Eintracht Frankfurt - Eintracht Braunschweig

Bundesliga 1983/1984 - 25. Spieltag

1:2 (0:1)

Termin: Sa 17.03.1984, 15:30 Uhr
Zuschauer: 19.000
Schiedsrichter: Walter Eschweiler (Euskirchen)
Tore: 0:1 Peter Lux (26.), 1:1 Martin Trieb (58.), 1:2 Reiner Hollmann (67.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Eintracht Braunschweig

 


  • Bernd Franke
  • Hans-Heinrich Pahl
  • Reiner Hollmann
  • Matthias Bruns
  • Peter Lux
  • Michael Geiger
  • Lars Ellmerich
  • Reinhard Kindermann
  • Manfred Tripbacher
  • Ronald Worm
  • Ilija Zavisic

 

Wechsel Wechsel
  • Jaroslav Studzizba für Peter Lux (62.)
  • Michael Scheike für Ilija Zavisic (78.)
Trainer Trainer
  • Aleksandar Ristic

 

Punkte für die falsche Eintracht

Durch die zwei Punkte gegen den Vizemeister von 1959 und den unverhofften Sieg in Bremen ist für die Eintracht Platz 15 in Sichtweite gerückt. Voraussetzungen hierfür sind ein doppelter Punktgewinn gegen den Namensvetter aus Braunschweig und eine Niederlage des um zwei Punkte besser platzierten VfL Bochum bei den Bayern in München. Trainer Dietrich Weise ist allerdings klar, dass die anstehende Partie kein Selbstläufer ist: "Die Saison ist für die Braunschweiger gelaufen, ihnen dürfte kaum noch etwas passieren. Sie können unbekümmert auf Unentschieden spielen."

Parallel zur Vorbereitung auf dieses wichtige Spiel am Samstag gehen bei den Frankfurtern die Personalplanungen für die nächste Spielzeit weiter. Präsident Dr. Klaus Gramlich bestätigt gegenüber der Presse Gespräche mit zentralen Spielern wie Pahl oder Körbel, deren Verträge auslaufen und die gehalten werden sollen. Der Präsident geht wie auch Trainer Weise zudem davon aus, dass Ralf Falkenmayer in der kommenden Saison weiterhin für die Eintracht auflaufen wird.

Falkenmayer selbst, an dem Mönchengladbach, der HSV, Köln und Leverkusen Interesse haben sollen, stellt im 'Kicker' klar, welches Trikot er in der nächsten Spielzeit am liebsten tragen würde: "An mich ist noch kein anderer Verein herangetreten und hat wegen eines Wechsels angefragt. Dass einige Spitzenclubs an mir interessiert seien, weiß ich nur aus der Zeitung. Ich jedenfalls schiele nicht nach einem anderen Verein oder einem neuen Arbeitgeber, weil es mein größtes Ziel und mein größter Wunsch ist, mit der Eintracht in der Bundesliga zu bleiben. Ich konzentriere mich ganz auf den Abstiegskampf, alles andere interessiert mich im Augenblick nicht."

Auch zu der Nachricht, dass Borchers die Eintracht verlassen und gen Leverkusen oder Köln ziehen wolle, äußert sich Gramlich: "Es freut mich, dass sich andere Vereine für unsere Spieler interessieren. Doch die Zeiten, da wir Spieler umsonst ziehen lassen, sind längst vorbei. Wir werden Borchers ein Angebot machen und sehen, ob er es annimmt."

Wie die Abwehr zu verbessern sei, darüber macht sich Karl-Heinz Körbel seine Gedanken. Freilich hat der Kapitän dabei nicht seine Eintracht im Sinn, denn er kann sich "kaum vorstellen, dass wir absteigen, nachdem wir jetzt so gut in Schwung gekommen sind", sondern sein "Sporthaus Körbel" in Dossenheim. In der Nacht von Montag auf Dienstag hatten Diebe nämlich dort das Glas der Eingangstür zerschlagen und Waren im Gesamtwert von 20.000 Mark entwendet. Abgedeckt wird der Schaden zwar von der Versicherung, Charly denkt aber trotzdem über eine Alarmanlage nach.

"Never change a winning team" ist für das Braunschweig-Spiel das Motto von Dietrich Weise. Die Startelf bei der Partie gegen den Namensvetter aus der zweitgrößten Stadt Niedersachsens entspricht der Aufstellung des Siegerteams von Bremen. Lediglich auf der Ersatzbank gibt es eine Veränderung, da Bodo Mattern wieder in den Kader rutscht. Mittelfristig rechnet Weise damit, auch den als Spielmacher verpflichteten, aber seit November '83 verletzten Jürgen Mohr wieder in seiner Truppe begrüßen zu können. Von der Untersuchung bei Professor Klümper in Freiburg in der kommenden Woche erwartet man grünes Licht für den Ex-Berliner, damit dieser in ein bis zwei Wochen wieder in das Mannschaftstraining einsteigen kann.

Definitiv bis Mitte April muss Weise auf jeden Fall auf Michael Sziedat verzichten. Der etatmäßige Libero wird vom DFB nach seiner Roten Karte im Spiel gegen den Vizemeister von 1959 am 25. Februar mit einer sechswöchigen Sperre belegt und könnte so frühestens am 14. April bei der Partie gegen den 1. FC Köln wieder zum Einsatz kommen. Aktuell bereitet diese Sperre der Eintracht aber keine Probleme, da Norbert Fruck auf der Liberoposition durchaus zu überzeugen weiß.

Gegner Braunschweig plagen weniger sportliche - mit 20 Punkten rangiert man derzeit auf Rang 12 in der Bundesliga - denn existenzielle Sorgen. Der Verein ist de facto abhängig von seinem Hauptsponsor Jägermeister, personifiziert durch Günter Mast, der seit Anfang 1984 als Nachfolger von Hans Jäcker auch Präsident des Clubs ist und bei seinem Amtsantritt versprochen hat, den Verein durch einen rigiden Sparkurs zu sanieren. So erhalten 12 der 17 Braunschweiger Profikicker in den Tagen vor dem Spiel in Frankfurt die Mitteilung, dass ihre bis zum Saisonende laufenden Verträge nicht verlängert werden und ein Verbleib in Braunschweig nur möglich sei, wenn sie teilweise erhebliche Gehaltskürzungen akzeptieren.

Zu den Spielern, auf die Trainer Ristic in der nächsten Saison auf jeden Fall verzichten muss, zählt der 34-jährigen Abwehrorganisator der Niedersachsen Reiner Hollmann. Das Braunschweiger Urgestein, seit 1973 im Verein, wird in der kommenden Saison für den Oberligisten MTV Gifhorn als Spielertrainer fungieren. Aufstellungssorgen plagen Ristic allerdings nicht - bis auf die verletzten Merkhoffer und Posipal hat er alle Mann des Profikaders an Bord.

Oldie-Truppe gegen Weise-Bubis - so lässt sich die Situation beim Anpfiff der Partie Eintracht gegen Eintracht beschreiben. Während auf Frankfurter Seite Kapitän Karl-Heinz Körbel (29 Jahre) und Jürgen Pahl, der heute seinen 28. Geburtstag begeht, die "Senioren" im Team sind, laufen bei den Braunschweigern mit Bernd Franke im Tor sowie Hollmann, Worm und Zavisic gleich vier Spieler jenseits der 30 auf. Auch der Leiter des Spiels ist ein Oldie: Schiedsrichter Walter Eschweiler, mittlerweile 48 Jahre alt, hatte zwar bereits letztes Jahr die Altersgrenze für Bundesligaschiedsrichter erreicht, die "Diva vom Rhein" darf aber in Anerkennung seiner Leistung in dieser Saison noch einmal in der höchsten deutschen Spielklasse pfeifen.

"Das gibt heute ein ganz anderes Spiel als in Bremen", hatte Trainer Weise vor Anpfiff vorausgesagt, und dass der erfahrene Übungsleiter Recht behalten wird, zeigt sich schon bald nach dem Anpfiff. Die junge Eintrachtmannschaft wirkt mit der Aufgabe überfordert, gegen die defensiv ausgerichteten Braunschweiger das Spiel zu machen. Zwar versuchen Falkenmayer und Borchers im Mittelfeld Akzente zu setzen, finden aber weder im von Hans-Heinrich Pahl gut beschatteten Tobollik noch in Svensson, um den sich Matthias Bruns erfolgreich kümmert, geeignete Anspielstationen. Entsprechend verpuffen auch die hohen Flanken der beiden Außenverteidiger Berthold und Trieb in den Strafraum der Braunschweiger, ohne den von Hollmann als Libero dirigierten, manchmal acht Mann starken Abwehrverbund der Niedersachsen vor allzu große Probleme zu stellen. Hinzu kommt die gut funktionierende Abseitsfalle der Braunschweiger, so dass die Angriffsbemühungen der Heimmannschaft ein ums andere Mal vom Pfiff des Schiedsrichters gestoppt werden.

Wesentlich effektiver präsentieren sich die Braunschweiger, die in den 26. Minute zu ihrer ersten großen Torchance kommen, als sich Peter Lux nach einem Zuspiel von Tripbacher von der Strafraumgrenze aus mit einem Weitschuss versucht. Der gerade mal 1,68 Meter große Abwehrspieler der Niedersachsen zieht ab, der Ball setzt auf und zappelt Bruchteile einer Sekunde später im Netz - 0:1.

Es ist eine halbe Stunde gespielt, da kommt die Frankfurter Eintracht zu ihrer ersten großen Chance, als Svensson einen Schuss von Tobollik mit dem Knie abfälscht, Franke den Ball jedoch mit einem Reflex noch aus dem Tor schlagen kann. Um einen Torerfolg bemüht zeigt sich auch Kroth, der es fast schon traditionell mit Weitschüssen versucht. Doch die sind entweder zu unplatziert oder, wenn sie denn aufs Tor kommen, nicht vehement genug, um Braunschweigs Torwart Franke in Verlegenheit zu bringen. So geht es mit der 1:0-Gästeführung in die Pause.

Mit der Einwechslung von Bodo Mattern für den heute wenig überzeugenden Cezary Tobollik, versucht Weise, die Angriffsmaschinerie der Riederwälder nach dem Seitenwechsel in Schwung zu bringen. Allerdings bleibt diese Maßnahme ohne den gewünschten Erfolg - der Ex-Darmstädter versucht vielmehr, die ihm fehlende Schnelligkeit und mangelnde Dynamik durch übertriebenen Einsatz wettzumachen und handelt sich schon nach wenigen Minuten eine Gelbe Karte ein.

Zwar versuchen die Frankfurter mit Beginn der zweiten Halbzeit mit Nachdruck, den Ausgleich zu erzielen, Triebkräfte sind dabei aber weniger spielerische denn kämpferische Mittel. Die Braunschweiger stehen weiterhin tief und zeigen sich bei Kontern gefährlich. So muss Pahl in der 55. Minute sein ganzes Können aufbieten, um einen Direktschuss von Ronny Worm zu meistern und das 0:2 zu verhindern.

In der 58. Minute blitzt dann aber doch einmal das spielerische Vermögen der jungen Weise-Truppe auf, als Kroth einen Pass auf die linke Seite in den Lauf von Martin Trieb spielt. Trieb kann den Ball aufnehmen, stürmt auf Bernd Franke im Braunschweiger Kasten zu und lässt dem ehemaligen Nationaltorwart mit einem Schuss ins lange Eck keine Chance. Es ist Triebs erstes Saisontor.

Noch rund eine halbe Stunde bleibt den Frankfurtern, das Spiel zu drehen. Doch die Angriffe der Hausherren bleiben meist Stückwerk, zudem spielt Braunschweig nicht auf Halten, sondern versucht, erneut in Führung zu gehen. Zunächst hat Frankfurt Glück, dass Schiedsrichter Eschweiler einem Treffer von Ronny Worm die Anerkennung versagt, in der 68. Minute nimmt das Unheil dann aber seinen Lauf.

Ausgangspunkt des 2:1 für Eintracht Braunschweig ist Armin Kraaz, dem es einen Moment an der nötigen Aufmerksamkeit mangelt, so dass er den Vorstoß von Manfred Tripbacher nur durch ein Foulspiel bremsen kann. Zum fälligen Freistoß tritt Hollmann an. Den nächsten Fehler begeht Bodo Mattern. Der bereits mit einer Gelben Karte bedachte Stürmer versucht, sich dem zu erwartenden Schuss des Braunschweigers frühzeitig in den Weg zu werfen, löst sich allerdings zweimal zu früh aus der Mauer, wird jeweils von Schiedsrichter Eschweiler zurückgepfiffen und sieht sich daher der Gefahr eines Feldverweises ausgesetzt. Mattern platziert sich nun in der Mauer, allerdings entsteht zwischen ihm und Thomas Berthold, der beim Schuss von Hollmann zudem noch hochspringt, eine Lücke. So sieht Pahl den präzisen Flachschuss des Braunschweiger Liberos ins Toreck zu spät und kann die erneute Führung der Gäste nicht verhindern.

Mit Uwe Müller für Berthold (70.) versucht Weise nun, seiner Mannschaft neue Impulse zu geben. Doch vergebens, mehr als hohe Flanken in den Strafraum, in der die sichere Braunschweiger Abwehr, allen voran Reiner Hollmann, die Luftoberhoheit besitzt, fällt den Adlerträgern heute nicht ein. Vielmehr müssen die Frankfurter froh sein, dass Zavisic, der in der 78. Minute für den Nachwuchs-Abwehrspieler Michael Scheike seinen Platz räumt, und der in der 62. Minute für den Torschützen Peter Lux eingewechselte Studzizba gute Konterchancen nicht nutzen.

So hat das 1:2 bis zum Abpfiff Bestand und für die Frankfurter Eintracht endet eine Miniserie von fünf Spielen ohne Niederlage mit 7:3 Punkten. Die Chance, auf Platz 15 der Tabelle zu klettern - der VfL Bochum hat in München klar mit 1:5 verloren -, ist vertan. Zudem rücken die beiden hinter der Eintracht platzierten Mannschaften in der Tabelle wieder um einen Zähler näher an die Riederwälder heran: die Kickers mit ihrem Punktgewinn beim 1:1 am Freitagabend in Kaiserslautern und der 1. FC Nürnberg durch sein torloses Unentschieden im Heimspiel gegen den SV Waldhof Mannheim, zu dem die Adlerträger in ihrem nächsten Bundesligaspiel reisen müssen. (fgo)


Stimmen zum Spiel

Dietrich Weise: "So geht das. Innerhalb von acht Tagen vom Optimismus in den Pessimismus gestürzt. Mir war von vornherein klar, dass es gegen Braunschweig sehr viel schwerer werden würde als gegen Bremen. Die Vorzeichen waren einfach anders. Wir mussten diesmal das Spiel machen. Wir haben uns mit der Braunschweiger Abseitsfalle sehr schwer getan. Gekämpft hat meine Mannschaft, aber es hat sich wieder einmal gezeigt, dass in kritischen Phasen zu wenige Spieler klaren Kopf behalten. Der Braunschweiger Sieg ist nicht unverdient. Das Wechselbad geht weiter, die Entscheidung wird erst am 26. Mai fallen."

Aleksandar Ristic: "Meine Mannschaft hat heute gut gespielt, es fehlte ihr nur etwas an Cleverness, aber wir haben so sehr gekämpft, dass vor dem Tor einfach die Ruhe gefehlt hat, sonst hätten wir noch höher gewinnen können. Mit den letzten zehn Minuten bin ich nicht zufrieden, da gerieten wir noch einmal kräftig ins Schwimmen. Ich hoffe, dass trotz unserer finanziellen Probleme die Mannschaft auch im nächsten Jahr zusammenbleibt und wir uns vielleicht noch mit zwei, drei Spielern verstärken können. Dann können wir auch mehr erreichen, als gegen den Abstieg zu kämpfen."

Jürgen Pahl: "Jetzt stehen wir wieder da, wo wir vor dem Sieg in Bremen waren.“

Jürgen Grabowski: "Es wurde die große Chance verpasst, aus eigener Kraft den Klassenerhalt zu schaffen."

>> Spieldaten <<





© text, artwork & code by fg