dem Sieg mit dem HSV im Vorjahr zum zweiten Mal hintereinander den Pokal zu gewinnen. Ich war überrascht von der Spielstärke der Bochumer in der ersten Halbzeit, da hatten wir keine einzige Torchance. Eine Pausenpredigt vom Trainer war nicht nötig, denn jeder von uns wußte, worum es ging.“ Karl-Heinz Körbel: „Ich bin ungeheuer stolz auf meine Mannschaft. Das Ergebnis ist nach dieser zweiten Halbzeit verdient.“ Franz Beckenbauer: „Aufgrund der besseren 2. Halbzeit hat Eintracht Frankfurt verdient gewonnen. Das war heute ein insgesamt gutes Finale. Die Bochumer mußten in der 2. Hälfte Tribut für das hohe Tempo in den ersten 45 Minuten zahlen und schienen mit ihrer Kraft am Ende. Dennoch haben sie mich besonders zu Beginn des Spiels überrascht.“ Klaus Mank (Eintracht-Vizepräsident): „Im Moment tut mir vor allem der Armin Kraaz leid, der nicht dabei war. Das 1:0 war verdient, und der Richtige hat das Tor geschossen. Der Charly Körbel, das ist eine Sensation, sein vierter Pokalsieg und heute wieder diese Leistung von ihm.“ Bernd Hölzenbein: „In der 1. Halbzeit hatte ich große Bedenken, nicht wegen der Bochumer Chancen, sondern ich dachte, daß die Eintracht körperlich nicht mithalten kann. Ich weiß zwar nicht was Kalli Feldkamp in der Halbzeit gesagt hat, aber es hat auf jeden Fall geholfen. Detari konnte bis zu seinem Tor zwar nicht so glänzen, weil die Gegner nur darauf aus waren, ihn auszuschalten. Aber Detari hat seine Antwort gegeben. Da hat man gesehen, was für ein „Zuckerfußballer“ er ist. Charly Körbel ist für mich ein Wunder. Heute hat er sich absolut die Note 1 verdient.“ Jürgen Grabowski: „Das Spiel ging mir schon ganz schön an die Nieren, doch es war ein schöner Sieg, weil er in der 2. Halbzeit auch verdient war. Am Ende war sogar ein 2:0 oder 3:0 möglich.“ Ottokar Wüst (Präsident VfL Bochum): „Der VfL hat seine Pflicht getan. Der Eintracht-Sieg geht in Ordnung. Eine sympathische Mannschaft ist deutscher Pokalsieger geworden.“ Dr. Klaus Gramlich (Eintracht-Präsident): „Ich hoffe, es war ein Neubeginn im internationalen Geschäft für die Eintracht. Dank an die Mannschaft, den Trainer, den Manager und an das großartige, faire Publikum in Berlin.“ Wolfgang Mischnik (FDP-Fraktionsvorsitzender): „Ich habe es allen vorher gesagt. Ich bin überglücklich, daß meine Eintracht gewonnen hat. Neben Detari war vor allem Sievers, der mit seiner kämpferischen Einstellung alle mitriß, für den Erfolg verantwortlich. Das Finale sollte für immer hier stattfinden, allerdings muß Berlin bei der Termingestaltung mehr Rücksicht auf den Fußball nehmen. Es geht nicht, daß zur selben Zeit noch ein Motorsport-Rennen auf der AVUS läuft." (Abendpost-Nachtausgabe zum Sonntag vom 29.05.1988)
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