Kickers Oxxenbach - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1968/1969 - 11. Spieltag

4:2 (1:1)

Termin: Sa 26.10.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Alfred Ott (Rheinbrohl)
Tore: 1:0 Roland Weida (31.), 1:1 Oskar Lotz (34.), 2:1 Hermann Nuber (51.), 3:1 Janos Kondert (60.), 4:1 Helmut Siber (72.), 4:2 Oskar Lotz (90.)

 

 

>> Spielbericht <<

Kickers Oxxenbach Eintracht Frankfurt

  • Rudolf Wimmer
  • Hans-Jürgen Oehlenschläger
  • Alfred Resenberg
  • Hermann Nuber
  • Josef Weilbächer
  • Ferdinand Heidkamp
  • Roland Weida
  • Janos Kondert
  • Dieter Koulmann
  • Willi Rodekurth
  • Helmut Siber

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer Trainer



Paul Osswald auf der falschen Bank

Die Kickers-Viertelstunde auf das berühmte Schießhaus-Tor entschied das erste Bundesliga- Derby. Innerhalb von vier Minuten fielen jene beiden Treffer zum 3:1 nach einer spannenden und guten ersten Hälfte. Das Derby war nach 56 Minuten entschieden, die Offenbacher schwelgten in Siegesfreuden und untermauerten den Erfolg mit einer zweiten Halbzeit, die wie eine Hoffnung für die nächsten Wochen wirkte. Die Eintracht trug Ihr Teil zu diesem harten männlichen Derby, das sich sehen lassen konnte, bis zur letzten Minute bei. Sie war der Steigerung und der größeren Kampfkraft des Rivalen nach der Pause nicht mehr gewachsen. Das 4:2 gibt die Geschehnisse fast wahrheitsgetreu wieder. Daß sich viele der sechs Tore nach erheblichen Abwehrfehlern einstellten, gehört zu den alten Derby-Erscheinungen, die keinen Abbruch taten.

Kickers-Trainer Paul Osswald stand die Erregung noch im Gesicht geschrieben. Er sprudelte das Lob über seine Elf und die Verwirklichung seines Grünberger Plans nur so heraus. Erich Ribbeck, der Eintracht-Coach, schien auch nach der Niederlage gefaßt und äußerlich ohne Wirkung. Der Satz: „Ich habe bei der Pause nicht gedacht, daß wir vier Tore bekommen würden", war praktisch die Anerkennung des Offenbacher Sturmlaufs nach dem Wechsel. Vier Kickers-Tore hatte es In der Bundesliga noch nicht gegeben, vier Tore Im Eintracht-Netz nicht mehr nach dem Aachener Debakel am zweiten Spieltag.

Die Schwierigkelten, mit denen die Kickers in das Derby stiegen, waren die größeren. Bei der Eintracht fehlte nur Grabowski, bei den Platzherren standen Becker, Nowak und Fern nicht zur Wahl. Der Mut von Paul Osswald in der Stunde der Not erregte Erstaunen. Er schickte die Jungen, Koch und Schönberger, nicht in die heiße Derby-Luft, er ließ Schmitt und Werner auf der Reservebank Platz nehmen und einen Sturm auffahren, der alle Risikograde in sich barg.

Später bekannte der Senior der Bundesligatrainer, daß er seinen Plan („aus der Not heraus") in Grünberg geschmiedet und erprobt hatte. Heidkamp kam mit der Nummer 9 aufs Feld, Rodekurth und Kondert spielten Außenstürmer ohne Einschränkung. Wo ist die echte Spitze, wer soll Tore schießen, fragten vorher nicht nur die Offenbacher. Der Kickers- Sturm schoß nur zwei der vier Treffer (Kondert, Siber), und er schoß sie, als die Wege zum Sieg schon etwas freigeschaufelt waren. Weida aus der zweiten und Nuber aus der dritten Reihe legten die ersten Erfolge vor. Nuber erschien nur zwei-, dreimal.im Eintracht-Strafraum. Ein Fall, nach einer Ecke, genügte zum Tor.

Weida war der Mann, den die Eintracht nicht einkalkuliert hatte. „Wie hat Ihnen Weida gefallen?", fragte Ribbeck die Journalisten nicht ohne Hintergrund. Der Eintracht-Trainer war seinen drei Mittelfeldspielern gram, daß sie den Kickers-Mann aus der Tiefe einfach marschieren ließen. Weil Weida und teilweise Siber lange Märsche ohne Gegenwehr unternehmen konnten und Koulmann viele seiner Tricks auspackte, wurde der Riegel Lutz—Lindner in der zweiten Hälfte oft gesprengt. Die Kickers hätten mit ihren schnellen Vorstößen sogar sechs oder sieben Tore schießen können. Chancen stellten sich genügend ein, als die Eintracht verbissen dem Offenbacher Vorsprung nachrannte und viel Gelände im eigenen Teil freigab.

Osswald sucht weiter nach dem Mittelstürmer, obwohl der Dreh mit Heidkamp klappte. Man weiß nicht, wie es beim nächsten Auswärtsspiel kommen kann. Die Eintracht deckte nie so messerscharf wie ihr Gegner. Lutz ließ Heidkamp oft genug den Ball annehmen und wirkte in der Rolle des Vorstoppers oft so zappelig wie Schämer, der nervös wird, wenn die Dinge schief laufen. Jusufi war dichter an Kondert, der trotzdem im Zweikampf mit ihm das 3:1 erzielte und beim ersten Tor den Weg für Rodekurth freigelegt hatte.

Die Kickers-Abwehr übte sich in jener Disziplin, die man kennt. Resenberg stand bei Bechtold, Oehlenschläger, seit langem wieder einmal als Verteidiger, bei Nickel, Weilbächer bei Lotz. Nur, wo der Ex-Eintrachtler im Kickers-Dreß und der Ex- Offenbacher im Frankfurter Trikot zusammentrafen, erfolgten die Einbrüche in die Deckung des Siegers. Lotz war der ständige Unruheherd, Huberts im Mittelfeld so stark wie kaum vorher und Hölzenbein besser als sein verletzt abgetretener Vorgänger Kalb. Das alles und die weit über dem Spiel gegen Nürnberg stehende Gesamtleistung halfen der Eintracht aber nicht zum Erfolg.

Eine Viertelstunde lang vor Halbzeit dominierten die Riederwälder in großem Stil. Sie schluckten das 1:0 der Kickers durch Weida beim dritten Versuch — der völlig freigespielte Rodekurth scheiterte an Kunter, der erste Nachschuß ging an den Pfosten, der zweite ins Netz — und bastelten das 1:1, als Huberts Oehlenschläger überwand, an die Latte schoß und Lotz den zurückspringenden Ball mit Schwung in die lange Ecke schlug.

Vielleicht gab schon Nubers Kopfball nach einer Rodekurth-Ecke und einem dicken Patzer von Kunter den Ausschlag. Denn die Kickers waren einmal in Schwung und nach 56 Minuten schon beim 3:1 angelangt. Vorausgegangen war die beste Offenbacher Kombination über Rodekurth und Heidkamp zum Schützen Kondert. Das 4:1 durch Siber, aus einem Eckball-Gedränge heraus, machte den Triumph des Neulings vollständig. Beim zweiten Eintracht-Tor, einem Kopfball von Lotz im Hechtsprung, war jener Flüchtigkeitsfehler von Resenberg vorausgegangen, den dieser gewissenhafte Mann vorher sicher nie fabriziert hätte.

 

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