Kickers Oxxenbach - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1960/61 - 2. Spieltag

2:1 (1:1)

Termin: 21.08.1960 im Stadion
Zuschauer: Eisemann (Beerfelden)
Schiedsrichter: 35.000
Tore: 0:1 Erwin Stein (22.), 1:1 Praxl (45.), 2:1 Praxl (50.)

>> Spielbericht <<

Kickers Oxxenbach Eintracht Frankfurt

  • Groh
  • Waldmann
  • Sattler
  • Lichtl
  • Nuber
  • Wade
  • Kraus
  • Kaufhold
  • Gast
  • Kleinböhl
  • Praxl

 


 

Trainer
  • Bogdan Cuvaj
Trainer

 

Kickers hatten mehr Kraft

Bert Merz und Horst Kickhefel berichten aus dem Frankfurter Stadion

Kickers Offenbach — Eintracht Frankfurt 2:1 (1:1)

Ein Derby zu früher Zeit, das sich sehen lassen konnte, ein Sieger, der verdient die Punkte mitnahm, ein Rahmen wie in großen Tagen, wenn auch das Frankfurter Stadion gut noch einmal soviel Besucher hätte aufnehmen können. Die vertrauten Mannschaften auf dem Rasen, die vertrauten Fahnen auf den Rängen. Aber ein neuer Mann, der die Siegestore für die Kickers erzielte. Linksaußen Praxl, der Ex-Stuttgarter, schoß die ersten Derby-Punkte ins Offenbacher Haus. Die Eintracht, die durch Stein in Führung lag, muß das Rennen neu beginnen.

Es spricht für den neuen Offenbacher Linksaußen, daß sein unmittelbarer Gegner Lutz der beste Eintrachtspieler war. Einen besseren Einstand wie im Stadion hätte Praxl, der Mann der schwierig kontrollierbaren Kurvenläufe, kaum feiern können. Daß dieser Erfolg der Kickers seine Richtigkeit hatte, erkannte man erst im zweiten Durchgang. Erst dann wurde der Schritt, den der Nachbar aus Offenbach den Riederwäldern voraus hat, sichtbar.

Bis zum Wechsel hielt sich alles die Waage. Die Kickersvorstöße, die Eintrachtchancen, das alles wurde fast postwendend wieder wettgemacht. Einmal schoß Berti Kraus in der 17. Minute an den Pfosten und einmal Praxl schräg an der Torlinie vorbei. Aber das war auch alles auf der Gegenseite zu sehen, als Stein und Schämer unheimliche Schüsse auf Grohs Finger trommelten. Und nachdem ein Zufallstor die Eintracht in Front brachte, war einmal Weilbächer und ein andermal Kreß nur einen halben Schritt vom 2:0 entfernt. Dann kam das erste Kickerstor zwanzig Sekunden vor Ende der ersten Halbzeit und rückte alles wieder ins rechte Lot.

Diese Halbzeit war besser als man Mitte August erwarten konnte. Aber in der zweiten Hälfte ließen die Kräfte doch nach, und die Kickers packten ihre Reserven aus. Sie spielten gescheiter und systemvoller, weil sie einen Kaufhold hatten, der wie in großen Tagen aus dem Hintergrund die Fäden zog und mit Weitschüssen die Frankfurter Abwehr nervös machte. Loy, der einen dieser Bälle unterschätzte, war so schockiert, daß er kaum mehr einen Ball richtig festhielt und beim zweiten Treffer der Kickers viel zu langsam ins Parterre stieg.

Dieser zweite Treffer, der Praxl unter dem Eintrachthüter hindurchspitzelte, war zu mehr als der Hälfte das Werk von Kraus, der an der Mittellinie Höfer mit einer Drehung abschüttelte und erst am Strafraum zur Mitte gab. Sonst hatte Kraus nicht so viel Glück bei Höfer, und Gast behauptete sich erst nach einer halben Stunde öfters gegen Eigenbrodt, der später abfiel. Abgefallen waren bei der Eintracht aber fast alle Stürmer, bis auf Kreß und Stein, die später von der gut gestaffelten Offenbacher Abwehr leichter zu bremsen waren, als vor der Pause. Solz (für Lindner) trat nicht sehr in Erscheinung, Pfaff war nur eine Halbzeit munter, und ohne Pfaff verlor auch Schämer die Linie. Besser als vor acht Tagen Schymik und Weilbächer, aber immer noch unter Normalform. Was fehlte, waren die überraschenden Züge, die blitzschnellen Vorstöße, die Offenbach nach der Pause zum besten gab. Groh und Nuber, die bei Steins Treffer nicht harmonierten, waren später fehlerlos, Lichtl blieb der unerbittliche Kämpfer gegen Pfaff. Gast und Praxl in vorderster Front, Kaufhold im Hinterhalt, das waren die Asse des Stürmerspiels derer vom Bieberer Berg.

Schiedsrichter Eisemann (Beerfelden) leitete trotz mancher Pfiffe von den Rängen, ausgezeichnet. Bert Merz

 


 

Fußballvater und Fußball-Teenager

Wer lange steht, wird belohnt werden. Jedenfalls wird in letzter Zeit im Frankfurter Stadion nach diesem Motto gehandelt: Bei Spielbeginn dürfen die leeren Sitzplätze von Stehplatzinhabern eingenommen werden. So sahen die hohen Kugelfangreihen gut gefüllt aus. Vorher herrschte im oberen Block gähnende Leere. Die Eintrachtfahnen fanden sich im geschlossenen Block wieder, das Rotweiß der Kickers war weit verstreut. Dafür wehte es später wacker im Wind.

*

Hinter mir saß ein Fußballvater mit seinem Teenager, der entschlossen Puppe und Puppenwagen in die Ecke gestellt hatte, um sich für Fußball zu begeistern, Vater erklärte seinem Töchting unermüdlich die Regeln des Fußballs, und das Fräulein Tochter fragte dem Papa ein Loch in den Magen: „Weshalb stehen die alle da im Tor?" (beim Eckball) oder „Wird gepfiffen, auch wenn der Ball in der Luft über die Linie ist?" (beim Ausball) oder „Warum darf der nicht weiterlaufen?" (beim Abseits). Als die 70. Minute gekommen war, meinte Fräulein Teenager, sie verstünde jetzt alles vom Fußball und meinte im Brustton der Ueberzeugung: „Die schießen noch ein Tor" (gemeint war die Eintracht). Vater glaubte es nicht. Er hatte recht.

*

Viel Aergernis erregte Schiedsrichter Eisemann (Beerfelden) bei den Kickersfans, die eine Reihe unter mir saßen. Denen paßte die „Uniform" (die schwarze Bekleidung) Eisemanns nicht, weil hie und da ein Kickersspieler ihn anspielte. Dabei sind Schiedsrichter noch nie anders, auch auf dem Bieberer Berg nicht, gekleidet gewesen. Und Kanariengelb würde Herrn Eisemann bestimmt nicht so gut stehen wie das feierliche Schwarz.

*

Auf der Tribüne saßen Sepp Herberger und Helmut Schön. Sie waren 21 Stunden vorher auch am Bornheimer Hang gewesen. Als eine Boeing 707 über das Stadion zur Landung hinwegdröhnte, sahen die Passagiere einen Eckball Pfaffs. Sie sahen keinen guten Eckball, Alfred Pfaff zog den Eckball ans Außennetz. Während der ersten Halbzeit wurde ein Herr Kuhn von der Deutschen Bank zum Abrechnungsraum an der Radrennbahn gebeten. Ob da einer mit Falschnoten gezahlt hatte?


Bei aller Erbitterung, mit der auf beiden Seiten gekämpft wurde, war es ein anständiges Derby. Nur einmal, als Herr Lichtl eine Sonderschau bot, weil seiner Meinung nach der Ball zwei Meter zur Ausführung eines Strafstoßes zu weit vor lag, hätte Eisemann ein ernstes Wort sprechen sollen. Horst Kickhefel (aus 'Der neue Sport' vom 22.08.1960)

 

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg