Eintracht Frankfurt - VfB Stuttgart

Bundesliga 1977/1978 - 28. Spieltag

2:0 (0:0)

Termin: Sa 04.03.1978, 15:30 Uhr
Zuschauer: 33.000
Schiedsrichter Max Klauser (Vaterstetten)
Tore: 1:0 Rüdiger Wenzel (84.), 2:0 Jürgen Grabowski (89.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt VfB Stuttgart

 


  • Helmut Roleder
  • Bernd Martin
  • Dragan Holcer
  • Karlheinz Förster
  • Markus Elmer
  • Walter Kelsch
  • Erwin Hadewicz
  • Dieter Hoeneß
  • Roland Hattenberger
  • Hermann Ohlicher
  • Hans Müller

 

Wechsel Wechsel
Trainer Trainer
  • Jürgen Sundermann

 

Sechs Minuten Pfeffer

In den letzten sechs wildbewegten Minuten versöhnte die Frankfurter Eintracht ihr Publikum für vorangegangene 84 Minuten ohne jeglichen Punch und Pfeffer. In einem Spiel ohne Höhepunkte und Torszenen, in dem 84 Minuten lang das totale Patt herrschte, gelang der Eintracht vor 35.000 Zuschauern im Waldstadion doch noch ein 2:0-(0:0-)Sieg über den starken VfB Stuttgart, der letztlich dafür büßen mußte, daß er sich zu einem Zeitpunkt auf ein 0:0 einrichtete, als die konditionellen und auch spielerischen Vorteile auf seiner Seite waren. Rüdiger Wenzel (84.) und Jürgen Grabowski (88.) schossen die Tore zum Sieg in diesem sehr schweren, aber spielerisch schwachen Spiel. Denn beide Teams vermieden von Anfang an jedes Risiko. Sicherheit hatte Vorrang. Bei der Eintracht gab Norbert Nachtweih ein vielversprechendes Debüt. Ihr bester Mann jedoch war der unermüdlich rackernde und von Fouls gleich serienweise traktierte Wolfgang Kraus. Der VfB Stuttgart hatte seinen besten Mann in Erwin Hadewicz, der Jürgen Grabowski 88 Minuten lang unerbittlich auf den Füßen stand und ihn — und damit das ganze Eintracht-Spiel — einfach nicht zur Entfaltung kommen ließ. Eine besondere Genugtuung mag es da für den erbittert bekämpften Eintracht-Kapitän gewesen sein, mit einem prächtigen Solo zwei Minuten vor Schluß das Spiel endgültig zugunsten seiner Mannschaft entschieden zu haben.

Dettmar Cramer bewies endlich Mut: Norbert Nachtweih durfte sein Bundesligadebüt geben. „Anderthalb Jahre lang habe ich darauf gewartet", freute sich der 20jährige DDR-Flüchtling. „Daß es aber so schnell nach meiner Spielberechtigung schon wahr werden würde, das hat mich doch überrascht." Die Unterstützung der „alten" Bundesligahasen war dem Neuling von Anfang an gewiß. „Nur nicht nervös werden, Norbert, du kannst dich voll auf uns verlassen", machte ihm Jürgen Grabowski vor dem Spiel Mut.

Norbert Nachtweih verdrückte und versteckte sich denn auch nicht. Frech und forsch spielte der flinke Blonde auf, bot sich immer wieder an, suchte den Ball, scheute keinen Zweikampf und setzte sich mit mutigen Dribblings auch gegen Elmer durch. Ein vielversprechender Einstand. Dabei bewies Dettmar Cramer sicherlich nicht besonderes Geschick, Nachtweih auf der rechten Seite Dragoslav Stepanovic auf dem für ihn ungewohnten Posten des rechten Außenverteidigers als Pärchen-Partner zur Seite zu stellen. Der Jugoslave fand denn auch keine rechte Einstellung auf der rechten Seite, spielte oft liederlich, war unsicher und unzuverlässig. Auf dieser Seite tummelte sich obendrein ausgerechnet Hansi Müller — doch Unheil richtete er zum Glück nicht an.

Denn die erste Halbzeit wurde zu einem totalen Patt bestimmt. Die Eintracht war darauf bedacht, nur ja in keine Konter zu rennen, der VfB war darauf aus, auf Konterchancen zu lauern. Alles drehte sich am Mittelfeldkreis im Kreise. So hatte in den ersten 45 Minuten jede Mannschaft nur eine nennenswerte Torchance herausgespielt. In der 3. Minute hob Jürgen Grabowski nach einem mustergültigen Paß von Nickel den Ball über das Tor, in der 21. Minute eine ähnliche Situation auf der andere Seite: Hansi Müller hatte Kelsch blendend freigespielt, doch auch der Stuttgarter hob den Ball nur über die Querlatte.

Der VfB stellte mit Förster und Holcer im Zentrum einen sicheren, unerbittlichen und resoluten Abwehrblock. Die Stuttgarter gingen dabei mit ihren Attacken nicht gerade zimperlich zu Werke. Wolfgang Kraus bekam es am meisten zu spüren. Eine Fülle von Fouls und Freistößen störten zusätzlich den Spielfluß, der hüben und drüben einfach nicht in Gang kommen wollte. Hadewicz stand Grabowski unerbittlich auf den Füßen, Hölzenbein zog sich weit ins Mittelfeld zurück und Nickel fand so selten jemand, den er hätte anspielen können. Denn Wenzel stand zwischen Holcer und Förster auf verlorenem Posten. Für die meiste Bewegung in dem sonst sehr schleppenden Eintracht-Spiel sorgten noch Kraus und sein Pendant auf der anderen Seite, Nachtweih.

Nach dem Wechsel nahmen nur die Ruppigkeiten zu und der schwache Schiedsrichter Klauser machte die ersten zehn Minuten zu einem Gelbe-Karte-Spiel. Hier waren allerdings alle drei Verwarnungen angebracht. Holcer nach dem x-ten Foul an Kraus, der schwerfällige Stepanovic, der Hattenberger nur noch mit einem Catchergriff stoppen konnte, und Kelsch nach einem Foul an Kraus sahen alle innerhalb von acht Minuten die gelbe Karte.

Die Stuttgarter wirkten kraftvoller und laufstärker und kamen daher auch eher in die Nähe von Torchancen. So mußte Jupp Koitka bei einem gefährlichen Flankenball von Hoeneß (58.) und bei einem raffinierten Freistoß von Hansi Müller (63.) reaktionsschnell und energisch zupacken. Stepanovic baute als erster auch kräftemäßig ab und wurde in der 66. Minute gegen Reichel ausgewechselt Auch Kraus und Nachtweih, die das größte Laufpensum verrichtet hatten, ließen nach. Vor allem bei Nachtweih schlichen sich jetzt — verständlicherweise — viele Fehler ein.

Da weder von Grabowski, der in Hadewicz einen unerbittlichen Gegner hatte, noch von Hölzenbein oder dem schwerfälligen Nickel zündende Funken ausgingen, blieb das Eintracht-Spiel weit vor der Strafraumgrenze der Stuttgarter bereits stecken. Beim VfB dagegen drehte Hansi Müller auf. Doch anstatt nun vollends gegen einen angeschlagen scheinenden Gegner zuzuschlagen, spielten die Schwaben auf Halten des 0:0 — und das rächte sich bitter.

Nach einem Rückball in der 84. Minute brachten die Stuttgarter den Ball nicht weg, Wenzel fackelte — endlich — nicht lange, und sein beherzter Schuß vom Elfmeterpunkt aus einem Gewühl heraus wurde mit der um jubelten 1:0-Führung belohnt. Hoffentlich ist bei dem Torjäger damit der Knoten endlich geplatzt.

Nun wollten die Stuttgarter auf einmal wettmachen, was sie vorher versäumt hatten — und gingen bei ihren Bemühungen um den Ausgleich nach einem Konter endgültig k.o.: Jürgen Grabowski umspielte nach einem guten Paß von Kraus Holcer und schob dann eiskalt, wie nur er es kann, den Ball an Roleder vorbei zum alles entscheidenden 2:0 ins Tor.

Stimmen zum Spiel

Jürgen Sundermann (VfB Stuttgart): „Wir haben auswärts erneut wieder nicht schlecht gespielt, doch es wäre mir lieber gewesen, wir hätten sauschlecht gespielt und wenigstens mal einen Punkt geholt."

Dettmar Cramer (Eintracht Frankfurt): „Man darf sich von den Zuschauern nicht zu einem Spiel zwingen lassen, das ein Vabanquespiel ist, deswegen haben wir gegen Hertha BSC 0:5 verloren und gerieten gegen Grasshoppers mit 0:2 in Rückstand. Mit Nachtweih bin ich sehr zufrieden. Ich habe ihn von Anfang an als ersten unserer Nachwuchsspieler vorgeschlagen, der einen Vertrag bekommen muß."


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