Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Oberliga Süd 1954/55 - 16. Spieltag

1:2 (1:0)

Termin: 09.01.1955
Zuschauer: 35.000
Schiedsrichter: Dusch (Kaiserslautern)
Tore: 1:0 Hans Weilbächer (20.), 1:1 Wade (48.), 1:2 Preisendörfer (79.)

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Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Zimmermann
  • Emberger
  • Magel
  • Schreiner
  • Kämmerer
  • Keim
  • Kaufhold
  • Kraus
  • Preisendörfer
  • Wade
  • Weber

 

Trainer Trainer

Glückspilz Preisendörfer

Es roch nach Schnee und es roch nach einer Neuauflage des Eintracht-Sieges. Aber diesmal taten die Offenbacher Kickers — von ihrem starken Anhang immer wieder lautstark angefeuert — den Riederwäldern den Gefallen nicht, sich aus dem Konzept bringen zu lassen. Sie verloren die Nerven nicht, als Weilbächer mit einem phantastischen Kopfball die Eintracht in Führung brachte, sie hielten zäh und unentwegt an ihrem System und an ihrer Marschrichtung fest, und am Ende stand der Erfolg, den sie angestrebt hatten: Die Revanche war geglückt!

Auch dieses Derby hatte Format. Auf dem steinharten, glatten Boden, auf dem der Ball den Akteuren manches Schnippchen schlug und sie öfters als lieb an der Nase herumführte, wurde schnell, hart und gut gespielt, und wenn auch nicht ganz die hohe Schule geritten wurde, die vor acht Tagen 35000 Zuschauer auf dem Bieberer Berg entzückte: Der Kampf hatte es in sich und war den Rekordbesuch wert. Von beiden Mannschaften wurden keinerlei taktische Experimente riskiert — beide bauten ihr Spiel auf scharfe, präzise Deckung auf und beide versuchten, durch harte Konterschläge den Gegner zu zermürben und auf die Bretter, d. h. auf den hartgefrorenen Rasen zu legen. Die Kickers bevorzugten dabei wieder ihr quirliges, flaches Kombinationsspiel, das zuweilen leicht und beschwingt wie ein Mercedes 300 über das Spielfeld hinwegglitt. Die Eintracht dagegen glaubte mit halbhohem Flugballspiel und mit wilden Einzelaktionen die Kickers-Deckung aus dem Sattel heben zu können. Die Arbeit ihres Quintetts wirkte freilich verkrampft und stillos; sie erinnerte mehr an einen Holzkarren, der über ein Kopfstein-Pflaster holpert, weil der rechte Flügel oft anders dachte als der linke, weil Richard Kreß partout mit dem Kopf durch die Wand wollte und aus Uebereifer nichts Positives zuwege brachte, und weil Alfred Pfaff gegen Emberger merkwürdig blaß blieb. Von ihm sah man diesmal nicht einen jener Slalom-Läufe, an denen man im Spiel gegen den Karlsruher SC seine helle Freude hatte.

Verdienter Sieg

Die Offenbacher Kickers waren als Mannschaft zweifelsohne geschlossener, homogener und reifer als die Hausherren, sie dünkten uns auch konditionsstärker und selbstbewußter als die Eintrachtler zu sein und haben ihren Sieg wohl verdient. Sie hatten schon in der ersten Hälfte spielerische Vorteile, die sie allerdings nicht auszuwerten vermochten, weil die Deckung der Riederwälder ihren Strafraum nahezu hermetisch abdichtete und den Offenbacher Stürmern keine Lücke zum Durchschlüpfen ließ. Nach der Pause waren die vom Bieberer Berg eindeutig tonangebend, der leichtvermeidbare Ausgleichstreffer, der ihnen unmittelbar nach Wiederbeginn, gelang, festigte ihre Zuversicht und ihren Glauben an die eigene Kraft, und weil jetzt die Eintracht-Abwehr wieder rissig zu werden begann, wie im Kampf gegen die Mühlburger, war der Siegestreffer nur eine Frage der Zeit. Er war bereits in der 72. Minute fällig, als Preisendörfer eine Linksflanke mit dem Kopf in die äußerste Ecke drehte. Aber der Riese Loy riß mit einem wahren Panthersprung das Leder noch an sich. Zehn Minuten später kam das Siegestor aber doch, und auch diesmal war von der linken Offenbacher Flanke die Vorarbeit geleistet worden. Kraus jagte einer Steilvorlage nach, erlief sich ungefähr an der linken Ecke des Eintracht-Strafraumes den Ball, schüttelte Wloka ab und paßte ihn im rechten Monlent an den ungedeckten Weber. Preisendörfer stoppte dessen Flanke vorschriftsmäßig und jagte dann das Leder halbhoch und so plaziert ins Netz, daß die Balken wackelten.

Die Eintracht warf nun die letzten Reserven in den Kampf und in der letzten Minute hätte es um ein Haar auch noch zum Ausgleich gereicht. Aber Höfers Kopfball verfehlte um Zentimeter das Ziel, und auch die Hoffnung, wenigstens noch einen Punkt retten zu können, war geplatzt wie ein ungedeckter Wechsel.

Die Haupttrümpfe der Kickers

Auch diesmal hatten die Offenbacher ihre Haupttrümpfe in den beiden Außenläufern und den beiden Halbstürmern. Schreiner neutralisierte Kreß (der in den ersten fünf Minuten schon zwei totsichere Chancen ausließ!) vollkommen, Keim machte gegen den unermüdlich kämpfenden Weilbächer eine ausgezeichnete Figur, Wade ließ Remlein nicht dazu kommen, umsichtige Aufbauarbeit zu leisten, und Kaufhold, der wieder Kraus den rechten Flügel überließ und aus zurückgezogener Position dirigierte, bekam immer deutlicher die Oberhand über Heilig. Dieser scherte sieh zuletzt den Teufel um die Bewachung des Internationalen und ließ sich wieder hemmungslos von seinem Offensivdrang übermannen. Das war taktisch doppelt unklug, da Kudraß beim Ausgleichstreffer der Kickers angeschlagen wurde und nur unter Aufbietung aller Energie seiner Deckungsaufgabe gerecht werden konnte.

Die beiden Verteidigerpaare hielten sich sonst im übrigen ziemlich die Waage, zuerst waren die beiden Eintrachtler Bechtold und Kudraß das effektvollere und zuverlässigere Paar, dann aber beherrschten Emberger und Magel, die vor der Pause einigemale ins Schwimmen geraten waren, klar die Situation. Zimmermann und Loy gaben sich nichts nach, Kemmerer wurde in der ersten Halbzeit von dem listigen und balltechnisch hervorragenden Bäumler (für uns der beste Eintracht-Stürmer) häufig versetzt und griff daher mehrfach zu unschönen Mitteln, fand aber nach der Pause die richtige Einstellung zu dem Angriffsführer der Eintracht, der sich nun nur noch selten aus Kemmerers Doppelnelson befreien konnte. Bei Wloka ging es umgekehrt. Er hatte vor der Pause Preisendörfer fest am Bändel, hinterher aber entwischte ihm der Offenbacher nicht selten und es war gewiß kein Zufall, daß Preisendörfer auch den zweiten Treffer anbrachte, der seiner Elf den Sieg sicherte.

Kraus irrlichterte wieder durch die Gegend, Weber spielte gescheit und verständig, aber die Schußstiefel hatte er auch diesmal mitzunehmen vergessen.

Im Eintracht-Sturm gefiel uns neben Bäumler und Weilbächer, dessen Kopfballtor das Gütezeichen „Dixie Dean" trug, der junge Höfer am besten, er befleißigte sich wieder raschen direkten Abspiels, ging mutig ran an den Feind und knallte auch lustig darauflos, wenn sich eine Chance bot. Der Direktschuß nach einer Flanke Weilbächers, der wenige Minuten vor dem Pausenpfiff über die Latte zischte, verriet den geborenen Fußballer— ein anderer wäre wahrscheinlich in dieser Position gar nicht an das Leder gekommen. Pfaff hatte weder Herz, noch Mumm — das beste von ihm war der Freistoß, den der ungedeckte Weilbächer in einem tollen Sprung unter die Latte köpfte.

Man hatte klug gehandelt, als man für dieses Derby den Lauterer Dusch herbeizitierte. Er leitete den Kampf geradezu mustergültig, sah jeden Regelverstoß, wußte sehr genau zwischen Absicht und Zufall zu unterscheiden ließ nichts aufkommen und störte doch den Fluß des Spiels nicht. Einen Tusch für Dusch —- das war internationale Klasse! (aus 'Der neue Sport' vom 10.01.1955)

 

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