Eintracht Frankfurt - Hamburger SV

Bundesliga 1987/1988 - 12. Spieltag

3:0 (1:0)

Termin: Sa 10.10.1987, 15:30 Uhr
Zuschauer: 22.500
Schiedsrichter: Heinz Werner (Auersmacher)
Tore: 1:0 Frank Schulz (15.), 2:0 Ralf Balzis (49.), 3:0 Armin Kraaz (70.)

>> Spielbericht <

Eintracht Frankfurt Hamburger SV

 


 

Wechsel Wechsel
  • Lothar Dittmer für Harald Spörl (67.)
Trainer Trainer
  • Josip Skoblar

Eine glatte Sache

Eines haben die beiden Vereine gemeinsam, die am 12. Spieltag der Bundesliga im Frankfurter Waldstadion aufeinandertreffen: Sowohl bei der Eintracht als auch bei den Gästen auf Hamburg sieht man noch nicht so recht, ob die momentane Tabellenplatzierung lediglich eine Momentaufnahme und Ausdruck eines unglücklichen Starts in die Saison ist, oder ob sie das tatsächliche Leistungsvermögen der Teams widerspiegelt.

Damit es bei der Eintracht aufwärts geht, nimmt sich Trainer Feldkamp während der Woche den Ungarn Lajos Detari mit Hilfe von Toni Hübler, der als Übersetzer fungiert, zur Brust. Detari, so Feldkamp, solle auch mal etwas Einfaches tun, und nicht immer versuchen, die komplizierten Dinge zu machen. Der ungarische Nationalspieler, dessen fußballerischer Arbeitsnachweis sich stetig zwischen Welt- und Kreisklasse bewegt, solle seine Empfindlichkeiten hintanstellen, denn, so Feldkamp: "Bessere Fußballer als die sensiblen gibt es nicht. Aber es muss auch eine Portion Robustheit dazukommen."

Detari wird gegen den HSV umso mehr im Fokus stehen, da Feldkamp auf Andreas Möller verzichten muss, der aufgrund der U20-Weltmeisterschaft in Chile in den nächsten drei Wochen nicht zur Verfügung steht. Für ihn rückt Thomas Klepper in die Startelf, der den polnischen Mittelfeldmotor des HSV Miroslaw Okonski neutralisieren soll. Der bei der letzten Partie in Mönchengladbach eingesetzte Kraaz hat dort seine Sache gegen Uwe Rahn so gut erledigt, dass er von Feldkamp erneut für die Startelf nominiert wird. Manni Binz hat eine Bauchmuskelzerrung aus dem Training auskuriert und kann auflaufen.

Im Angriff hält das Wechselspiel weiter an. Gegen den Hamburger SV setzt Feldkamp wieder den ehemaligen Hamburger Ralf Balzis für den in Gladbach enttäuschenden Turowski ein, für den nur ein Platz auf der Tribüne bleibt. Balzis soll gegen seinen ehemaligen Verein aber nicht wie gewohnt als Mittelstürmer spielen, sondern auch eine Sonderaufgabe übernehmen und auf der linken Seite die gefürchteten Vorstöße von Manfred Kaltz unterbinden. Feldkamp will so seinen erfolgreichsten Torschützen von dieser Aufgabe entbinden: "Ich bin nicht bereit, Smolarek auf dieser Seite gegen Kaltz zu opfern." Balzis kommentiert diesen Aufgabenwechsel pragmatisch: "Mir ist egal, wo ich spiele. Hauptsache, ich bin dabei."

Erstmals in dieser Saison schafft es Dieter Kitzmann auf die Bank, deren Plätze er mit Müller, Haub, Ernst und Heitkamp teilt. Der 1985 für 700.000 Mark vom 1. FC Kaiserslautern nach Frankfurt gewechselte Stürmer hat Feldkamp in den letzten Wochen während des Trainings überzeugt und das Bild des 'Laumanns' mit einer eher laxen Vorstellung vom Berufsbild des Profifußballers revidieren können. Allzu viel Hoffnung darauf, sich bei der Eintracht durchsetzen zu können, darf sich Kitzmann freilich nicht machen, denn er zählt zu den Kandidaten des aktuellen Profikaders, die Manager Kraus gerne an einen anderen Verein abgeben würde.

Unruhig geht es in Sachen Personalplanung und -einsatz bei den Gästen zu. Kein Thema für den HSV ist die Rückkehr von Uli Stein ins Tor, über die in den letzten Wochen eifrig spekuliert wurde. Stein hatte sich im Supercup-Finale einen Faustschlag gegen den Bayern-Stürmer Jürgen Wegmann geleistet, daraufhin wurde er von den Hamburgern auf unbefristete Zeit beurlaubt und ihm ein Vereinswechsel nahegelegt. Manager Felix Magath und Trainer Skoblar stellen klar, dass sich an diesem Status nichts ändern soll, und rechnen bei einem Vereinswechsel Steins mit einer Ablösesumme von etwa 750.000 Mark.

Dabei wäre Stein, unbestritten einer der eigenwilligsten, aber auch besten Ligatorhüter, zweifelsfrei in der Lage, zumindest eines der Probleme des HSV-Trainers Josip Skoblar zu lösen: das der Nummer eins im Kasten. Der als Stein-Nachfolger verpflichtete Landsmann von Skoblar, der Jugoslawe Mladen Pralija, gilt als einer der Gründe, warum die HSV-Abwehr, im Vergleichszeitraum der Spielzeit 86/87 mit zehn Gegentoren noch die stabilste Defensivabteilung der Liga, aktuell mit 31 Gegentoren in elf Spielen die schlechteste Leistungsbilanz aller Bundesligaclubs aufweist. Auch ansonsten hat Skoblar, der Anfang der Saison die Nachfolge des in die österreichische Heimat zum FC Swarovski Tirol zurückgekehrten Erfolgstrainers Ernst Happel antrat, einen schweren Stand in der Hansestadt. Das erfolgsverwöhnte Publikum in Hamburg stellte für die durchwachsene sportliche Bilanz der Rothosen - Tabellenplatz sieben statt Platz drei im Vorjahr - eine deutliche Quittung aus und sorgte für einen Zuschauerschnitt, der bei den Heimspielen von 31.000 auf 15.000 zurückging.

Als wenn diese Sorgen für Skoblar noch nicht genug wären, darf er sich auch noch mit reichlich Verletzungen seiner Protagonisten herumschlagen. So fällt mit Ditmar Jakobs der etatmäßige Libero aufgrund einer Lendenwirbelprellung aus und wird durch Carsten Kober ersetzt. Weiterhin fehlen Plessers, Homp, Kastl, Sascha Jusufi und Gründel aufgrund von Blessuren.

Etwas mehr als 22.000 Zuschauer füllen die Ränge des Stadions leidlich, als das Spiel um 15:30 Uhr beginnt. Schon kurz nach dem Anpfiff der Partie wird klar, dass Balzis die ihm von Feldkamp zugedachte Aufgabe nicht erfüllen wird, weil er sie nicht erfüllen muss. Denn Kaltz soll nicht wie gewohnt die rechte Außenbahn als Rennstrecke nutzen, sondern spielt anstelle von Jakobs Libero.


Kroth stoppt Smolarek

Just das eigentliche Territorium von Kaltz nutzt Smolarek bereits in der 3. Minute aus, als er sich auf der linken Seite durchsetzt und flankt. Beiersdorfer klärt so unglücklich per Kopf, dass Schulz aus etwa zehn Metern zum Schuss kommt, den Ball aber über die Latte des Hamburger Tores setzt. Zum flotten Beginn des Spiels tragen auch die Hamburger ihren Part bei. So flankt Okonski nach fünf Minuten in den Strafraum auf Thomas Kroth, der wuchtige Kopfball des Ex-Eintrachtlers, von November 1982 bis 1985 in Diensten der Adlerträger, ist allerdings zu unplatziert, so dass Gundelach klären kann. Auf der Gegenseite versucht sich Detari bei einer seiner Spezialitäten, Mladen Pralija kann den Freistoß des Ungarn aber um den Pfosten lenken.

Eine Viertelstunde ist im Stadion gespielt, da gibt es für den Frankfurter Anhang Grund zum Jubel: Balzis kann sich gegen Kober durchsetzen und auf den kurzen Pfosten flanken. Kraaz, der die Forderung seines Trainers erfüllt und sich des Öfteren in Offensivaktionen einschaltet, springt zwar bei seinem Kopfballversuch unter dem Ball durch. Doch hinter ihm wartet Frank Schulz, der das Leder zum 1:0 für die Eintracht ins Netz nickt. Es ist bereits das fünfte Ligator des blonden Mittelfeldspielspielers in dieser Saison, der damit zusammen mit Smolarek der erfolgreichste Torschütze der Eintracht ist.

In der Folgezeit verflacht das Spiel, die munteren ersten Minuten finden keine adäquate Fortsetzung. Detari, der sich anfangs noch gut in Szene setzen konnte, taucht mehr und mehr unter, der HSV verschafft sich, gelenkt durch von Heesen, ein optisches Übergewicht. So recht gefährlich wird das Hamburger Spiel vor der Pause allerdings nur einmal, als Kaltz kurzzeitig in seine Rolle als Bananenflanker schlüpft und den Ball über Gundelach hebt, Bruno Labbadia mit diesem Geschenk aber nichts anzufangen weiß und das Leder aus kurzer Distanz über das Tor setzt. Ansonsten steht die Frankfurter Abwehr um Karl-Heinz Körbel und Libero Binz, der auf Weisung Feldkamps das Fehlen Möllers durch eine offensivere Ausrichtung kompensieren soll, sicher.


Balzis köpft das 2:0

Den besseren Start in die zweite Hälfte, die beide Mannschaften in unveränderter Aufstellung angehen, können die Frankfurter für sich verbuchen. In der 49. Minute zieht Detari den vierten Eckball für die Eintracht zielgenau in den HSV-Strafraum direkt auf Balzis, dem Ernst Happel in gemeinsamen HSV-Zeiten den Spitznamen Büffel verpasste, da er immer mit dem Kopf durch die Wand wolle. Und der im Flörsheimer Ortsteil Weilbach geborene Stürmer beweist Köpfchen und lenkt den Ball mit einem satten Kopfstoß zum 2:0 ins lange Eck. Damit hat Balzis ein Tor vorbereitet und eines erzielt - sehr zum Leidwesen von HSV-Manager Magath, der den 22-Jährigen zum Ende der letzten Spielzeit als zu schwach für den HSV-Kader einstufte und ihn an die Eintracht abgab.

Vom HSV ist nun kaum noch etwas zu sehen, von Heesen und Okonski können sich nicht durchsetzen, Labbadia und Spörl sind in der Spitze abgemeldet, allenfalls Bein und Kroth fallen positiv auf. In der 67. Minute stehen dann zwei Wechsel an. Beim HSV kommt Lothar Dittmer für Harald Spörl, bei der Eintracht Dirk Heitkamp für Frank Schulz, den eine leichte Zerrung am Weiterspielen hindert und der vom Publikum mit Beifall verabschiedet wird.


Das 3:0 durch Kraaz

Wie schon beim 2:0 ist wiederum ein Eckball Ausgangspunkt für den dritten Treffer der Frankfurter. Dieses Mal spielt Smolarek kurz auf Klepper, der gefühlvoll auf den nach vorne geeilten Kraaz flankt, der völlig freistehend einen herrlichen Flugkopfball ansetzt und mit seinem Aufsetzer Pralija keine Chance lässt. Es ist das dritte Kopfballtor in diesem Spiel.

Anschließend entwickelt sich das Spiel zum Langweiler, die Eintracht unternimmt mit dem sicheren Drei-Tore-Vorsprung im Rücken nicht mehr als nötig, die Hamburger wirken demoralisiert. So bleiben weitere nennenswerte Torszenen aus, einzig die letzte Chance in dieser Partie für die Eintracht, als Balzis den Ball in der 88. Minute aus acht Metern über die Latte zimmert, ist noch erwähnenswert.

Schon am nächsten Samstag steht für die Eintracht, die durch den Sieg auf den zehnten Platz vorgerückt ist, ihr nächstes Heimspiel an. Gegner ist der Tabellenführer aus Köln, der am aktuellen Spieltag Borussia Mönchengladbach mit 4:1 besiegen konnte. Beim HSV überlegt man derweil, ob nicht ein ehemaliger Frankfurter Spieler für mehr Ordnung in der teilweise desolaten Hintermannschaft sorgen könnte: Ab Montag trainiert Klaus Theiss bei den Hamburgern auf Probe, sollte sich dieser Transfer realisieren, dürfte Frankfurts Schatzmeister Knispel mit etwa einer halben Million Mark rechnen. (fgo)

 

 

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