1860 München - Eintracht Frankfurt

DFB-Pokal 1963/1964 - Finale

2:0 (1:0)

Termin: Sa 13.06.1964 in Stuttgart (Neckarstadion)
Zuschauer: 45.000
Schiedsrichter: Johannes Malka (Herten)
Tore: 1:0 Wilfried Kohlars (43.), 2:0 Rudolf Brunnenmeier (63.)

>> Spielbericht <<

1860 München
Eintracht Frankfurt

  • Petar Radenkovic
  • Manfred Wagner
  • Rudolf Steiner
  • Rudolf Zeiser
  • Alfons Stemmer
  • Otto Luttrop
  • Engelbert Kraus
  • Wilfried Kohlars
  • Rudolf Brunnenmeier
  • Hans Küppers
  • Alfred Heiß

 


 

Trainer
  • Max Merkel
Trainer

Hitzeschlacht in Stuttgart

Seit 1935 wird im deutschen Fußball ein Vereinspokal ausgetragen, 20 Titelträger gibt es bereits (1944 - 1952 nicht ausgetragen); eine Frankfurter Mannschaft ist noch nicht dabei. Einmal - 1938/39 - hatte der Fußballsportverein Frankfurt eine Chance gehabt und war nach dem Spiel auch wie ein Sieger gefeiert worden - aber den Pokal hatte Rapid Wien, herausgeschossen nach überharter Gangart gegen eine verletzungsbedingte Frankfurter Unterzahl in den letzten fünf Spielminuten zum 3:1-Sieg.

Schnee- und Regenfälle hatten den Platz im Januar in Berlin damals in ein nahezu unbespielbares Geläuf verwandelt - welcher Gegensatz zum heutigen Finaltag in Stuttgart: Im Kessel des Neckarstadions herrscht eine wahre Treibhaushitze. 35° im Schatten, aber Schatten gibt es keinen auf dem Platz, auf den Trainer Horvat seine Mannschaft schicken muss.

Die Eintracht, die unmittelbar vor ihrer lang geplanten Südafrikareise steht und daher die komplette Reisegruppe noch vor wenigen Tagen einer aufwendigen Schutzimpfungsaktion unterziehen musste, gilt vor dem Anpfiff als leichter Favorit, nachdem sie in der Liga zu Hause die 60er klar schlagen und in München ein Remis holen konnte. In den beiden Partien war deutlich geworden, dass zwei grundsätzlich unterschiedliche Spielauffassungen von beiden Teams gezeigt werden: offensiv ausgerichtet sind Beide, aber die Eintracht pflegt eher über Kombinationsfußball zum Erfolg zu kommen, während die Münchner kraftvoll und athletisch angreifen, eher auf Zweikampfstärke und Tempo setzen, denn auf filigrane Technik.

Unmittelbar nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Malka beginnt die bayrische Elf, deren Anhänger offenbar auf den Rängen des gut besuchten, aber nicht ausverkauften Neckarstadions, die Mehrzahl der Besucher stellen, mit aggressivem Angriffsspiel.

Die Eintracht wird bald in die eigene Hälfte zurückgedrängt; die überwiegende Anzahl der Zweikämpfe geht an die Löwen, die daher ein deutliches Übergewicht an Spielanteilen herausarbeiten. Egon Loy, der starke Eintrachttorwart, hat alle Hände voll zu tun, während sein Gegenüber Radenkovic, weitgehend beschäftigungslos, sich höchstens mit der einen oder anderen Rückgabe abgeben muss.

Nach elf Spielminuten werden die Mienen der 60er aber sorgenvoll: Abwehrspieler Steiner, der schon einen prächtigen Fernschuss auf das Tor von Loy abgefeuert hatte, muss gegen das Dribbling von Trimhold mit einem Spagat retten und bleibt anschließend mit starken Schmerzen liegen. Erst nach längerer Behandlungsphase kehrt er auf das Feld zurück, ist aber nicht voll einsatzfähig und stellt sich selbst auf die Linksaußenposition. Stürmer Heiß rückt dafür in die Deckung zurück.

Der Eintracht gelingt es aber nicht, diese Schwächung des Gegners auszunutzen. Das Spiel der SGE bleibt fahrig und kraftlos, viele Pässe kommen nicht an, die Stürmer wirken schwunglos und fast ohne Antriebskraft; Huberts, sonst oft der gefährlichste Eintrachtakteur, kommt heute in harter Manndeckung nicht einmal dazu, sich in Szene zu setzen.

Gegen Ende der ersten Halbzeit ist es eigentlich erstaunlich, dass die Eintracht bis dahin ein torloses Unentschieden gehalten hat. Jetzt belagern die Löwen minutenlang den Eintracht-Strafraum. Ein Eckball folgt auf den Anderen. Schließlich haben die Münchner doch noch Erfolg: Ihr Angriff kommt zunächst auf der rechten Seite nach vorne, Küppers führt den Ball, Lindner und Landerer können den Pass auf Kraus nicht verhindern, der Halbrechte sieht den Halblinken Kohlars mitlaufen und spielt quer: Stinka, Höfer und zuletzt auch Loy sind machtlos gegen den 18-Meter-Schuß ins linke Toreck - 1:0 für 1860 München in der 43. Spielminute.

Die Halbzeitpause ist für beide Mannschaften die dringend erforderliche Erholungspause, aber bei den Münchnern wirkt sie nachhaltiger als bei der Eintracht, die zu so ungünstigem Zeitpunkt den Gegentreffer erhielt. Ebenso druckvoll wie vor dem Wechsel agieren die 60er weiter.

Erst ganz zögerlich ergeben sich die ersten kleinen Gelegenheiten, die Beste zunächst durch eine schöne Flanke von Erwin Stein, die Radenkovic über die Finger rutschen lassen muss. Aber wenn der Mittelstürmer von außen die Flanke schlägt, kann er nicht gleichzeitig in der Mitte das Abstaubertor machen und da sonst kein Eintrachtler weit genug aufgerückt ist, kann der Löwenverteidiger Wagner den Ball, der einschussbereit daliegt, aus dem Gefahrenbereich schlagen.

Kurz darauf die Entscheidung für 1860: Brunnenmeier wird auf Halbrechts steil geschickt, nimmt den Ball gut mit, findet mit einer Körpertäuschung genau die Lücke zwischen Höfer und Landerer und bezwingt Loy, der sich ihm vergeblich entgegenwirft mit einem Linksschuss ins rechte Eck - 2:0 in der 63. Spielminute.

Anschließend kommt kaum noch Gegenwehr von Seiten der Eintracht. Bei diesen Bedingungen einem Rückstand hinterherlaufen ist ein nahezu aussichtsloses Unterfangen. Dazu kommt fehlendes Schussglück: Lindner kommt noch einmal zum Schuss, der Ball wird abgelenkt und trotzdem schafft es Löwentorwart Radenkovic mit einer Blitzreaktion noch, den Ball abzuwehren. So gelingt es den Löwen, auch die letzte Eintrachtchance abzuwehren, die Schlussminuten unbeschadet herunterzuspielen und nach dem Abpfiff im Jubel der Anhänger als verdienter Sieger die Vase aus den Händen von DFB-Präsident Gößmann entgegenzunehmen.

Bei der Eintracht ist neben der Enttäuschung die lähmende Hitze Thema Nr.1. Torhüter Loy spricht für viele, wenn er meint: "Ich kann nicht verstehen, weshalb wir nicht vom Ausland auch hierin lernen und solche Spiele bei solchen Temperaturen in die Abendstunden verlegen. Ich bin überzeugt, dass unsere Mannschaft zwei Stunden später oder gar bei Flutlicht ganz anders abgeschnitten hätte." Und er weist noch auf etwas anderes hin, nämlich auf die Tatsache, dass die Löwen vor dem Spiel ein einwöchiges Trainingslager beziehen konnten, während die Eintracht erst am Freitagabend nach Stuttgart fahren konnte. "Wir könnten uns das nicht erlauben, schon wieder eine ganze Woche ins Trainingslager zu gehen, denn wir sind ja schließlich in festen Stellungen". (ae)

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