FC Homburg - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1987/1988 - 9. Spieltag
5:2 (0:1)
Termin: Do 17.09.1987, 18:00 Uhr
Zuschauer: 4.500
Schiedsrichter: Joachim Kautschor (Eschweiler)
Tore: 0:1 Lajos Detari (43.), 1:1 Andreas Keim (47.), 2:1 Oliver Westerbeek (52.), 3:1 Zbigniew Kruszynski (55.), 4:1 Michael Blättel (59.), 5:1 Michael Blättel (67.), 5:2 Wlodzimierz Smolarek (80.)
FC Homburg | Eintracht Frankfurt |
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Homburg sorgt für Kopfschmerzen In Homburg soll ein Sieg her, darin sind sich alle Verantwortlichen bei der Eintracht einig. Denn gerade einmal vier Punkte weist der FC Homburg, der in der letzten Spielzeit dem Abstieg nur durch einen Relegationssieg gegen den Dritten der Zweiten Liga FC St. Pauli (3:1 und 1:2) entging, in seiner Saisonbilanz auf, drei davon wurden im heimischen Waldstadion eingespielt. Dort gelang auch der bislang einzige Sieg der Saarländer in dieser Spielzeit, nämlich das 3:2 gegen Bayern München am vierten Spieltag. In der Folge gab es allerdings zwei Heimpleiten gegen den HSV (0:2) und den 1. FC Nürnberg (0:4), ihr letztes Spiel verloren die Homburger mit 0:2 in Mönchengladbach. Zudem sind die Saarländer in ihren letzten fünf Pflichtspielen (viermal Liga, einmal Pokal) ohne Torerfolg geblieben. "Wenn wir jetzt verlieren, dann spielen wir wieder ganz unten, wenn wir gewinnen, haben wir uns aus dem Abstiegskampf vorläufig verabschiedet", skizziert Frankfurts Trainer Karl-Heinz Feldkamp die Lage vor dem Bundesligaspiel, das auf Donnerstagabend um 18:00 Uhr angesetzt ist. Dieser etwas ungewöhnliche Termin ist der Tatsache geschuldet, dass am Samstag im Homburger Waldstadion eine Leichtathletikveranstaltung stattfindet. Die frühe Anstoßzeit wiederum ergibt sich aus der fehlenden Flutlichtanlage der Spielstätte und ist mit spitzem Bleistift kalkuliert. Denn, wie der DFB feststellt, Sonnenuntergang sei am Donnerstag um 19:43 Uhr, so dass bei einem pünktlichen Abschluss der Partie um 19:45 Uhr zwei Minuten Karenzzeit blieben. Gäbe es schlechte Sichtverhältnisse aufgrund des Wetters, so die Weisung des DFB an Schiedsrichter Joachim Kautschor aus Eschweiler, solle er die Partie " ...ein paar Minuten früher anpfeifen und die Halbzeit etwas verkürzen." Aufstellungssorgen hat Trainer Feldkamp keine. Auch Andreas Möller, der während der Woche am DFB-Trainingslager der U20-Nationalmannschaft teilgenommen hatte, hat seine Leistenzerrung soweit auskuriert, dass er auflaufen kann. Entsprechend startet die Eintracht zu ihrer Punktejagd in Homburg in derselben Aufstellung wie beim Spiel gegen Waldhof Mannheim. Turbulenter geht es in Sachen Aufstellung beim FC Homburg zu, bei dem Geschäftsführer und Interimstrainer Gerd Schwickert den indisponierten und derzeit in Kur befindlichen Uwe Klimaschefski vertritt. Der am Samstag in Gladbach vom Homburger Präsidium gefeuerte und am Montag wieder begnadigte Torjäger Wolfgang Schäfer, der immerhin drei der bislang fünf Homburger Ligatreffer auf seinem Konto verbuchen konnte, ist leicht angeschlagen und muss seinen Platz räumen. Für ihn spielt ein 19 Jahre alter Stürmer der Amateurmannschaft der Homburger namens Bernd Gries, der heute zu seinem Bundesligadebüt kommt und zusammen mit Freiler und Martins stürmt. Ebenfalls für Torgefahr soll unter anderem Neuzugang Michael Blättel sorgen, der aus Düsseldorf kam. In der Frankfurter Defensive wird Blättel unter anderem auf einen alten Bekannten treffen, denn Karl-Heinz Körbel stand mit dem damals 19-Jährigen Jugendspieler aus den eigenen Reihen am 1. Dezember 1979 auf dem Platz, als dieser bei der 3:4-Niederlage im Auswärtsspiel in Bremen im Trikot der Frankfurter Eintracht sein Bundesligadebüt feierte. Auch der heute im Trikot der Homburger auflaufende Horst Ehrmantraut ist Körbel noch aus gemeinsamen Zeiten bekannt, denn der aus Homburg-Einöd stammende Abwehrspieler zählte 1979/80 zu der Eintrachttruppe, die den UEFA-Cup an den Main holte. Ein dritter Eintrachtler bei den Homburgern werkelt dagegen eher im Hintergrund: Udo Klug, Manager bei der Eintracht von 1978 bis 1981 und mehrmals als Interimstrainer für die Riederwälder aktiv. Vor einer eher trostlosen Kulisse mit gerade einmal 4.500 Zuschauern beginnt das Spiel der DFB-Empfehlung folgend um 17:55 Uhr. Bei der Eintracht ist nach dem Anpfiff allerdings wenig davon zu merken, dass sie die Zielsetzung Ernst nimmt, in Homburg den zweiten Auswärtssieg in dieser Saison einzufahren. Pomadig und nach außen hin überheblich erscheinend geht sie zu Werke Bereits in der 6. Minute bahnt sich für die Frankfurter das Unheil an, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen kann, was sich in der restlichen Spielzeit ereignen wird. Bei einem Kopfballduell prallt der Homburger Stürmer Gries so unglücklich mit Thomas Klepper zusammen, dass der Eintrachtspieler bewusstlos liegenbleibt und auf der Trage in die Kabine gebracht werden muss. Von dort geht es für Klepper mit Verdacht auf Jochbeinbruch, der sich später glücklicherweise nicht erhärtet, direkt ins Krankenhaus, für den Verletzten steht nun Schlindwein auf dem Platz. In der Folgezeit ist wenig Bemerkenswertes von den beiden Mannschaften zu sehen. Detari als angedachte Seele des Eintrachtspiels wird von Walter Kelsch, der es - damals noch als Stürmer - in den Jahren 1979 und 1980 auf drei Tore in vier Länderspielen brachte, eng gedeckt und quasi aus dem Spiel genommen. Auch von Möller, der heute keinen direkten Gegenspieler braucht, um schlecht zu spielen, und von Schulz kommen keine Ideen, so dass das Mittelfeld der Eintracht brachliegt.
Der Gastgeber macht es nicht viel besser. Zwar mit
drei Spitzen - Freiler, Martins und Gries - angetreten, bleibt sein
Offensivspiel Stückwerk, da durchdachte Spielzüge offensichtlich
nicht zum Repertoire der Homburger Mittelfeldspieler zählen. Hohe
Flanken in den Frankfurter Strafraum sind ihr bevorzugtes Mittel, die
Eintrachtabwehr zu überraschen, was ihnen aber nicht gelingt. Einzig
Freiler hat in der 15. Minute eine Kopfballchance, nachdem sich Gundelach
und Sievers nicht einigen können, wer eingreifen soll. Doch der
Ball geht an den Außenpfosten. In der 43. Minute passiert das, was keiner der Zuschauer nach dem bislang erlebten Gekicke erwartet: Es fällt ein Tor. Ein Freistoß von Detari aus 18 Metern wird vom Homburger Abwehrspieler Ehrmantraut abgefälscht, der Ball landet im Netz und es steht 1:0 für die Mannschaft aus Frankfurt. Zwei Minuten später haben die Gäste sogar die Chance zum 2:0. Erneut ist ein Freistoß der Ausgangspunkt, erneut tritt Detari zur Ausführung an. Der Homburger Torwart Quasten lässt den Ball aus den Händen fallen, aber Smolarek schießt den Abpraller aus aussichtsreichster Position einen Meter über das Tor. In der Pause diagnostiziert der Frankfurter Mannschaftsarzt Degenhardt bei Gundelach eine Schädelprellung und äußert den Verdacht, dass der Torhüter auch eine Gehirnerschütterung davongetragen habe. Dennoch erklärt Gundelach, dass er im Tor zu bleiben gedenke, obwohl er Schwindelgefühle verspürt. Denn ansonsten wäre das Auswechselkontingent der Eintracht bedingt durch das frühe Ausscheiden Kleppers und der Einwechslung von Schlindwein erschöpft.
Im nächsten Akt des Homburger Dramas übernimmt wiederum Gundelach eine der Hauptrollen. Denn schon beim ersten Angriff der Homburger in der zweiten Hälfte zwei Minuten nach Wiederanpfiff boxt er einen Schuss von Andreas Keim ins eigene Tor zum 1:1. Gundelach wird das Tor später zerknirscht kommentieren: "Mein Fehler, auch wenn mir schwindlig war." In den folgenden Minuten vermitteln die Eintrachtspieler das Gefühl, dass sie sich mit ihrem Torhüter solidarisieren. Zunächst zeigt Sievers auf, dass er entweder nicht willens oder nicht in der Lage ist, einen klaren Kopf zu bewahren, als er den zur Pause eingewechselten Westerbeek nur fünf Minuten nach dem Ausgleich eher teilnahmslos dabei beobachtet, wie dieser abzieht und das 2:1 erzielt. Gundelach ist chancenlos. Für den Frankfurter Torhüter ist das Martyrium nun zu Ende. Er signalisiert zur Bank, dass er ausgewechselt werden möchte, und sieht seinen Wunsch auch prompt erfüllt. Für ihn steht nun Thomas Ernst zwischen den Pfosten. Der Bundesligapremiere, die der 19-Jährige in diesem Moment feiert, folgt eine zweite Premiere kaum zwei Minuten später: Ernst kassiert seinen ersten Treffer. Ausgangspunkt des 3:1 für die Homburger ist Blättel, der Körbel und Binz düpiert, auf den nach vorne gestürmten Verteidiger Kruszynski passt, der unbedrängt vollendet. Blättel arbeitet auch in den nächsten Minuten höchst effektiv an der Niederlage seines ehemaligen Arbeitgebers. Nur vier Minuten nach dem 3:1 fasst er sich ein Herz und zieht aus 20 Metern ab. Ernst ist geschlagen, und es steht 4:1. In der 67. Minute hat Blättel seinen nächsten Auftritt. Zunächst darf er seinen Mannschaftskollegen Stickroth dabei bewundern, wie er sich gegen Möller und Schlindwein durchsetzt. Anschließend nutzt er diese Vorarbeit aus und erzielt das 5:1. In der 73. Minute ist der Arbeitstag für Blättel dann beendet. Interimstrainer Schwickert holt den zweifachen Torschützen vom Platz und bringt für ihn Jörg Kallenborn, der heute seinen ersten - und im Vorgriff auf künftige Zeiten sei erwähnt auch seinen einzigen - Bundesligaeinsatz begeht. So kann Blättel auch alle Verantwortung von sich weisen, als Smolarek in der 80. Minute mit der Hacke den bedeutungslosen zweiten Treffer für die Eintracht markiert. Kurz vor Sonnenuntergang kann der Schiedsrichter die Partie wunschgemäß beenden, für die Eintrachtler war es allerdings schon eine gute halbe Stunde zuvor zappenduster geworden. Mit diesem 5:2 haben die Homburger gegen die Eintracht ebenso viele Treffer erzielt, wie in den acht Ligaspielen dieser Saison zuvor. Als Belohnung rücken sie mit 6:12 Zählern auf den 16. Tabellenplatz vor, punktgleich mit den direkt vor ihnen platzierten Frankfurtern, die das bessere Torverhältnis aufweisen, aber auch punktgleich mit dem Schlusslicht Waldhof Mannheim. Kurz nach dem Spiel kochen Gerüchte hoch, die Eintracht sei an einer Verpflichtung des in Hamburg vom Spielbetrieb suspendierten Torhüters Uli Stein interessiert. Der Hessische Rundfunk meldet sogar am Freitagabend im Hörfunk Steins Verpflichtung. Manager Kraus dementiert jedoch und betont, dass sich dies "...schon finanziell nicht realisieren..." ließe. Auch HSV-Manager Magath verneint Kontakte in Sachen Stein zur Eintracht. Für die Eintracht steht als nächstes Punktspiel die Partie im heimischen Waldstadion gegen den Club aus Nürnberg an. Mittlerweile steht übrigens fest, dass die Eintracht ein weiteres Heimspiel einplanen kann. Denn in der Wiederholungspartie des DFB-Pokals hat der Zweitligist SSV Ulm nach dem 1:1 in Baunatal nun die Amateure durch einen 2:1-Erfolg aus dem Wettbewerb geworfen und tritt daher Ende Oktober zur Zweitrundenbegegnung in Frankfurt gegen die Eintracht an. (fgo)
Karl-Heinz Feldkamp: "Es ist enttäuschend, wenn man 45 Minuten lang dem Gegner nur eine halbe Torchance einräumt, und dann innerhalb von 20 Minuten mit 4:1 zurückliegt. Es wäre jetzt einfach, die Auswechslung eines erstklassigen Abwehrspielers und Gundelachs Verletzung als Entschuldigung anzuführen. Fest aber steht, dass die Mannschaft zehn Minuten nur nach hinten geschaut hat, sich gefragt hat, was ist mit dem Tormann los? Wir waren da nicht in der Lage, energisch dagegenzuhalten. Wir haben heute Abend ein entscheidendes Spiel verloren, um uns absetzen zu können. Jetzt stehen wir mit sechs anderen Vereinen hinten drin. Für unser Spiel gegen Nürnberg wollten wir die Sache ganz anders gestalten." Gerd Schwickert: "Das war unser wichtigster Sieg in dieser noch so kurzen Saison. Wie wir die zweite Halbzeit gespielt haben, macht Hoffnungen für die nächsten Spiele und bestätigt uns in unserer Meinung, dass wir stärker sind als im letzten Jahr. Schon in der ersten Halbzeit hatten wir vier, fünf Chancen, um in Führung zu gehen. In der zweiten Halbzeit war praktisch jeder Schuss ein Treffer, da haben wir gezeigt, dass wir spielen können." Michael Blättel: "Die Eintracht dachte wohl, sie könne nach dem 5:1 gegen Waldhof mit uns genau so umspringen. Natürlich hatten wir Dusel, dass nach dem Torwartpech der Eintracht bei uns alles wie von selbst lief." Karl-Heinz Körbel: "Wir haben von der Nummer eins bis dreizehn versagt and es wieder einmal versäumt, in Frankfurt etwas zu bewegen." Udo Klug: "Wenn Hölzenbein und Grabowski
die Mannschaft sehen, müssen ihnen doch die Tränen kommen."
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