Jahn Regensburg - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1957/58 - 30. Spieltag

1:0 (1:0)

Termin: 13.04.1958
Zuschauer: 9.000
Schiedsrichter: Tschenscher (Mannheim)
Tore: 1:0 Käufl (20.)

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Jahn Regensburg Eintracht Frankfurt

  • Niemann
  • Pletz
  • Schmidt
  • Popp
  • Beyerlein
  • Gehring
  • Brunner
  • Reindl
  • Fuchs
  • Lehrrieder
  • Käufl

 


 

Trainer
  • Bela Sarosi
Trainer

 

Die Entscheidung fiel für KSC und Nürnberg - Eintracht ist draußen

War das nötig Alfred Pfaff ?

Jahn Regensburg — Eintracht Frankfurt 1:0 (1:0)

Das Spiel ist aus und der Traum ist aus. Zehn Meter unter der Pressetribüne schlichen elf gebrochene Riederwälder in die Kabinen. Die Gesichter waren so starr, als hätten sie noch gar nicht begriffen, was geschah. Nur Horvat wischte sich mit den Fingerspitzen die Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln. Der Riederwälder aus Jugoslawien gab sich nicht mehr die Mühe, eine Maske aufzusetzen. Er sah aus wie ein Landmann, dem die gefüllte Scheuer abbrannte. Jawohl, so ist es. Die Außenstehenden mögen den Vergleich profan finden, aber haben die Riederwälder nicht ihr Äußerstes getan, eine ganze Saison lang; Punkte auf Punkte zusammengetragen und ihren Schweiß vergossen, und haben sie nicht, als alles getan schien, die bereits eingefahrene Ernte auf eine geradezu irrsinnige Art verloren? Durch einen fast klinischen Fall von Nervenschwäche. Gewiß, die Leute haben recht: Eine Mannschaft ohne Nerven verdient es nicht, an der Endrunde teilzunehmen.

Die Leute, die das sagen, haben auf eine unbarmherzige Weise recht. Aber man sollte andererseits nicht vergessen, daß die Riederwälder bis zehn Meter vor dem Ziel in Süddeutschland keine Konkurrenz zu fürchten hatten. Sie sind der Dritte unter gleichen. Ihr Mißgeschick, daß der Dritte dieser Runde im Nichts endet. Dreimal schlug der Blitz ein in Regensburg, über dessen Dom sich ein makelloser biauer Himmel wölbte.

Bereits nach dem ersten Blitz war die Eintracht sanatoriumsreif. Es geschah noch ziemlich am Anfang der Partie. Richard Kreß kämpfte seinem Widersacher Schmid in der Nähe der Eckfahne den Ball ab, trocken flitzte das Leder nach innen und Lindner quetschte sich zwischen dem Abwehrpulk der Regensburger hindurch. Schwerfällig wie ein Teerfaß rollte der Ball auf das verödete Regensburger Tor. Eine halbe Umdrehung noch, und die Eintracht hätte geführt. Da preschte Pletz heran und rollte die Kugel förmlich von der Linie. Futsch die Hornhaut, mit der sich die Eintracht gewappnet hatte. Man schlotterte vor Angst davor, daß sich wiederum alles gegen Frankfurt verschworen haben könnte.

Der zweite Blitz schlug ein, als 10 Minuten später Käufel sein tückisches Tor erzielte. Oder erzielte es Höfer? Oder Horvat? Es herrschte das perfekte Chaos im Riederwälder Strafraum. Den Anfang der Unheilketten bildete Bechtold. Bechtold, der in der Eintrachtabwehr sonst die Zuverlässigkeit selbst ist, blieb zum zweitenmal im Duell mit dem Greenhorn Käufel auf der Strecke. Unbehelligt marschierte dieser in den Strafraum, trat auf gut Glück gegen den Ball, der von Horvat erst in seine fatale Richtung gelenkt wurde, sich aber immer noch wie unschlüssig auf der Linie entlang schlich und dann von Höfer bei einem überhasteten Rettungsversuch den letzten sachten Dreh zum 1:0 für Regensburg erhielt. Das schwarze Ende dämmerte herauf. Der dritte Blitz war der grausamste: Elfmeter für die Eintracht in der 66. Minute. Meiers Volleyschuß auf Flanke Sztanis wurde von Lederer mit einer klassischen Tormannparade unter der Latte herausgeschlagen. Klare Sache für Höfer. Jetzt konnte noch alles gut gehen. Aber während Höfer sich aufbaute, um den Freistoß auszuführen, juckte auf einmal dem Alfred Pfaff das Fell. Dem Alfred Pfaff, der in diesem Treffen die Machtbefugnisse eines Spielführers ausübte. Und Alfred lief an, setzte mitten im Trab ab, lief weiter und schob dann den Ball mindestens einen Meter am linken Pfosten vorbei!

Alfred, was hast du getan? Das 1:1 hätte die Wendung bringen können. Nicht, daß du vorbeigeschossen hat, ist unbegreiflich, sondern, daß du überhaupt geschossen hast. Hier wurde einer unmißverständlichen Traineranweisung zuwidergehandelt, die bereits kurz vor einem Monat den besten Elfmeter-Schützen der Eintracht, den Verteidiger Höfer, zum Elfmeterspezialisten bestimmte.

Aber das alles spielte nur eine sekundäre Rolle. Das Ur- und Grundübel war der Nerververschleiß. Oder durch welchen anderen Umstand wäre es zu erklären, daß die Eintracht gegen eine der beiden mit Abstand schlechten Mannschaften der Süddeutschen Oberliga noch nicht einmal das Mittelfeld behauptete? Die Regensburger gewannen keinesfalls aus der Defensive heraus. Sie rissen so viel vom Terrain an sich, wie sie nur haben konnten. Und sie konnten erstaunlich viel haben.

In aller Gemütsruhe brüteten Lehrrieder, Reindel und Gehring saubere Kombinationen aus. Sehymik und Weilbächer dagegen waren zumindest bis zur Pause so zerfahren, daß sie den Wald vor lauter Bäumen nicht sahen. Schymik traute sich zu wenig zu und Weilbächer zu viel. Im Endeffekt kam es auf das gleiche heraus, und ohne Außenläuferunterstützung blieb der Sturm an diesem Tage unfähig.

Hölzern, schwunglos, ideenlos und verbohrt verharrte er bis zur Pause in Grundstellung. Manchmal tobte Kreß los. Ein oder zwei Vorlagen von Pfaff brachten Meier auf Trab. Einmal holte Sztani an der Strafraumgrenze zum Schuß aus, aber da lag schon der herausgepreschte Niemann auf dem Ball. Das war im großen und ganzen alles.

Die zweite Halbzeit begann. Aber außer der Tatsache, daß Kreß nunmehr nach innen tendierte, Sztani vor dem unbarmherzigen Beyerlein auf den rechten Flügel flüchtete, Schymik und Weilbächer sich zusammenrissen, geschah nicht viel. Ja, nach dem verpatzten Elfmeter deutete sich noch einmal eine leichte Steigerung an, die entfernt an einen Endspurt erinnerte, aber es war kein Endspurt. Zum Endspurt gehört der Glaube an sich selbst, und den hatten die Riederwälder schon lange verloren.

Horwath und Lindner hielten sich am besten. Alle anderen einschl. Loy versagen sich einer Kritik. Es wäre ungerecht, Fußballer akurat auf den Höhepunkt ihrer Nerveninfluenza zu zensieren. Bei Alfred Pfaff kam der Eigensinn dazu, er fühlt sich scheinbar schon wieder allzu wertvoll für niedere Arbeiten. Und die Regensburger? Je nun. Einzubilden brauchen sie sich nichts auf den Sieg! An diesem Tag hätte u. U. Okriftel gegen die Eintracht gewonnen. Immerhin seien die besten Regensburger aufgezählt: Niemann, mit erheblichem Abstand Beyerlein, Lehrrieder und Reindl. Der Vollständigkeit halber sei vermerkt, daß Linksaußen Käufl eine gute Zukunft vor sich zu haben scheint.       Ludwig Dotzert (aus 'Der neue Sport' vom 14.04.1958)

 

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