Eintracht Frankfurt - Eintracht Braunschweig

Bundesliga 1979/1980 - 21. Spieltag

7:2 (3:1)

Termin: Sa 09.02.1980, 15:30 Uhr
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Gerd Hennig (Duisburg)
Tore: 1:0 Bruno Pezzey (25.), 1:1 Holger Trimhold (30.), 2:1 Bum-Kun Cha (38.), 3:1 Norbert Nachtweih (45.), 4:1 Bernd Nickel (51.), 5:1 Bernd Hölzenbein (62.), 6:1 Bernd Hölzenbein (63.), 6:2 Heinz-Werner Eggeling (73.), 7:2 Ronald Borchers (82.)

 

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Eintracht Braunschweig

 


  • Bernd Franke
  • Reiner Hollmann
  • Hasse Borg
  • Franz Merkhoffer
  • Wolfgang Grobe
  • Dietmar Erler
  • Manfred Tripbacher
  • Holger Trimhold
  • Danilo Popivoda
  • Heinz-Werner Eggeling
  • Matthias Bruns

 

Wechsel Wechsel
Trainer Trainer
  • Uli Maslo  

 

Ausnahmeerscheinungen

Samstags 2:4 beim VfB Stuttgart und sonntags 1:4 beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg – das lässt Friedel Rausch offensichtlich die Lust vergehen, sich den Fragen der Journalisten zu stellen und so bleibt er kurzerhand der Pressekonferenz nach dem Spiel beim Club fern. Rausch ist die Kritik übel aufgestoßen, dass seine Mannschaft konditionelle Probleme habe. „Jede Mannschaft, die in zehn Minuten vier Tore fängt, lässt die Flügel hängen“, verteidigt er sich nach einem trainingsfreien Montag: „Das hat doch mit fehlender Kondition nichts zu tun. Alles kann man meiner Mannschaft vorwerfen, nur eines nicht, dass sie konditionsschwach ist.“ Und resigniert habe er schon gar nicht, da müsse schon „etwas ganz Fürchterliches passieren“. „Vor der Saison haben wir uns einen UEFA-Cup-Platz zum Ziel gesetzt und diesen fünften Rang werden wir auch schaffen“, meint er trotzig nach der vierten Punktspielniederlage infolge, die die Eintracht vom 3. Rang nach dem 16. Spieltag mittlerweile auf den 7. Platz hat abrutschen lassen.

Als Hauptschuldigen hat Rausch Torwart Klaus Funk ausgemacht, der neben Jürgen Grabowski und Bum-Kun Cha der einzige Eintrachtspieler ist, der in allen bisherigen 20 Punktspielen mitgewirkt hat. In Stuttgart an seiner alten Wirkungsstätte hat Funk jedoch alles anderes als gut ausgesehen. „Wenn ich weiterhin glaubwürdig bleiben will, muss ich jetzt Jürgen Pahl seine Chance geben, zumal ich Klaus Funk keine Gefallen täte, ihn in dieser Situation vor dem Frankfurter Publikum aufzustellen“, sagt der Übungsleiter.

Vor dem Trainingsbeginn am Dienstag brüllt Rausch in der Kabine, dass es bis auf den Platz am Riederwald zu hören ist. „Jeder, aber auch jeder habe versagt. Nur seien nicht alle bereit, es einzusehen, suchten allzu gern die Schuld beim Nebenmann statt bei sich selbst“, hat die „Bild“ bei Rausch mitgehört, der allerdings auch nicht gerade als Vorbild für Selbstkritik durchgeht. „Lorant habe ich darauf hingewiesen, dass Hansi Müller mit genau dem blütenweißen Hemd vom Platz gegangen ist, mit dem er am Anfang eingelaufen war. Dem Nachtweih habe ich gesagt, dass ich früher zwar nicht so gut Fußball habe spielen können wie er, doch der Kelsch wäre bei mir vier Mal über die Aschenbahn marschiert“, gefällt sich der ehemalige Verteidiger vor den Journalisten hinterher wie so oft in der Rolle des markigen Sprücheklopfers: „Seht euch die Beine unserer Stürmer an, vor allem von Cha. Da sind die Knochen grün und blau.“ „Ihr müsst wieder kloppen und treten“, fordert er von seinen Spielern, „und nicht alles auf die leichte Schulter nehmen!“

„Ich verstehe ihren Leichtsinn nicht. Keiner hat seinen Mann gedeckt. Dabei sind sie dadurch einmal groß geworden“, wirft Rausch vor den Journalisten vor allem Norbert Nachtweih und Helmut Müller vor und fragt: „Warum fangen unsere nur an zu spinnen, kaum dass sie einen Namen haben?“ Rausch hebt gerade die Zwei hervor, die im Umfeld der Eintracht keinesfalls als fußballerische Vorbilder gelten: „Die Förster-Buben vom VfB Stuttgart haben sich als wackere Klopper einen Namen gemacht und spielen heute immer noch so stocksolide wie früher als Odenwälder Buben“, findet Rausch, der selbst einst das war, was er nun als „wackere Klopper“ bezeichnet. „Einige unserer Herren in der Abwehr sind auch zu fein dazu, den Ball auch mal ganz einfach wegzutreten und hart zur Sache zu gehen“, poltert er und schiebt dann abschwächend nach: „Man muss ja nicht gleich so wie die Förster-Buben drauftreten, von denen der Karl-Heinz unseren Cha übel zugerichtet hatte, doch etwas mehr Respekt kann man sich schon verschaffen.“

„Sie sehen ihre Fehler ein“, gibt Rausch den Journalisten mit auf dem Weg. Er selbst ließ die Mannschaft Runde um Runde laufen und bittet sie nach einer Gymnastikeinlage zu einem langen Spurttraining, bei dem die gefürchtete Sandgrube eine wichtige Rolle spielt. „Die Kraft war ja da, aber überhaupt keine Spritzigkeit“, hatte der von Rausch heftig kritisierte Lorant vorher gesagt: „Wenn ein Stuttgarter antrat, war ich schon ausgespielt.“

„Jetzt wissen wir erst, was wir an Bruno Pezzey haben. Er muss gegen Braunschweig einfach spielen“, fordert derweil Rausch, obwohl der in der Bundesliga lange gesperrte Libero seit der Afrika-Reise der Eintracht nach einer Viruserkrankung elf Pfund verloren haben soll. Doch Rausch kann und will nicht länger auf ihn verzichten: „Ich glaube, es geht trotzdem. Wir haben einen Trainingsplan für ihn ausgearbeitet, der ihn bis Samstag wieder fit macht.“

Ob er jedoch noch in der nächsten Saison bei den Frankfurter Spielen wird, ist ungeklärt: Die Eintracht will auch bei Pezzey einen leistungsbezogenen Kontrakt durchsetzen „Er hat unser Angebot, jetzt kann er ja oder nein sagen“, sagt Manager Udo Klug, der klarstellt, was eine Ablehnung Pezzeys bedeutet: „Dann kann das auch ein neuer Fall Wenzel oder Kraus werden!“ Und beide sind nicht mehr bei den Frankfurtern, sondern bei Fortuna Düsseldorf und Bayern München.

Kraus und Wenzel brachten die Hessen übrigens in der letzten Saison bei Pezzeys Bundesligadebüt am 2. Spieltag gegen die Braunschweiger schon nach einer knappen Viertelstunde mit 2:0 in Führung. Neben diesen beiden fehlt heute auch Libero Willi Neuberger, der sich nach einer beim Freundschaftsspiel in Nürnberg erlittenen Oberschenkelverletzung nur humpelnd fortbewegen kann und auf der Pressetribüne neben Manager Klug Platz genommen hat. Werner Lorant sitzt zwar auf der Ersatzbank, soll wegen seiner schweren Erkältung aber nur im Notfall zum Einsatz kommen.

Anstelle von Neuberger lässt Rausch Körbel Libero spielen, Rigobert Gruber übernimmt Körbels Vorstopperposten, während Müller und Nachtweih wieder die Außenverteidigerpositionen besetzen. Pezzey, der zum ersten Mal seit dem 22.9. wieder in einem Bundesligaspiel zum Einsatz kommt, wird von Rausch als „Abfangjäger“ oder „Staubsauger“ ins Mittelfeld beordert.

Bei milden Frühlingswetter lässt sich der Tabellen-17. jedoch zu Beginn nicht aufhalten und will offensichtlich die bei der 0:1-Heimniederlage gegen Kaiserslautern am letzten Wochenende vergebenen Punkte im Waldstadion wieder einsammeln. Selbstvertrauen dafür haben sie sich in den fünf Spielen zuvor geholt, in denen sie ungeschlagen geblieben sind, und die Düsseldorfer Fortuna hat ja bei ihrem 2:1-Sieg vor 14 Tagen bewiesen, dass man die Frankfurter zuhause kalt erwischen kann.

Auch heute kann Gruber Danilo Popivodas Dribbling erst in höchster Not beenden und in der 4. Minute sieht sich Torhüter Pahl dem schnellen Heinz-Werner Eggeling gegenüber, doch mit einer waghalsigen Parade verhindert der Frankfurter Schlussmann einen frühen Rückstand. Die „Rakete“, die die Niedersachsen Anfang Dezember vom VfL Bochum geholt haben, hat gleich im ersten Spiel für Braunschweig getroffen, aber ein ausgewiesener Torjäger wird aus dem antrittsstarken Stürmer nicht mehr.

Müller und Gruber auf der rechten Seite, Nachtweih und Pezzey auf der linken, kümmern sich im Wechsel um die beiden gefährlichen Braunschweiger Angreifer, während sich mit Hölzenbein eine der beiden Frankfurter Spitzen in der Anfangsphase viel zu weit nach hinten orientiert und so vorne als Anspielstation fehlt. Es ist das altbekannte Problem der Eintracht, dass sie mit Grabowski, Hölzenbein und Nickel drei überragende Offensivspieler in ihren Reihen hat, die aber allesamt am liebsten aus dem Mittelfeld heraus agieren.


1:0 durch Pezzey

Erst als Hölzenbein in die Spitze rückt, wird das Spiel der Frankfurter zwingender. Nickel hat nun neben Cha einen zweiten Abnehmer für seine langen Pässe und Borchers hat den Raum, um mit seinen Sprints aus dem Mittelfeld den Abwehrverbund der Gäste auseinanderzureißen. In der 25. Minute ist es soweit: Hölzenbein schnappt sich den Ball an der rechten Strafraumgrenze und flankt in den Braunschweiger Sechzehner, wo Pezzey einen halben Meter über der Grasnarbe herangeflogen kommt und den Ball mit dem Kopf im Kasten der Gäste versenkt.

Lange hat die Führung allerdings nicht Bestand. Nur fünf Minuten danach nutzt Holger Trimhold, der einige Monate vor Eggeling vom VfL Bochum nach Braunschweig gewechselt ist, die Chance zum Ausgleich. Die Gastgeber sind vom 1:1 aber nicht beeindruckt und weiter Herr im eigenen Haus. Cha bietet sich alsbald die Gelegenheit zur erneuten Führung, doch nach einer guten Flanke von Müller, der bei seinen Zuspielen und Vorlagen immer mal wieder den richtigen Zeitpunkt verpasst, zögert Cha gleichfalls zu lange und vertändelt.

In der 38. Minute macht es der Stürmer besser. Nickel ist der Ausgangspunkt und hebt das Leder hoch in den Strafraum, wo Hölzenbein den Ball mit dem Rücken zum Tor maßgerecht für Cha auflegt. Dieses Mal zögert Cha keine Sekunde, zieht aus 16 Metern ab und trifft mit seinem Flachschuss rechts unten ins Tor.

Das 2:1 drückt die Überlegenheit der Gastgeber in den letzten 20 Minuten nur unzureichend aus, aber das ändert sich kurz vor dem Pausenpfiff. Nachtweihs kraftvollen Hieb aus 20 Metern Entfernung kann Torwart Bernd Franke nur entschärfen, in dem er das Geschoss zur Seite abklatscht. Hölzenbein reagiert wie so oft am schnellsten und erläuft den Abpraller an der Außenlinie und flankt im Fallen in den Strafraum, wo Pezzey das Leder noch verpasst, aber Nachtweih zwölf Meter vor dem Tor zur Stelle ist und den Ball ins Netz schmettert.

Die 10.000 Zuschauer sind mit der Frankfurter Elf zufrieden und der verletzte Willi Neuberger ist es auch: „Ich habe auf 4:1 getippt, 3:1 steht‘s ja schon.“ Aber nicht mehr lange, möchte man angesichts des Angriffsschwunges der Hessen hinzufügen, die nach dem Wiederanpfiff dort weitermachen, wo sie vor der Unterbrechung durch die Pause aufgehört haben. Drei Minuten sind im zweiten Durchgang gespielt, da kann Cha von vier Braunschweigern nicht aufgehalten werden und findet seinen Meister erst in Franke, der erneut Schlimmeres verhindern kann.

Aber das gelingt dem ehemaligen DFB-Auswahlspieler nur vorübergehend, dann steht es nach 51 Minuten doch 4:1. Nachdem Nachtweihs Hereingabe abgewehrt werden konnte, stoppt Grabowski den Ball an der Strafraumgrenze und gibt präzise zum neben ihm stehenden Nickel. Der lässt Trimhold aussteigen und zimmert das Leder aus 16 Metern in den Winkel. Grabowski ist nicht großartig zum Jubeln zumute, denn bei seinem Abspiel ist ihm sein Gegenspieler Tripbacher in die Parade und die Knochen gefahren. Der Kapitän der Frankfurter muss an der Seitenlinie behandelt werden und behält von der Attacke einen Bluterguss in der Wade und eine Prellung im Oberschenkel als Erinnerung zurück.

Der Sturmlauf der Frankfurter drängt die Gäste zwar meist in ihre Hälfte zurück, andererseits ergeben sich dadurch für die Niedersachsen vereinzelt auch Konterchancen: Körbel muss Eggeling mit einem Foul, für das er eine Gelbe Karte erhält, bei seinem Durchmarsch stoppen. Ansonsten verhindert Pahl bei Freistößen von Eggeling in der 51. und 53. Minute den zweiten Gegentreffer: Beim ersten Mal fischt er den Versuch aus dem rechten und beim zweiten Mal aus den linken Winkel seines Kastens.

Noch mehr zu tun hat freilich Pahls Gegenüber Franke, der sich immer wieder der Schüsse von Nachtweih und Cha erwehren muss. Besonders Cha versucht es aus allen Lagen. In der 62. Minute glänzt er jedoch als Vorbereiter. Er umspielt seinen bedauernswerten Gegenspieler Hasse Borg, dem anstatt der Bewachung nur noch die Bewunderung für den außergewöhnlichen Stürmer bleibt. Chas Flanke erwischt Grabowski, der trotz seiner schmerzhaften Blessuren durchhält, mit dem Hinterkopf, verlängert sie und legt das Leder Pezzey quasi vor die Füße. Nach der neuerlichen Flanke Pezzeys drängeln Hölzenbein und Bruns nach dem Ball, der Frankfurter bringt seine Fußspitze ans Leder, obwohl er hinter dem Verteidiger steht, und es steht 5:1.


Hözenbein mit dem 6:1

Eine Minute später hat sich Borchers des Leders bemächtigt und stürmt über den Flügel an den Braunschweigern vorbei, bevor er den Ball mit links gefühlvoll nach innen zu Hölzenbein hebt. Der hechtet – ungeachtet des hohen Beins von Trimhold – in die Flanke und macht aus kurzer Distanz das halbe Dutzend Frankfurter Tore voll.

Das ist ihnen allerdings immer noch nicht genug. Wer hat noch nicht, wer will noch mal? – das ist das Motto der der restlichen Spielzeit, in der sich jeder Frankfurter am munteren Scheibenschießen beteiligen will. Die Vernachlässigung der Defensive geht allerdings selbst gegen die mittlerweile demoralisierten Braunschweiger zu weit und so kommen die Gäste noch einmal zu Torchancen. Bei Trimholds Versuch haben die Hessen noch Glück, weil der Ball am Pfosten landet, doch nach Körbels Stellungsfehler in der 73. Minute trifft der unbewachte Eggeling zum 6:2. Abgesehen von diesem Lapsus vertritt Körbel Libero Neuberger aber gut.

Die überragenden Figuren sind in dieser Partie jedoch zweifelsohne Cha und Hölzenbein, doch auch Nickel bekommt brausendem Beifall, als er in der 80. Minute gegen Horst Ehrmantraut ausgewechselt wird. Ehrmantraut fügt sich übrigens sofort ins Kombinationsspiel ein, legt den Ball quer zu Cha, der Hölzenbein am Elfmeterpunkt anspielt. Wieder lässt das Schlitzohr die Kugel geschickt zu einem Mitspieler prallen, der in diesem Fall Borchers heißt. Borchers, der den erkrankten Dauerläufer Lorant heute eins zu eins ersetzt hat und mit heruntergelassenen Stutzen und hochgekrempelten Ärmeln unaufhörlich rennt und rackert, belohnt sich für sein Engagement und schiebt den Ball in aller Ruhe an Franke vorbei ins Tor.

Noch acht Minuten sind zu spielen und die Fans skandieren mehr scherzend als fordernd: „Nur noch drei!“ In der Tat hätte diese Partie auch zweistellig enden können, doch es bleibt beim 7:2. Mehr Tore hat Eintracht in der Bundesliga zuletzt am 7.5.1977 erzielt, als in Essen Rot-Weiß mit 8:1 geschlagen werden konnte. Und gegen die Essener gelang mit 9:1 ja auch der höchste Bundesligasieg am 5.10.1974.

„Wenn ich mir nicht den Hals breche, müsste ich jetzt einige Zeit im Kasten bleiben“, ist Pahl nach dem Schlusspfiff wie Neuberger zum Scherzen aufgelegt: „Ich habe uns doch etwas unterschätzt“, meint der derzeit verletzte etatmäßige Libero und erinnert: „Ich hatte nur auf einen 4:1-Sieg getippt.“ „Unsere Abwehr war löchrig wie Schweizer Käse“, schimpft der Braunschweiger Torwart Franke auf seine Vorderleute: „Wir hätten mehr als zehn kassieren können.“ Er weiß aber auch: „Wenn die Frankfurter einmal ins Rollen kommen, kann sie niemand mehr aufhalten. Cha ist im Moment der beste deutsche Stürmer. Hölzenbein ist noch immer das große Schlitzohr, dem nur ein ganz ausgefuchster Spieler Paroli bieten kann. Grabowski und Nickel bilden ein einmaliges Gespann, das an einem Tag wie heute von niemand lahmgelegt werden kann.“

„Was Cha mit mir veranstaltet hat, das hat noch kein Spieler auf der Welt mit mir gemacht, und ich habe schon gegen viele Klassestürmer gespielt“, sagt der schwedische Nationalspieler Borg: „Einfach Weltklasse. Der beste Mann, gegen den ich je gespielt habe.“ „So bin ich noch nie vorgeführt worden“, bekennt Borg: „Wenn du damit rechnest, dass er dir den Ball durch die Beine schiebt, schlägt er einen Haken und steht hinter deinem Rücken. Glaubst du, er spielt den Ball links vorbei, schiebt er ihn dir durch die Beine.“ „Cha ist so schnell, man kann nur seinen Schatten decken“, endet Borgs Lobgesang, das zu seinem eigenen Klagelied geworden ist, während sein Trainer Maslo fast tröstend davon überzeugt ist, „dass der Koreaner eine Ausnahmeerscheinung in der Bundesliga ist“.

„Ich habe ein Formtief gehabt. Die Klima-Umstellung nach der Afrika-Reise hat mir sehr zu schaffen gemacht“, meint Cha zu dem vor den Spiel in Stuttgart schwächeren Auftritten von ihm in diesem Jahr. „Ich hatte Angst, danebenzuschießen. Diese Angst hat mir Friedel Rausch genommen. Er sagte mir immer wieder, ich solle ruhig weiter aufs Tor schießen“, bedankt sich Cha höflich bei Rausch, obwohl er selbst den Grundstein durch seinen Fleiß gelegt hat: „Ich habe im Training in den letzten zwei Wochen ständig das Schießen geübt.“

„Der Hölzenbein schiebt dich mit dem Rücken ständig weg, du kommst einfach nicht an den Ball“, jammert der Braunschweiger Bruns über seinen Gegenspieler. „Der Holz ist am gefährlichsten, wenn er mit dem Rücken zum gegnerischen Tor steht“, weiß Hölzenbeins einstiger Mitstreiter Horst Heese, der die Partie auf der Tribüne verfolgt hat. „Heute fühlte ich mich frisch und spritzig und hatte schon vor dem Spiel ein gutes Gefühl“, erzählt der Gelobte froh gelaunt: „Und dank dieser Spritzigkeit bist du dann eben den Bruchteil von Sekunden schneller am Ball, gewinnst du die Zentimeter, die den Zweikampf entschulden. Es sind oft nur Zentimeter, die zwischen Gelingen und Misslingen liegen.“

„Das ist doch unser Spiel, die Tore herausspielen und nicht die Bälle hoch vorne reinkloppen“, erinnert Kapitän Grabowski an die Spielkultur seiner Elf und seines Vereins. „Ich bin kein Fan, sondern Trainer, und da kann ich mit den herrlichen Toren und dem hohen Ergebnis gar nicht zufrieden sein“, sagt dazu der Trainer von Zbrojovka Brünn, Josef Masopust, „Masopust, der Trainer unseres nächsten UEFA-Cup-Gegners, hat den Super-Cha gesehen und lässt sich bestimmt ein Gegenmittel einfallen“, befürchtet Manager Klug, doch Masopust meint mit Blick auf Cha: „Dieser Mann bereitet mir viel Kopfzerbrechen. Er ist ein Superstürmer und wir haben ja bekanntlich auch nicht die beste Verteidigung.“

Bum-Kun Cha steht natürlich in der „Elf des Tages“ des Sport-Informations-Dienstes (sid) und – zusammen mit Bernd Hölzenbein – auch in der des „kicker“. „Das ist die Frankfurter Eintracht“, kommentiert die Abendpost/Nachtausgabe“: Gestern hätte man sie noch am liebsten auf den Mond geschossen, heute traut man ihr zu, die Sterne vom Himmel zu holen.“ „Natürlich bin ich zufrieden. Vor allen Dingen mit diesem hohen Ergebnis. Die Moral und der Einsatz aller war großartig und in der zweiten Halbzeit haben wir uns in einen wahren Spielrausch gesteigert“, sagt Rausch: „Jetzt kommt es für uns darauf an, diesen hohen Sieg auch auswärts zu untermauern.“


Epilog

Die Eintracht untermauert auswärts nichts. Sie verliert am Wochenende darauf im DFB-Pokal noch einmal beim VfB Stuttgart und eine weitere Woche später in Leverkusen das Spiel und Bruno Pezzey, der nach seinem Platzverweis zum zweiten Mal nach einer Begegnung mit der Werkself eine lange Sperre erhält. Bis zum Saisonende holt die Eintracht auswärts nur noch einen einzigen Punkt und wird nicht wie von Rausch angekündigt 5., sondern 10. – mit nur drei Punkten Vorsprung auf den ersten Absteiger Hertha BSC, der der Eintracht zuvor noch eine peinliche 0:4-Heimniederlage zufügt.

Während die Frankfurter nach dem Spiel gegen Braunschweig noch acht Zähler holen, ist es bei den Niedersachsen noch einer weniger. Mit insgesamt 20 Punkten steigt der Deutsche Meister des Jahres 1967 als abgeschlagener Tabellenletzter zum zweiten Mal aus der 1. Bundesliga ab.

Jürgen Pahl bricht sich nicht den Hals, wird aber dennoch drei Spieltage später nach dem 0:5 beim Hamburger SV von Rausch wieder aus dem Tor genommen. Funk ist erneut die Nummer 1, bleibt das jedoch nur für fünf Spieltage. Nach der 3:5-Heimpleite gegen Kaiserslautern darf Pahl wenige Tage später im Halbfinalrückspiel des UEFA-Pokal gegen Bayern München zwischen die Pfosten zurückkehren. In der Verlängerung lässt er einen haltbaren Weitschuss von Dremmler unter sich durchrutschen, doch er bleibt im Tor, weil die Eintracht am Ende mit 5:1 gewinnt und das Finale erreicht. Dort wird er mit der Eintracht UEFA-Pokalsieger und ein Jahr später auch DFB-Pokalsieger unter Trainer Lothar Buchmann. (rs)

 

 

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg