Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1954/55 - 30. Spieltag

3:2 (0:0)

Termin: 01.05.1955
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 1:0 Kunkel (46.), 2:0 Kohn (51.), 3:0 Sommerlatt (64.), 3:1 Erich Bäumler (67.), 3:2 Helmut Geiger (69.)

>> Spielbericht <<

Karlsruher SC Eintracht Frankfurt

  • R.Fischer
  • Bechtel
  • Roth
  • Schäfer
  • M.Fischer
  • Dannenmeier
  • Traub
  • Sommerlatt
  • Kohn
  • Kunkel
  • Strittmatter

 


 

Trainer
  • ??
Trainer

Der Eintracht fehlte ein Vollstrecker

Das Spiel von Karlsruhe war der imposanteste Abschluß jener latenten Dramatik, von der die letzten Wochen des Kampfes um den zweiten Platz in Süddeutschland beherrscht wurden. Die Eintracht, die man in jüngster Zeit so gern — und manchmal auch mit Recht — als die Elf mit den Backfischnerven bezeichnete, wuchs in der Not über sich hinaus.

Ihre Leistung war vor allem eine Nervenleistung. Sie hatte eine erste Halbzeit heruntergespielt, die zu den kühnsten Hoffnungen berechtigte. Sie spielte mindestens jeweils drei Züge hervorragenden Kombinations- und Zweckfußballs, ehe ein Defekt passierte, der alle Vorbereitungsarbeit wieder zunichte machte. Es gelangen ihr in den schwierigsten Situationen brillante Passagen, und in anderen Situationen, die kinderleicht schienen, gelang ihr gar nichts. Die Nerven zeigten sich immer dann, wenn ein Spieler Zeit hatte. Im ganzen aber machten die Karlsruher, bei denen es um nichts mehr ging, als um das Prestige, den nervöseren Eindruck. Ihr Sturm, diese sonst perfekt direkt kombinierende Einheit, spaltete sich an den Kanten der Eintracht-Abwehr. Er wurde eigentlich nur gefährlich, wenn Sommerlatt oder Kohn eine Steilvorlage in den Rücken von Höfer setzten, die sich der leichtfüßige Traub erspurtete, ehe Höfer sich ganz herumdrehen konnte.

Wechsel Bechtold-Höfer

Aber auch diese Gefahr wurde gebannt. Mitte der ersten Hälfte schickte man Bechtold an die Gefahrenstelle und beorderte Hofer nach rechts hinüber zu Strittmatter, der nicht mehr ganz die Wucht und Gradlinigkeit aufbrachte, die ihn während der Wintermonate auszeichnete.

Mit Strittmatter wurde Höfer fertig, und Traub hatte es gegen Bechtold nicht mehr so einfach, weil der clevere Eintrachtverteidiger keinerlei Risiko einging und sich so geschickt postierte, daß er stets im Zentrum des Geschehens blieb. Diese Hintermannschaft schien zumindest für einen Punkt gut. Kudras durfte es sich leisten, in der Manier seines Vorgängers Heilig immer wieder bis in die vordersten Linien vorzustoßen und Remlein teilte seine Kräfte geschickt zwischen Abwehr und Aufbau. So gelang es ihm zwar nicht, so zu strahlen, wie man es allenthalben von ihm erwartet, aber er bildete doch einen wichtigen Pfeiler zwischen Deckung und Sturm.

Dieser Sturm war die eigentliche Ueberraschung, er war für zwei Punkte gut. Und der beste Stürmer der Eintracht und des ganzen Feldes war Kreß. Kreß steigerte sich in einer stetigen Kurve bis in die höchsten Regionen der Stürmerherrlichkeit. Er spurtete nicht nur wie in seinen besten Tagen, er schnitt — sozusagen — seine Nebenspieler aus dem System der gegnerischen Abwehr heraus und öffnete ihnen mit schlauen Pässen den Himmel.

Aber wo war der Vollstrecker? Gewiß, man schoß hin und wieder, und man sah den Eintrachtstürmern an, daß sie um ihre Fehler wußten und sie nach Möglichkeit vermeiden wollten. Man sah ihnen an, wie sie sich vorsagten: jetzt muß wieder einmal ein Schuß kommen. Und dann schossen sie auch. Sogar Kreß schoß. Aber sie haben allesamt das Metier verlernt. Ein Tormann von dem Format des Rudi Fischer läßt sich durch „Pfläumchen" nicht irritieren.

Eintracht-Sturm wie umgewandelt

Trotzdem: der Sturm erinnerte an unvergeßliche Eintrachterfolge. Weilbächer ergänzte Kreß zu einem Flügel, der kaum zu bremsen war. Dabei standen so versierte und zähe Abwehrstrategen wie Roth und Dannenmeier gegen sie. Dazu kam ein gewitzter Pfaff, der nicht unbeeindruckt blieb von dem Geist, der seine Umgebung beseelte. Er spielte und kämpfte und selbst wenn er auf Linksaußen eine schöpferische Pause einlegte, verblüffte er die gegnerische Deckung mit gerissenen „Gangsterstückchen". Wenn er und Kreß am Ball waren, wackelte die Karlsruher Abwehr, in der Geesmann und Baureis wegen Verletzung fehlten. Es hätte nur noch eines konzentrierten Bäumlers bedurft, und die Eintracht hätte ihr Schäfchen schon vor der Pause ins Trockene gebracht.

Bäumler, der doch als ein Techniker von hohen Graden gilt, hatte sich und den Ball im entscheidenden Augenblick nicht ganz unter Kontrolle. Er fungierte diesmal nur als nützliches Bindeglied, griff aber seltener als sonst formend in den Angriff ein. Geiger versagte nicht und imponierte nicht. Er spielte mit, wobei sich wieder herausstellte, daß ihm zum Linksaußen die Schnelligkeit fehlt. Immerhin, zwischen diesen Stürmern bestand endlich wieder einmal eine ständige innere Verbindung, die bei der Eintracht so oft vermißt wurde. Und dieser Angriff schoß sogar zwei Tore. Aber er schoß sie zu spät.

Die Eintracht lag bereits 0:3 im Rückstand, als Bäumler nach Vorarbeit von Kreß und Geiger nach Vorarbeit von Weilbächer für die längst verdienten Treffer sorgten. In beiden Fällen war die Vorbereitung so vollendet, daß die Torschützen das leere Gehäuse vor sich hatten. Der turbulente Endspurt, bei dem sich Karlsruhe ebenso verzweifelt zur Wehr setzte wie die Riederwälder verzweifelt stürmten, nützte nichts mehr.

Ein leichter Schwächeanfall kurz nach der Pause hatte alles entschieden. Unter diesem Schwächeanfall litt besonders Loy, der sich beim ersten Treffer von Kunkel überraschen ließ und seinen Schock erst überwand, als Kohn und Sommerlatt zwei weitere Bälle knapp an ihm vorbei ins Netz geschmettert hatten. (aus 'Der neue Sport' vom 02.05.1955)

 

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg