Eintracht Frankfurt - 1. FC Köln

Bundesliga 1967/1968 - 13. Spieltag

1:2 (0:1)

Termin: Sa 11.11.1967, 16:00 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Jan Redelfs (Hannover)
Tore: 0:1 Hannes Löhr (15.), 0:2 Hannes Löhr (68.), 1:2 Lothar Schämer (85.Foulelfmeter)

 


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Eintracht Frankfurt 1. FC Köln

 


  • Toni Schumacher
  • Wolfgang Rausch
  • Matthias Hemmersbach
  • Fritz Pott
  • Anton Regh
  • Heinz Simmet
  • Heinz Flohe
  • Wolfgang Overath
  • Carl-Heinz Rühl
  • Hennes Löhr
  • Heinz Hornig

 

Wechsel Wechsel
Trainer Trainer
  • Willi Multhaup

 

 

Tretende Jecken

Trainer Elek Schwartz ist unter Beschuss geraten. Das ist nicht überraschend, denn nach der erfolgreichen letzten Saison ist die Eintracht in dieser Spielzeit im Europapokal in der 1. Runde ausgeschieden und steht in der Liga nach dem 1:1 am letzten Wochenende im Heimspiel gegen den Hamburger SV auf Platz 14 – nur zwei Punkte vor den Abstiegsrängen. Bemerkenswert ist allerdings, dass der erfahrene Fußballlehrer Heckenschützen aus den eigenen Reihen fürchten muss.

Kolportiert wird, dass der von Schwartz auf die Reservebank verbannte Nationaltorwart Hans Tilkowski intern gegen den Trainer Politik zu machen versucht. "Ich habe mit Tilkowski gesprochen. Er hat alles bestritten. Er sagte, dass er mit diesen Angriffen nichts zu tun habe", erklärt Schwartz, um dann deutlich zu werden: "Die Angriffe gegen mich wurden wieder einmal von unserem Spielausschussvorsitzenden Kolb unterstützt. Der Mann ist für mich untragbar. Ich kann nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten."

Das Tischtuch ist zerschnitten. Ludwig Kolb, der im August in Bulgarien wegen Fluchthilfe einsaß, spielt in der Öffentlichkeit die Rolle des harten Mannes und wirft Schwartz einen zu nachsichtigen Umgang mit den Spielern vor. "Man kann seine Spieler nicht von früh bis spät anschreien", verteidigt Schwartz seine Linie. "Nach ganzen Breitseiten von Angriffen auf den als zu menschlich verrufenen Trainer", wie Paul Palmert in der "Bild" schreibt, schießt Schwartz nun zurück: "Dieser harte Mann hat sich sogar ins bulgarische Gefängnis den Gurkensaft zur Schönheitspflege nachbringen lassen. Keiner meiner Spieler dürfte so unpünktlich sein wie Herr Kolb, der mich vorwiegend dadurch unterstützt, dass er seinen Hund am Riederwald spazieren führt."

"Ich lasse mich nicht abschlachten", kündigt Schwartz an, dem Kolb vorwirft, er würde zu lasch und zu wenig trainieren lassen: "Bei uns wird so hart trainiert, dass wir im vergangenen Jahr beinahe Meister geworden wären, den Alpenpokal und die Intertotorunde gewonnen und im Messecup ein starkes Wort mitgesprochen haben", verteidigt sich der Trainer: "In dieser Saison trainieren wir noch härter, aber es hilft nichts. Verletzungen und Spielerausfälle machen uns fertig." Elek Schwartz bevorzugt die hohe Intensität seines Intervall-Trainings: "Kurz aber hart. Mit Dauer-Training kann man heute nichts mehr werden. Auch mit Kommissmethoden ist das Fußballglück nicht zu zwingen. Ich gebe mich nie zum Gefängniswärter meiner Spieler her. Bei Benfica Lissabon hat kein Mensch daran gedacht, zweimal am Tage zu trainieren. Hier machen sie daraus das große Erfolgsgeheimnis. Dabei ist die Morgenarbeit doch meist nichts als ein Alibi-Training. Jetzt halten sie mir alle den Max Merkel als Wundertrainer vor. Aber es gibt im Fußball keinen Rasputin. Maxl ist ein ausgezeichneter Trainer, der Club heute eine ausgezeichnete Mannschaft mit dem nötigen Quäntchen Glück. Das erklärt den Rausch von Nürnberg."

Den Rausch von Nürnberg versuchte übrigens der nächste Gegner der Eintracht, der 1. FC Köln, am letzten Wochenende zu stoppen. Mit einer überharten, ja fast brutalen Gangart wollten die Domstädter dem Club die erste Saisonniederlage beibringen. "Da muss man ja froh sein, wenn man außer einem Punk noch seine Knochen heil nach Hause bringt", schimpfte Nürnbergs Ausputzer Ferdinand Wenauer nach dem umkämpften 3:3. Trainer Schwartz muss aber nicht nur die Härte der Kölner fürchten, sondern bis kurz vor dem Anpfiff auch noch um den Einsatz von Jürgen Grabowski bangen. Der Stürmer hat sich am Mittwoch im Trainingsspiel gegen die Eintracht-Fohlen verletzt und sich eine Wadenbeinprellung zugezogen. Es ist aber nie alles schlecht: Erfreulicherweise machen die Rekonvaleszenten Blusch und Lutz Fortschritte und spielten unter den Augen des neuernannten kommissarischen Spielausschussvorsitzenden, Oberstudienrat Kurt Krömmelbein eine Halbzeit lang mit.

Und am Samstag ist der angeschlagene Grabowski mit von der Partie, als sich pünktlich zum Karnevalbeginn der 1. FC aus der Narrenhochburg Köln im Frankfurter Stadion vorstellt. Es ist ein Spiel zweier Mannschaften, die bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, denn die Kölner rangieren mit 12:12 Punkten mit nur zwei Zählern mehr als die den Abstiegsrängen nahe gekommene Eintracht im Niemandland der Tabelle. Freilich präsentiert sich das Mittelfeld der Liga dicht besetzt: Der Tabellenvierte Borussia Mönchengladbach hat mit 14:10 Punkten gerade einmal sechs Zähler mehr auf dem Habenkonto als der 17. Borussia Neunkirchen.

Die 15.000 Zuschauer sehen anfangs eine dominante Eintracht, die bestrebt ist, eine frühe Führung zu erzielen. Die Kölner wiederum verfügen mit Anton 'Toni' Schumacher, der heute Stammtorwart Milutin Soskic vertritt und erstmals seit Mai '66 wieder ein Pflichtspiel im Tor der Kölner absolviert, nicht nur über einen heute sehr starken Torhüter. Sie werden auch ihrem Ruf als Raubeine der Liga gerecht und behelfen sich in der tief gestaffelt stehenden Abwehr ein ums andere Mal mit regelwidrigen Tritten, die vom Schiedsrichter fast immer ungeahndet bleiben. So bleibt der Frankfurter Angriff mit dem unermüdlich rackernden Lotz und dem verletzt ins Spiel gegangenen Grabowski zwar nicht ohne blaue Flecken, aber ohne Torerfolg. Den erledigen um ein Haar die Kölner für die Gastgeber, als Racky in der 7. Minute auf Grabowski gibt und Fritz Pott fast ein Eigentor fabriziert.

Zwar gehört die erste Viertelstunde der Eintracht, jubeln dürfen allerdings die Kölner Gäste. Eine Viertelstunde ist gespielt, als sich Rühl am rechten Flügel gegen Kraus durchsetzt und seinen Mittelstürmer Löhr bedient. Der Nationalstürmer düpiert die Frankfurter Abwehr samt Torhüter Kunter und schießt den Ball ins leere Tor. Dieses 0:1 ist gleichzeitig der elfte Treffer Löhrs in dieser Ligasaison.


Huberts scheitert an Schumacher

Nach einer knappen halben Stunde scheint der Eintracht dann aber der Ausgleich zu gelingen, doch das Glück ist in Person von Torhüter Schumacher aufseiten der Kölner. Huberts Schuss ist in der 29. Minute bereits unter den Füßen und Armen des Keepers hindurch, als der Körper des fallenden Kölners den Ball noch Zentimeter vor der Torlinie stoppt …

Zur Pause, in die die Eintracht mit Pfiffen verabschiedet wird, wechselt Trainer Schwartz Bellut für den müde wirkenden Keifler ein, der drei Tage zuvor noch beim Olympia-Qualifikationsspiel der DFB-Amateure in England den 1:0-Siegtreffer für die deutsche Mannschaft erzielt hatte. Die Eintracht verstärkt ihre Bemühungen, einen Treffer zu erzielen, auch sichtbar. Drei Minuten nach Wiederanpfiff hat Schumacher einige Mühe mit einem Kopfball von Jürgen Friedrich und in der 50. Minute verdribbelt sich Grabowski in Tornähe, nachdem Racky an vier Gegnern vorbei gezogen ist.

Der eingewechselte Bellut ist es dann, der in der 59. Minute einen Schuss aufs Kölner Tor abgibt, der von Grabowski für Schumacher unerreichbar in den Kasten gelenkt wird. Doch der Jubel der Frankfurter wird jäh unterbrochen, als Schiedsrichter Redelfs auf Geheiß seines Linienrichters dem regulären Treffer aufgrund einer vermeintlichen Abseitsstellung des Torschützen die Anerkennung versagt.

Wie schon in der ersten Hälfte setzt der 1. FC Köln den Frankfurter Angriffsbemühungen einen gehörigen Dämpfer auf. In der 68. Minute ist wiederum Rühl, dieses Mal vom linken Flügel, der Ausgangspunkt. Seine Flanke findet in der Mitte Löhr, der den Ball per Kopf an Kunter vorbei zu seinem zweiten Treffer ins Netz des Frankfurter Tores befördert.

Derart ausgebremst ebben die Ausgleichsbemühungen der Riederwälder ab, während die Kölner das Spiel fortan kontrollieren. Dabei sticht vor allem der Mann mit der Nummer 10 - Wolfgang Overath - heraus, der nicht nur durch seine steilen Pässe in die Spitze überzeugt, sondern auch um jeden Meter Boden im Mittelfeld kämpft.


Schumacher vor Lotz

Eine Viertelstunde vor Schluss werden die Frankfurter auf zehn Mann dezimiert, nachdem Stopper Pott den Sturmlauf von Racky so unsanft und unfair bremst, dass der junge Linksaußen mit einer Kopfverletzung ausscheidet und vom Platz getragen werden muss. Wenig später foult Overath Schämer, der im Affekt nach dem Übeltäter schlägt. Overath geht zu Boden, doch anstelle eines Platzverweises für Schämer gibt Schiedsrichter Redelfs nur den ebenfalls fälligen Freistoß für die Gastgeber. Da das Spiel dem Unparteiischen in der Schlussphase immer mehr aus der Hand gleitet, übernehmen die Eintrachtler - namentlich Schämer und Huberts - nun die Aufgabe, sich für die bislang eingesteckten Tritte zu revanchieren, und halten dagegen.

In der 85. Minute scheint Schiedsrichter Redelfs etwas Wiedergutmachung für seine indifferente Pfeiferei leisten zu wollen, als er ein harmloses Einsteigen von Simmet an Friedrich in der äußersten Strafraumecke mit einem Elfmeterpfiff ahndet. Lothar Schämer versenkt diesen Konzessionsstrafstoß zum Anschusstreffer im Kölner Tor. Kurz darauf ist Redelfs wieder im Mittelpunkt, als Rühl ein grobes Foul an Kraus begeht. Erneut bleibt der erwartete Platzver¬weis aus. Der schwarze Mann hat das Spiel und die Spieler nicht mehr im Griff und so geraten auch einige Zuschauer außer Rand und Band. Zwei von ihnen benehmen sich so daneben, dass sie von der Polizei abgeführt werden, was die Aufregung etwas mildert.

In den verbleibenden fünf Minuten gelingt es der Eintracht nicht mehr, die Kölner unter Druck zu setzen, so dass der ersehnte Ausgleichstreffer ausbleibt. So entführt der 1. FC Köln beide Punkte aus dem Frankfurter Stadion.

Recht eindeutig fällt das Urteil von Elek Schwartz über die Schiedsrichterleistung aus: "Wir haben ein regelrechtes Tor geschossen, was aber nicht anerkannt wurde." Auf die raue Gangart angesprochen erwidert der Eintrachttrainer: "Wir haben damit nicht angefangen. Und wenn meine Spieler, einmal provoziert, damit anfangen, dann sieht es gleich die ganze Tribüne." Sein Konterpart wiederum, der Kölner Übungsleiter Willi Multhaup will zu den teilweise bösen Entgleisungen der Spieler keine Stellung nehmen und behauptet lapidar: "Davon habe ich nichts gesehen. Mir war die Sicht versperrt."

"Wir sind wieder gut in Schuss. Nach der schweren "englischen Woche" mit drei Spielen für uns in acht Tagen haben wir eine erstaunliche Kondition gehabt. Und im nächsten Spiel ist Weber auch wieder dabei", wirft der Kölner einen Blick nach vorn, während sein Frankfurter Kollege in der Gegenwart Trost und Hoffnung für die Zukunft findet: "Bei dieser verbesserten Leistung wäre ein Unentschieden voll verdient gewesen." (fgo/rs)


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