Eintracht Frankfurt - VfL Bochum

Bundesliga 1971/1972 - 13. Spieltag

3:2 (1:0)

Termin: Sa 30.10.1971, 15:30 Uhr
Zuschauer: 14.000
Schiedsrichter: Ferdinand Biwersi (Bliesransbach)
Tore: 1:0 Ender Konca (8.), 2:0 Ender Konca (56.), 3:0 Thomas Parits (69.), 3:1 Reinhold Wosab (76.), 3:2 Hans Walitza (84.)

>> Spielbericht <

Eintracht Frankfurt VfL Bochum

 


  • Hans-Jürgen Bradler
  • Reinhold Wosab
  • Manfred Rüsing
  • Werner Jablonski
  • Dieter Versen
  • Hans Walitza
  • Harry Fechner
  • Werner Balte
  • Werner Krämer
  • Dieter Fern
  • Hans-Werner Hartl

 

Wechsel Wechsel
  • Erwin Galeski für Hans-Werner Hartl (49.)
  • Hans-Jürgen Köper für Werner Krämer (69.)
Trainer Trainer
  • Hermann Eppenhoff

 

Am Tag, als Ender Konca traf

Dem ersten Auswärtssieg der Saison wollen die heimstarken Frankfurter heute nur allzu gerne einen weiteren Heimsieg folgen lassen. Der Bundesliganeuling aus dem Ruhrpott sollte nach den bisher gezeigten Saisonleistungen auch zu schlagen sein. Trainer Ribbeck vertraut der schon gegen Bielefeld nicht zuletzt wegen Trinkleins Platzverweis aus der Partie gegen Lautern umformierten Abwehr. Dieser sollen auf den Außenpositionen Reichel und Wirth sowie Heese und Lutz als Vorstopper und Libero die so dringend benötigte Stabilität verleihen. Konca und Parits erhalten im Sturm Unterstützung durch Grabowski, dahinter stellen Nickel, Hölzenbein und Rohrbach das Mittelfeld. Rohrbach fällt dabei die Aufgabe zu, die Kreise des Regisseurs der Bochumer, "Eia" Krämer, entscheidend einzuengen.

Die Eintracht lässt in der ersten Halbzeit gegen den Tabellen-16. aus Bochum auch keinen Zweifel daran aufkommen, wer im Waldstadion Herr im Hause ist. Bereits in der 8. Spielminute gehen die Riederwälder in Führung. Der erneut überragende Grabowski zieht eine gefährliche Flanke vor das Bochumer Tor. Bochums Torsteher macht diesem Begriff alle Ehre und bleibt auf der Linie kleben. Ender Konca, dem manch einer bereits die Bundesligatauglichkeit absprechen wollte, hat wenig Probleme mit dem Kopf das 1:0 für die Frankfurter zu erzielen. Es ist sein zweites Bundesligator für die Eintracht.

Ender Konca gibt sein Tor offensichtlich Auftrieb. Seine Aktionen wirken selbstbewusster und zielstrebiger als bislang in dieser Saison. Trotz des Sturmwirbels, den die Offensive der Eintracht wieder einmal entfacht, bereitet Trainer Ribbeck die Abwehr Kopfzerbrechen. Zudem sieht Heese gegen Walitza schlecht aus und auch Routinier Lutz leistet sich eine Reihe von Unkonzentriertheiten. Wie so oft kaschiert die Eintracht ihre Unzulänglichkeiten in der Abwehr aber durch ihre Stärken im Sturmspiel. Nur mit dem Toreschießen hapert es auch heute.

Die Auswechslung von Heese zur Pause ist nach dessen Leistung durchaus nachvollziehbar. Die Einwechslung von Dieter Ungewitter soll der Defensive der Eintracht zu einer größeren Sicherheit verhelfen, wie auch die von Ribbeck umgestellte Abwehr. Lutz spielt nun Vorstopper und Bernd Hölzenbein übernimmt die Liberoposition. Daran hat der "Holz" allerdings keine guten Erinnerungen. Bei seinem Debüt auf dieser Position in einem Pokalspiel im August des letzten Jahres stand es im Waldstadion nach 21 Minuten bereits 0:3 gegen die Eintracht …

In der 56. Minute ist die Möglichkeit einer Frankfurter Niederlage aber in weite Ferne gerückt. Ender Konca ist es, der aus gut 25 Meter Entfernung das 2:0 erzielt. Der Bochumer Torhüter Bradler kann den tückischen Aufsetzer des türkischen Nationalspielers nicht unter Kontrolle bringen. Konca ficht die Unpässlichkeit Bradlers nicht an, er freut sich über sein drittes Saisontor und bei der Eintracht beginnt man wieder verstärkt zu hoffen, dass die Neuverpflichtung doch noch einschlagen wird.

Recht gut klappt auch das Experiment mit Rohrbach als Krämer-Bewacher im Mittelfeld. Nur einmal entwischt ihm der Ex-Nationalspieler und zieht eine gefährliche Flanke vor das Frankfurter Tor, die Kunter im Hechtsprung wegboxt. Zudem liefert "Kalla" Wirth eine Partie ohne Tadel liefert und Reichel wirkt zwar unauffällig, lässt auf seiner Seite aber kaum etwas anbrennen.

Damit nicht genug, denn jetzt kommt die Offensive der Hausherren so richtig auf Touren. Allerdings macht der Gästetorwart in einer Fortsetzung zu den ersten beiden Gegentreffern auch weiterhin keine allzu gute Figur. Nickel legt Grabowski in der 69. Minute den Ball auf und Bradler kann den Schuss des Frankfurter Kapitäns nicht festhalten. Thomas Parits ist – wie es sich für einen Mittelstürmer gehört – zur Stelle und vollstreckt mühelos. Nach dem 3:0 scheint die Partie endgültig zugunsten der Frankfurter entschieden. Dabei hat der starke Nickel heute einiges Pech mit seinen Schüssen: Die aussichtsreichsten Versuche werden abgefälscht und gehen knapp über und neben das Tor.

Leider beginnt sich trotz der Überlegenheit der Eintracht abzuzeichnen, dass Ribbecks taktische Manöver in der Defensive wieder einmal keine Früchte tragen werden. In der 76. Minute ist es dann soweit, es klingelt zum ersten Mal in Kunters Kasten. Reinhold Wosab zieht aus 20 Metern mächtig ab und lässt Dr. Kunter keine Chance. Statt einem durchaus möglichen 6:0 führt die Eintracht nur noch mit 3:1. Dabei ist seit der 70. Minute mit "Eia" Krämer auf Bochumer Seite ein wichtiger Akteur nicht mehr dabei. Er ist auf die Wirbelsäule gefallen und musste die Partie vorzeitig beenden.

Für zusätzlichen Unmut sorgt in dieser Phase Trainer Ribbeck, der Stürmer Parits vom Feld nimmt und Mittelfeldspieler Jürgen Kalb ins Spiel bringt. Die Zuschauer quittieren die Entscheidung des Eintracht-Trainers mit Pfiffen. Parits hat mit Rüsing einen starken Gegenspieler, kam aber neben seinem Tor - ebenso wie Hölzenbein - zu einem Holztreffer und verlieh dem Frankfurter Angriff einigen Druck.

Aber es kommt noch schlimmer für die über weite Strecken so spielbestimmenden Frankfurter, die gegen Ende wieder einmal nachlassen. 6 Minuten vor dem Abpfiff ist es Hans Walitza, der mit einem harten Flachschuss für das 2:3 aus Bochumer Sicht sorgt. Der Sieg, den die Frankfurter unter Dach und Fach glaubten, gerät noch einmal in Gefahr und die Zuschauer danken ihrer Mannschaft für den in dieser Partie überflüssigen Nervenkitzel mit Pfiffen.

Am Ende wird das über weite Strecken überlegen geführte Spiel der Eintracht jedoch belohnt: Es bleibt beim verdienten Erfolg der Gastgeber. So sehen es auch nach dem Spiel beide Trainer. Dabei weiß Bochums Trainer Eppenhoff selbst nicht recht, wie es kam, dass seine Mannschaft aus einem sich abzeichnende Debakel zu einem achtbaren Ergebnis kam, das den Spielverlauf nicht nur ungenügend, sondern gar nicht wiedergibt. "Unfassbar, wie eine technisch so hervorragende Mannschaft auf einmal so arg in Schwierigkeiten kommen kann", schüttelt der VfL-Coach den Kopf. "Die Eintracht ist anfällig, wenn sie ein Gegentor bekommt. Wir wussten zwar, dass Eintracht leicht wackelt", gibt er zu, "aber dass es sich so auswirken würde, hätten wir doch nicht gedacht." Trainer Ribbeck ist von dieser Eigenart, die er seiner Mannschaft nicht austreiben kann, offensichtlich genervt: "Es ist doch immer wieder dasselbe, wenn’s bei uns einreißt, könnte man fast verrückt werden."

"Wir haben keinen Kopf", bemängelt Ribbeck. Friedel Lutz kritisiert die Abwehr, deren Chef er sein sollte, aber nicht ist: "Unsere Abwehr ist kein Block. Jeder spielt zu viel für sich." Sich selbst nimmt Lutz dabei ausdrücklich nicht aus: "Ich bin in einer Krise."

Aber auch Eppenhoff hat Grund zur Klage, wenn er sich die Frankfurter Treffer besieht: "Solche Tore sind typisch für uns." "Aber mehr war gegen diesen starken Gegner für meine Mannschaft nicht drin. Wir haben alles gegeben", will er seinen Männern keinen allzu großen Vorwurf machen: "Personell sind bei uns keine großen Varianten möglich." Auf einen Spieler wie Grabowski kann der Bochumer Trainer nun einmal nicht zurück greifen. Vom Frankfurter Kapitän zeigt sich Eppenhoff denn auch am meisten beeindruckt: "Versen konnte ihn überhaupt nicht halten."

Nicht an sich halten konnten auch viele Zuschauer, die ihre Meinung zum Spielverlauf und den Personalentscheidungen lautstark zum Ausdruck gebracht haben. Angesprochen auf den Unmut des Frankfurter Publikums, ob seiner Auswechslung von Parits, erklärt Ribbeck: "Ich wollte nur Kalb wieder in die Mannschaft einführen."

Außerdem macht Ribbeck seinem Kollegen Mut für den weiteren Saisonverlauf und will im Vergleich mit dem Auftritt der Lauterer im Waldstadion vor 14 Tagen die Bochumer stärker gesehen haben: "Sie waren vorn gefährlicher und hatten am Ende mehr zuzusetzen:" Allein, für dieses Lob können sich die Westdeutschen nichts kaufen: Bochum bleibt auf dem 16. Rang. Die Eintracht bekommt dagegen langsam Anschluss an die vorderen Plätze und verbessert sich vom 10. auf den 9. Platz.

Jürgen Grabowski steht nach einer weiteren überragenden Leistung im Sportmagazin "Kicker" in der "Elf des Tages" – zum 5. Mal in dieser Hinrunde! "Ohne Grabowski hätte ich das nie geschafft", bedankt sich auch der zweifache Torschütze Ender Konca bei seinem Nebenmann. "In Bielefeld spielte er stärker", mäkelt allein Trainer Ribbeck, fügt jedoch hinzu: "Aber wenn er hier jeden Samstag zwei Tore schießt, dann kann auch etwas schwächer spielen!"

Wenig Verständnis hat das Publikum für ihre Mannschaft, die in den letzten beiden Spielen jeweils drei Tore vorlegte, um dann den Gegner wieder herankommen zu lassen: Neben den Pfiffen sollen enttäuschte Fans gar Zäune niedergerissen haben. Das Fehlverhalten von Fußballfans ist in diesen Tagen ohnehin ein Thema, über das viel gesprochen und auch geschrieben wird.

Den Dosenwurf eines Zuschauers im Europapokalheimspiel gegen Inter Mailand muss an diesem Wochenende der deutsche Fußballmeister Borussia Mönchengladbach teuer bezahlen: Die UEFA hat den Borussen den 7:1-Sieg wegen des Dosenwurfs und der folgenden Auswechslung des getroffenen Spielers Boninsegna aberkannt hat. Mönchengladbach wird außerdem zu 10.000 Schweizer Franken Geldstrafe und zu einer Platzsperre im Europapokal in der nächsten Runde verurteilt. Das Wiederholungsspiel gegen Inter soll zudem im Ausland stattfinden. Trainer Weisweiler ist über die Annullierung entsetzt: "Das ist die größte sportliche Gemeinheit."

Ein Lerneffekt ist nicht festzustellen: Bei der samstäglichen Bundesligabegegnung von Fortuna Düsseldorf gegen Mönchengladbach wurde der Düsseldorfer Torwart Woyke mit Steinen beworfen. Das Spiel musste unterbrochen werden. Der Polizei gelang es, zwei mutmaßliche Steinwerfer ausfindig zu machen und festzunehmen.

Ein Anderer wirft an diesem Wochenende nicht mit Steinen, sondern mit etwas, das sich oft nicht ganz ohne Rückstände abwaschen lässt. Der in den Bundesligaskandal verwickelte und bereits verurteilte Ex-Präsident der Offenbacher Kickers beschuldigt den DFB-Sekretär Horst Schmidt, Referent in Sachen Olympia-Amateure, als Kontaktmann bei einer geplanten Manipulation mitgewirkt zu haben. Schmidt, Mitglied der Frankfurter Eintracht, soll laut Canellas vor dem mitentscheidenden Abstiegsduell zwischen der Eintracht und den Kickers am 33. Spieltag dem Frankfurter Lizenzspieler-Obmann Ernst Berger den Tipp gegeben haben: "Sprechen Sie doch mal mit Canellas wegen einem Unentschieden!" Eintracht-Trainer Ribbeck bestätigt die Vermittlerrolle von Horst Schmidt, glaubt sich allerdings zu erinnern, dass die Initiative zum Brückenschlag über den Main von dem Offenbarer Expräsidenten ausging. Schmidt ist wegen der Anschuldigung von Canellas empört: "Ich habe nie zu Berger gesagt, er solle wegen des Spielausgangs mit Canellas sprechen, sondern um die Hektik aus diesem Spiel zu nehmen!" Das einzig Pikante an dieser unappetitlichen Geschichte ist, dass der DFB-Sekretär Schmidt bislang als intimer Freund von Canellas galt. Diese Freundschaft hat aber wohl seit der Verurteilung von Canellas durch den DFB entscheidend gelitten … (rs)

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