Borussia Dortmund - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1971/1972 - 4. Spieltag

3:1 (3:0)

Termin: Di 31.08.1971, 20:00 Uhr
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Karl-Heinz Picker (Hamburg)
Tore: 1:0 Jürgen Schütz (10., Foulelfmeter), 2:0 Jürgen Schütz (15.), 3:0 Jürgen Schütz (26.), 3:1 Bernd Hölzenbein (75.)


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Borussia Dortmund Eintracht Frankfurt

  • Jürgen Rynio
  • Gerd Peehs
  • Dieter Mietz
  • Branco Rasovic
  • Hans-Joachim Andree
  • Alfons Sikora
  • Werner Lorant
  • Theo Bücker
  • Theodor Rieländer
  • Jürgen Schütz
  • Siegfried Köstler

 


 

Wechsel
  • Walter Hohnhausen für Alfons Sikora (59.)
Wechsel
Trainer
  • Horst Witzler
Trainer

Schütz schießt die Adler ab

Nach drei überzeugenden Halbzeiten, die in den beiden Heimspielen für drei Punkte gut waren, und drei Tage nach dem überraschend hohen Sieg gegen Werders Millionentruppe wollen die Adler heute auch die Auswärtsscharte des ersten Spieltages vergessen machen. Dortmund scheint für dieses Vorhaben die richtige Adresse zu sein: Die Westfalen haben ihre beiden Auswärtsspiele jeweils knapp mit 1:2 verloren und sind zu Hause gegen den HSV nicht über ein 1:1 hinaus gekommen.

"Wir hoffen auf einen Punkt", erklärt Eintracht-Trainer Ribbeck durchaus bescheiden und versichert: "Wir unterschätzen Dortmund keineswegs." Die Borussia muss nämlich neben dem personellen Aderlass zu Saisonbeginn heute auch noch auf drei Stammkräfte verzichten: Kurrat, Ritschel und Weinkauff fallen für die Begegnung gegen die Eintracht aus, die im Vergleich zum letzten Spieltag in unveränderter Besetzung antritt. Diese Schwächung ist den Dortmundern aber bei Spielbeginn nicht anzumerken. Im Gegenteil. Die schwarz-gelben Nachwuchskräfte liefern von Beginn an eine ordentliche Partie ab.

Auf der Gegenseite unterläuft dafür einem jungen Frankfurter Spieler im eigenen Strafraum ein Foul. Peter Reichels Attacke an Köstler bestraft der Schiedsrichter ohne zu zögern mit einem Elfmeter. Jürgen Schütz läuft an und lässt Dr. Kunter im Eintracht-Tor keine Abwehrchance. 1:0 für den BVB nach nur 10 Minuten.


Das 2:0 durch Schütz

Pech für die Eintracht: Jürgen Schütz scheint durch sein Tor auf seine "alten Tage" noch einmal auf den Geschmack zu kommen. Lediglich fünf Minuten nach dem Führungstor für die Borussia setzt sich Peehs am Flügel schön durch und schließt seinen Lauf mit einer präzisen Flanke auf Schütz ab. Der lässt sich nicht zweimal bitten und es steht nach einer Viertelstunde bereits 2:0 für die Dortmunder.

Mit diesem Spielverlauf hat bei den Adlerträgern wohl niemand gerechnet. Es dauert auch bis zur 23. Minute ehe die Eintracht gefährlich vor dem gegnerischen Tor auftaucht. Thomas Parits bietet sich die fast todsichere Gelegenheit, den Anschlusstreffer zu erzielen, doch er scheitert an Jürgen Rynio.

Nur drei Minuten nach Parits Großchance ist das Spiel entschieden. Vom linken Flügel schlägt Rieländer aus dem Lauf eine Flanke in den Frankfurter Strafraum. Dort verlängert Trinklein die Hereingabe unfreiwillig mit den Haarspitzen und der Ball kommt zu Schütz, der das Leder Volley mit dem Spann nimmt und Dr. Kunter erneut nicht den Hauch einer Chance lässt. Der ehemalige Italien-Legionär erzielt mit dem schönsten Tor des Tages das 3:0 und einen Hattrick. Die Eintracht ist geschlagen und es ist nicht einmal eine halbe Stunde gespielt ...

Dabei haben die Hessen noch Glück, dass Theo Bücker nicht seinen besten Tag erwischt hat. Zu eigensinnig präsentiert sich Bücker heute, was seinen Trainer Witzler erbost. Bücker, der in den ersten drei Spielen des BVB alle drei Dortmunder Tore erzielte, will mit Macht auch im vierten Spiel in Folge treffen. Er scheitert.

Zur Pause bringt Eintracht-Trainer Ribbeck für Thomas Rohrbach, der mit Sikora einige Mühe hatte, "Kalla" Wirth. Doch auch Wirth bekommt Sikora im zweiten Abschnitt nicht in den Griff. Im Mittelfeld müht sich neben Nickel und dem starken Hölzenbein der junge Kalb, allerdings ohne sichtbaren Erfolg, obwohl die jungen Theodor Rieländer und Werner Lorant auf der Gegenseite sie leistungsmäßig nicht überragen.

So findet die Eintracht auch in den zweiten 45 Minuten einfach nicht zu ihrem Spiel. Großen Verdienst am mangelnden Spielfluss der Frankfurter hat auf Seite der Schwarz-Gelben Hans-Joachim Andree, der Jürgen Grabowski konsequent deckt und dem großartigen Stürmer der Eintracht kaum Raum zur Entfaltung lässt.

Grabis Sturmpartner sind heute nicht in der Lage in die Bresche zu springen. Ender Konca läuft die meiste Zeit des Spiels seinem Gegenspieler Peehs hinterher und Thomas Parits lässt die allerbesten Chancen aus. In der 65. Minute scheitert er wieder mit einer Großchance an Rynio, der sich heute die Bestnote verdient.

Eintracht-Trainer Ribbeck versucht seiner Mannschaft neuen Schwung zu verleihen und wechselt nach 70. Minuten Horst Heese für Konca ein. Gegen die erst in der letzten Viertelstunde nachlassenden Westfalen reicht es jedoch nur noch zum 1:3 durch einen Kopfballtreffer von Bernd Hölzenbein, der damit nach einer Flanke von Bernd Nickel seine überzeugende Vorstellung krönt.

Die Eintracht agiert im zweiten Durchgang überlegen, hat im Feld Vorteile, kann diese jedoch in Strafraumnähe nicht in zählbare Erfolge verwandeln. Es fehlt ihnen die zündende Idee, der öffnende, steile Pass. Je näher die Gäste dem Tor von Rynio kommen, desto mehr verzetteln sie sich in Dribblings, die die Räume nur enger machen. So ist kein Durchkommen, der BVB bringt den Vorsprung sicher ins Ziel. "Oh, wie ist das schön" singen die Dortmunder Fans glücklich und tatsächlich ist es länger her, dass sie ein ähnlich gutes und überzeugendes Spiel ihrer Mannschaft gesehen haben.

Nach diesem klaren Heimsieg lobt Trainer Witzler seine Mannschaft und nicht ganz unerwartet seinen dreifachen Torschützen: "Es war nach dem Aderlass unsere bisher beste Leistung. Vor allem Jürgen Schütz zeigte gegenüber Köln eine 200prozentige Leistungssteigerung." Das sah – in fairer Manier – auch Gästetrainer Ribbeck so: "Bei der Borussia muss ich besonders Jürgen Schütz loben. Er ist immer noch ein cleverer Bursche, auch wenn er nur 60 Minuten Volldampf spielen kann." In diesen Chor stimmt auch Fritz Silken, der ehemalige Trainer von Borussia Mönchengladbach, ein: "Schütz ist für diese junge Dortmunder Mannschaft Gold wert. Er denkt und lenkt immer noch meisterlich. Seine italienischen Einlagen begeistern. Wenn er die Form halten kann, dann darf von der Borussia vor allem zu Hause noch einiges erwartet werden."

Der so gelobte 32jährige Kapitän, der für seine vielen Tricks, seine Torschüsse und seinen großartigen Spielaufbau immer wieder Beifall auf offener Szene bekam, flachst lachend: "Ich habe mir auch vorher die Haare schneiden lassen. Da läuft man leichter. Das werde ich jetzt immer tun."

Erich Ribbeck, der eine unnötige Niederlage seiner Elf gesehen haben will, führt eine Schiedsrichterentscheidung als Erklärung für die unerwartete Niederlage an: "Der frühe Elfmeter, der völlig unberechtigt war, hat uns das Konzept und die Laune verdorben." Jürgen Grabowski hält im Gegensatz zu seinem Trainer mehr davon, den Spiegel nicht anderen vorzuhalten. Wer selbst einen Blick in den Spiegel wirft, sieht nicht Fehlleistungen der anderen, sondern die eigenen und so lautet des Eintrachtkapitäns Fazit: "Wir sind halt keine Klassemannschaft, die einen hohen Sieg verdauen kann."

Erich Ribbeck gesteht zumindest ein: "Der Sieg der Dortmunder geht in Ordnung, aber wir brauchten nicht zu verlieren. Das 0:3 kam einfach zu schnell. Nachher hatte ich das Gefühl, dass wir kein Tor mehr schießen könnten, als Parits zwei Chancen ausgelassen hatte. Hölzenbein hat mit dem Tor seine persönliche Leistung gekrönt." Aber Ribbeck will seine Elf nicht nur kritisieren, er hat auch gute Ansätze gesehen: "Positiv bei uns war, dass die Mannschaft in den letzten 30 Minuten noch einmal kam."

"Bis auf Theo Bücker zeigten sich alle verbessert. Bücker war zu sehr auf einen Treffer zur Aufbesserung seiner Torzahl aus. Das muss er sich abgewöhnen", lobt Witzler seine Truppe und erklärt seine Auswechslung nach einer knappen Stunde: "Sikora wurde herausgenommen, weil er nach harten gegnerischen Attacken zwar nicht angeschlagen, aber doch etwas mitgenommen war. Schließlich musste ich Hohnhausen auch Gelegenheit zum Einrollen für das Spiel gegen Werder Bremen geben."

"Nun hoffen wir auf ein volles Haus gegen Bremen und mindestens auf einen Punkt", blickt Witzler zuversichtlich in die Zukunft, während Erich Ribbeck noch mit dem Erlebten hadert: "Es ist grausig, wie schlecht gedeckt wurde." Nicht schöner ist die Tatsache, dass die Eintracht nach dieser Niederlage in der Tabelle vom 9. auf den 15. Platz abstürzt. Dortmund verbessert sich um zwei Plätze und liegt nun vor den Frankfurtern auf Rang 13, die am Samstag den verlustpunktfreien Tabellenführer Schalke 04 im Waldstadion erwarten. Die "Knappen" kommen nicht nur mit der Empfehlung von vier Siegen infolge, sondern auch mit einem Kantersieg im Rücken: Heute Abend haben sie den 1. FC Köln mit sage und schreibe 6:2 abgefertigt. (rs)


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