Eintracht Frankfurt - VfB Stuttgart

Oberliga Süd 1959/60 - 17. Spiel

2:4 (0:3)

Termin: 09.01.1960
Zuschauer: 13.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 0:1 Waldner (3.), 0:2 Geiger (21.), 0:3 Geiger (24.), 1:3 Erwin Stein (49.), 1:4 Geiger (58.), 2:4 Alfred Pfaff (69.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt VfB Stuttgart

 


  • Sawitzki
  • Retter
  • Seibold
  • Hartl
  • Hoffmann
  • Kaniber
  • Marx
  • Geiger
  • Weise
  • Strohmaier
  • Waldner

 

Trainer Trainer
  • Georg Wurzer

 

Trotz 16:2 Ecken verlor Eintracht 2:4

VfB im Eintrachtstil

Horst Kickhefel berichtet aus dem Stadion

Eintracht Frankfurt — VfB Stuttgart 2:4 (0:3)

Man wird im Eintracht-Lager lange darüber rätseln, warum dieses Spiel verlorenging, ein Spiel, dessen Ausgang auch anders lauten konnte (bei etwas Glück); das aber auch 2:6 enden konnte, denn Geiger und Weise jagten völlig freistehend den Ball über das Eintrachttor. Man wird das Spiel bis zum letzten Zug sezieren, man wird jede der 16 (in Worten: sechzehn) Eintrachtecken (bei zwei des VfB!) durch die Gehirnmangel drehen: für die meisten wird der Ausgang dieses Spieles ein Rätsel bleiben.

Nun, die Abwehr stand gut, besonders Lutz und Schymik waren kaum auszuspielen — und trotzdem kam der VfB zu vier Treffern. Ein unlösbares Rätsel? Kein unlösbares Rätsel. Zwei Dinge, eigentlich kaum zu beachten, waren die eigentliche Ursache für diesen unerwarteten Punktverlust. Zuerst einmal der glatte, hartgefrorene Boden, auf den die Eintracht sich schlecht einstellen könnte. Man glaubte die Stuttgarter Stürmer aus der Halbdistanz abfangen zu können und mußte immer wieder erleben, daß der angreifende Verteidiger auf diesem Boden im Nachteil ist, wenn der ballführende Stürmer nicht schon bei der Ballannahme gestört wurde.

Die eigentliche Ursache für die Niederlage war aber das Läuferpaar Weilbächer-Stinka. Besonders Weilbächer zerrupfte sich förmlich vor Eifer, aber es war ein blinder Eifer. Der blonde Hans hatte sich diesmal der Offensive geschworen und Stinka machte es ihm nach, zumal man nach der zweiten Minute mit einem Tor im Rückstand lag. Bei zwei so raffinierten Halbstürmern wie es Geiger und Waldner sind, ist ein solches Aufrücken gefährlich — und die beiden verstanden die mangelnde Beaufsichtigung zu ihren und des VfB Gunsten auszunutzen.

Und noch etwas trug zu dieser Niederlage bei: die Eintracht spielte, wie man es vom VfB erwartet hatte, der VfB spielte im Eintrachtstil. Also die fünf Eintrachtstürmer verliebten sich förmlich im Kurzpaßspiel und die Stuttgarter Abwehr war froh darüber. Später, nach der Pause, als steiler gespielt wurde, wurde die VfB-Abwehr sehr nervös und geriet einige Male ins Schwimmen, aber die Umschaltung auf Steilpaß kam 45 Minuten zu spät. Der VfB machte es hingegen, wie es im Fußballehrbuch steht: Querpaß-Steilpaß, Querpaß-Steilpaß und mit nur einem Steilpaß gewann man so viel Raum, daß der dem Eintrachttor zustürmende Angreifer nicht mehr gestört wurde.

Nachher ist natürlich gut reden, dann kann man sagen: ja, wenn für Kirchhoff Loy zwischen den Pfosten gestanden hätte, wäre es anders gekommen. Es wäre nicht anders gekommen, denn Loy im derzeitigen Leistungsstand hat Kirchhoff nur ein Quentchen Routine voraus. Schließlich war Loy ja in Fürth an einigen Toren beteiligt gewesen. Vielleicht wäre bei Loy das erste VfB-Tor nicht gefallen, aber das sind so Behauptungen, die niemals zu beweisen sind. Die Situation war folgende: Waldner erwischte eine Steilvorlage am Strafraum, Lutz schien ihn aufhalten zu können, wurde aber von Waldner nicht ganz regelrecht beiseite geschoben. Kirchhoff hätte vielleicht jetzt erst sein Tor verlassen sollen. Er war aber schon heraus, rannte Lutz über den Haufen, während Waldner in aller Seelenruhe einschoß.

Wütend berannte die Eintracht das Stuttgarter Tor, aber wie engmaschig führte man den Ball, dabei machten es die Gäste doch vor, wie man zu Treffer auf diesem Boden kam. Ein Entlastungsangriff (quersteil), dazu ein Deckungsfehler von Weilbächer — und Geiger schoß das 0:2. Zwei Minuten später wieder ein Entlastungsvorstoß: Marx steil zu Weise, Weise quer zu Waldner, Waldner steil zu Geiger. Ergebnis: 0:3.

Erst nach der Pause schaltete die Eintracht auf steileres Spiel um und schon konnte Stein eine Ballstafette Weilbächer-Pfaff-Solz-Stein mit dem lang erwarteten Gegentreffer abschließen. Ohne Zweifel, der Eintrachtsturm hatte an Schwung gewonnen, zumal Kreß jetzt Rechtsaußen und Lindner (völlig außer Tritt) Halbstürmer spielte. Sawitzki faustete und faustete, seine Vorderleute retteten sich durch Eckbälle aus der Affäre, der VfB geriet ins Wanken. Da warf ein Konterschlag die Eintracht aus der Bahn.

Mitten im größten Eintrachtansturm unternahm Geiger einen Entlastungsvorstoß. Geiger führte den Ball an die Mittellinie, ein Paß zum linksaußen auftauchenden Weise. Ehe Schymik Weise festnageln konnte, kam dessen Steilpaß in den freien Raum, wo sich Geiger den Ball erlief und Kirchhoff keine Chance zur Abwehr bot. Mit zwei Pässen hatte der VfB die (etwas aufgerückte) Eintrachtabwehr ausgespielt — und wie viel Pässe brauchte man auf der anderen Seite? (aus 'Der neue Sport' vom 11.01.1960)

 

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