Werder Bremen - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1987/1988 - 14. Spieltag
2:0 (2:0)
Termin: Fr 30.10.1987, 20:00 Uhr
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Bernd Kruse (Beckum)
Tore: 1:0 Mirko Votava (44.), 2:0 Dieter Schlindwein (45., Eigentor)
Werder Bremen | Eintracht Frankfurt |
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44. Torwartfehler, 45. Eigentor Sievers gesperrt, Schulz noch verletzt und Möller laut Trainer noch zu müde. Derart lässt sich die personelle Situation der Eintracht vor ihrem Auftritt im Bremen zusammenfassen. Während jedoch bei den beiden erstgenannten Spielern Tatsachen ihr Nichtmitwirken beim Spiel gegen den Tabellenführer bestimmen, existieren zum Erholungsbedarf des Gerster-Schützlings Möller durchaus unterschiedliche Meinungen. Denn der Nachwuchsstar, der am Mittwochmorgen als Vizeweltmeister von der U20-Weltmeisterschaft in Chile zurückgekehrt war, ist darüber enttäuscht, dass Feldkamp auf ihn in Bremen verzichtet und die Auffassung vertritt, dass der Spieler erst einmal die Strapazen der Reise verarbeiten soll. "Würden wir am Samstag in Bremen spielen, hätte man über einen Einsatz diskutieren können", hatte sich der Frankfurter Coach schon vor der Rückkehr Möllers festgelegt. "Am Sonntag im Freundschaftsspiel beim FSV Frankfurt soll sich der Andy auslaufen und Frankfurter Luft atmen." Möller bleibt also genügend Zeit, sich im frisch erspielten Ruhm zu sonnen, denn der Lieblingsschüler des U20-Trainers Vogts heimst allerorts Lob für seine Leistungen in Chile ein. So bekundet Bernd Pfaff, Abteilungsleiter Jugend beim DFB: "Er gehörte zu den herausragenden Spielern dieser Weltmeisterschaft." Und auch Möller selbst hält Lob für sich bereit: "In der Vorrunde habe ich gute Spiele gezeigt, im Halbfinale gegen Chile eine Superleistung. Hätte ich im Finale besser gespielt, wären wir Weltmeister geworden." Zwei können also nicht, einer darf nicht, und einer weiterer wird dem taktischen Konzept Feldkamps geopfert, der seiner Mannschaft im Weserstadion eine verstärkte Abwehrarbeit verordnet. Diese Vorgabe bringt mit Turowski den zweifachen Torschützen vom Pokalspiel gegen Ulm aus dem Team, für ihn rückt Dieter Schlindwein in die Mannschaft, von der Feldkamp erwartet, dass sie "robust und frei" aufspielt. Schlindwein, in der letzten Saison noch in Werder-Diensten, ist zweifelsfrei gut dazu geeignet, zumindest die Robustheit der Eintracht im Spiel gegen seinen alten Arbeitgeber zu verkörpern. Zudem soll der 1,86 Meter große Abwehrrecke den kopfballstarken Stürmer Frank Neubarth neutralisieren, der den Frankfurter noch um vier Zentimeter überragt. Neben Neubarth wird es der verstärkte Frankfurter Defensivverbund mit der Bremer Sturmspitze Frank Ordenewitz, der in der aktuellen Saison bereits neun Bundesligatreffer erzielte, sowie mit dem zu Saisonbeginn von Blau-Weiß 90 Berlin an die Weser geholten Karlheinz Riedle zu tun haben. Für Manfred Burgsmüller hat Trainer Rehhagel einen Platz auf der Bank reserviert, wohlwissend, dass der mittlerweile 37-jährige Stürmer auch als Einwechselspieler seinen Torriecher bewahrt hat. Unterstützt wird die Abteilung Attacke der Werderaner vom torgefährlichen Mittelfeldspieler Norbert Meier, der in Mirko Votava seinen eher defensiv orientierten Mitstreiter hat. Im Tor der Norddeutschen steht mit Oliver Reck übrigens ein gebürtiger Frankfurter, dem es allerdings nach seinen Jugendjahren bei der SG Harheim und dem FSV Frankfurt nicht gelang, zu einem erwähnenswerten Verein im Hessischen zu wechseln, und der seit 1985 bei Werder spielt. Reck, der zu Beginn dieser Saison die Nachfolge von Dieter Burdenski als Stammtorhüter im Tor der Bremer antrat, war allerdings nach der 1:4-Niederlage bei Spartak Moskau im Hinspiel der zweiten Runde des UEFA-Cups ob seiner schwachen Leistungen in die Kritik geraten. Doch Rehhagel stellt sich hinter den 21-jährigen Torhüter: "Der Olli hat mein Vertrauen, dabei bleibt es." Es ist das einzige Freitagsspiel des 14. Spieltags, das Schiedsrichter Bernd Kruse aus Beckum um 20:00 Uhr anpfeift. Und die meisten der rund 18.000 Zuschauer, die den Weg ins Weserstadion gefunden haben, trauen anfangs ihren Augen nicht: In der ersten Viertelstunde spielt nur eine Mannschaft, und die heißt Eintracht Frankfurt. Detari führt im Mittelfeld kreativ und durchsetzungsfähig Regie, die beiden Spitzen Balzis und Smolarek sind viel unterwegs und stets anspielbereit, Kraaz gibt einen modernen linken Außenverteidiger, der sich konsequent in die Offensivaktionen der Gäste einschaltet. So muss Bratseth bereits kurz nach dem Anpfiff einen Eckball von Detari von der Linie kratzen, um Schlimmeres zu verhindern. In der 7. Minute hat zunächst Neubarth eine Schusschance aus 14 Metern, zielt aber am Tor vorbei. Auf der Gegenseite schlägt Detari einen Pass auf den links durchstartenden Kraaz, dessen Schussversuch vom herausstürzenden Reck an der Strafraumgrenze abgeklatscht wird. Der Ball kommt zu Balzis, dessen Nachschuss können aber Borowka und Bratseth in einer konzertierten Aktion entschärfen. Nur drei Minuten später düpiert Smolarek nach einem Pass von Detari seinen Gegenspieler Borowka und schießt aus 10 Metern, doch Reck kann klären.
Nun reagiert Otto Rehhagel so, wie Otto Rehhagel gemeinhin reagiert, wenn seine Mannschaft kein Bein auf den Boden bringt: Er wechselt bereits in der Anfangsphase des Spiels aus, bringt nach einer Viertelstunde Jonny Otten für den indisponierten Michael Kutzop, schickt Günter Hermann nach rechts und den neuen Mann nach links. Und diese Umstellungen zeigen langsam, aber stetig Wirkung; die Bremer fangen sich und schaffen es, sich die Spielanteile zu sichern, die vor dem Spiel gemeinhin von ihnen erwartet wurden. Schüsse von Meier, der vorbei zielt, und Ordenewitz, der den Pfosten trifft, dokumentieren dies. Je weiter sich das Spiel auf den Halbzeitpfiff hinarbeitet, desto zahlreicher werden zudem die Flanken in den Frankfurter Strafraum, in dem Körbel, Kraaz und Schlindwein sowie der jetzt auch Defensivaufgaben übernehmende Balzis aber die Lufthoheit wahren. Fatal nur, dass zwei Minuten vor der Pause auch Gundelach im Luftkampf mitmischen will. Der Frankfurter Torhüter eilt bei einem weiten Einwurf von Ordenewitz in den Strafraum aus seinem Tor, um den Ball aus der Gefahrenzone zu fausten, erwischt die Kugel aber nicht richtig, so dass sie Votava vor die Füße fällt, der die erste richtige Chance der Bremer in diesem Spiel nutzt und zum 1:0 für den Gastgeber einschießt.
Keine Minute später holt dann Schlindwein zum Schrecken seiner Mitspieler das nach, was er in der letzten Spielzeit, als er in Diensten der Bremer stand, nicht schaffte: Er schießt sein erstes Tor für Werder. Ausgangspunkt für dieses Eigentor ist eine an Schlindweins Gegenspieler Neubarth adressierte Flanke von Meier, die der Frankfurter Abwehrspieler ins eigene Tornetz bugsiert. Eine Viertelstunde bleibt Feldkamp in der Halbzeitpause, um seine sichtlich geschockte Truppe wieder aufzurichten, was ihm allerdings nicht gelingt. Nach dem Wiederanpfiff zielt zwar Borowka einmal aus 22 Metern am Tor vorbei, anschließend beginnen die Bremer jedoch, sich durch Ausruhen auf das bereits am nächsten Dienstag stattfindende Rückspiel gegen Spartak Moskau vorzubereiten. Entsprechend sind sie vor allem an einer Aufrechterhaltung des Status quo interessiert und stellen ihre Angriffsbemühungen zugunsten von Fehlpassserien weitestgehend ein. Die Eintracht wiederum kann keinerlei Nutzen aus diesem Umstand ziehen, so dass das Spiel zusehends verflacht. Detari taucht mehr und mehr unter, die Angriffsleistungen der Frankfurter sind kaum noch der Rede wert, woran auch die Einwechslung von Janusz Turowski für Dieter Schlindwein in der 55. Minute nichts ändert.
Einzig zwei Weitschüsse von Balzis schaffen es in Richtung Werdertor, werden aber von Oliver Reck sicher pariert. Selbst aus der numerischen Überlegenheit nach dem Platzverweis für den bereits in der ersten Hälfte verwarnten Bremer Libero Sauer nach einem Tritt gegen Smolarek an der Mittellinie eine Viertelstunde vor Schluss können die Eintrachtler keinen Nutzen mehr ziehen. Bremen 2, Eintracht 0 heißt es nach 90 Minuten. Durch diesen Sieg bleibt Werder Tabellenführer. Die Eintracht rangiert auch nach dem Samstagsspielen weiterhin auf dem 10. Platz, weist aber mit 11:17 Punkten denselben Kontostand auf wie der 15. Kaiserslautern.
Otto Rehhagel: "Trotz des Sieges haben wir zu kräfteraubend gespielt und viele Fehler mit dem Ball gemacht. Entschuldigend muss man sagen, dass die Strapazen unserer Reise nach Moskau doch die Vorbereitung gestört haben. Die Mannschaft hat alles doch nicht so weggesteckt, wie ich es erwartet habe." Karl-Heinz Feldkamp: "Wir haben hier gespielt wie eine Spitzenmannschaft und verloren wie eine Kreisklassenmannschaft. Wir hatten genügend Torchancen, so dass einfach mehr hätte herauskommen müssen. Der Doppelschlag kurz vor der Pause hat uns natür1ich das Genick gebrochen. Leider haben wir bei beiden Toren kräftig mitgeholfen. Nicht die Bremer haben das Spiel gewonnen, sondern wir Frankfurter das Spiel verloren." Schatzmeister Wolfgang Knispel: " Ich denke, das ist ein Profigeschäft: Unsere Spieler aber sind in der entscheidenden Phase wie eine Schülermannschaft zu Werke gegangen." Thomas Klepper: "Die Gastgeschenke bleiben nicht aus, je näher Weihnachten rückt." Armin Kraaz: "Wir lassen uns nicht fertig machen, wir machen uns selbst fertig." Lajos Detari: "Immer verlieren wir, wie geht das?" Hans-Jürgen Gundelach: "Ich habe mir in letzter Zeit zu oft die Schnauze verbrannt. Ich möchte nicht viel sagen. Es war mein Fehler und damit basta."
Diskussionsbedarf liefert die Planung des DFB in diesen Tagen. Denn die auf den 1. und 2. Dezember terminierten Achtelfinalspiele im DFB-Pokal stehen in Konflikt mit der am 2. Dezember in Bulgarien stattfindenden letzten Qualifikationspartie für die U21-Europameisterschaft. Neben anderen Bundesligisten ist auch die Eintracht, die ihr Pokalspiel in Düsseldorf zu bestreiten hat, betroffen, denn sie müsste Manfred Binz abstellen, der sowohl bei den Riederwäldern als auch im DFB-Team zur festen Größe als Libero geworden ist. Überdies ist Lajos Detari für diesen Tag zu einem Länderspiel der ungarischen Nationalmannschaft angefordert worden. Der Verband hat den Vereinen nun freigestellt, die Spiele der dritten Pokalrunde bis zum 13. Februar 1988 auszutragen. "Es ist ausgeschlossen, das Spiel im Winter auszutragen. Ich will überhaupt nicht an die Probleme bei Wiederholungsspielen denken", erklärt Eintrachtmanager Kraus. Als Ausweichtermin bietet sich so nur der 24. November an, denn direkt mit Beginn der Winterpause am 6. Dezember gehen Frankfurts Profifußballspieler in Urlaub. Im Januar beteiligt sich die Mannschaft an mehreren Hallenturnieren, für Februar ist ein Trainingslager geplant. (fgo)
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