Stadtauswahl Helsinki - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1959/1960

0:2 (0:1)

Termin: 11.08.1959
Zuschauer:
Schiedsrichter:
Tore: 0:1 Dieter Stinka, 0:2 Erwin Stein (70.)

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Stadtauswahl Helsinki Eintracht Frankfurt

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer
Trainer

 

Eintrachts große Kondition

Das Tollste an der Eintracht war die Kondition. Nach 6000 Kilometern und drei Spielen innerhalb einer Woche erwartete sie der Eingeweihte im Olympia-Stadion von Helsinki auf allen Vieren. Das Gegenteil geschah. Die Eintracht gewann das Treffen vor allem mit der Kraft und der Ausdauer. Nach dem Wechsel hatten die Finnen nur noch wenig zu bestellen. Sie wurden nach allen Regeln der Kunst niedergerungen.

Im Kombinieren standen sie den Riederwäldern kaum nach. Ihre Art, den Ball von Station zu Station mit sauberen Flachpässen nach vorn zu führen, ist zweifellos an großen Vorbildern orientiert. Ihr Mittelfeldspiel war gediegene Handwerksarbeit. Das Verständnis untereinander hätte in einer Vereinsmannschaft kaum besser sein können. Viele gemeinsame Kurse und zahlreiche gemeinsame Einsätze als Nationalmannschaft garantierten von vornherein eine homogene Zusammensetzung.

Aber die Eintracht kam aus der Kabine wie aus einer Tiefkühltruhe: Rasch und tatendurstig, als ob gar nichts geschehen sei in der letzten Woche. Vielleicht, daß die Präzision etwas, kaum merklich, gelitten hatte unter den Strapazen; sie wurde ersetzt durch Kampfgeist und Schwung. An Sorger, der in der Abwehrmitte schneller als gedacht Fuß faßte, an Loy, der sein Pensum fehlerlos erledigte, und an Eigenbrodt, dem im Osten ein deutlicher Sprung nach vorn gelang, zerfranste das fein gesponnene finnische Kombinationsgewebe. Kreß pochte die ersten Löcher in das Abwehrsystem des Gegners. Pfaff und Lindner zogen mit. Der Führungstreffer von Stinka, diesmal als rechter Verbinder eingesetzt, kam nicht mehr unerwartet. Ganz aus sich heraus ging der deutsche Meister aber erst nach dem Wechsel, jetzt gewann sein Angriffsspiel das überwältigend Einfache und Raumgreifende, gegen das noch keine Mannschaft ein probates Gegenmittel fand. Eine Umstellung — Lindner rückte von Linksaußen auf halbrechts, Stinka übernahm für den aussteigenden Schymik den linken Außenläuferposten, und Bäumler versuchte sich auf dem linken Flügel — tat das ihre. Der Treffer von Erwin Stein in der 70. Minute drückte die wahre Ueberlegenheit der Eintracht nur undeutlich aus.

Stolzer als auf diesen Sieg gegen Finnlands beste Fußballer waren die Riederwälder nur noch auf das 3:2 in Leningrad, von dem Spielausschußvorsitzender Ernst Berger fast im gleichen Ton spricht wie vom Endspiel in Berlin. Durch zwei Treffer von Erwin Stein und einen von Alfred Pfaff lag die Eintracht bereits nach zwanzig Minuten mit 3:0 Toren voraus. In wildem Szenenwechsel gelang es den sowjetischen Fußballern zwar noch auf 2:3 heranzukommen, dann jedoch stießen sie auf die geballte Macht der Riederwälder Abwehrathleten. Ludwig Dotzert

Matrosenchor von Leningrad

Eintrachts glückliche Landung auf dem Heimatboden

"Wir haben zwar nicht in Kuibyschew, sondern in Kischinew unser Eröffnungsspiel bestritten, was ein kleiner Unterschied von 1500 Kilometern ist; wir spielten in Kiew nicht gegen Dynamo, sondern gegen Arsenal, und in Leningrad nicht gegen Zenith, sondern gegen Admiral — aber sonst verlief alles programmgemäß!" Das war der Extrakt eines ersten Rückblickes auf die Tournee der Eintracht durch die Sowjetunion.

Viel mehr war kurz nach der Ankunft am Donnerstagabend auf dem Rhein-Main-Flughafen nicht zu erfahren: Frauen und Bräute, in letzter Zeit sträflich vernachlässigt, hatten am Gangway, bei der Zollabfertigung und in der Wartehalle unumschränktes Vorfahrtsrecht. Gerade noch, daß zweiter Vorsitzender Gabler seinen rotweißen Nelkenstrauß und die herzlichsten Gratulationen für Haltung und Erfolg an den Mann bringen konnte.

Im Vorübergehen schnappte man dann auf, daß insgesamt 8000 Kilometer zu schlucken waren, daß der Kreml in Moskau, der Petershof in Leningrad, der Volkspark in Kisehinew, der Prunk von Kiew und die Einsamkeit Finnlands in der Erinnerungsschublade obenauf liegen, daß trotz der sowjetischen Härte niemand ein Haar gekrümmt wurde, es sei denn, man rechnet die leichte Prellung mit, die Lutz in Leningrad einhandelte. Von den sechzehn Aktiven saß nur Torwart Kirchhof immer auf der Reservebank. Nach der 1:5-Niederlage In Kischinew. gab es nur noch eine dicke Ueberraschung: der Sprechchor „Eintracht vor! Noch ein Tor!", mit dem dreißig Matrosen eines Lübecker Schiffes 35.000 Leningrader übertönten.

im Reisegepäck überwogen die Balalaikas und der Wodka. Ob sie sich nun dem Trunke ergeben wollten, flaxte ein Zollbeamter und deutete auf die zahlreichen Flaschen. „Werklich net", wurde ihm zur Antwort, „eher lerne mer Balalaikaspiele". Ludwig Dotzert (aus 'Der neue Sport' vom 17.08.1959)

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