Eintracht Frankfurt - Stuttgarter Kickers

Oberliga Süd 1959/60 - 6. Spiel

6:2 (3:1)

Termin: 11.10.1959
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Ott (Höningen)
Tore: 0:1 Lettl (21.), 1:1 Erwin Stein (26.), 2:1 Dieter Lindner (37.), 3:1 Erwin Stein (39.), 3:2 Janos Hanek (46.), 4:2 Richard Kreß (68.), 5:2 Erwin Stein (76.), 6:2 Dieter Lindner (85.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Stuttgarter Kickers

 


 

Trainer Trainer
  • Bela Hügl

 

Eintracht jetzt vor Kickers an der Spitze

Bomben um Eglins Ohren

Eintracht Frankfurt—Kickers Stuttgart 6:2 (1:1)

Horst Kickhefel berichtet vom Riederwald

Die Eintracht kam zu einem hohen und verdienten Sieg — und doch denkt man mit etwas Beklemmung an dieses Spiel zurück. Wir wollen hier nicht drehen und deuteln, wir wollen nicht als Miesmacher dastehen, aber die Chronistenpflicht gebietet uns zu sagen: die Eintracht sah lange Zeit nicht nach deutschem Meister aus.

Das fing mit kleinen Unsicherheiten in der Abwehr an, Unsicherheiten, die in allgemeine Nervosität ausarteten. Nur einer blieb neben Lutz eiskalt bis ans Herz hinan: „Stift" Höfer. Er fuhr Hinterstocker, der bekanntlich nicht zimperlich ist, eisern in die Parade und kannte keinen Pardon. Zum Schluß war Hinterstocker artig wie ein Schulknabe und bekam kein Bein mehr auf den Boden. Und Höfers Ruhe hatte auf seine Nebenleute ausgestrahlt. Nach der Pause bildete die Abwehr einen unerschütterlichen Block.

Auch die Läuferreihe und der Sturm konnten lange Zeit nicht begeistern. Man verstand sich einfach nicht und spielte dann an dem Mitspieler vorbei. Der linke Flügel blieb farblos — weil Alfred Pfaff seinen farblosen Tag hatte. Das Bällchen wollte nicht so, wie er wollte und da wollte er schon gar nicht. Kreß biß sich viel zu sehr mit dem harten Dünnwald herum und trat einmal böse nach. Auch wenn man gereizt wird, das sollte man nicht tun. Schon wegen des möglichen Platzverweises. Stein stand lange im Schatten von Kott — ja, mit einem derartigen Sturm kam man zu sechs Toren. Zum Teufel, wie ist das möglich?

Ganz einfach zu beantworten. Das Obengesagte gilt nur bis zur 67. Minute. Da schrie der Eintrachtanhang befreit auf — Kreß hatte stolpernd das vierte Tor erzielt, und der Sieg stand fest. Jetzt schwang sich die gesamte Mannschaft zu meisterlicher Form auf. Jetzt schlug Alfred Pfaffs große Stunde. Gerade noch hätten ihn viele gerne noch in Grund und Boden verdammt, da schickte er listige Vorlagen gleich serienweise in Richtung Stuttgarter Tor. Aus diesen Vorlagen mußten Tore entstehen, auch wenn ein Eglin zwischen den Pfosten stand. Und es fielen Tore, Tore von einer Explosivkraft, wie man sie leider selten zu sehen bekommt. Eglin sorgte dafür, daß es nur noch zwei Tore waren. Kurz gesagt, die Eintracht begann matt und endete wie ein Deutscher Meister. Doch kehren wir noch einmal in die Zeit der Bangigkeit zurück. Da erlief sich Stein blitzschnell einen Freistoß, schoß Eglin an, der abprallende Ball geriet ihm an die Hand und Ott (Henningen) wertete diesen Treffer nicht. Das war das einzige Mal, daß wir mit diesem ausgezeichneten Schiedsrichter nicht einer Meinung waren; Lindner traf mit einem Drehschuß das Tor nicht — und dann schossen die Stuttgarter durch Lettl den Führungstreffer. Das konnte ja toll werden.

Als dann eine Stein-Bombe von der Lattenkante ins Netz sprang, als Eglin die Sicht versperrt war und er einen Lindner-Schuß durchlassen mußte und als Pfaff den Ball raffiniert über zwei Stuttgarter Verteidiger zum blitzschnell gestarteten Stein hob — da lag die Eintracht 3:1 vorne. Aber ehrlich zufrieden war keiner. Zudem war die Zeit der Sorgen noch nicht vorbei. Gleich mit dem Wiederanstoß spazierte Hanek durch die Eintracht-Abwehr — 3:2 nur noch.

Für einen kurzen Augenblick zeigte die Eintracht Wirkung, die Abwehr ließ dabei keine weiteren Torgelüste der Gästestürmer aufkommen. Aber die Gefahr eines Ausgleiches war nicht von der Hand zu weisen. Da verpatzte Kott einen Abwehrschlag. Stein und Kreß schalteten sich ein und Kreß stolperte mit dem Ball fast Ins Tor.

Die Kickers waren k.o. und die Eintracht obenauf. Jetzt lief der Pfaff, lief der Ball und lief das Spiel. Dem Eglin flogen die Bombenschüsse wie Sputniks um die Ohren. Tolle Paraden, Parade über Parade, Eckball nach Eckball. Fünf Minuten dauerte das Bombardement schon und dann war es soweit.

Stein erwischt zehn Meter vom Tor entfernt den Ball volley und Eglin sah ihn (den Ball) nur noch vorbeisausen. Ganz toll das sechste und letzte Tor. Pfaff hatte sich auf dem linken Flügel vorgepirscht, flankte zu Kreß, der flankte postwendend zurück. Pfaff wollte ebenso höflich sein, flankte zu Kreß — der sprang über den Ball, damit Lindner mit aller Wucht ausholen und einkanonieren konnte. Ende gut, alles gut. (aus 'Der neue Sport' vom 12.10.1959)

 

Spielausschuß-Vorsitzender Ernst Berger überreicht vor dem Spiel den beiden Eintrachtspielern Adolf Bechtold (500 Spiele) und Eberhard Schymik (200 Spiele) Blumenangebinde.

 

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