Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1959/60 - 18. Spiel

2:1 (1:1)

Termin: 17.01.1960
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Dusch (Kaiserslautern)
Tore: 0:1 Dieter Lindner (18.), 1:1 Herrmann (30.), 2:1 Wischnowski (46.)

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Karlsruher SC Eintracht Frankfurt

  • Fischer
  • Dimmel
  • Witlatschil
  • Schwall
  • Termath
  • Symaniak
  • Reitgaßl
  • Herrmann
  • Wischnowski
  • Späth
  • Kunkel

 


 

Trainer
  • Edmund Frühwirth
Trainer

 

KSC stand an der Wand

Ludwig Dotzert berichtet aus Karlsruhe

Karlsruher SC — Eintracht Frankfurt 2:1 (1:1)

Das Ergebnis täuscht. In allen wesentlichen Punkten hat das Häuflein der aufrechten Riederwälder Optimisten recht behalten. Die Eintracht spielte noch einmal ihr Karlsruher Spiel. Noch konsequenter, noch konzentrierter als im Frankfurter Stadion ging sie Süddeutschlands Meisterschaftsanwärter an den Kragen. Noch länger und noch tiefer steckte der Tabellenführer in der Defensive. Der rosigste Optimismus wurde von den Realitäten noch übertrumpft. Nur in einem einzigen Punkte lagen die Zuversichtlichen schief. Die Eintracht verlor und gehört ab heute nicht mehr zu den Favoriten für den Titel.

Aber die Niederlage war glänzender als mancher Sieg. Ueber den Daumen gepeilt, waren die Riederwälder 70 der 90 Minuten unverkennbar bis drückend überlegen. Die zweite Halbzeit bestand im wesentlichen nur noch aus einem Kesseltreiben des alten süddeutschen Meisters gegen den voraussichtlich neuen süddeutschen Meister. Schymik stürmte mit Stinka und Weilbächer stürmten mit, und die Karlsruher wehrten sich mit dem Rücken an der Wand gegen eine Mannschaft, die sich lange nicht mehr so austobte wie im verschneiten Wildparkstadion.

Und dieses Riederwälder Furore kam ganz aus der Mannschaft selbst. Ganz aus dem Gefühl, sich allen Gewalten zum Trotz zu erhalten. In Karlsruhe wehten dem deutschen Meister zum ersten Male seit Monaten keine Fahnen, stützte sie kein ermunternder Zuruf. In Karlsruhe war die Mannschaft so allein wie auf dem Schneefeld in der Antarktis. Aber gerade das schien ihr recht. Wann sah man die Riederwälder bis zur letzten Minute mit einem solchen Fanatismus gegen ihr Los ankämpfen wie in Karlsruhe!

Die Zeichen schienen von Anfang an günstig zu stehen. Bechtold als Stopper einzusetzen und Lutz in die Verteidigung zu stopfen — das war einer der überraschendsten und einer der gelungensten Kunstgriffe, die einem Trainer einfallen können. Beide steigerten sich in ihrer Wirkung um volle 100 Prozent. Dem Kenner mußte das Herz im Leibe lachen, mit welcher abgeklärten Ruhe, mit welcher Besonnenheit und welch handwerklicher Sauberkeit der alte Bechtold auf seinem neuen Posten in jeder Sekunde genau das Richtige tat. Dem Kenner lachte auch das Herz im Leibe, wenn Lutz dem gewiß nicht langsamen Reitgassl die exaktesten Vorlagen ablief. Hier standen die richtigen Männer genau auf dem richtigen Platz. Und da auch Weilbächer in der Blüte seiner Form stand, da Stinka zumindest seine Durchschnittsleistung brachte und Schymik von dem Karlsruher Ersatzlinksaußen, dem Oberliga-Methusalem Kunkel, kaum etwas zu fürchten hatte, da Loy trotz frostklammer Hände besser fing als bisher, strahlte die Riederwälder Deckung eine Ruhe aus wie einst bei Ivica Horvat. Was sollte ihr hier passieren?

Die Freuden, die der Sturrn bereitete, waren freilich nicht so ganz rein; denn Erwin Stein konnte man nicht anschauen, ohne mit großer Sehnsucht an den Rekonvaleszenten Bäumler zu denken, der vorher in der Reserve Tor auf Tor unter die Latte nagelte, und dies in einer Art, die sich nur durch eine Wunderheilung erklären läßt. Alfred Pfaff mußte auf dem verharschten Schnee zu viel Aufmerksamkeit an den Ball verschwenden und verlor dabei den Überblick über die Situation. Solz brauste mit Karacho immer akurat ins tote Gleis. Von Stein aus nach links lag der Riederwälder Angriff im Schatten. Um so deutlicher hoben sich die Leistungen von Kreß und Lindner ab. Fast alles, was den Karlsruhern Kopfzerbrechen bereitete, kam vom rechten Riederwälder Flügel.

Hier wurde der Widerstand im Sprung genommen. Hier konnte auf die Dauer noch nicht einmal Szymaniak den bedrängten Karlsruhern helfen. Lindner und Kreß hatten sich gegen den Vorsonntag — ganz wörtlich zu nehmen — sprunghaft gesteigert. Der Führungstreffer der Riederwälder mit Kreßflanke und Volleyschuß von Lindner war ihr Gemeinschaftswerk. Nur über den Schatten, dem die eigene Mannschaft warf, konnte auch der rechte Flügel nicht springen. Weiter links blieb zu viel hängen und zu viel stecken. Weiter links vergab man die Tore, die der Eintracht in der Endabrechnung fehlten. Womit der Tabellenführer seine führende Position errang, ließ sich in Frankfurt, als er 1:4 verlor, besser erahnen als diesmal. Der Sturm der Karlsruher kam über einzelne imponierende, aber unzusammenhängende Zuckungen selten hinaus. Szymaniak wurde des aalglatten Lindner nie ganz habhaft, hat freilich das Verdienst, den ersten Zwischenspurt des KSC ganz allein entfesselt zu haben, und gab obendrein die Vorlage zum 1:1, das Hermann mit pompösem Schuß in den Winkel schleuderte. Von europäischem Rang war der „Schimi" aber selbst in dieser Phase weit entfernt. Souverän wirkten beim KSC überhaupt nur Berni Termath als Stopper, dem allerdings ein winziges Steinchen im Schuh wahrscheinlich mehr zu schaffen gemacht hätte als ein ausgewachsener Erwin Stein vor dem Schuh. Ihr Siegestor schossen die Karlsruher unmittelbar nach dem Wechsel, als die Riederwälder mit einem Bein noch in der Kabine schienen. Reitgaßl zog die Flanke, Wischnowsky köpfte aus unmittelbarer Nähe ein.

Danach wurde der Tabellenführer von den Riederwäldern Stück für Stück über die Mittellinie gekehrt. Der KSC hatte erst endgültig gewonnen, als Weilbächer zwanzig Minuten vor Schluß verletzt nach Rechtsaußen schlich. Niemand zweifelte daran, daß sein Sieg glücklich war. (aus 'Der neue Sport' vom 18.01.1960)

 

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