Eintracht Frankfurt - 1. FC
Köln |
Bundesliga 1987/1988 - 13. Spieltag
1:1 (1:0)
Termin: Sa 17.10.1987, 15:30 Uhr
Zuschauer: 45.000
Schiedsrichter: Bodo Kriegelstein (Berlin)
Tore: 1:0 Morten Olsen (18., Eigentor), 1:1 Armin Görtz (46.)
Eintracht Frankfurt | 1. FC Köln |
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Kein Waschtag Am Samstag, den 17. Oktober, stellt sich mit dem 1. FC Köln nicht nur der aktuelle Tabellenführer der Bundesliga im Frankfurter Waldstadion vor, sondern auch die einzige Mannschaft im bundesdeutschen Profifußball, die in dieser Saison noch keine Niederlage verbuchen musste. 20:4 Punkte bei 21:6 Toren ist die eindrucksvolle Leistungsbilanz der Kölner, die die letzte Saison noch auf dem zehnten Platz beendet hatten. Shootingstar des FC im wahren Sinne des Wortes ist der 20-jährige Flemming Povlsen, der bislang sieben Ligatreffer erzielte. Der Däne wechselte 1986 von seinem Heimatverein Aarhus GF zu Real Madrid, wurde von den Königlichen aber in die zweite Mannschaft, den Real Madrid Castilla, gesteckt. Von Hennes Löhr, dem Trainer der Olympiaauswahl des DFB und ehemaligen FC-Spieler, kam die Empfehlung, den jungen Dänen zu verpflichten. 650.000 Mark Ablöse musste der FC an Aarhus zahlen und stattete Povlsen mit einem Dreijahresvertrag aus. Auch ansonsten ist das Team des FC nicht arm an Stars. So hat sich der erst im August von Racing Paris an den Rhein zurückgekehrte Pierre Littbarski in seiner Frankreich-Zeit vom dribbelnden Stürmer zum spielgestaltenden Mittelfeldspieler entwickelt und dirigiert auch bei seinem neuen 'alten' Verein überzeugend. Ihm zur Seite steht mit Thomas Häßler ein weiterer trickreicher und torgefährlicher Mittelfeldspieler, der, so hat es den Anschein, in dieser Saison endlich den Durchbruch schafft, nachdem er lange Zeit als 'ewiges Talent' gehandelt wurde. Feste Größe im Abwehrzentrum ist der mittlerweile 38-jährige Morten Olsen, der als Kapitän der dänischen Nationalmannschaft und Rekordnationalspieler seines Landes über reichlich internationale Erfahrung verfügt. Und im Tor der Geißböcke steht mit dem erst 20 Jahre alten Bodo Illgner ein Keeper, der am 23. September 1987 beim 1:0-Erfolg gegen Dänemark sein Nationalmannschaftsdebüt feierte und von dem viele Experten erwarten, dass er die unbestrittene Nummer eins der DFB-Auswahl wird. Verzichten muss Kölns Trainer Christoph Daum auf seinen Vorstopper Kohler, der im Spiel der Domstädter gegen Mönchengladbach seine vierte Gelbe Karte sah und nun eine Runde aussetzt. Für den Nationalspieler, der als Hauptgrund dafür gilt, dass der FC in der laufenden Saison in zwölf Ligaspielen erst sechs Gegentreffer hinnehmen musste, kommt Andreas Gielchen zu seinem ersten Einsatz in der Startelf der Kölner in dieser Spielzeit. Auch Thomas Allofs kann in Frankfurt aufgrund einer Kapselverletzung nicht mittun. Für ihn kommt der 20-jährige Matthias Baranowski, der zu Beginn der Saison von Rot-Weiß Oberhausen zu den Kölnern gewechselt war, zu seinem zweiten Bundesligaspiel. Mindestens ebenso viel Aufmerksamkeit wie das spielende Personal des FC widmet der Boulevard einem Bekleidungsstück. FC-Sportdirektor Udo Lattek, der zu Anfang der Saison seinen Trainerstuhl beim FC Bayern räumte, um diesen Posten bei den Rheinländern anzutreten, erscheint nämlich zu den Spielen seit Saisonbeginn im selben blauen Pullover, den er erst zu wechseln und waschen lassen gedenkt, wenn sein Verein das erste Spiel verliert. Ein Waschmaschinenhersteller nutzt diesen Umstand publicityträchtig aus und platziert im Innenraum des Stadions eines seiner Produkte samt zweier 'Clementinen', um im Falle eines Frankfurter Sieges gleich zur Tat schreiten zu können. Eintrachtkapitän Karl-Heinz Körbel ist davon überzeugt, dass seine Mannschaft in der Lage ist, den Waschtag zu realisieren. "Klar, die Kölner haben riesiges Selbstvertrauen durch ihre Erfolgsserie bekommen, aber auch wir kennen keine Angst, jede Serie geht schließlich einmal zu Ende. Jeder brennt auf dieses Spiel", äußert er sich vor dem Spiel. Körbel kennt das Gefühl eines Erfolgs über die Kölner, ist er doch der einzige Spieler im schwarzroten Trikot, der am 30. Oktober 1982 den letzten Sieg der Riederwälder über die Geißböcke miterlebte. Bernd Nickel, einer der Protagonisten von damals, der seinerzeit mit zwei verwandelten Freistößen die Grundlage für den 3:0-Erfolg gelegt hatte, bricht derweil bei einem Besuch am Riederwald eine Lanze für Lajos Detari: "Die Kritik der letzten Wochen an ihm ist völlig überzogen. Er riskiert unheimlich viel, da passieren natürlich auch mehr Fehler als bei anderen Spielern. Über kurz oder lang aber wird der Lajos die ganz große Verstärkung sein, die sich die Eintracht mit seiner Verpflichtung erhofft hat." Es ist aber auch noch ein weiterer Spieler heute mit dabei, der 1982 im Kader der Eintracht stand, freilich aber nicht zum Einsatz kam: Armin Görtz. Der Weg von Görtz, der zwischen 1981 und Dezember 1982 fünfmal in der Bundesligamannschaft der Eintracht auflief, führte über den FSV Frankfurt nach Belgien, wo er für den SK Beveren und den SV Waregem aktiv war. 1986 wechselte er zum 1. FC Köln, bei dem er sich seit der zweiten Halbserie der letzten Saison zur festen Größe im Mittelfeld und als Außenverteidiger entwickelte und in keinem Ligaspiel fehlte. Görtz hätte bestimmt auch Feldkamp gerne im Kader, zumal der Frankfurter Trainer gleich zwei Stammkräfte im Mittelfeld ersetzen muss: Andreas Möller, der noch bei der U20-WM in Chile weilt, und Frank Schulz, dessen Zerrung aus dem HSV-Spiel noch nicht gänzlich abgeklungen ist. Zumindest auf der Ersatzbank darf Schulz aber Platz nehmen, obwohl er nach eigener Aussage "... eigentlich gar nicht spielen" kann. Als Reserve sind zudem Ernst, Kitzmann, Haub und Müller nominiert. Für Schulz rückt Dirk Heitkamp in die Startelf. Erster Sieger an diesem Samstag ist Eintracht-Schatzmeister Knispel, der sich über ein mit 45.000 Zuschauern gut gefülltes Waldstadion freuen darf. Zudem kann Knispel eine Einnahme von 150.000 Mark verbuchen, da sich der HSV entschieden hat, Klaus Theiss bis zum Saisonende auszuleihen. Sollten die Norddeutschen ihr Vorkaufsrecht nutzen, würde eine Ablösesumme in Höhe von 500.000 Mark fällig. Das reichlich erschienene Publikum bekommt denn auch schon in der Anfangsphase ein Spiel mit hohem Unterhaltungswert zu sehen, das für reichlich Diskussionsstoff sorgt. Die Ouvertüre liefert Gielchen, der bereits in der 2. Minute die Gelbe Karte für ein Foul an Balzis erhält. Dann überlistet Littbarski Torhüter Gundelach in der 5. Minute mit einer 'Bananenecke' und trifft die Latte des Frankfurter Tores. Anschließend steht aber keiner der Spieler, sondern der Unparteiische Bodo Kriegelstein aus Berlin im Mittelpunkt. Er hat in der 7. Minute seinen ersten Auftritt, als Olsen einen Pass in den Frankfurter Strafraum auf Littbarski spielt, der von Klepper gehalten wird, so dass Gundelach den Ball aufnehmen kann. Alles wartet auf den Elfmeterpfiff, doch der bleibt aus, um von Kriegelstein eine halbe Minute später bei seiner nächsten Fehlentscheidung nachgeholt zu werden. Dieses Mal ist es Roth, der Povlsen regelwidrig stoppt, allerdings klar vor der Strafraumgrenze.
Zum fälligen, gleichwohl unberechtigten Strafstoß legt sich nun Littbarski den Ball zurecht. Doch nicht 'Litti' schießt, sondern Engels läuft plötzlich von links in den Strafraum und versenkt die Kugel im rechten Eck des Frankfurter Tors. Die Kölner jubeln, der Schiedsrichter, bereits auf dem Weg zum Mittelkreis, wird von den Frankfurter Spielern bestürmt - allen voran Kapitän Körbel, der gerade dabei ist, seinen Trainer-A-Schein zu erwerben und entsprechend regelkundig ist. Ob Kriegelstein sich in diesem Moment selbst des Regelwerks des DFB erinnert oder ob er aufgrund der Proteste seine Entscheidung revidiert, sei dahingestellt. Auf jeden Fall ordnet er nun an, dass der Elfmeter zu wiederholen sei, und verwarnt zudem Littbarski: "Der Schütze war nicht klar erkennbar, deshalb Wiederholung. Und Littbarski stand im Strafraumkreis. Deshalb die Gelbe Karte." Zur Wiederholung tritt der Kölner Kapitän Stefan Engels an, der den Ball zwar platziert, aber nicht allzu hart flach erneut ins rechte Toreck setzen will. Allerdings hat er die Rechnung ohne Gundelach gemacht, der in eben diese Ecke abtaucht und sicher pariert.
Der Frust über diese vergebene Chance macht den Spitzenreiter garstig, Povlsen reagiert sich durch einen Tritt in die Hacken von Heitkamp ab und sieht Gelb. In der 18. Minute erzielen die Kölner dann doch ihr erstes Tor. Freuen können sie sich darüber allerdings nicht. Ausgangspunkt ist Klepper, der an Hönerbach vorbeizieht und Smolarek anspielt. Smolarek setzt sich gegen den knorrigen Steiner durch und flankt in den Kölner Strafraum. Dort kommt zwar der von Engels bewachte Balzis nicht an den Ball, doch Olsen erledigt die Arbeit für den Frankfurter Stürmer und lenkt das Leder unhaltbar für Illgner zum 1:0 für die Eintracht ins rechte Eck des eigenen Tores. Den Kölnern ist der Schock nach diesem Eigentor deutlich anzumerken. Bis zum Pausenpfiff in dieser verbissen geführten Partie, die der Schiedsrichter in der ersten Hälfte zwar mit einer weiteren Gelbe Karte für Kraaz garniert, ohne das Spiel so recht in den Griff zu bekommen, können sie sich zwar optische Vorteile erspielen, ihr Kombinationsfußball findet aber an der Grenze des Frankfurter Strafraums regelmäßig sein Ende. Die beiden Spitzen werden durch Körbel, der es mit dem Allofs-Ersatz Baranowski zu tun hat, und Kraaz, der Povlsen ebenso konsequent wie effektiv kaltstellt, weitgehend aus dem Spiel genommen. Chancen ergeben sich lediglich durch Kraaz, der eine Flanke von Littbarski knapp neben das eigene Tor köpft (22.) und einem Schuss von Engels neben das Tor (29.) Die Eintracht wiederum zeigt nur wenig Drang nach vorne, sondern beschränkt sich darauf, den Rhythmus der Kölner im Spielaufbau zu stören, was auch gut gelingt. In der 45. Minute fabriziert Povlsen einen Fehlpass in die eigene Hälfte, den Smolarek erläuft. Der Pole könnte nun alleine aufs Kölner Tor zugehen, bremst aber ab, als er die erhobene Fahne des schwachen Linienrichters bemerkt, der fälschlicherweise Abseits anzeigt. Zwar liegt Schiedsrichter Kriegelstein in dieser Situation ausnahmsweise einmal richtig und entscheidet sich dafür, das Spiel weiterlaufen zu lassen, Smolarek ist durch den falschen Wink des Assistenten an der Seite da allerdings schon ausgebremst. So geht es mit der 1:0-Führung für die Hausherren in die Pause. Die zweite Hälfte beginnt mit einem Paukenschlag. Viele der Zuschauer sind noch mit dem Bierholen beschäftigt, als sich Thomas Häßler am rechten Flügel durchsetzt und nach innen flankt. Dort steht der ansonsten von Klepper gut bewachte Littbarski frei und nutzt die Gelegenheit zu einem Volleyschuss aus etwa zehn Metern, den Gundelach zwar noch abwehren kann, ohne jedoch den Ball aus der Gefahrenzone zu befördern. Armin Görtz reagiert am schnellsten und drückt das Leder aus kurzer Entfernung zum Ausgleich über die Linie. Wer nun nach diesem 1:1 einen Sturmlauf der Gäste aus Köln erwartet, sieht sich getäuscht. Statt dessen nehmen die Domstädter das Tempo aus der Partie und suchen nicht mehr so konsequent den Weg nach vorne. Diese Gewichtung in ihrem Spiel entspricht der der Eintracht, die diszipliniert Risiken vermeidet und tief gestaffelt aus der Abwehr heraus agiert. Eine Fortsetzung finden allerdings die vielen großen und kleinen Fouls, die der Schiedsrichter mit weiteren Gelben Karten für Olsen, Engels und Sievers quittiert. So bleiben Torchancen Mangelware, zu verzeichnen sind ein Freistoß aus 25 Metern von Detari in der 60. Minute, den Illgner mit einer schönen Parade unschädlich macht, und eine Kopfballvorlage von Kraaz in der 65. Minute, die Kapitän Körbel aus kurzer Distanz vergibt, indem er den Ball über das Tor zimmert. Auf der anderen Seite hat Povlsen nach einer Ecke von Littbarski die größte Torgelegenheit, doch Sievers kann seinen Schuss auf der Linie klären. Letztlich bleibt es beim 1:1 und Latteks Pullover damit ungewaschen. Die Kölner bleiben zwar weiterhin in dieser Ligasaison unbesiegt, müssen aber durch diesen Punktverlust die Tabellenführung an den punktgleichen SV Werder Bremen abtreten, der sein Spiel bei Borussia Mönchengladbach mit 2:1 gewann. Damit tritt die Eintracht in ihrem nächsten Punktspiel erneut gegen einen Spitzenreiter an, denn ihr Weg führt sie am 14. Spieltag nach Bremen. Bis dahin verbleibt sie auf dem zehnten Tabellenplatz und weist nun mit 11:15 Punkten zwei Zähler Vorsprung vor einem Abstiegsplatz auf. (fgo)
Christoph Daum: "Die Frankfurter Eintracht gehört zu den stärksten Mannschaften, gegen die wir in der letzten Zeit gespielt haben. Wir haben hier den Punkt verdient erkämpft. Was die Eintracht an spielerischen Mängeln hatte, versuchte sie durch das Kämpferische auszugleichen. Aber ich freue mich auch für uns, dass unsere Serie nicht gerissen ist. Besonders in der Phase, als wir den Elfmeter nicht nutzen konnten und praktisch im Gegenzug wir selbst das 0:1 gemacht haben, konnten wir uns später wieder fangen. Von der Regel war der Elfmeter zu beanstanden. Aber wir haben heute auch einen Schiedsrichter gesehen, der sehr gut versucht hat, sich in Szene zu setzen." Karl-Heinz Feldkamp: "Ich nehme alles an, was Christoph Daum gesagt hat. Es lief für uns wie gehofft. Wir haben die Zuschauer ins Stadion gebracht und gegen den Spitzenreiter einen Punkt geholt. Das war nach dem Umbruch hier in den letzten Jahren nicht leicht, ich bin jetzt 100 Tage dabei und bislang sehr zufrieden. In den ersten Wochen hat es noch gefehlt, dass wir zu Hause die Punkte machen. Jetzt schaffen wir auch das."
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