Benfica Lissabon - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1961/1962

2:3 (2:1)

Termin: 04.10.1961
Zuschauer: 35.000
Schiedsrichter:
Tore: 1:0 Cavem (2.), 2:0 Coluna (23.), 1:2 Dieter Lindner (37.), 2:2 Lothar Schämer (65.), 2:3 Erwin Stein (74.)

>> Spielbericht <<

Benfica Lissabon Eintracht Frankfurt

  • Pereira
  • Angelo
  • Loao
  • Cruz
  • Fonseca
  • Neto
  • Augusto
  • Eusebio
  • Aguas
  • Coluna
  • Cavem

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer
  • Béla Guttmann
Trainer

Treffer aus der Kreuz-Werkstatt

Unser Korrespondent Joao Diaz berichtet aus Lissabon

Es kommt auf die Sekunde an. Auf wen paßt dieser alte Schlager besser als auf die Eintracht? In Lissabon sang man ihr Lied in den höchsten und schönsten Tönen. Wer einen Europapokalsieger auf seinem eigenen Grund und Boden in die Knie zwingt, gehört zur Weltelite seiner Sparte. Was zahlt noch ein Remis gegen BCA oder Bayern München, eine Niederlage, die einmal kommen wird so sicher wie der nächste Winter. Den Glanz um die Eintracht nach ihrem Triumph vom Stadion Daluz strahlt so hell wie in den Tagen von Bern, Wien und Glasgow vor zwei Jahren. Am Ende der Partie, als die Eintrachtspieler in der Mitte des Feldes Aufstellung nahmen und man ihnen einen Pokal für ihren Sieg überreichte, war dieser für sie die schönste Siegestrophäe seit dem Berliner Endspiel. Der Europapokal, der beim Gegner im Schrein steht, hätte für sie keinen größeren Wert haben können.

Im Stadion Daluz war es so, als habe es das Spiel mit Bayern München drei Tage vorher am Riederwald nicht gegeben. Mit einer Ausnahme stand die Eintracht-Elf in der gleichen Besetzung auf dem Feld, und doch war der Unterschied frappierend. Man steigerte sich diesmal an der Klasse des Gegners wie die Bayern am Sonntag davor an der Eintracht. Seit Jahr und Tag lag die Eintracht nach kaum mehr als 20 Minuten 0:2 im Hintertreffen. Ein ungewohnter Zustand. Das Außergewöhnliche aber war nicht das imponierende Spiel des Europacupsiegers, dem alles nach Plan und Vorhaben zu gelingen schien.

Das Außergewöhnliche schaffte die Eintracht, die ein Spiel herumriß, das jeder anderen Elf schon so gut wie entglitten gewesen wäre. Die wachsende Sicherheit, die Kraft und die entscheidenden Gegenstöße waren Momente, bei denen sich wohl Benfica am meisten verrechnete. Der Gegner der Portugiesen, der auf dem Weg in die sichere Niederlage zu steuern schien, fand den Aufstieg in die Höhe. Wer es bis zur Halbzeit nicht wußte, dem wurde es spätestens bei Beginn der zweiten Hälfte klar: Diese Eintracht steckt nicht eher zurück, bis sie nicht mehr von der Straße des Erfolges abzudrängen ist.

Man kannte den Gegner aus dem Endspiel gegen Barcelona praktisch nur vom Bildschirm her. Wer Lissabon damals spielen sah, schwärmte von Coluna, dem dunkelhäutigen Spielmacher, dem Mann, der das sagenhafte dritte Tor dieses Finales schoß, das Benfica den Pokal ins Haus brachte. Coluna in Reinkultur erlebten die Frankfurter, erlebten die Deutschen im Stadion Daluz, deren Zahl auf 2000 geschätzt wurde. Aber gegen den Künstler am Ball hatten die Eintrachtler nicht Weilbächer, sondern den feinfühligen, technisch so begabten Stinka gestellt. Osswald verzichtete auf die Ausflüge Stinkas bis zum gegnerischen Strafraum, auf seine Schüsse und eventuellen Treffer.

Von Stinka, der sich in dieser Aufgabe mehr quälen mußte als vielleicht mancher robustere an seiner Stelle, sah man nicht die Taten früherer Spiele. Aber für ihn kämpfte der stabile Weilbächer auf der anderen Seite für zwei Leute. Seine Wucht paßte den Lissaboner Stars ebensowenig wie die Spurts von Kress, Stein und Schämer. Kein Wunder, daß gerade diese vier in der portugiesischen Presse als Athleten ersten Ranges herausgestellt wurden.

Ein Mann rehabilitierte seine Leistung vom letzten Punktespiel in einer Art, die verblüffte. Der lange Kreuz legte eine Partie aufs internationale Parkett, daß Freund und Gegner nie aus dem Staunen herauskamen. Die beiden entscheidenden Treffer entstanden in der Kreuz-Werkstatt. Der Lange bastelte die Vorbereitung mit Slaloms zusammen, auf denen reihenweise Benfica-Spieler wie Bohnenstangen umspielt wurden. Einmal Schämer, einmal Stein waren die Vollender, wobei ihre Aktionen kaum minder großartig waren. Schämer brachte den zweiten Treffer aus einem Winkel ins kurze Eck, den man als umöglich bezeichnet, Stein setzte einen Kopfball ins Netz, der einfach unerreichbar war.

Den ersten Treffer hatte Lindner erzielt. Richard Kress, der Schrecken für die Portugiesen, hatte die größten Hindernisse aus dem Weg geräumt. Seine Flanke köpfte Stein genau vors Schußbein von Lindner. Von dieser Minute an war die Eintracht gerettet. Denn bei der immer besser werdenden Deckung mit einem souveränen Stopper Landerer, mit einem Kämpfer wie Eigenbrodt und einem Höfer, der die reifste Partie spielte, konnte nicht allzuviel mehr geschehen. Schließlich waren die Männer des Cupsiegers innerlich schon gebrochen. Ihr Spiel zerfiel in gleicher Weise, wie das der Eintracht sich stärkte. Und doch hatte Egon Loy noch immer mehr zu tun und zu halten als in einem ungewöhnlichen Oberligaspiel.


Weilbächers Spiel

Portugals Pressestimmen

Das 3:2 von Eintracht Frankfurt am Mittwochabend beim Fußball-Europokal-Sieger Benfica Lissabon hat in der portugiesischen Sportwelt eine sensationelle Beachtung gefunden. Lebhaft wurde überall der Sieg der Eintracht diskutiert. Die Sportzeitung „Seculo" stellt fest, daß Benfica so schlecht gespielt habe, weil die Eintracht sie einfach nicht besser spielen ließ. „Seculo" schreibt: „Benfica hat verdient verloren und wurde von einer Mannschaft besiegt, wie man schon lange keine mehr in Portugal sah. Besonders in der Schnelligkeit und durch die Schlagkraft des Angriffs war die deutsche Elf weit überlegen. Benfica muß aus dem Spiel seine Lehren ziehen, wenn es im Europapokal wieder eine Rolle spielen will."

In „Diario de Noticias" heißt es, daß der Angriff der Frankfurter mit Kreß, Stein, Schämer die portugiesische Verteidigung durch seine athletische Ueberlegenheit und Schnelligkeit in Panikstimmung versetzt und daß Weilbächer ein geradezu klassisches Spiel geliefert habe. (aus 'Der neue Sport' vom 09.10.1961)

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