Kickers Oxxenbach - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1955/56 - 10. Spieltag

4:0 (2:0)

Termin: 06.11.1955
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 1:0 Preisendörfer (1.) 2:0 Kaufhold (20.), 3:0 Preisendörfer (52.), 4:0 Preisendörfer (74.)

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Kickers Oxxenbach Eintracht Frankfurt

  • Zimmermann
  • Emberger
  • Magel
  • Keim
  • Sattler
  • Weber
  • Kraus
  • Kaufhold
  • Preisendörfer
  • Wade
  • Sperl

 


 

Trainer Trainer

Eintracht im Offenbacher Netz

Das Derby war ganz nach dem Geschmack der Offenbacher, während die zahlreichen Eintrachtanhänger etwas kleinlaut nach Frankfurt zurückkehrten. Wenn ein musikalischer Vergleich erlaubt ist, so hatten die Kickers die Rolle des Konzertmeisters inne, während die Eintracht lediglich zweite Geige spielte. Um es etwas prosaischer zu sagen: Die Kickers spielten die Eintracht über den Haufen — und die Riederwälder trugen ein gerüttelt Maß Schuld daran.

Sie hatten sich ein Plan ausgedacht, der die Offenbacher Kombinationsmaschine lahmlegen sollte. Die Namen Schymik und Heilig waren ein ganzes Programm, das Programm der unbedingten Offensive. Mit dieser Offensive wollte man die Kickers garnicht zur Entfaltung kommen lassen. Doch die Offenbacher waren gewitzter: ehe es sich die Eintracht versah, war ihr ganzer Plan in alle Winde verstoben und sie fand sich selbst im Kombinationsnetz des Gegners verstrickt. Und jetzt machte man den Kapitalfehler, der das Spiel für Offenbach entschied. Anstatt mit tiefgestaffelter Abwehr diesen ersten Ansturm der Kickers aufzufangen, segelten Schymik und Heilig munter im offensiven Fahrwasser weiter. So tat sich vor der Riederwälder Verteidigung ein freier Raum auf, in dem Kaufhold und Wade sich nach Herzenslust tummelten.

Wade und Kaufhold schoben sich die Bälle zu oder schickten ihre Nebenleute ins Gefecht, wohl unterstützt von Weber, dessen Vorwärtsdrang alles in den Schatten stellte. Sperl und Kraus rissen Kudras und Bechtold ein ums andere Mal aus und bei Preisendörfer liefen dann alle Fäden wieder zusammen. Zwar stand ihm Wloka gegenüber, aber Wloka mußte allzu oft auf beiden Seiten aushelfen. Zudem klebte Rothuber zu sehr auf der Torlinie und verschuldete den dritten Kickerstreffer, der die Eintracht rettungslos zurückwarf, als sie gerade zaghafte Versuche unternahm, das Steuer herumzuwerfen.

Diese Versuche mußten zaghaft bleiben, da es im Sturm an der Bindung fehlte und jeder auf eigene Faust handelte. Kreß versuchte mit schnellen Sprints seinen Nebenleuten Gassen zu öffnen, besonders nachdem er zu Beginn der zweiten Halbzeit in die halblinke Position gerückt war. Zuvor hatte ihm Magel wenig Bewegungsfreiheit gelassen. Feigenspan bekam gegen Sattler keinen Stich und Geiger war von Embergers Härte bald eingeschüchtert. Die Halbstürmer Weilbächer und Bäumler betätigten sich als Ballschlepper, hielten aber meistens den Ball zu lange. Man möchte ihnen das aber nicht allein ankreiden, es stellte sich von den Nebenleuten niemand frei. Das fehlte bei der Eintracht, das Ohne-Ball-Spielen, das Freilaufen. Die Kickers exerzierten ihnen darin etwas vor. Bei ihnen lief der Ball ohne anzuhalten von Mann zu Mann, sofort wurde er weitergespielt und nur auf diese Weise kann man eine Abwehr aus den Angeln heben. Dabei achtete man scharf darauf, bei jedem Gegenstoß den Gegner zu blockieren. Keim und Weber zogen sich sofort zurück, wenn die Eintracht zum Angriff blies.

Sie tat das nach dem 2:0 nicht mehr allzu oft. Sie hatte resigniert und erkannt, daß an diesem Tag den Kickers schwerlich beizukommen war. Eine Umstellung sollte noch die Wendung bringen, doch die Mannschaft war ins Mark getroffen, als Rothubers Fehler sie 0:3 zurückwarf. Der Rest war Lethargie und bei den Kickers genügsame Zurückhaltung. Selbst einen Elfmeter vermochte man nicht mehr zu verwandeln, man hatte aufgesteckt.

Schiedsrichter Meißner leitete ausgezeichnet und entschied nach dem alten Rechtsgrundsatz „Im Zweifelsfall für den Angeklagten" nicht auf Tor, als der Ball von der Innenkante der Frankfurter Torlatte zurücksprang und es nicht ganz klar war, ob Rothuber den Ball im Nachgreifen — der Ball war noch in der Luft — hinter der Linie herausgeholt hatte.

*

18000 Zuschauer auf dem Bieberer Berg! Darunter einige tausend Eintrachtanhänger. Ihnen fuhr schon bei der Durchsage der Mannschaften ein Schreck durch die Glieder: Pfaff fehlte! Eine Angina zwang ihn zum Zuschauen. Natürlich eine ganz empfindliche Schwächung des Frankfurter Angriffs. Die Eintracht hatte auch ihre Verteidiger umgestellt, dies allerdings freiwillig: Bechtold spielte auf der linken Seite gegen Berti Kraus, der bedachtsame, sachlich verteidigende Mann gegen den spritzigen Individualisten.

Bechtold wurde mit Kraus auch zunächst recht gut fertig, er ließ ihm jedenfalls weniger Spielraum als seine Deckungskollegen den übrigen Offenbacher Stürmern. Insbesondere die beiden Seitenläufer Schymik und Heilig blieben Kaufhold nicht hart genug auf den Fersen. Wloka mußte für seine Mitspieler aushelfen und so fand auch Preisendörfer mehr Spielraum als ihm von einem Stopper zugebilligt wird. Wenn man den Offenbacher Stürmern aber Platz läßt, dann rollen die Kombinationen, dann blitzt echte Gefahr auf, und dann fallen auch Tore.

In der 13. Minute war der erste Treffer für die Kickers fällig. Bechtold stieg mit vorgestrecktem Bein ein und der Schiedsrichter Meißner verhängte knapp hinter der Strafraumlinie einen indirekten Freistoß. Weber schob den Ball zu Preisendörfer und der hämmerte den Ball mit elementarer Wucht durch die Eintrachtmauer hindurch ins Netz, Nummer 2 fiel in der 20. Minute, Kaufhold stieß in den Strafraum hinein und schoß, ohne behelligt zu werden, schräg ins lange Ecke. Die Offenbacher spielten besser zusammen, und sie waren auch überlegen. Der Eintracht-Sturm trat immer wieder in Aktion, er wurde aber von der recht sicher wirkenden Kickersabwehr immer wieder gestoppt, bevor er das Offenbacher Tor ernsthaft bedrohen konnte. Kreß war der gefährlichste Mann. Die übrigen Stürmer kämpften mit großem Einsatz, doch es lief nicht zusammen. Zwei klare Chancen hatte jedoch auch die Eintracht: bei einem Bombenschuß von Kreß schlug Zimmermann das Leder an die Latte und als Weilbächer den Ball aus nächster Nähe abfeuerte, blieb das Leder zwischen den Beinen des Offenbacher Torhüters hängen. Große Aufregung gab es in der 30. Minute: ein Schuß von Kaufhold sprang von der unteren Kante der Latte senkrecht nach unten und Rothuber fing das Leder dann. Die Zuschauer reklamierten „Tor", Meißner ließ aber weiter spielen.

Als die Mannschaften wieder aus der Kabine kamen, stellten sich die Eintracht-Stürmer zu einer neuen Formation auf. Kreß, der einzige Eintrachtler, der die Offenbacher Abwehr ernsthaft beunruhigte, spielte nun halblinks und Bäumler ging an den rechten Flügel. Doch der Frankfurter Angriff blieb ebenso harmlos wie vor der Pause. Das Spiel rollte wie in der ersten Hälfte dahin. Die Kickers bestimmten das Spielgeschehen, und sie schossen die Tore. Zunächst köpfte Preisendörfer den Ball nach einer Flanke Sperls durch Rothubers Arme. In der 76. Min schob sich der Offenbacher Mittelstürmer an Wloka vorbei und schlug Rothuber mit einem haltbaren Schuß zum vierten Male. Die Eintracht konnte selbst einen Handelfmeter (Emberger 85. Min.) nicht nutzen. Weilbächer schoß den Ball vorbei. (aus 'Der neue Sport' vom 07.11.1955)

 

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