Eintracht Frankfurt - Bayern München

Bundesliga 1979/1980 - 9. Spieltag

3:2 (0:1)

Termin: Sa 20.10.1979, 15:30 Uhr
Zuschauer: 60.000
Schiedsrichter: Horst Joos (Stuttgart)
Tore: 0:1 Udo Horsmann (18.), 0:2 Karl-Heinz Rummenigge (61.), 1:2 Karl-Heinz Körbel (67.), 2:2 Bernd Nickel 70. (3:2), Harald Karger (78.)

 

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Bayern München

 


  • Walter Junghans
  • Hans Weiner
  • Udo Horsmann
  • Kurt Niedermayer
  • Klaus Augenthaler
  • Wolfgang Dremmler
  • Wolfgang Kraus
  • Bernd Dürnberger
  • Paul Breitner
  • Karl-Heinz Rummenigge
  • Dieter Hoeneß

 

Wechsel Wechsel
  • Norbert Janzon für Bernd Dürnberger (80.)
Trainer Trainer



Von 0:2 zum 3:2

50.000 Zuschauer hatten vor drei Wochen auf den Bänken gestanden und die Frankfurter Eintracht nach dem 3:2 über den Hamburger SV gefeiert. Eine Steigerung schien nicht mehr möglich und traf nun doch ein. Vor ausverkauftem Stadion (58.000 Zuschauer) gewann die Eintracht gegen den FC Bayern München ebenfalls mit 3:2, diesmal aber nach einem fast hoffnungslosen 0:2-Rückstand. Die Wende trat ein, als Trainer Friedel Rausch nicht mehr weiter wußte und nach zwei Gegentoren von Horsmann und Rummenigge mit Lottermann und Nickel zwei frische Leute aufs Feld schickte. Nickels Übersicht und seine Schußkraft und der unermüdliche Kampfgeist des neuen Torjägers Harald Karger bogen die Partie dann noch um. Innerhalb von zwölf Minuten machten Karlheinz Körbel, Bernd Nickel und Harald Karger aus dem 0:2 ein 3:2 und verwandelten das Waldstadion in ein Tollhaus. Die Ovationen für die Mannschaft waren nach dem Spiel verdient, der Sieg insgesamt glücklich. Die Bayern aber standen mit leeren Händen da, weil sie sich ihrer Sache zu sicher geglaubt hatten. Paul Breitner, der große Regisseur, wählte das falsche Mittel, als die Eintracht auftrumpfte. Breitner blies zur Offensive, gab der Eintracht den Raum zum Kontern und war so entscheidend mitbeteiligt an der Niederlage des FC Bayern München.

Der FC Bayern München erwischte den besseren Start und zehrte davon die gesamte erste Halbzeit. Gegen alles, was von der Eintracht-Seite geplant war, hatten die Münchener ein Rezept. Norbert Nachtweih, der offensive Außenverteidiger von Eintracht Frankfurt, stand dem „Bremser" Wolfgang Kraus gegenüber. Im Rahmen der Raumdeckung stellte sich der ehemalige Frankfurter in Nachtweihs Raum und unterband damit die Offensivvorstöße des Frankfurters.

Wie überhaupt die Raumdeckung der Eintracht die größten Schwierigkeiten bereitete. Die Münchener standen wie eine Mauer zwanzig Meter vor dem 16-Meter-Raum und zwangen damit die Eintracht, ihr Spiel breit anzulegen. So verlegten sich die Frankfurter auf mehr oder minder einfallslose hohe Flanken und vermißten dabei Bruno Pezzey schmerzlich. Die Bayern bekamen jeden Kopfball, mußten dabei allerdings auch nur Harald Karger fürchten. Der Frankfurter Mittelstürmer war als einziger seiner Mannschaft ständig in Bewegung und beschäftigte Torwart Junghans wenigstens einige Male. Die beste Szene hatte der Bayern-Torhüter in der 34. Minute, als er einen 16-Meter-Schuß von Karger aus dem Torwinkel boxte. Dies war die größte Möglichkeit der Eintracht vor der Pause.

Die Bayern hatten wesentlich mehr vom Spiel und führten deshalb bei Wechsel auch verdient mit 1:0. In der 18. Minute war es passiert. Paul Breitner trat den zweiten Eckball hoch nach innen, Karlheinz Körbel konzentrierte sich zu stark auf Hoeneß und Horsmann war der lachende Dritte. In vollem Lauf stürmte der Verteidiger heran und traf den Ball 14 Meter vor dem Tor volley. Klaus Funk hatte keine Möglichkeit mehr, abzuwehren. Nur zwei Minuten später fast das 0:2. Dieter Hoeneß hatte sich am rechten Flügel gegen den diesmal enttäuschenden Norbert Nachtweih durchgesetzt und flach nach innen geflankt. Doch bevor Rummenigge einschieben konnte, flog Funk dazwischen und wehrte ab.

Die Bayern drückten dem Spiel eindeutig ihren Stempel auf, Paul Breitner konnte es sich erlauben, im Mittelfeld ganz gemächlich zu herrschen. Um ihn herum war viel Bewegung, ob Dürnberger und Kraus, ob die Abwehrspieler Horsmann und Niedermayer, sie alle trauten sich mehr zu, als die verängstigt wirkende Eintracht. Besonders auf Bernd Hölzenbein warteten die 58.000 Zuschauer 45 Minuten vergeblich. Weit im hinteren Mittelfeld stand Hölzenbein auf dem falschen Posten und konnte dem Spiel überhaupt keine Impulse geben.

So hing wieder einmal alles an Jürgen Grabowski. Der Kapitän mühte sich verzweifelt, Ruhe ins Spiel zu bekommen, mußte aber schließlich resignieren. Die Raumdeckung der Bayern blockierte die gesamten Eintracht-Angriffe. Cha lag an der Kette von Horsmann, Borchers lief weiter seiner Form nach und Nachtweih hatte sie verloren.

Dazu kam ein Schiedsrichter, der im Zweifelsfall für München entschied und drei-, viermal der Eintracht Vorteile abpfiff. Und nur mit schnellen Angriffen wäre die Bayern-Abwehr aus den Angeln zu heben gewesen. Ein einziges Mal klappte es, und schon brauchte Torwart Junghans Glück, um kein Gegentor zu bekommen. Grabowski hatte in der 38. Min. zusammen mit Cha einen schnellen Konter gestartet und genau vor das Tor geflankt. Doch der Koreaner kam um Zentimeter zu kurz, sonst wäre wohl der zu diesem Zeitpunkt nicht verdiente Ausgleich gefallen.

Auch nach dem Wechsel änderte sich zunächst nichts. Die Bayern waren die klar bessere Mannschaft und die Eintracht suchte vergeblich nach dem roten Faden. Kämpferisch war der Mannschaft nichts vorzuwerfen, aber die Lücke im Bayern-Beton fand sie nicht. Im Gegenteil: Das Spiel schien bereits nach genau einer Stunde entschieden. Paul Breitner schickte Rummenigge steil in die Frankfurter Hälfte, der zog davon, scheiterte zunächst an Funk, köpfte dann aber den Abpraller doch zum 0:2 ein. Keiner der Fans im Stadion hätte nun auch nur noch einen Pfifferling für die total aus dem Rhythmus geratene Eintracht gegeben.

Trainer Friedel Rausch zog aus lauter Verzweiflung seine letzten Trümpfe aus dem Ärmel. Für die beiden diesmal schwächeren Außenverteidiger Nachtweih und Müller kamen Bernd Nickel und Stefan Lottermann in der 65. Minute aufs Feld. Die nächsten 25 Minuten wird so schnell wohl kaum einer vergessen, der sie miterlebt hat. Aus für die Bayern heiterem Himmel kippte das Spiel völlig um. Rausch hatte mit Bernd Nickel einen echten Joker gezogen und die Bayern waren konsterniert.

In der 67. Minute fiel das psychologisch wichtige Anschlußtor. Harald Karger erkämpfte an dar Außenlinie einen Ball, paßte flach nach innen und Karlheinz Körbel schob im Fallen ins lange Eck. Nun waren die Frankfurter nicht mehr zu halten, beim nächsten Angriff konnte Wolfgang Kraus den immer stärker werdenden Karger nur mit einem Foul stoppen und Schiedsrichter Joos entschied auf Freistoß. Bernd Nickel legte sich den Ball zurecht und knallte an der Mauer vorbei zum Ausgleich ein. „Dr. Hammer" hatte seinem Namen endlich wieder einmal alle Ehre gemacht.

Unverständlich, was die Münchener gegen eine nun entfesselte Eintracht machten. Sie schienen nicht begriffen zu haben, daß die Frankfurter im Rausch spielten. Breitner suchte unbeirrt die Offensive und öffnete so die Löcher, in die die Eintracht eiskalt hineinstieß. Harald Karger war nun nicht mehr zu stoppen. In der 74. Minute ging er rechts durch und spielte Bernd Nickel frei. Dessen Schuß ging knapp am Tor vorbei. Nur 20 Sekunden später umgekehrt. Nickel legte auf Karger, diesmal schoß der Mittelstürmer aus guter Position über das Tor.

In der 78. Min. war es dann soweit: Ecke Grabowski — Kopfball Karger — die Bayern waren geschlagen und der neue Eintracht-Torjäger tanzte auf dem Rasen. Klaus Funk, der Torwart, machte den Erfolg zehn Minuten vor Schluß perfekt, als er einen tückischen Hinterhaltschuß von Horsmann mit einer Blitzreaktion hielt.

Stimmen zum Spiel

Pal Csernai (Bayern München): „Wir haben ein großartiges Bundesliga-Spiel gesehen über volle 90 Minuten und von beiden Mannschaften. Wir waren nahe dran, mit der Tradition Schluß zu machen, hier zu verlieren, fühlten uns aber nach dem 2:0 zu sicher, vor allem in der Abwehr haben einige in ihrer Konzentration um 20 bis 30 Prozent nach der 2:0-Führung nachgelassen. Das dritte Tor durfte auf keinen Fall fallen. Bei diesem Spiel hat man wieder einmal gemerkt, daß bei uns in der Abwehr eine Persönlichkeit fehlte, die mit ihrem Können und ihrer Erfahrung die Hintermannschaft leiten und dirigieren kann. Das ist ein Problem, an dem wir noch arbeiten müssen. Ich muß zugeben, daß diese Niederlage wehtut. Gemessen an unseren Leistungen hätten wir einen Punkt verdient."

Friedel Rausch (Eintracht Frankfurt): „Wir haben in der ersten Halbzeit so gespielt, wie es sich die Bayern gewünscht haben. Wir haben Zeitlupen-Fußball gezeigt und haben uns einlullen lassen. Wir waren ängstlich. Wir haben sogar kläglich gespielt. Es hat In der Pause dann einige harte Worte gegeben, und danach war gleich viel mehr Begeisterung und Elan im Spiel. Deswegen haben wir uns auch nach dem 0:2 nicht zurückwerfen lassen. In den letzten Heimspielen hat man ja bereits erfahren, daß — wenn es bei uns einmal funkt — es gleich richtig funkt. Mit dem Auswechseln haben wir einen guten Griff getan."

 

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