1860 München - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1960/61 - 16. Spieltag

3:0 (1:0)

Termin: 11.12.1960
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Kreitlein (Stuttgart)
Tore: 1:0 Fallisch (14.), 2:0 Eckehard Feigenspan (54.), 3:0 Brunnenmeier (89.)

>> Spielbericht <<

1860 München Eintracht Frankfurt

  • Hoffmann
  • Wagner
  • Pfanzelt
  • Metzger
  • Stemmer
  • Rahm
  • Heiß
  • Eckehard Feigenspan
  • Brunnenmeier
  • Fallisch
  • Auernhammer

 


 

Trainer
  • Hans Hipp
Trainer

 

Kreuz vergab Elfmeter-Chance

Ludwig Dotzert berichtet aus München

TSV 1860 München — Eintracht Frankfurt 3:0 (1:0)

Das Ergebnis sieht aus wie ein Niederschlag für die Riederwälder. Dabei verließen sie die Grünwalder Straße selten so hocherhobenen Hauptes wie diesmal. Sie hatten gegen ungewohnte Schneeglätte, gegen Tücken des Objekts, die sich fast allesamt zugunsten des Gegners auswirkten, und gegen den Umstand, daß zwei ihrer Besten glatte Versager waren, zusätzlich zu kämpfen. Sie ließen selbst nach dem 0:2 nur vorübergehend den Mut sinken und sammelten noch einmal ihre ganze Kraft zu einem verbissenen Endspurt, in dem genug Chancen anfielen, um das Ergebnis selbst jetzt noch in einen Sieg umzuwandeln.

Aber schon auf der Hinfahrt konnte man das erste ungünstige Zeichen nicht übersehen. Je weißer die verschneite Bayern-Landschaft wurde, desto weißer wurden die Gesichter der Vorstandsmitglieder. Von düsteren Ahnungen geplagt, suchte der Vereinsschuhmacher die Stiefel mit den längsten Klötzchen heraus. Vergebens. Zwei der elf Riederwälder fanden im Münchner Patschschnee 90 Minuten lang keinen Halt. Es waren zwei der wichtigsten. In der Abwehr Höfer, im Sturm Kreuz. Im Bereich Höfers entwickelten sieh das zweite und das dritte Tor der Münchner, und beidemale ließ sich der Riederwälder von dem kleinen Außenstürmer Heiß gräßlich an der Nase herumführen. Es lag weniger an der Gewandtheit des Durchschnittsspielers Heiß als daran, daß Höfer die Rutschfestigkeit fehlte. Jede abrupte Bewegung brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und das Gefühl der Unsicherheit machte ihn schließlich zum Zauderer und Hans-Guck-in-die-Luft.

Um die beiden Zweithalbzeit-Tore der Münchener zu Ende zu schildern: Beim ersten streckte Feigenspan den Kopf in die Heiß-Flanke und sah dabei aus wie seine eigene Filmaufnahme aus alten Eintrachtzeiten, wenn er die Flugballvorlagen des Alfred Pfaff mit der Stirn an den gegnerischen Torleuten vorbeirammte. Beim zweiten fand der Ball zu Brunnenmeier, der sicher das leere Tor anvisierte.

Noch krasser als Höfer freilich versagte im Sturm der Eintracht Kreuz. Auf Schnee scheint er absolut untauglich. Seine Beine wirkten wie zwei fremde Wesen, die sich um Anweisungen von oben nicht im geringsten kümmerten. Was Kreuz in diesem Spiel für seine Mannschaft tun konnte, war nicht viel mehr als ein Spieler tun kann, der sich in der ersten Minute bereits einen Muskelriß am Oberschenkel zuzieht. Als die Riederwälder in der vierten Minute nach Handspiel Rahms einen Elfmeter zugesprochen erhielten (warum Rahm die Finger benutzte, wird nie geklärt werden. Niemand bedrängte ihn, und die Stelle, wo es geschah, lag an die 15 Meter vom Münchener Tor entfernt), als Kreuz sich also den Ball zurechtsetzte, wußte man das noch nicht so genau. Man wußte nur, daß der „Lange" in Mannheim einen Elfmeter mit sicherer Gelassenheit in die Ecke praktiziert hatte. Also überließ man ihm auch hier die Ausführung. Kreuz strauchelte schon beim Anlaufen. Was er dann herausbrachte, war ein Roller, der auf normalem Rasen vielleicht seine Dienste getan hätte, der aber hier im Pappschnee auf den elf Metern bis zum Tor seine Kraft und Schönheit weitgehend einbüßte und für Torwart Hofmann kein Problem mehr darstellte.

Jetzt geriet die Eintracht in eine Art „So-oder-so"-Psychose. Vorbei war es mit der Behutsamkeit, mit der die Riederwälder sonst ihre Auswärtsspiele angehen. Sie stürmten mit sämtlichen Stürmern und Außenläufern, Schymik in vorderster Linie. Das wirkte wie eine Ueberkompensation aufkommenden Kleinmuts. Die Riederwälder stürmten sich sozusagen die Furcht aus der Brust. Die Folge davon war: Die Geschehnisse verlagerten sich mehr und mehr in das Strafraumgebiet der Münchener, die innerhalb kürzester Frist ein halbes Dutzend Eckbälle über sich ergehen lassen mußten. Die Folge davon zugleich aber auch, daß die Münchener in Führung gingen. Man sah es kommen. Die edle Spielwut Schymiks, der sich mit wahrer Besessenheit für den Angriff abmühte, hatte eine tief schwarze Kehrseite: Fallisch, der gefährlichste Münchener Stürmer lief frei in der Eintrachthälfte herum. Ein paarmal konnte Lutz, der einzige, der im Schnee nichts von seiner Brillanz einbüßte, der sich im Gegenteil nun auch als Stopper zu Länderspielformat zu steigern scheint, ein paarmal gelang es Lutz, das Feuer in den Nebenräumen durch energisches Eingreifen rechtzeitig zu ersticken. Plötzlich jedoch war Fallisch ganz allein. Er konnte sich in zwanzig Meter Entfernung vom Eintracht-Tor die Lederkugel zurechtlegen wie bei einem Freistoß. Jetzt brauchte Loy im Sprung nach dem schwierigen Effetball nur noch ein bißchen zu rutschen, und das 0:1 war fertig.

Die Eintracht blieb weiter im Angriff, Paul Oßwalds bestes Stück im Angriff, Mittelstürmer Erwin Stein, griff zur Selbsthilfe und versuchte, die fehlenden Gassenbälle durch langgezogene Sprints und wuchtige Fernschüsse zu ersetzen. Schämer legte sich mit einem Eifer wie selten ins Zeug. Wo Weilbächer auftauchte, wackelte die Wand. Aber das war nicht genug. Der rechte Flügel, wo neben Kreuz auch Solz immer blasser wurde, lahmte. Es reichte gerade für die Eintracht, um wenigstens einen guten Eindruck zu hinterlassen. (aus 'Der neue Sport' vom 12.12.1960)

 

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