Eintracht Frankfurt - Real Madrid

Europapokal der Landesmeister 1959/60 - Finale

3:7 (1:3)

Termin: 18.05.1960. 19:30 im Hampden Park (Glasgow)
Zuschauer: 127.621
Schiedsrichter: Mowat (Schottland)
Tore: 0:1 Richard Kreß (18.), 1:1 Alfredo di Stéfano (27.), 2:1 Alfredo di Stéfano (29.), 3:1 Ferenc Puskás (45.), 4:1 Ferenc Puskás (56., Elfmeter), 5:1 Ferenc Puskás (60.), 6:1 Ferenc Puskás (70.), 6:2 Erwin Stein (72.), 7:2 Alfredo di Stéfano (73.), 7:3 Erwin Stein (75.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Real Madrid

 


  • Rogelio Antonio Domínguez
  • Marco Alonso Imaz 'Marquitos'
  • José Emilio Santamaría
  • Enrique Pérez Diaz 'Pachin'
  • José Maria Vidal
  • José Maria Zárraga
  • Darcy Canário
  • Luis del Sol
  • Alfredo di Stéfano
  • Ferenc Puskás
  • Francisco Gento

 

Trainer Trainer
  • Miguel Múñoz

 

 

Das schönste aller Europacup-Endspiele

Wie gut ist die Eintracht wirklich?

Kritische Nachlese unseres Chefredakteurs Erich Wick

Wie gut ist die Eintracht wirklich? Stufen wir sie in einer Weltrangliste nach ihren Siegen gegen Bern, Wien und Glasgow ein, oder hat die hohe Niederlage gegen Real Madrid die Grenzen woanders gesetzt? Das sind Fragen, die sich nach den erregenden Wochen des Europapokals für den deutschen Fußballmeister ergeben. Es gibt drei Möglichkeiten, sie zu placieren: an erster Stelle vor Real, an zweiter Stelle hinter Real oder im Mittelfeld.

Es klingt etwas provozierend, wollte man auch nur zur Diskussion stellen, der Eintracht nach dem 3:7 den ersten Platz in Europa zuzubilligen. Das wäre nur dann möglich, wenn man den Sieg Reals als glücklich oder unverdient bezeichnen würde. Man sollte bis zur Endkonsequenz durchdenken, was man anrichtet, wenn man etwa sagen würde: „Der Elfmeter hat der Eintracht den Hals gebrochen!" Die Eintracht hat diesem Gegner nichts Ebenbürtiges entgegensetzen können.

Die rein technischen Mittel Reals waren um soviel besser, daß die eigentlichen Spielmacher der Eintracht, gerade die, auf die es sonst ankommt, auch am Anfang, in der besten Eintrachtzeit, nicht in ihr Spiel kamen. Rein taktisch bot sich offenbar kein Ausgleich an. Wie die erste Halbzeit endete, ging es nachher weiter. Die „freie Wahl" in der Eintrachtabwehr schien manchmal zu bedeuten: Jeder nehme den ihm am nächsten Stehenden aufs Korn. Das erleichterte Real ein Aufbauspiel in dem die Eintracht nach der Pause nicht mehr viel zu bestellen hatte.

Das heiße Thema: Elfmeter

Also, eines scheint mir gewiß: Real war die klar bessere Mannschaft. Der Elfmeter hat die Frankfurter zwar noch einmal moralisiert, aber eine weniger entscheidende Wirkung gehabt als beispielsweise Reals dritter (völlig vermeidbarer) Treffer kurz vor Halbzeit. Deshalb sollte, wer auch in der Beurteilung kein „Foul" begehen will, den Elfmeter als nicht überwichtig ansehen.

Immerhin, auch das verdient Erwähnung, den Elfmeter hätte der überhaupt in Regelfragen unsicher wirkende Schiedsrichter nicht pfeifen sollen. Er ging zwar zum Linienrichter, nicht um sich über die Art des Fouls mit ihm zu unterhalten, sondern weil er wissen wollte, oh sich der Zwischenfall noch im Strafraum abgespielt habe. Aber er entschied auf Strafstoß, obwohl Lutz seinen Gegner auf die faire und erlaubte Art des Schulterrempelns abdrängte. Fast alle Schiedsrichter würden hier ein Rempeln ohne Ball mit einem indirekten Freistoß geahndet haben. In Glasgow indessen wuchs sich der Vorgang zu einem Foul aus, und das war bei einem 3:1-Stand für Madrid eine erstaunliche Härte.

Um nun zu entscheiden, ob die Eintracht hinter Real zu Recht auf den zweiten Platz gehört, müßte man die Europapokalspiele in einer Punktrunde nachholen. Wir müßten sie mit AC Mailand und Nizza, mit Fenerbahce und gar dem FC Barcelona zusammensehen, um ein gültiges Urteil zu fällen. Man sieht, ein solches Urteil ist und bleibt ein Werturteil. Ich glaube nach dem bisher Geschriebenen nicht, daß ich in den Verdacht komme, ein Eintracht-Höfling zu sein. So wird man von mir auch annehmen, wenn ich sage: Die Eintracht hat diesen zweiten Platz zu Recht verdient. Nicht die Höhe der Siege und ihr Unbesiegtsein bis zum Endspiel, wohl aber die Art, wie die Eintracht ihre Erfolge errang, stempelte sie zur modernen Elf eines „new look" im Fußball, in dem ihr eigentlich nur Madrids Stars den Rang abliefen.

Das Spiel mit dem Ball, gepflegt und gehegt von Paul Osswald, hat beispielsweise die sonst so kritischen Sportreporter der Schweiz in ein Entzücken versetzt, das im Gegensatz zu der kritischen Beurteilung deutscher Länderspielsiege stand.

Das schwerelose Spiel, Witz und Eleganz haben, anschließend auch die gewiß abgebrühten, bekannten Fußballreporterstars Schottlands verblüfft und bezwungen. Sie haben auch keineswegs die Eintracht als Realgegner enttäuschend gefunden. Keiner vergaß ihren glanzvollen Start, und wenn sie das Spiel als das beste bezeichneten, das sie in Jahrzehnten sahen, so bezogen sie die Eintracht mit ein, denn eine Mannschaft allein kann nicht zum großen Spiel kommen. Ist unser Spiel jetzt noch zwei Shilling six pence wert? fragen die schottischen Journalisten, nach dem sie der Eintracht zu Füßen lagen und dieselbe Eintracht nun noch von einem weit größeren Gegner bezwungen sehen.

Es steht uns gut an, unsere Grenzen ähnlich zu erkennen, wie es die Schotten taten. Wir brauchen nicht weit herunterzusteigen, denn die Eintracht war die große Ueberraschungsmannschaft, die nur einmal scheiterte. Aber welche finanziellen Mittel stellen hinter einem spanischen Klub aus Madrid oder Barcelona im Vergleich zu uns! Könnten und wollten wir uns denn die Stars aus Südamerika und Europa in ähnlicher Form zusammenkaufen, wie die Truppe der Puskas und di Stefano, die „Fremdenlegion", zustandekam?

Es war ein schönes, ein großes Spiel, und wir haben mit dem verwegensten Gedanken gespielt. Aber laßt uns bleiben, wo wir sind, laßt uns hoffen, daß wir wieder einmal eine deutsche Meisterschaft oder gar ein Endspiel des Europapokals erreichen.

Müssen wir denn gleich nach den Sternen greifen?


1:0 machte Eintracht-Abwehr zu sicher

Das klare Ergebnis verwischt bei vielen die Ereignisse der ersten halben Stunde, in der das Spiel noch für die Eintracht lief. Es lief zuweilen so gut, daß dem 1:0 ein zweites Tor zu folgen schien. Es hätte der deutschen Meisterelf gut gestanden, denn schon vor dem Kreß-Treffer nach 19 Minuten gab es mindestens drei klare Gelegenheiten für die Riederwälder. Vom Blitzstart, den die Real-Spieler in den schottischen Zeitungen so oft in den Mund nahmen, war gar nichts zu sehen. Die Stars aus Madrid waren nervös wie eine Mannschaft vom flachen Land, bei der es schief läuft. Schon in der ersten Minute rauschte ein Meier-Schuß von ganz weit links heran, bei dem Dominguez Mühe hatte, die Fingerspitzen noch an den Ball zu bringen. Der Schuß streifte noch den Pfosten, ehe er zur Ecke abdrehte.

Vielleicht machte dieser überraschende Auftakt die Senores nervös. Denn vor ihrem wirklich ersten gefährlichen Vorstoß lagen noch zwei der Eintracht durch Stein und Kreß, die gestoppt werden konnten. Dann aber mogelte sich del Sol mit einem Steilpaß an der linken Seite entlang, an Stinka und Loy vorbei. Seine Flanke fand weder Freund noch Gegner auf der Höhe der Situation. Nach diesem ermutigenden Auftakt wagte sich sogar Eigenbrodt nach vorne und setzte Kreß mit einem feinen Zuspiel ein. Nach Lindners Vorlage zu Stein am rechten Flügel und der halbhohen Flanke auf den Fuß des zur Mitte gespurteten Kreß aber hatte in der 19. Minute kein Madrider mehr eine Chance (1:0).

Der Vorsprung war in Gefahr, als Eigenbrodt ein Kopfball-Duell verlor und Puskas auf und davon zog. Daß Loy zum rechten Zeitpunkt herauslief führte wohl noch zum Trugschluß der Eintracht. Aber dann bahnte sich mit einer Eckball-Serie (vier hintereinander) der Ausgleich an, obwohl Meier zwischendurch noch eine gute Sache verschlug und die Eckbälle der Eintracht immer mehr als die der Spanier waren.

Mehrfach hatten die Südländer schon den rechten Flügelstürmer Canario freigespielt, aber in der 28. und der 30 Minute kam von ihm die Vorarbeit zu zwei Treffern di Stefanos, die das Rad des Spieles umdrehten. Einmal brauchte Alfredo aus Argentinien nur die Schienbeine in die Ballrichtung zu stellen, dann knallte er ein, als Loy Canarios Schuß aus der unteren Ecke lenkte.

Das dritte Tor in der 45. Minute aber warf die Eintracht aus allen Ausgleichshoffnungen, die geblieben waren. Daß Puskas frei vor Loy sich die Stelle unter dem Tordach wählen konnte, entsprang mehr einem Doppelfehler von Stinka und Eigenbrodt, die längst einen Vorstoß del Sols gebremst hatten.

Die zweiten 45 Minuten brachten dann die drei Puskas-Tore in einem Zug zwischen der 55. und 70. Minute, und jetzt erst begannen die Leute aus Madrid zu zaubern und das Spiel als Spielchen anzusehen. Die Treffer des Ex-Ungarn paßten haargenau in die Torecken. Zuerst der Elfmeter, über den heute noch viel diskutiert wird, und den er seelenruhig in die rechte Ecke stubste, jenen Kopfball, den Gento mit einem tollen Lauf bis zur Torlinie vorbereitete und jenen Schuß aus der Drehung, der wie ein Hammer im Torwinkel einschlug.

Das 6:1 sah nach einer Katastrophe aus. Aber da machten sich Kreß, der Lindner innen ablöste, und Stein auf den Weg, zuweilen auch Weilbächer. Stein, nach dessen maßgerechter Vorlage Lindner bei 5:1 ein Tor hätte schießen müssen, setzte sich nach einem Duett mit Pfaff durch und schoß mit dem linken Fuß hoch ins Netz, und eine Viertelstunde vor Schluß in die Torecke, als Santamaria bei einem kurzen Rückspiel mit dem Eintrachtmittelstürmer nicht gerechnet hatte. Zwischen den Stein-Toren lag allerdings noch jener di-Stefano-Treffer , der unvergessen. bleibt, aus 13 Metern per Aufsetzer in die äußerste Netzecke zischte. Bert Merz

 

'Teamsheet' des TV-Reporters Athur Montford


Richard Kreß, einen besseren gab es nicht

Bert Merz beleuchtet die einzelnen Eintrachtspieler

Zu einem Sieg der Eintracht in diesem größten und schwersten Spiel der letzten Jahre hätte es wohl eines Wunders bedurft. Es konnte schon allein deshalb nicht eintreten, weil die Profis, aus Spanien und der halben Welt zusammengekauft, in der Geschichte des Europacups ihr wohl bestes Spiel boten. So hörte man es in ihrem Lager, wo man sonst sehr kritisch urteilt.

Man wurde an diesem Tag auch das Gefühl nicht los, daß ein Zwei-Tore-Vorsprung der Eintracht vor der Pause die Real-Truppe auf dem Weg zum Sieg nicht abgehalten hätte. Die „Wenn" und „Aber" nach dem Spiel, ob es richtig war, dem Gegner in offener Feldschlacht zu begegnen oder ob man besser getan hätte, sieh in einer Riegelstellung zu verschanzen, müssen verstummen angesichts der großen Klasse eines jeden einzelnen Spielers beim Sieger, der in Ballbehandlung, Spielübersicht, Täuschung des Gegners, im Erfassen der Torgelegenheiten und in der Technik des Torschusses den Eintrachtlern weit voraus war.

Die Ausnahme bildete vielleicht Richard Kreß, dem man nach wenigen Minuten ansah, daß er mit seiner Schnelligkeit und Kraftentfaltung jeden Vergleich mit seinem Rivalen Canario aushalten würde. Einen besseren Spieler als ihn gab es nicht im Eintrachttrikot. Mancher brachte seine Normalform mit, einige steigerten sich gegenüber den letzten Spielen. Aber entscheidender war, daß drei Spieler, die in den Rangers-Vorstellungen die Träger des Spiels beim deutschen Meister waren, diese Rolle in Hampden nicht wiederholten oder nicht wiederholen konnten.

Eine merkwürdige Gehemmtheit lag über Lindner, dessen Härte für eine solche Partie nicht ausreichte und dessen Kaltschnäuzigkeit vom ersten Glasgower Treffen wie weggewischt schien. Was Alfred Pfaff in den ersten 45 Minuten für das Angriffsspiel tun konnte, erinnerte in manchen Szenen noch an den Pfaff in den strahlendsten Momenten der Vorschlußrunde.

Später liefen die Dinge zwar an den meisten Frankfurter Spielern vorbei, aber die Hoffnung, daß Alfred noch einmal das Steuer in die Hand bekäme, schwand mit jeder Minute. Da auch Stinkas Taten, von Nervosität gezeichnet, mit seinem wirklichen Talent garnicht übereinstimmten, mußten die Schlagseiten kommen, die durch den Eifer und die Wucht der kraftvolleren Mitglieder der Elf nicht allein aufzuhalten waren. Jeder tat vielleicht in der überlasteten Abwehr, was in seinen Kräften stand. Und doch hatte jeder vielleicht mindestens an einem Tor der Madrider mit Schuld, deren Treffer vor der Pause alle vermeidbar waren, aber doch fallen mußten, weil ein Ansturm einer Angriffsreihe wie der Madrider bei dem hohen Können der Einzelkräfte praktisch kaum ohne Erfolg bleiben kann.

Daß sie später zauberten und die letzten drei Treffer wie aus einem Fußball-Märchenbuch stammten, ändert nichts daran, daß Real vor dem Wechsel hart an den Speck gehen mußte, um nicht von der Siegesstraße gekippt zu werden. Daß sie dem anfangs für die Eintracht laufenden Spiel noch die Wendung gaben, kennzeichnet ihre Klasse besonders. Wer will Loy, wer Eigenbrodt, Höfer oder Lutz einen Vorwurf machen, daß manches im Gedränge schief ging, was sonst mit Leichtigkeit gemeistert werden konnte? Sie zählten mit den großen Eintrachtlern dieses Spiels wie Kreß, Stein, Weilbächer, die im Hampden-Park mit ihrer Ausdauer und ihrem Kampfgeist das Spiel bis in die letzten Phasen immer wieder in die Hälfte des überlegenen Gegners trugen. Zwei Treffer und die Vorarbeit zum Kreß-Tor von Stein waren mehr als man vom Eintrachtmittelstürmer gegen einen Könner vom Schlage Santamarias erwarten durfte. Daß die Eintracht gegen jene Superelf drei Tore schoß, mag als Trost nach der klaren Niederlage auch die Enttäuschten versöhnlicher stimmen.


Lob für Real

Stimmen nach dem Spiel

Einhelliges Lob der Fachpresse für die Real-Mannschaft.

„L'Equipe" (Paris) meint: „Es gibt kaum einen Vergleich zwischen Real Madrid und Eintracht Frankfurt. Di Stefano, Puskas und Gento ließen ihre gegnerischen Spieler als zweitklassig erscheinen."

Der "Parisien Liberé" schreibt: „Niemals im Verlauf der letzten fünf Jahre hat Real Madrid ein solches Schauspiel geboten."

Schottlands Zeitung „The Scotchman" zog das Resümee: „Eintracht war eine tapfere Mannschaft. Ein Handwerker ist aber kein Künstler!"

Etwas unzufrieden war Trainer Paul Osswald: „Ich hatte es immer wieder gepredigt, konsequent zu decken. Und dann geschieht es, daß beim 1:1 und 2:1 für Real der Gegner schlecht markiert wird. Der Elfmeter, der nie gegeben werden durfte, brach uns endgültig das Genick. Das ist jedoch keine Entschuldigung, sondern es gibt nur eine Meinung, daß Real verdient gewann und eine großartige Leistung bot."

Alfred Pfaff fügte hinzu: „Wir haben wirklich keinen guten Tag erwischt. Vielleicht ist alles doch über unsere Kräfte gegangen. Real hat eine wunderbare Mannschaft. Jeder ist ein perfekter Fußballspieler."

Real-Manager Emil Oestreicher sagte: „Die beste Fußballmannschaft der Welt, das ist Real Madrid und das wird unsere Mannschaft auch noch lange bleiben. Wir haben nicht allein Stars in unserer Elf, sondern die Spieler bilden eine Mannschaft. Das ist der entscheidende Vorteil neben der Kunst des vollkommenen Fußballspieles."

Ferenc Puskas war glücklich: „Endlich hatte ich gegen eine deutsche Mannschaft einmal Glück."

Alfredo di Stefano fügte hinzu: „Das 1:0 für die Eintracht hat uns nicht erschreckt, aber in unsere Pläne paßte es ganz und gar nicht. Nach der Pause hatte die Eintracht keine Mittel mehr, um das Tempo und die schnellen Spielzüge mitzuhalten."


Der Tag, als die Eintracht kam

Helmer Boelsen berichtet vom Empfang

Als die Eintracht eingeholt wurde, war der Regen vergessen, die Tränen, die Wut. Ganz Frankfurt zeigte wieder eine fröhliche Miene und versuchte, den großen Triumphzug vom Juni 1959 zu kopieren. Es brauchte seine Anlaufzeit, aber die Steigerung von Station zu Station war unverkennbar.

Auf dem Flughafen war noch Einsamkeit und etwas Verlegenheit. Da war es Alfred mit seiner Melone, der mit breitem Grinsen und einem raschen Witz die Situation rettete. Er ließ sich mit den Blumen von den KLM-Stewardessen auch einen Schmatz geben. Beim Kaffee in der Bundessportschule waren die Finalisten unter sich. Große innere Sammlung! Vielleicht auch ein wenig Abschiednehmen, von der Stätte, wo sie vor den großen Fußballfesttagen, die ein Jahr lang auf die Eintracht einstürmten, ein Asyl der Geborgenheit gefunden hatten.

An der Villa Mumm stand die „Hundertschaft", die es gar nicht abwarten konnte, bis sie ihre Lieblinge begrüßen konnte. Und dann ging es hinein in immer dichtere Menschenmauern, die nicht gewankt hatten, obwohl es fast zwei Stunden dauerte, ehe der Zug mit Polizei, dem alten Auto, das den Vorstand vorwärtsschaukelte und den Bierwagen mit den Spielern, anrollte. Dort wurde gelacht, gejubelt, gesungen „...Eintracht Frankfurt wird Meister nächstes Jahr!". Ideen muß man eben haben. Leider wars schon dunkel geworden, die Spieler sahen nicht mehr viel vom Fahnenschmuck an den Kaufhäusern und Geschäften.

Prall voll war der Römerberg, die Station drei, wo Stadtrat Reinert offiziell die Mannschaft empfing, den ersten „Ersatzpokal" überreichte, gute Worte fand und die prächtige Haltung der Eintrachtspieler herausstrich. Das begeisterte Echo kam von draußen, aus mehr als tausend Kehlen. Dort draußen gab man erst Ruhe, als sich die Elf auf dem historischen Balkon zeigte. Würdige Vertreter von König Fußball!

Ueberfüllt aber war der große Gesellschaftssaal im Zoo, der Endstation des Tages, an dem Treue und Anhänglichkeit bewiesen wurden. Maria Mucke sang: „Wir wollen niemals auseinandergehn...", Bully Buhlan: „...Berlin grüßt die Eintracht!", das Lumpaci-Quartett erzählte parodistisch die ganze Eintracht-Story vom Europapokal, Willy Schneiders Bariton ertönte, Otto Höpfner schlenzte die Pointen ins Feld wie Alfred Pfaff die Freistöße ins Tor, und zum guten Schluß die Mainzer Hofsänger: „So ein Tag..." Zwischen Tenor und Bass stand Richard Kress, großer Solist auf dem Spielfeld, großer Solist auch im Eintracht-Chor.

Wer noch 24 Stunden vorher geknickt und niedergeschlagen gewesen sein sollte, jetzt war er fröhlicher und ausgelassener denn je zuvor. Die Hofsänger hatten „noch'n Pokal" mitgebracht. Pokal verloren, Freunde gewonnen! Herz, was begehrst du mehr? Und die Musik (Hans Schepior) spielte dazu, Sepp Herberger strahlte. Marika Kilius tanzte, der Tag, als die Eintracht kam, ging erst sehr, sehr spät zu Ende.

 

Hampden Park

 

Real kommt

Am 18. August nach Frankfurt

Zum Notieren im Notizbuch: Am 18. August spielt Real Madrid im Frankfurter Stadion gegen die Eintracht. Der 18. August ist ein Donnerstag; zuvor spielt der fünffache Europacup-Sieger in Köln (13. August) und Berlin (16. August). Eine Terminänderung kann nur erfolgen, wenn die Eintracht dieses Freundschaftsspiel nicht mit den Terminen der neuen Punktspielserie in Einklang bringen kann.

Eigenbrodts Verletzung erwies sich als ein Anbruch des rechten Ringfingers. Zwanzig Minuten vor dem Abpfiff trat irgendein Spieler dem am Boden liegenden Eigenbrodt im Kampfgetümmel auf die Hand. h. h. (aus 'Der neue Sport' vom 23.05.1960)

 

 

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