Mit einem vielbeachteten 3:2 verabschiedete sich Eintracht
Frankfurt
Stein, Pfaff harmonierten prächtig
Der Vierte der russischen Staatsliga eine halbe Stunde lang
deklassiert — 3:0!
Zenith Leningrad — Eintr. Frankfurt 2:3 (1:3)
LENINGRAD. — Mit einem lachenden und einem weinenden
Auge hat der deutsche Fußballmeister die Sowjetunion in Richtung
Helsinki verlassen. Im fernen Kischlnew (nicht in Kuibyschew) ging zwar
die Rekordserie der Frankfurter Eintracht (in 37 Spielen ungeschlagen)
zu Ende, aber beim Abschied von Leningrad konnte Trainer Paul Oßwald
befriedigt feststellen: was noch keiner deutschen Fußballmannschaft
in Rußland glückte, das haben wir mit zwei Siegen und einer
Niederlage geschafft, wir kehren mit einer positiven Bilanz zurück.
Dabei war der 3:2-Sieg der Frankfurter im letzten
Spiel zweifellos der größte Erfolg. Hatte schon der 1:0-Erfolg
in Kiew gezeigt, daß die Mannschaft die Reisestrapazen, die zu
der ersten katastrophalen 5:1-Niederlage in Kischinew führte, überwunden
hatte, so glückte das Vorhaben, sich mit einer eindrucksvollen
Leistung aus der Sowjetunion zu verabschieden, in Leningrad hundertprozentig.
Gegen den stärksten der drei Rußland-Gegner
— Zenith Leningrad steht an vierter Stelle der 1. sowjetischen
Staatsliga und gilt mit ihren jungen, ehrgeizigen Spielern als „Mannschaft
der Zukunft" — ging die Eintracht mit einem Selbstbewußtsein
und einer Unbekümmertheit aufs Feld, daß es den mehr als
30.000 Zuschauern den Atem verschlug. Die Mannschaft mit Ihren sechs
Internationalen wurde in der ersten halben Stunde von den Frankfurtern
in Grund und Boden gespielt.
Besonders imponierte Amateur-Nationalspieler Erwin
Stein, der sich auf der Rußlandreise schon vielversprechend in
die Mannschaft eingefunden hat, der in Leningrad als Mittelstürmer
prächtig auf die Ideen des Angriffsdirigenten Alfred Pfaff elnging
und mit seinen Bombenschüssen den Leningrader Schlußmann
zweimal überwand. Dazwischen lag ein Treffer von Pfaff, so daß
die Frankfurter nach 32 Minuten 3:0 führten.
Nun verschärften die Gastgeber das Tempo, kamen
aber bis zur Pause nur zum Anschlußtreffer durch Kislow. Nach
Seitenwechsel wurde die Abwehr der Eintracht auf eine harte Probe gestellt,
denn die schnellen, technisch ausgezeichnet beschlagenen Sowjetstürmer
suchten nun mit allem Einsatz den Ausgleich zu erringen. Aber Loy zwischen
den Pfosten, Lutz und Höfer davor, lieferten eine großartige
Abwehrschlacht, so daß Zenith durch Chapowizki nur zum zweiten
Gegentreffer kam. (aus dem ''Sportmagazin' vom 13.08.1959)
Deutscher Meister
wieder daheim
Die Rußland-Reise der Frankfurter Eintracht
hat den Spielern sicherlich ein ganz großes Erlebnis beschert.
Sie schwärmen von der herzlichen Aufnahme, loben die gute
Betreuung auf allen Gebieten und sind überzeugt, daß
ihre Tournee wieder einmal die völkerverbindende Mission
des Sports unterstrich.
Wir zweifeln nicht daran.
Es wäre aber verfehlt, nicht auch die schlechten
Erfahrungen zu registrieren, die im Zusammenhang mit der Reise
des Deutschen Meisters gemacht worden sind, Erfahrungen auf nachrichtentechnischem
Gebiet. Hier hat sich die Existenz des Eisernen Vorhangs erneut
bewiesen.
Was wahrend der Reise an Nachrichten nach Deutschland
durchsickerte, war nicht nur außerordentlich dürftig,
sondern auch falsch. Es nützt nichts, für dieses häßliche
Wort irgendeine mildere Umschreibung suchen zu wollen. Falsch
bleibt falsch, und es war so ziemlich alles falsch, was Nachrichtenagenturen,
auch internationale, sowie Zeitungen über die Spiele der
Eintracht verbreiteten. Fast die gesamte deutsche Presse und auch
eine große Zahl ausländischer Blätter stände
heute vor der Notwendigkeit, sich zu berichtigen.
Halten wir fest: Das ursprüngliche Programm
der Eintracht sah drei Spiele in Rußland vor, gegen „Flügel"
Kuibyschew, gegen Moldau Kischinew und gegen Zenith Leningrad,
alles Vereine der ersten Klasse. Dann hieß es, das zweite
Spiel (in Kischinew) sei abgesagt. In Wahrheit betraf diese Absage
jedoch Kuibyschew. Statt dessen wurde dann in Kiew gespielt.
Gemeldet wurden, auch im KICKER, folgende Ergebnisse:
.Flügel" Kuibyschew — Eintracht
Frankfurt 1:5.
Dynamo Kiew — Eintracht Frankfurt 0:1.
Zwar stimmten die beiden Zahlen, doch die Gegner
der Eintracht hießen anders, nämlich Moldau Kischinew
und Arsenal Kiew.
Der Unterschied ist bedeutend. Er betrifft im
ersten Falle weit über tausend Kilometer, im zweiten Falle
eine ganze Klasse, denn Arsenal Kiew spielt in der zweiten Liga.
Es war kein Zufall, daß der KICKER In
seiner letzten Ausgabe nicht auch das dritte Ergebnis meldete.
Denn als der 3:2-Sieg der Eintracht über Zenith Leningrad
bekannt wurde, entsannen wir uns, im SOWJETSKI SPORT gelesen zu
haben, daß Zenith 24 Stunden vorher ein Meisterschaftsspiel
gegen Dynamo Kiew auszutragen hätte. Unsere Skepsis dem 3:2
gegenüber lohnte sich. Heute wissen wir, daß die Eintracht
zwar beide Mannschaften gesehen hat, im Meisterschaftsspiel nämlich,
daß sie aber 24 Stunden später in Leningrad nicht gegen
Zenith, sondern gegen Admiralität antrat.
Auch hier liegt der Unterschied in der Klasse.
Die Bilanz der Eintracht, mit einer Niederlage
(1:5 in Kischinew) und zwei Siegen (in Kiew und Leningrad) sowie
dem abschließenden 2:0-Erfolg über die als „Auswahl
Helsinki" getarnte finnische Nationalelf, klingt alles in
allem erfreulich. Doch sie erfährt ihre Abstriche in der
Tatsache, daf) die beiden Siege in Rußland hall gegen zweitklassige
Mannschaften errungen worden sind. Hier stand der russische Fußball
offensichtlich nicht zum ursprünglich vorgeschlagenen Programm
und es fragt sich, ob ein Deutscher Meister später auf zweitklassige
Gegner hätte einzugehen brauchen. Wir sind sicher, daß
er auch gegen erstklassige Mannschaften besser abqeschnilten hätte
als beim 1:5-Start in Kischinew, der offensichtlich das Handikap
gerade überstandener Reisestrapazen in sich trug. K. Becker
(aus dem ''Kicker' vom 17.08.1959)
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