SpVgg Fürth - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1959/60 - 16. Spiel

4:0 (0:0)

Termin: 03.01.1960
Zuschauer: 11.000
Schiedsrichter: Jedele (Reutlingen)
Tore: 1:0 Gettinger (56.), 2:0 Gottinger (65.), 3:0 Heidner (70.), 4:0 Schmidt (84.)

>> Spielbericht <<

SpVgg Fürth Eintracht Frankfurt

  • Geißler
  • Bauer
  • Koch
  • Gettinger
  • Erhardt
  • Ehrlinger
  • O.Schmidt
  • Appis
  • Heidner
  • Gottinger
  • Landleiter

 


 

Trainer
  • Horst Schade
Trainer

 

Zerrissene Nerven

Spvgg. Fürth — Eintracht Frankfurt 4:0 (0:0)

Ludwig Dotzert berichtet aus Fürth

Dieses Spiel hat sich die Eintracht selbst kaputtgemacht, weil sie im kritischen Augenblick die Nerven verlor. Und der kritische Augenblick kam bereits in der achten Minute. In jugendlichem Leichtsinn schleuderte Lutz das Schußbein blindlings in die Gefahrenzone und achtete nicht darauf, daß ihm mehrere Fürther Schuhe entgegenstarrten. Hinterher gab man nur diesen Fürther Sohlen die Schuld. Aber die Unerfahrenheit und die Tollkühnheit des Eintrachtstoppers waren mitschuldig. Lutzes Schmerzen müssen schlimmer als bei einem Beinbruch gewesen sein. Sich bäumend wie ein Wurm verließ er das Spielfeld auf der Tragbahre. Da waren es nur noch zehn Riederwälder.

Das Nervenfieber begann. Im Nu stieg Weilbächers Blutdruck auf das Doppelte an. Man sah, daß er den nächsten Zweikampf heiß herbeisehnte. Es passierte zwar nichts Wesentliches an Leib und Gesundheit des Gegners bei diesem Zweikampf, aber das Publikum hatte beobachtet, daß der Rächer im Trikot der Riederwälder nicht nur nach dem Ball getreten hatte. Vergeblich versuchte Schymik seinen Vordermann zu beschwichtigen. Weilbächer blieb auf hundert. So glaubte auch Solz den starken Mann spielen zu dürfen und stieg härter ein, als es die Regeln erlauben.

Das Publikum — hochexplosiv wie Nitroglyzerin — tobte vor Wut. Fried Ehrlinger ließ sich zu einem Revancheakt hinreißen; aber der Mann, der jetzt vom Platz mußte, um das Treffen zu retten, mußte ein Riederwälder sein. Darauf schworen jedenfalls die Beobachter bereits lange, bevor es soweit war. Es gab nur noch eine Frage: Wer?

Schließlich traf es Höfer. Die üble Tat, die er begangen hatte, kommt in jedem Spiel mehrmals vor, ohne daß jemand Anstoß nimmt. In diesen Minuten jedoch durfte sie nicht vorkommen. 8000 Fürther und die ganze Situation schrien nach einer drakonischen Maßnahme. Jädele mußte handeln. Unter dem frenetischen Applaus der Anwesendem schickte er Höfer in die Wüste. Da waren es nur noch neun Riederwälder.

Was nützte es, daß Lutz nach zehn Minuten relativ gut in seiner alten Position weiterwurstelte? Die Eintracht hatte schon ihren zweiten Kardinalfehler begangen. Genau im ungünstigsten Moment entschloß man sich zu einer geradezu widersinnigen Umstellung. Aus Pfaff wurde ein Verteidiger. Sein ganzes Leben brauchte Pfaff noch nicht die Rolle eines streng auf seine Aufgabe festgelegten Deckungsmannes zu spielen. Jeder andere wäre geeigneter gewesen, den disqualifizierten Höfer zu vertreten. Was sollte das?

Die Quittung ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Sämtliche vier Fürther Treffer entstanden im Terrain des Alfred Pfaff. Das ist kein Vorwurf für den Kapitän, der wahrscheinlich der Ansicht war, da, wo es fehlt, muß zunächst einmal der Ersatz eingreifen. Das ist nur die Quintessenz aus einer alten Volksweisheit, die besagt, daß eine Kuh gewöhnlich keine Kreppel backen kann. Alfred machte bisweilen sogar eine glänzende Figur: Zum Beispiel, wenn er mit sicherem Instinkt für die richtige Position einen bedrohlichen Kombinationszug des Gegners elegant durchschnitt. Seine Vorstöße auf eigene Faust waren das Gefährlichste, was in der zweiten Halbzeit auf das Fürther Tor zurollte. Aber beim Angriff auf den ballführenden Mann stand Alfred Pfaff immer klar auf verlorenem Posten. Und da sich der Riederwälder zumeist fern von. seinem Widersacher oft in der eigenen Hälfte aufhielt, führte sein Widersacher den Ball ziemlich oft.

Drei der Fürther Tore fielen auf Flanken von rechts. Das vierte schoß Rechtsaußen Schmidt selbst, aber da hatte Alfred bereits die Flucht nach vorn ergriffen. Nicht Lutz, nicht Höfer — der Kapitän, der sich selten so ins Zeug legte wie am Ronhof, der selten so erfolgreich dribbelte und im Grunde doch scheiterte, war die tragische Erscheinung der Riederwälder. Hinzu kam, daß der Sturm ohne seinen Kapitän hilflos in den Untiefen der Fürther Deckung herumtrieb. Die Firma Kreß blieb trotz aller Aktivität ein hoffnungsloser Einmannbetrieb. Solz verhedderte sich bei den einfachsten Dingen. Und aus dem Erwin Stein sprang nichts heraus, als ein langgezogener Roller, den Tormann Geißler nicht ernstzunehmen brauchte. Etwas munterer aber keineswegs in Hochform war Lindner.

Dagegen forderten die Außenläufer zu rückhaltloser Bewunderung heraus. Sie allein, Weilbächer und Stinka, hielten die Hoffnung bis zur Pause hoch. In einer unablässigen Kette vom sauber gespielten und technisch geschliffenen Kraftakten hievten sie ihre Mannschaft aus dem Dilemma heraus, als diese Mannschaft mit zehn und zeitweise sogar mit neun Mann auf einen Führungstreffer zuzusteuern schien.

Manchmal war das 1:0 ganz nahe, als Stinka in kühnem Schwung bis zur Mittelstürmerposition vorstieß und von hier an die Latte schoß, und dann, als Pfaff schon Verteidiger — die Fürther Deckung höchst persönlich aufrollte und schließlich zweimal den Torhüter Geißler anzuschießen. Dann fuhr der Zug für die Riederwälder ab. Um Weilbächer und Stinka häuften sich allzuviele Unzulänglichkeiten. (aus 'Der neue Sport' vom 04.01.1960)

 

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