FSV Frankfurt - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1976/1977

2:3 (0:2)

Termin: 02.01.1977
Zuschauer: 5.000
Schiedsrichter: Henfling (Frankfurt)
Tore: 0:1 Dragoslav Stepanovic (1.), 0:2 Wolfgang Kraus (41.), 1:2 Genz (47.), 1:3 Egon Bihn (77.), 2:3 Hofmann (81.)

 

 

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FSV Frankfurt Eintracht Frankfurt

  • Volz
  • Koch
  • Rübenach
  • Stahl
  • Gebert
  • Zele
  • Engel
  • Lenz
  • Genz
  • Hofmann
  • Klein

 


 

Wechsel
  • Kirch für Lenz (46.)
  • Höfer für Klein (76.)
Wechsel
Trainer
  • Beljin
Trainer

 

Südländische Typen am Bornheimer Hang

Als Gyula Lorant die Frankfurter Eintracht von seinem am 8. November geschassten Vorgänger Hans-Dieter Roos übernahm, stand die ambitionierte Elf auf dem 16. Tabellenplatz. Nach der Auftaktniederlage in Bremen führte der neue Trainer seine Mannschaft mit vier Siegen und einem Unentschieden in den folgenden fünf Pflichtspielen auf den 13. Rang und ins Achtelfinale des DFB-Pokals. Für Wolfgang Tobien steht im „kicker“ deshalb bereits fest, dass Lorant „seinen Ruf als Garant der schnellen Erfolge“ bestätigt hat. „Das Erstaunlichste dabei“ ist aus Sicht Tobiens, dass „der Initiator des Wandels sich offensichtlich selber gewandelt hat. Aus dem maßlosen Mann früherer Jahre, der Erfolge ausschließlich auf sich zu beziehen und die Schuld an Misserfolgen gänzlich von sich zu weisen pflegte, scheint ein bescheidener Souverän geworden zu sein.“

Souverän war auf jeden Fall der 3:0-Sieg bei Bayern München, den man der zuvor auswärts so erfolglosen Eintracht nicht zutrauen konnte. „Lorant gab uns mit seiner besonderen Art das Selbstvertrauen wieder, das abhanden gekommen war“, erklärt Kapitän Grabowski den aus seiner Sicht wichtigsten Grund für den Aufschwung der letzten Wochen. Zwischen den Trainern Roos und Lorant gibt es darüber hinaus jedoch auch Unterschiede in der Auffassung, welches Spielsystem am besten zur Eintracht passt. Während Roos auch nach seiner Entlassung eine bedingungslose Manndeckung immer noch für die beste Wahl hält, lässt Lorant keinen Zweifel daran, dass er mit den Riederwäldern die passende Elf für seine Kombination aus Raum- und Manndeckung gefunden hat: „Die Eintracht hat viele südländische Typen und mit Reichel und Körbel nur zwei echte Manndecker. Deswegen kommt der Mannschaft insgesamt mein System entgegen, mit dem ich schon in Saloniki große Erfolge gehabt hatte.“

Doch auch Roos, der weiterhin in seiner Bischofsheimer Hochhauswohnung lebt, fühlt sich nach dem Besuch der Eintrachtspiele gegen Kaiserslautern und Düsseldorf bestätigt, „dass ich mit meiner Meinung richtig gelegen habe.“ Roos versucht erst gar nicht zu verbergen, dass er immer noch tief enttäuscht über seine Beurlaubung ist: „Wenn man genau weiß, wie das alles zustande gekommen ist, dann fühlt man sich tief getroffen. Die Verbitterung in mir wird wohl noch lange bleiben.“ Einzelheiten nennt Roos indes nicht. Ob er sich das detaillierte Nachtreten verkneift oder nicht die Hand beißen will, die ihn immer noch füttert? Roos erhält auf jeden Fall bis zum Saisonende seine Bezüge von der Frankfurter Eintracht. Mit den Angeboten, die ihm von anderen Vereinen unterbreitet werden, hat Roos keine Eile. „Man sollte sich angesichts solcher Erfahrungen überlegen, ob man nicht aussteigt aus diesem Geschäft“, stellt er sogar infrage, ob er dem Profi-Fußball erhalten bleibt. Die Chancen auf seinen Verbleib sind aber groß, wie Roos, der sich Mitte Januar entscheiden will, einräumt: „Von diesem Job komme ich wahrscheinlich nicht los. Ich gehöre wohl zum Fußball.“

Wieder zum einsatzfähigen Teil des Lizenzspielerkaders der Eintracht gehören die dauerverletzten Peter Krobbach und Klaus Beverungen. Nach einer dreitägigen Weihnachtspause verkündet Trainer Lorant auf dem Trainingsgelände am Riederwald, dass beide am 2. Januar im Freundschaftsspiel beim FSV Frankfurt mit von der Partie sein werden. Beverungen hatte in einem der letzten Vorbereitungsspiele auf die Saison eine Leistenverletzung erlitten, die sich nicht nur als schmerzhaft, sondern auch als langwierig heraus stellte. Lediglich am 6. Spieltag gegen den 1. FC Saarbrücken kam „Beve“ zu einem Punktspieleinsatz, als er in der 16. Minute für den verletzten Nickel eingewechselt wurde und quasi mit dem Halbzeitpfiff den Siegtreffer erzielte.

Viel länger – insgesamt 15 Monate - wartet Krobbach auf seinen nächsten Bundesligaeinsatz, sein letzter datiert vom 27.9.1975, als er im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern verletzt wurde. „Der Peter hat mit unglaublicher Härte an sich gearbeitet. Ich glaube, dass er jetzt den Anschluss an das Bundesliganiveau wieder gefunden hat“, macht Lorant Krobbach Mut. Mit von der Partie soll am Sonntag auch Egon Bihn sein, der im Freundschaftsspiel bei Kickers Offenbach Mitte Oktober am Oberschenkel verletzt wurde, und seitdem lediglich im DFB-Pokal auf einen elfminütigen Einsatz gekommen ist. Damit wäre das Eintracht-Lazarett bis auf Verteidiger Helmut Müller, der in diesen Tagen einen neuen Kontrakt für zwei weitere Jahre unterschreiben wird, endlich nahezu geleert.

Lorant hofft weiter auch auf anderweitige Verstärkung: Der Wechsel des einstigen Spielführers der ungarischen Nationalmannschaft, József Horváth, ist noch nicht vom Tisch: „Er weilt in dieser Woche in der Schweiz, um sich mit Young Fellows Zürich, bei denen er nach seiner Flucht untergeschlüpft war, über einen Wechsel zu uns zu einigen“, sagt Lorant, gibt aber zu bedenken: „Horvath ist zwar ein Klassemann, doch hat er immerhin über ein Jahr schon nicht mehr gespielt.“

Allzu erfolgreich war die Frankfurter Eintracht mit ihren Neuverpflichtungen in den letzten Jahren ohnehin nicht, wenn man sich nur die lange vorbereiteten betrachtet und von den „Schnellschüssen“ während der Saison a la Neuberger, Koitka und Stepanovic einmal absieht. Es begann mit Hans-Joachim Andree, fand seine Fortsetzung in Bernd Lorenz und Peter Krobbach, der über 400.000 Mark Ablöse kostete, und hört aktuell mit Egon Bihn auf, für den die Eintracht fast eine halbe Million auf den Tisch gelegt haben soll. Aus dieser Reihe hat es einzig Rüdiger Wenzel zum Stammspieler gebracht.

Zudem ist die finanzielle Lage der Eintracht bekanntermaßen spätestens seit 1968 mindestens angespannt, wobei die beiden Pokalsiege mit Dietrich Weise zwischenzeitlich den Schuldenabbau forcieren halfen. Das erfolglose Jahr 1976 hat den Riederwäldern aber wieder ein Loch in die Kasse gebrannt, und so gestalten sich die derzeitigen Vertragsverhandlungen mit insgesamt zehn Spielern alles andere als leicht – die Frankfurter müssen sparen. Auf wenig Verständnis stößt im Umfeld und bei der Abendpost/Nachtausgabe allerdings die Absicht, mit Wolfgang Kraus eine erprobte und bewährte Kraft aus dem eigenen Stall ziehen zu lassen, weil die Eintracht nicht bereit sein soll, Kraus 20.000 DM jährlich mehr zu zahlen. „Im eigenen Laden hat es der Lehrling immer schwer, finanzielle Sprünge zu machen. Dabei hat gerade die Eintracht in den letzten Jahren immer wieder die Erfahrung gemacht, dass sie sich auf den eigenen Stamm mehr verlassen kann als auf auswärtige Ankäufe. (..) Bei Wolfgang Kraus, weiß die Eintracht, was sie hat“, mahnt das Boulevardblatt.

Bereits profitiert haben bei der Eintracht Weidle und Trinklein und zwar von der bisherigen Arbeit des Trainers – meint jedenfalls Gyula Lorant. Geradezu begeistert zeigt sich der Coach übrigens von Grabowski und Hölzenbein. „Wenn der Grabi kopfballstärker wäre, wäre er als Libero eine echte Konkurrenz für Beckenbauer. Zwar wird er sicherlich nicht Libero spielen, doch in Zukunft noch eine ganz besondere Aufgabe bei mir übernehmen“, kündigt er an und schwärmt auch von dem anderen Weltmeister, der unter Lorant zu seiner Torgefährlichkeit zurückgefunden hat: „Ich habe in der Bundesliga noch keinen Spieler gesehen, der so klug ohne Ball spielen kann wie Hölzenbein. Er ist ein Typ, für den ein Gegenspieler zu wenig ist.“ Nur eines hält der Trainer bei „Holz“ für verbesserungswürdig und dem Spieler vor: „Wenn er sich bei uns nur nicht so leicht von äußeren Einflüssen wie dem Wetter, den Platzverhältnissen oder dem Schiedsrichter beeinflussen lassen würde, was erstaunlicherweise bei seinen Einsätzen in der Nationalmannschaft nicht der Fall ist.“

Am Sonntag spielt Hölzenbein am Bornheimer Hang aber unbeeindruckt vom Wetter und bildet mit Nickel ein ungemein druckvolles Sturmduo. Den Führungstreffer für den Erstligisten erzielt jedoch ein anderer und das bereits in der 1. Spielminute: Dragoslav Stepanovic. Während sich Trainer Lorant über das frühe 1:0 und seine beiden Stürmer freuen kann, legt er nach einer Viertelstunde seine Stirn in Sorgenfalten: Libero Trinklein muss wegen leichter Beschwerden in der Leiste den Platz vorzeitig verlassen. Doch Lorants Miene hellt sich bald wieder auf, denn der eingewechselte Krobbach feiert nach seiner langen Pause einen guten Einstand auf der Position des freien Mannes. Wie zu Beginn seiner Frankfurter Zeit glänzt er mit großer Übersicht und ist körperlich voll auf der Höhe. Wenn er seine Nerven, die ihm vor seiner Verletzung im ersten Jahr bei der Eintracht zu oft einen Streich spielten, in den Griff bekommt, kann er doch noch die erhoffte Verstärkung werden.

Dabei macht der von Milovan Beljin trainierte Zweitligist Krobbach seine Aufgabe nicht einfach. Der FSV zeigt eine achtbare Leistung, die so nicht ohne Weiteres zu erwarten war. Immerhin fehlen den Bornheimern mit dem gesperrten Karl Walter, dem verletzten Horst Trimhold und dem in Israel weilenden Amateurnationalspieler Heinz-Rudolf Weiler drei Stammspieler. Trimhold wäre sicher gerne an der Seite der beiden anderen ehemaligen Eintrachtspieler Paul-Werner Hofmann und Klaus-Peter Stahl gegen die Riederwälder aufgelaufen, die durch Kraus vier Minuten vor dem Pausenpfiff auf 2:0 erhöhen.

Während Lorant mit Beginn der zweiten Halbzeit Wenzel für Hölzenbein, Bihn für Nickel sowie Torhüter Wienhold für Koitka bringt, wechselt sein Kollege Beljin Kirch für Lenz ein. Lenz hat im Spiel nach vorne durchaus zu überzeugen gewusst, doch mit seiner Arbeit in der Defensive ist Beljin überhaupt nicht einverstanden.

Die Eintracht lässt es nun etwas ruhiger angehen und wird sofort bestraft. Zwei Minuten sind im zweiten Durchgang gespielt, als Genz aus Sicht des FSV auf 1:2 verkürzen kann. Keine 120 Sekunden steht Wienhold im Kasten und muss bereits hinter sich greifen. Der ehemaligen Nummer 1 der Eintracht ist das natürlich gar nicht recht, auch wenn es seine Chancen, an Koitka vorbei zu kommen, nicht noch schlechter machen dürfte.

Dem FSV gelingt es, die Partie recht ausgeglichen zu gestalten, was den Teil der 5.000 Zuschauer, die zu den Schwarz-Blauen halten, zufriedener stimmt als den Anhang der Eintracht. Der hat sich erhofft, die eigene Elf würde den Klassenunterschied deutlicher werden lassen und dem Lokalrivalen eine Lektion erteilen, wie den Offenbacher Kickers im letzten Oktober.

Lorant ist das scheinbar gleich. Er nutzt die Partie, um seine Spieler, auch die zuvor lange Verletzten, unter Wettkampfbedingungen zu testen. So wechselt er in der 70. Minute nach Krobbach und Bihn mit Beverungen den letzten Rekonvaleszenten für Kraus ein. Auch Beljin wechselt noch einmal und bringt in der 76. Minute Höfer anstelle von Klein.

Und keine 60 Sekunden später fällt tatsächlich ein Tor. Es ist nur nicht der vom FSV erhoffte Ausgleich, sondern das 3:1 durch Bihn, das dem Linksaußen bestimmt besonders gut tun wird. Die Bornheimer aber stecken nicht auf und verkürzen vier Minuten später durch den ebenfalls eingewechselten Höfer auf 2:3. Dabei bleibt es.

„Bei uns war durchaus ein Unentschieden drin, aber wir hatten wieder viel Pech“, ärgert sich Beljin, der dabei an Hofmann denkt, der bei einigen guten Chancen knapp scheiterte. „Trotzdem haben wir gut gespielt“, ist Beljin mit der Leistung seiner Truppe zufrieden, bei der sich nach dem Abpfiff Kirch und Zele in ärztliche Behandlung begeben müssen. Kirch hat eine Risswunde am Kopf und Zele eine Fleischwunde am Fuß erlitten.


Wienhold mit Sohn

Von weitaus schwereren Verletzungen ist Günter Wienhold längst wieder genesen. Der Torwart, dessen Vertrag bei der Frankfurter Eintracht bis zum 30. Juni 1978 läuft, will die Hessen aber vielleicht vorzeitig bereits am Ende dieser Saison verlassen: „Ich habe ein Angebot eines Bundesligavereins, das ich gerne annehmen würde.“ „Zehn Monate Punktspielpause sind genug“, erklärt der Keeper seinen Beweggrund. Am 13. März 1976 hatte er sich im Zweikampf im Bundesligaspiel gegen Gladbach auf dem Bökelberg eine Fraktur des Sprunggelenks, einen doppelten Wadenbeinbruch und einen Bänderabriss zugezogen. „Jupp“ Koitka war dann wenige Spieltage vor Saisonende verpflichtet worden, weil Ersatzmann Dr. Kunter die Schmähungen gegen sich nicht mehr ertragen konnte und wollte. Wienhold aber ist seit seiner Genesung sowohl unter Roos als auch unter Lorant nur Nummer 2 und kommt am selbstbewussten Koitka nicht vorbei.

„Wenn ich in der Rückrunde den Sprung zurück in die Mannschaft schaffe, bleibe ich natürlich“, relativiert Wienhold seine Abwanderungsgedanken. Auf seine Rückkehr zwischen die Pfosten kann er sich aber nur wenig Hoffnung machen, denn Trainer Lorant hat sich bereits festgelegt: „Koitka ist in so guter Form, dass keine Veranlassung besteht, ihn aus dem Tor zu nehmen.“ „In der gegenwärtigen Situation würde kein Trainer das Risiko eingehen, den gut spielenden Jupp Koitka auf die Bank zu setzen“, zeigt Wienhold das Verständnis, das er sich auch für seine Situation erhofft: „Mich juckt es in den Fingern, zumal ich seit sieben, acht Wochen von der Trainingsleistung her wieder den früheren Leistungsstand erreicht habe.“

Und Wienholds Chancen bei der Eintracht werden noch schlechter. Der 20-jährige Torwart Jürgen Pahl und der 19-jährige Mittelfeldspieler Norbert Nachtweih, die sich im Oktober des letzten Jahres während einer Länderspielreise in der Türkei aus der DDR abgesetzt haben, haben sich der Eintracht angeschlossen. „Den beiden gefällt es bei uns und wir glauben, dass sie in unser sportliches Konzept passen“, sagt Präsident Achaz von Thümen. Wann die beiden Spieler für die Eintracht auflaufen dürfen, ist unklar. Der Fußball-Verband der DDR hat auf das Freigabe-Ersuchen des DFB noch nicht geantwortet. (rs)


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